Oberlandesgericht Hamburg:
Urteil vom 25. Februar 2016
Aktenzeichen: 3 U 214/14
(OLG Hamburg: Urteil v. 25.02.2016, Az.: 3 U 214/14)
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, ZK 15, vom 28.11.2014 (Az.: 315 O 226/14) wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin und die zur Firmengruppe W. gehörende Beklagte handeln mit Käseprodukten.
Unter anderem vertreibt die Klägerin unter der Bezeichnung €Walnusstraum€ einen aus der Schweiz stammenden (halbfesten) Schnittkäse. Der für die Herstellung dieses Käses verwendeten Milch wird ein Destillat aus Walnüssen zugesetzt, wodurch der Käse ein Walnussaroma erhält. Walnussstücke enthält der Käse nicht. Er wird von der Beklagten als 6kg-Laib dergestalt in den Handel gebracht, dass über nahezu die gesamte Oberseite ein Etikett angebracht ist, auf welchem zahlreiche Walnüsse (geschlossen und geöffnet) sowie Walnusskerne abgebildet sind. Auf diesem Etikett findet sich die Bezeichnung €Walnusstraum€, und zwar zweimal sehr groß geschrieben und sodann noch wiederholt 80x (lt. Klägerin) in kleinerer Schrift in ringförmiger Anordnung. Zwischen den beiden um die zentrale Abbildung angeordneten €Walnusstraum€-Schriftzügen finden sich die Angaben €Schweizer Schnittkäse 50% Fett i.Tr.€ und €Hergestellt aus thermatisierter Schweizer Milch€. Ergänzend wird auf die im Klagantrag zu 1) wiedergegebene Abbildung Bezug genommen.
Die Klägerin hat vorgetragen:
Ihr stehe ein Unterlassungsanspruch gemäß § 4 Nr. 11, 8 UWG i.V.m. § 11 LFGB zu. Bereits aufgrund der Bezeichnung erwarte der von dem Angebot angesprochene Verkehr, dass der Käse echte Walnüsse enthalte, und nicht lediglich Walnussaroma. Dies gelte insbesondere deshalb, weil der Verkehr wisse, dass die Verwendung von Wallnusskernen im Zusammenhang mit Käseprodukten üblich sei und es eine Vielzahl von Käsesorten auf dem Markt gebe, die Walnusskerne oder Stücke davon enthielten, wie auch die Anlage K 4 belege. Die 80 Walnusskerne seien so angeordnet, dass beim Schneiden kuchenförmiger Stücke auf jedem Stück zumindest ein Wallnusskern sowie der Schriftzug €Wallnusstraum€ erkennbar blieben.
Abzustellen sei auf den Endverbraucher, da der Käse für diesen bestimmt sei. Dieser habe keinerlei Veranlassung, noch nach einem Zutatenverzeichnis oder sonstigen Informationen zu suchen, da er ohne weiteres davon ausgehe, der Käse enthalte Walnusskerne ganz oder in Stücken.
Darauf, ob die Beklagte den Käse dem Fachhandel nur mit einem Hinweis auf die Verwendung von Walnussaroma anbiete, komme es dementsprechend nicht an, im Übrigen bestreite sie, dass die Beklagte, wie sie behaupte, den Käse dem Fachhandel stets in Verbindung mit einem ausdrücklichen Hinweis auf die Verwendung von Walnussaroma anbiete. Auch bestreite sie, dass Dritte den Käse dem Endverbraucher unter Hinweis auf die Verwendung eines Destillats anböten. Es sei nicht ansatzweise nachvollziehbar, wie die Beklagte sicherstellen wolle, dass Dritte den Käse in einer bestimmten Form anböten.
Dem Endverbraucher werde der Käse mitunter so angeboten, dass er nicht auf den ersten Blick erkennen könne, dass der Käse keine Walnussstücke enthalte. Dies gelte insbesondere dann, wenn der Käse vertrieben werde.
Dass der Käse dem Verbraucher beim Verkauf über die Käsetheke immer in aufgeschnittener Form und mit Hinweisen zur Zusammensetzung angeboten werde, bestreite sie. Es handele sich erkennbar um eine Schutzbehauptung, die Beklagte könne angesichts der landesweit überaus großen Zahl von Supermärkten überhaupt nicht wissen, wie und in welcher Form der Käse präsentiert werde. Herkömmlicherweise erfolge der Verkauf so, dass der ganze Laib in die Kühlvitrine gelegt werde und dass Verkaufspersonal nach Bedarf einzelne Stücke herausschneide.
