Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 9. Mai 2005
Aktenzeichen: 14 WF 21/05
(OLG Köln: Beschluss v. 09.05.2005, Az.: 14 WF 21/05)
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Streitwertfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bergisch Gladbach vom 17. Dezember 2004 - 26 F 128/03 - unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde teilweise abgeändert.
Der Streitwert für die anwaltlichen Verhandlungs- und Beweisgebühren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt, derjenige für die anwaltlichen Prozessgebühren auf 20.000 EUR.
Gründe
I.
Das klagende Land hat die Beklagten im Wege der Stufenklage auf Auskunftserteilung, Abgabe der eidesstattlichen Versicherung und Zahlung von Unterhalt aus übergegangenem Recht wegen an den Vater der Beklagten gewährter Sozialleistungen in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat - ohne vorherige mündliche Verhandlung - Beweis zur Frage des Wegfalls der Unterhaltsverpflichtung wegen grober Unbilligkeit erhoben. Nach Durchführung der Beweisaufnahme hat der Kläger laut Sitzungsprotokoll den Antrag auf Auskunftserteilung gestellt, die Beklagten haben Klageabweisung beantragt. Durch das angefochtene Urteil, in welchem entgegen dem Sitzungsprotokoll die Stellung sämtlicher Anträge der Stufenklage wiedergegeben ist, hat das Amtsgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, dem Kläger stehe ein übergegangener Unterhaltsanspruch gegen die Beklagten wegen grober Unbilligkeit nach § 1611 I 2 BGB nicht zu.
Den Streitwert hat das Amtsgericht zunächst auf 1.000,00 EUR festgesetzt. Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten Beschwerde erhoben und zur Begründung ausgeführt, im vorliegenden Fall müsse der Wert der Auskunftsstufe wegen völliger Unkenntnis des Klägers über die finanziellen Verhältnisse der Beklagten ausnahmsweise in der gleichen Höhe angesetzt werden, wie er für die Leistungsstufe gerechtfertigt gewesen wäre. Außerdem sei es in der Auskunftsstufe schon um die grundsätzliche Frage gegangen, ob überhaupt Unterhalt geschuldet werde. Da von Klägerseite Unterhaltsansprüche von rund 20.000,00 EUR geltend gemacht worden seien, müsse der Streitwert auf diesen Betrag festgesetzt werden. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers ist diesen Ausführungen beigetreten. Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht seine Wertfestsetzung geändert und den Streitwert auf 20.000,00 EUR festgesetzt.
Gegen diesen Beschluss hat der Kläger im eigenen Namen Beschwerde eingelegt. Er macht geltend, der Streitwert sei nur nach seinem - des Klägers - Auskunftsinteresse zu bemessen, wobei ein Auskunftsanspruch von der Rechtsprechung mit einem Bruchteil von 10 % bis 25 % des Leistungsanspruchs, zu dessen Vorbereitung er diene, bewertet werde.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Der zuständige Einzelrichter hat die Entscheidung dem Senat als Kollegialgericht übertragen.
Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen
II.
Die Beschwerde ist nach § 68 I GKG n.F. statthaft und auch im Übrigen formell unbedenklich. Für die Beschwerde als solche gilt nach § 72 Nr. 1, 2. Halbsatz GKG das Gerichtskostengesetz in seiner neuen Fassung.
Entgegen der Auffassung des Beklagtenvertreters ist der Kläger auch nicht deswegen gehindert, eine Herabsetzung des Streitwerts zu verlangen, weil sein eigener Prozessbevollmächtigter sich der Argumentation der vorangegangenen Streitbeschwerde des Beklagtenvertreters angeschlossen hatte. Der Beklagtenvertreter verkennt, dass die vorliegende Beschwerde nicht vom Klägervertreter sondern vom Kläger selbst im eigenen Namen eingelegt worden ist. Auch zu der vorangegangenen Streitwertbeschwerde des Beklagtenvertreters hat der Kläger sich schon mit eigenem Schriftsatz vom 16.12.2004 geäußert und die Zurückweisung der Beschwerde beantragt. In Fällen wie diesen vertreten die Parteien und ihre Bevollmächtigten gegenläufige Interessen und haben deshalb auch ein eigenständiges Antrags- und Beschwerderecht, vgl. §§ 68 GKG, 32 RVG.