Auch die Behauptung der Beklagten, der Käse werde beim Verkauf über das Kühlregal stets in aufgeschnittener Form präsentiert, so dass der Verbraucher die Zusammensetzung des Käseteiges erkennen könne, sei unzutreffend. Es sei keineswegs so, dass der Käse im Kühlregal stets so präsentiert werde, dass die Teigkonsistenz erkennbar sei; die einzelnen Käse würden vielmehr in aller Regel so in Zellophan eingepackt, dass nur das Etikett, nicht aber die Konsistenz des Käses erkennbar sei. Selbst wenn aber die Schnittstelle erkennbar sei, könne der Verbraucher mit bloßem Auge selbstverständlich nicht erkennen, dass der Walnussgeschmack durch die Verwendung eines Walnuss-Aromas erzeugt werde.
Die Klägerin hat beantragt,
1. Die Beklagte zu verurteilen es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs unter der Bezeichnung €Walnusstraum€ ein Käseprodukt, wie nachstehend wiedergegeben, in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben, das Walnusskerne weder in ganzer Form noch in Stücken enthält;
2. die Beklagte zu verurteilen, ihr, der Klägerin, Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die in Ziff. 1 genannten Handlungen vorgenommen hat, und zwar unter Angabe der erzielten Umsätze, der getätigten Werbung und unter Angabe der gewerblichen Abnehmer mit Namen und Anschriften;
3. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von EUR 1.511,90 nebst Zinsen in Höhe 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr, der Klägerin, allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus den in Ziff. 1 genannten Handlungen bisher entstanden ist oder noch entstehen wird.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ein Verstoß gegen § 11 LFGB liege nicht vor.
Sie verkaufe ausschließlich an Groß- und Einzelhändler, wobei die Produkte überwiegend über ihre Homepage www.weidner.de den Kunden vorgestellt würden. Die Bestellung erfolge sodann über telefonische Kontaktaufnahme oder per Mail, nicht direkt über die Internetseite.
Es komme daher nicht auf etwaige Fehlvorstellungen des Verbrauchers an, sondern auf den in der Warenkunde geschulten und mit Käseprodukten vertrauten Käsefachmann; nur dieser empfange den 6-Kilo-Käselaib. Ihr Angebot enthalte immer neben bzw. unter der Abbildung des Käses eine eng damit verbundene Produktspezifikation, die auf die Veredelung von Nussdestillat und die Nichtverwendung von Walnusskernen hinweise (Anlagen B 6, B 7); der Käsefachmann, der die Produktspezifikation grundsätzlich lese, werde daher keinesfalls getäuscht; zum Beweis dafür, dass sie den Käse ihren ausschließlichen Abnehmern aus dem Groß- und Fachhandel stets mit diesem Hinweis anbiete, stützt sich die Klägerin auf das Zeugnis ihres Geschäftsführers Dieter Weidner sowie das ihres Vertriebsleiters Frank Rosenberg.
Auch Dritte, welche den Käse über das Internet vertrieben, verwendeten vergleichbare Hinweise. Für den Fall, dass ein Dritter im Zusammenhang mit dem Weiterverkauf des ggf. bei ihr erworbenen Käses gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften verstoßen sollte, wäre eine solche Rechtsverletzung ihr im Übrigen nicht zurechenbar, da diese als selbständige Händler zu ihr in keinem Beauftragungsverhältnis stünden und sie, die Klägerin, auch keinen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss auf diejenigen Tätigkeiten habe, in deren Bereich das rechtsverletzende Verhalten falle.
Der streitgegenständliche Käse werde aus der Schweiz importiert und werde dort traditionell als €Nusskäse€ bezeichnet. Die Herstellungsweise beruhe auf einer seit dem 19. Jahrhundert von der Bevölkerung des Entlebuchs und des Emmentals gepflegten Tradition. Daher verstehe man zumindest seit dem 19. Jahrhundert unter dem Begriff €Nusskäse€ einen Käse, der aufgrund der Beimischung natürlicher Aromen nach Nuss schmecke, aber keine Nussstücke beinhalte. Nusskäse werde von vielen Wettbewerbern angeboten, unter diversen Eigennamen, die aber immer das Wort €Nuss€ enthielten. Es sei davon auszugehen, dass der Konsument und insbesondere die ausschließlich durch ihr Angebot angesprochenen Käsefachleute um die Merkmale des Käses wüssten und ihn gerade deshalb nachfragten.
An der Käsetheke werde, das zeige die Lebenserfahrung, der Käse stets aufgeschnitten präsentiert, da anders eine Kaufentscheidung kaum herbeizuführen sei. Daher erkenne der Kunde durch einen Blick ins Käseinnere, dass keine Walnussstücke im Käse enthalten seien. Unter Verwahrung gegen die Beweislast lege sie insoweit als Anlage B 13 die Fotografie einer Käsetheke vor, in der der Käse in besagter aufgeschnittener Form sowie mit entsprechender Produktbeschreibung angeboten werde.
Mit Urteil vom 28.11.2014 hat das Landgericht Hamburg, ZK 15, die Klage abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den Inhalt des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin.
Sie macht geltend:
Zwar sei das Landgericht zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass es nicht nur auf die Sicht der Fachhändler, sondern auch auf die der Endverbraucher ankomme, weil der Käse in der angegriffenen Ausgestaltung zum Erwerb und Verzehr durch den Endverbraucher bestimmt sei. Ebenfalls zutreffend sei die Annahme des Landgerichts, dass der Verkehr aufgrund des Namens und der Aufmachung die Vorstellung gewinne, dass der Käse natürliche Walnuss enthalte. Jedoch gehe ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs - der wisse, dass es im Käsemarkt eine Vielzahl von Produkten mit Walnusskernen oder Teilen davon gebe - davon aus, dass der Käse Walnussstücke enthalte, und zwar aufgrund der groß herausgestellten Bezeichnung €Walnusstraum€ und der Vielzahl der abgebildeten Walnüsse. Soweit das Landgericht zu Grunde gelegt habe, der Verkehr wisse, dass es Käse mit natürlichem Nussaroma gebe, habe es seine Entscheidungsfindung angesichts ihres Bestreitens nicht auf diese Behauptung der Beklagten stützen dürfen. Im Übrigen komme es darauf auch nicht an, maßgeblich sei allein, welcher Eindruck durch die konkret angegebene Verpackung erweckt werde. Die Vielzahl der abgebildeten Walnüsse führe bei einem nicht unerheblichen Teil des Verkehrs zu der Vorstellung, dass hier nicht nur eine Geschmacksrichtung angegeben werde, sondern dass verdeutlicht werde, dass Nussstücke enthalten seien.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 28.11.2014 (Az. 315 O 226/14) abzuändern und gemäß den erstinstanzlichen Anträgen der Klägerin wie folgt zu entscheiden:
1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs unter der Bezeichnung €Walnusstraum€ ein Käseprodukt, wie nachstehend wiedergegeben, in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben, das Walnusskerne weder in ganzer Form noch in Stücken enthält;
2. die Beklagte zu verurteilen, ihr, der Klägerin, Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die in Ziff. 1 genannten Handlungen vorgenommen hat, und zwar unter Angabe der erzielten Umsätze, der getätigten Werbung und unter Angabe der gewerblichen Abnehmer mit Namen und Anschriften;
3. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von EUR 1.511,90 nebst Zinsen in Höhe 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr, der Klägerin, allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus den in Ziff. 1 genannten Handlungen bisher entstanden ist oder noch entstehen wird.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisensowie hilfsweise,ihr eine Aufbrauchs- und Umstellungsfrist von 3 Monaten, beginnend ab Rechtskraft des Urteils, hinsichtlich der Umgestaltung der Oberseite des Laibes ihres Käses €Walnusstraum€ zuzubilligen.
Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil gegen die Angriffe der Klägerin.
Die Gestaltung der Oberseite des Käses eröffne dem Verbraucher lediglich einen Hinweis auf die Geschmacksrichtung. Bei diesem werde durch den Namen des Käses und die Abbildung von Walnüssen lediglich die Vorstellung hervorgerufen, dass der Käse natürliches Walnussaroma enthalte. Über die konkrete Form der enthaltenen Walnussbestandteile mache sich der Verkehr keine Gedanken, zumal ihm geläufig sei, dass es sowohl Käse mit Nussstücken als auch mit natürlichem Nussaroma gebe. Der Verbraucher kenne es auch von anderen Produkten, dass die Geschmacksrichtung durch eine entsprechende Abbildung auf der Verpackung angegeben werde und erwarte daher beispielsweise bei Chips nicht, dass diese Stücke bzw. Anteile von Tomaten, Zwiebeln und/oder Sour Cream enthielten.