In der Sache führt die Beschwerde in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang zum Erfolg. Die Wertfestsetzung hat, wie geschehen, getrennt nach den einzelnen Anwaltsgebühren zu erfolgen, wobei für die Gebühren noch die bis zum 30. Juni 2004 gültige Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung Anwendung findet, § 61 RVG.
Bei einer Stufenklage nach § 254 ZPO ist für die gerichtliche Verfahrensgebühr - die hier wegen der Kostenfreiheit des Klägers keine Rolle spielt - und für die anwaltliche Prozessgebühr nach § 31 I Nr. 1 BRAGO immer der höchste Streitwert der verbundenen Ansprüche, regelmäßig der Wert des Leistungsanspruchs, maßgebend, § 18 GKG (entspricht § 44 GKG n.F.). Denn diese Gebühren entfallen immer sofort, weil mit Erhebung der Stufenklage sämtliche Ansprüche rechtshängig werden (Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl. 1996, Rdn. 4233).
Der Wert für Verhandlungs- und Beweisgebühren richtet sich hingegen nach dem Wert derjenigen Verfahrensstufe, in der diese Gebühren anfallen, wofür das jeweilige Prozessgeschehen maßgebend ist. Wird nach Verhandlung und Beweisaufnahme nur zum Auskunftsanspruch bereits die gesamte Klage als unbegründet abgewiesen, so sind Verhandlungs- und Beweisgebühren nach dem Wert des Auskunftsanspruchs zu bemessen (Schneider/Herget, a.a.O., Rdn. 4234f. und 4275; Zöller/Herget, Zivilprozessordnung, 24. Aufl. 2004, Rdn. 16 zu § 3, Stichwort "Stufenklage" mit weiteren Nachweisen)
So liegt der Fall hier. Ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 21. September 2004, das insoweit die Beweiskraft des entgegenstehenden Tatbestands des angefochtenen Urteils aufhebt, hat der Kläger nur über die erste Stufe, den Auskunftsantrag, verhandelt, wie dies dem ordnungsgemäßen Vorgehen bei einer Stufenklage entspricht (Zöller/Greger, a.a.O., Rdn. 7 ff. zu § 254). Nur darauf konnte sich deshalb auch der Klageabweisungsantrag beziehen. Entsprechendes gilt für die Beweiserhebung, die das Amtsgericht ausweislich des Beweisbeschlusses vom 15. März 2004 ausdrücklich "schon in der vorliegenden Auskunftsstufe" angeordnet hat. Verhandlungs- und Beweisgebühren richten sich daher nach dem Wert des Auskunftsanspruchs.
Gegen die Bewertung des Leistungsanspruchs mit 20.000,00 EUR hat der Kläger Einwendungen nicht erhoben. Den Wert des Auskunftsanspruchs bemisst der Senat mit 25 % dieses Wertes, also mit 5.000,00 EUR. Damit ist dem unwidersprochenen Vorbringen des Beklagtenvertreters hinreichend Rechnung getragen, dem Kläger seien die finanziellen Verhältnisse der Beklagten gänzlich unbekannt gewesen, weswegen ein besonders großes Interesse an der Auskunft bestanden habe.
Wie der Streitwert zu bemessen wäre, wenn die Parteien prozessordnungswidrig über sämtliche Ansprüche zugleich verhandelt und das Gericht hierüber entschieden hätte (dazu Schneider/Herget, a.a.O., Rdn 4277 ff.), bedarf keiner Erörterung, weil ein solcher Sachverhalt hier nicht gegeben ist.
OLG Köln:
Beschluss v. 09.05.2005
Az: 14 WF 21/05
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