Im Zentrum der Abbildung befänden sich vorliegend Abbildungen von teils ganzen, teils geöffneten Walnüssen, mithin nicht essbaren Schalen. Andere bildliche Elemente träten völlig in den Hintergrund und seien € wenn überhaupt € erst bei näherer Betrachtung erkennbar. Auch die Bezeichnung € eine Wortneuschöpfung, die einen Phantasiebegriff darstelle € transportiere für den Verbraucher lediglich die Information, dass der Käse in den Bereich des Walnussgeschmacks einzuordnen sei, denn weder €Walnuss€ noch €Traum€ suggerierten das Vorhandensein von Walnussstücken.
Hinzu komme, dass dem Endverbraucher Käse € und auch ihr Produkt € im Kühlregal bzw. an der Käsetheke in aufgeschnittenen Scheiben bzw. aufgeschnitten und in Plastikfolie verpackt dargeboten werde, so dass die Zusammensetzung des Käseteigs klar ersichtlich sei.
Die angesprochenen Verkehrskreise seien daran gewöhnt, dass traditioneller Nusskäse trotz Nussgeschmack gerade keine Nussstücke enthalte (s. auch Anlagen B 8-B 10, B 16).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die angefochtene Entscheidung sowie die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht Hamburg die Klage abgewiesen. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Unterlassungsanspruch gemäß aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 11 Abs. 1 S. 1 LFGB a.F. zu.
§ 11 Abs. 1 S. 1 LFGB in der zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung geltenden Form verbot es u.a., Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung gewerbsmäßig in den Verkehr zu bringen. Weder die Bezeichnung noch die Aufmachung des Käses €Walnusstraum€ erwecken jedoch bei den angesprochenen Verkehrskreisen unrichtige Vorstellungen über das Produkt; auch der bewirkte Gesamteindruck führt nicht zur Bejahung einer Irreführungsgefahr.
1. Abzustellen ist nach Ansicht des Senats nicht auf den Endverbraucher, sondern auf (auch) im Bereich des Käsevertriebs tätige Groß-, Zwischen- und Einzelhändler.
Die Vorschrift des § 11 LFGB a.F. schützt den Abnehmer des Lebensmittels vor Irreführung und Täuschung. Abnehmer sind dabei nicht nur die Verbraucher, sondern auch Groß-, Zwischen- und Einzelhändler; der Irreführungsmaßstab richtet sich nach den jeweils angesprochenen Verkehrskreisen, so dass eine Werbung gegenüber Fachleuten an deren durchschnittlichen fachlichen Kenntnisstand zu messen ist und unter Umständen auch dann als nicht irreführend zu beurteilen ist, wenn gegenüber dem Endverbraucher eine Irreführung zu bejahen wäre.
Die Beklagte verkauft den Käse in der angegriffenen Aufmachung unstreitig ausschließlich an Groß- und Einzelhändler. Auch wenn der Käse letztlich zum Erwerb und Verzehr durch den Endverbraucher bestimmt ist, findet auf diese Weise eine effektive Beschränkung des Abnehmerkreises statt, zumal diese Beschränkung auch auf objektiven Merkmalen der Ware selbst beruht. Der Endverbraucher erwirbt nicht den von der Klägerin vertriebenen 6-kg-Käselaib, sondern Teilstücke oder Scheiben.
In Bezug auf den Fachverkehr ist eine Irreführungsgefahr zu verneinen.
a. Weder die Bezeichnung noch die Aufmachung des Käses €Walnusstraum€ führen beim Fachverkehr zu der irrigen Annahme, der Käse enthalte Walnussstücke.
Das Verständnis des Fachverkehrs vermag der Senat selbst zu beurteilen. Die Ermittlung der Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise ist Sache des Tatrichters, welcher sich dabei auf seine eigene Sachkunde und Lebenserfahrung stützen und ohne Beweiserhebung entscheiden kann, wenn sich die Werbung auf Waren oder Leistungen des täglichen oder allgemeinen Bedarfs bezieht, wenn es sich bei dem in der Werbung verwendeten Begriff um einen solchen handelt, dessen Verständnis in einem bestimmten Sinn einfach und nahe liegend ist und keine Gründe vorliegen, die Zweifel an dem vom Gericht angenommenen Verkehrsverständnis wecken können (BGH GRUR 2001, 73, 75 € Stich den Buben; BGH GRUR 1995, 354, 357 € Rügenwalder Teewurst II). Gehören die Richter nicht den beteiligten Verkehrskreisen an, sind die erkennenden Richter gleichwohl dann nicht an der Feststellung der Verkehrsauffassung aus eigener Sachkunde gehindert, wenn nicht ersichtlich ist, dass sich das Verständnis des angesprochenen speziellen Verkehrskreises von dem des Verkehrskreises unterscheidet, dem sie angehören (BGH GRUR 2001, 73, 75 € Stich den Buben; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl. 2002, § 3 Rn. 136). So liegt es hier.
Aus der Bezeichnung €Walnusstraum€ entnimmt der Fachverkehr nicht, dass der Käse Walnussstücke enthält. Der Fachverkehr ist damit vertraut, dass bei Lebensmitteln häufig Produktbezeichnungen gewählt werden, die an der Geschmacksrichtung orientiert sind, der Bereich €Käse€ bildet dabei aus seiner Sicht keine Ausnahme. Der Fachverkehr weiß ferner, dass es sowohl Käsesorten gibt, die Kräuter oder Nüsse enthalten, als auch solche mit den entsprechenden - durch natürliche Aromastoffe oder Aromaextrakte erzeugten € Aromen. Die Erwähnung von Walnüssen € gerade auch in Verbindung mit der auf das Geschmackserlebnis Bezug nehmenden Endung €-traum€ € weckt daher beim Fachverkehr nicht die Erwartung, dass der Käse Walnussstücke enthält. Zwar rechnet er mit einem Walnussgeschmack (welchen der Käse auch unstreitig aufweist), zieht aber noch keine Schlussfolgerung dahingehend, dass dieser Geschmack gerade durch Walnussstücke und nicht durch Aromastoffe oder Aromaextrakte erzeugt wird.
Auch durch die Aufmachung des Käses wird beim Fachverkehr nicht Vorstellung ausgelöst, der Walnussgeschmack werde bei diesem Käse (auch) durch Walnusstücke erzeugt; vielmehr versteht der Fachverkehr diese Gestaltung lediglich als bildlicher Hinweis auf die Geschmacksrichtung, ohne dass er gleichzeitig den Schluss zieht, dass der Geschmack gerade durch Stückchen erzeugt wird. Eine durchschnittlich informierte und aufmerksame Fachperson, die bei der Einkaufsentscheidung mit der gebotenen Sorgfalt vorgeht und sich entscheiden muss, ob der Käse in ihr Sortiment passt, informiert sich über die einzelnen Zutaten des Käses. Selbst dann, wenn die von der Beklagten dargelegte Schweizer Nusskäse-Tradition nicht allen Teilen des Fachverkehrs bekannt sein sollte, erweckt das Etikett nicht die Erwartung, dass der Käse Walnussstücke enthält.
b. Selbst wenn man dem nicht folgen würde, ist zu sehen, dass die Beklagte ausdrücklich darüber aufklärt, dass der Käse keine Walnussstücke enthält. Die Beklagte hat vorgetragen, sie biete den Käse stets in Verbindung mit einer Produktbeschreibung an, die auf die Veredelung mit Nussdestillat und die Nichtverwendung von Walnusskernen hinweise. Dementsprechend befindet sich unstreitig auf ihrer Internetseite - wie der als Anlage B 6 eingereichte Screenshot belegt - unmittelbar neben der Abbildung des Käselaibs unterhalb der Bezeichnung €Walnusstraum€ der gut sichtbare Hinweise, dass es sich um einen halbfesten Schweizer Schnittkäse mit Walnussgeschmack handelt, dem Walnussdestillat beigemischt wurde, sowie zusätzlich die Angabe, es befänden sich keine Walnüsse im Käseteig. Jedenfalls aufgrund dieser Angaben wird eine Fehlvorstellung des Verkehrs dahingehend, dass der Käse Walnussstücke enthalte, ausgeschlossen. Zwar bestreitet die Klägerin, dass die Beklagte den Käse ausschließlich in Verbindung mit einem Hinweis auf die Verwendung von Walnuss-Aroma anbietet; insoweit fehlt es jedoch an Darlegung eines Verletzungsfalls, welche für die Bejahung der Wiederholungsgefahr, auf welche die Klägerin ihren Unterlassungsanspruch ausschließlich stützt, erforderlich wäre. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 7.1.2016 den Screenshot eines Internetangebots eingereicht hat, in welchem ein Hinweis auf die Verwendung von Walnuss-Destillat unterbleibt, handelt es sich nicht um ein Angebot der Beklagten, sondern das einer Fa. €Käse Theke O. F.€; dieses kann der Beklagten nicht zugerechnet werden.
2. Selbst wenn man € im Hinblick darauf, dass der Käse für den Endverbraucher bestimmt ist und die streitgegenständliche Aufmachung sowie die Bezeichnung €Walnusstraum€ auch diesem gegenüber verwendet werden € nicht auf den Fachverkehr, sondern auf den Endverbraucher abstellen würde, wäre eine Irreführungsgefahr nicht zu bejahen.
Auch der Endverbraucher schließt weder aus der Bezeichnung €Walnusstraum€ noch aus der Aufmachung des Etiketts, dass es sich um einen Käse mit Walnussstücken handelt. Ebenso wie der Fachverkehr weiß er, dass die Bezeichnung eines Lebensmittels in vielen Fällen lediglich auf die Geschmacksrichtung hinweist. Den Bereich €Käse€ nimmt er in dieser Erwartung nicht aus. Daher wird der Verbraucher zwar erwarten, dass der Käse ein Walnussaroma aufweist und möglicherweise auch davon ausgehen, dass dies nicht durch künstliche Aromastoffe erzeugt wird. Insoweit liegt aber keine Irreführung vor, da der Käse unstreitig einen Walnussgeschmack hat, welcher durch ein Walnussdestillat erzeugt wird. Dagegen geht der Verbraucher angesichts der Bezeichnung nicht davon aus, dass der Käse Walnussstücke enthält.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Aufmachung des Produktes beziehungsweise aus der Gesamtwirkung von Bezeichnung und Aufmachung. Soweit die Klägerin ihre Ausführungen auf die Wirkung des Etikettes stützt, ist schon nicht dargetan, dass dem Endverbraucher der Käse in der aus dem Klagantrag ersichtlichen Weise angeboten wird. An der Käsetheke liegen die größeren Käselaibe, wie der hier relevante 6-kg-Laib, in aller Regel nicht unangeschnitten aus. Vielmehr findet man typischerweise größere Teilstücke, sowie (seltener) Teilstücke, die auf einem ganzen Laib desselben Käses liegen. Grund hierfür sind der begrenzte Platz, der mit dem Handling eines gesamten Käselaibs verbundene erhöhte Aufwand für das Verkaufspersonal und die Tatsache, dass ein angeschnittenes Stück erfahrungsgemäß eher das Interesse des Käufers weckt, da gerade auch der Anblick des Käseinneren dem Verbraucher einen visuellen Kaufanreiz bietet; dieser kann auf diese Weise die Konsistenz und die Farbe des Käseteigs erkennen und eine erste Einschätzung dahingehend vornehmen, ob dieser Käse seinen Präferenzen entspricht oder jedenfalls sein Interesse weckt. An der (Selbstbedienungs-) Kühltheke ist der Käse bereits fertig vorportioniert, mithin in kleinere Stücke oder Scheiben geschnitten und abgepackt. Dass und in welcher Form dem Endverbraucher in diesen Situationen das Etikett bzw. ein Teil davon entgegen tritt, hat die Klägerin nicht dargelegt. Schon aus diesem Grund ist weder eine Irreführungsgefahr noch eine Verletzungshandlung konkret dargelegt. Ein bloßer Ausschnitt des Etiketts vermittelt nicht dieselbe Wirkung wie das in dem Klagantrag allein wiedergegebene Gesamtetikett. Es ist nicht ersichtlich, dass der Käufer eines Teilstücks - selbst dann, wenn er die Konsistenz des Käseteigs nicht erkennen kann € aufgrund der Etikettgestaltung zu dem Schluss kommt, der Käse enthalte Walnusskerne. Im Übrigen ist aber sowohl bei einem Verkauf über die Käsetheke als auch bei einem Verkauf über die Kühltheke grundsätzlich die Konsistenz des Käseteigs zu sehen. Da Walnussstücke sich von dem hellgelben Käseteig gut abzeichnen, wie auch die als Anlage K 4 eingereichte Übersicht belegt, erkennt der Verbraucher, der ein Teilstück oder gar eine Packung mit Käsescheiben betrachtet, schon aufgrund der Schnittstellen, dass der €Walnusstraum€-Käse keine Nusstücke enthält.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
OLG Hamburg:
Urteil v. 25.02.2016
Az: 3 U 214/14
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