Landgericht Bielefeld:
Urteil vom 9. September 2005
Aktenzeichen: 10 O 99/05

(LG Bielefeld: Urteil v. 09.09.2005, Az.: 10 O 99/05)

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls die Antragsgegnerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Antragstellerin stellt Kaminöfen her und vertreibt diese unter anderem an große Baumärkte im gesamten Bundesgebiet. Die Antragsgegnerin befasst sich ebenfalls mit der Herstellung und dem bundesweiten Vertrieb derselben. Einer der von der Antragstellerin hergestellten Kaminöfen trägt die Bezeichnung "Alicante". Dieses Modell ist mit Priorität vom 01.02.2002 bei der WIPO als Geschmacksmuster zu DM/061762 in der Locarnoklasse 23-03 für "F. KFT" als Inhaberin eingetragen. Es wird in der Bundesrepublik Deutschland ausschließlich über die von der Antragstellerin belieferten Unternehmen O. und OO., ein Internetversandhaus, vertrieben. In dem neuen Katalog der Fa. OO. , der im August 2005 an die Kunden ausgeliefert wurde, wird ein Kaminofen unter der Bezeichnung "Valencia" angeboten, deren Herstellerin die Antragsgegnerin ist. Das Aussehen und die Bauweise dieses Kaminofens stimmt mit der des von der Antragstellerin produzierten Modells "Alicante" fast vollständig überein. Die Antragstellerin ist der Ansicht, durch die Herstellung und den Vertrieb des Kaminofens "Valencia" werde sie in ihren Schutzrechten aus §§ 2, 38 GeschmG und §§ 2, 31 UrhG verletzt; außerdem liege darin auch ein Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 9, 11 UWG. Sie trägt vor, ihr Modell "Alicante" sei von dem Designer P. B., einem graduierten Absolventen der Kunsthochschule Budapest, gestaltet worden, der ihr alle seine Nutzungsrechte daran übertragen habe. Das Modell sei im Jahre 2002 eine Neuheit auf dem Markt gewesen; es habe kein vergleichbares Modell gegeben. Die Verkaufszahlen des Modells "Alicante" seien von keinem anderen Modell auch nur annähernd erreicht worden. Dieses sei nicht zuletzt auf die herausragende schöpferische Leistung zurückzuführen, die in dem besonderen Design des Modells zum Ausdruck komme. Sie habe für die bevorstehende Wintersaison bereits 2000 Stück der Öfen vorproduziert. Es stehe zu befürchten, dass ihr durch den Verkauf des Imitats der Antragsgegnerin, das - unstreitig - von OO. zu einem niedrigeren Preis als ihr Modell "Alicante" angeboten werde, erhebliche Umsatzeinbußen drohten.

Sie beantragt,

der Antragsgegnerin aufzugeben, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 € oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - Ordnungshaft auch für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann - wobei die Ordnungshaft an dem gesetzlichen Vertreter zu vollziehen ist, ab sofort zu unterlassen, das Kaminofenmodell "Valencia", insbesondere das nachfolgend abgebildete Modell für den geschäftlichen Verkehr herzustellen und/oder zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten und/oder anzubieten und/oder eine der vorstehenden Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Sie bestreitet, dass die Antragstellerin mit der Fa. "F. KFT" identisch und damit Inhaberin des eingetragenen Geschmacksmusters ist und vertritt die Ansicht, dieses Muster ( im Folgenden: Verfügungsgeschmacksmuster) sei wegen fehlender Neuheit, zumindest aber wegen fehlender Eigenart nicht schutzfähig. Sie behauptet, es habe schon vor dem 01.03.2002 Kaminofenmodelle auf dem Markt gegeben, die sich von diesem Modell im Gesamteindruck nicht oder nur unwesentlich unterschieden hätten. Dieses gelte insbesondere für das Modell "4654-8 Polar" des Herstellers Oranier Heiz- und Kochtechnik GmbH aus Gladenbach, das -unbestritten - schon in dem Katalog dieses Unternehmens für das Jahr 2001 abgebildet gewesen sei. Im übrigen sei die Entwicklung des Modells "Alicante" entscheidend auf Vorgaben der Fa. OO. zurückzuführen. Auch sie, die Antragsgegnerin, habe bei der Herstellung des Modells "Valencia" ausschließlich im Auftrag und gemäß den Vorgaben dieses Unternehmens gehandelt. Sie trägt vor, wettbewerbsrechtliche Ansprüche könnten der Antragstellerin schon deshalb nicht zustehen, weil sie selbst in Deutschland nach außen gar nicht als Herstellerin und Anbieter des Kaminofens "Alicante" in Erscheinung trete. Selbst auf der Internetseite .................. werde dieses Modell nicht angeboten. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Zur Glaubhaftmachung ihres Vorbringens haben die Parteien eidesstattliche Versicherungen und Kataloge sowie Prospekte mit Abbildungen von Kaminöfen vorgelegt.

Gründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist unbegründet. Der Antragstellerin steht kein Verfügungsanspruch zu.

Die Antragstellerin kann von der Antragsgegnerin nicht verlangen, dass diese die im Verfügungsantrag genannten Handlungen unterlässt.

Ein Unterlassungsanspruch nach § 42 Abs. 1 i.V.m. §§ 2,38 GeschmG besteht nicht. Dabei kann es dahin stehen, ob die Antragstellerin mit der "F. KFT" identisch und sie damit eingetragene Inhaberin des Verfügungsgeschmacksmusters ist und ob das Verfügungsgeschmacksmuster als neu im Sinne des § " Abs. 2 GeschmG zu gelten hat. Die Antragstellerin kann für dieses Muster keinen Schutz beanspruchen, weil sich nicht feststellen lässt, dass es die für einen Schutz nach § 2 GeschmG erforderliche Eigenart aufweist. Es unterscheidet sich im Gesamteindruck nicht wesentlich von anderen, bereits vor dem Jahr 2002 bekannten Kaminöfen, insbesondere nicht von dem Kaminofenmodell "4654-8 Polar" mit einer Verkleidung aus Speckstein. Der Grundriss ist bei diesem Modell ebenso wie bei dem Verfügungsgeschmacksmuster elliptisch. Das Holzfach ist bei beiden im unteren Teil des Ofens angeordnet. Das Fenster der Tür des im mittleren Teil gelegenen Feuerraums hat jeweils die Form eines Rechtecks, bei dem die beiden Seitenschenkel länger sind als die oben und unten liegenden Schenkel. Der metallische Rahmen der Tür weist an den beiden Seiten und oben die gleiche Breite auf, nur der untere, waagerechte Teil ist erheblich breiter. Die Seitenverkleidung besteht aus mehreren, übereinander angeordneten Specksteinplatten. Die obere Abdeckung der Öfen und der Boden des jeweils über dem Feuerraum liegenden Warmhaltefachs bestehen ebenfalls aus Specksteinplatten. Gegenüber diesen Übereinstimmungen fallen die vorhandenen, von der Antragstellerin im Schriftsatz vom 09.09.2005 aufgezeigten Unterschiede weit weniger ins Gewicht und ändern an dem übereinstimmenden Gesamteindruck nichts. Die Tatsache, dass das Modell "Alicante" in Ungarn mit einem Designpreis ausgezeichnet wurde, spricht nicht gegen diese Beurteilung. Sie ist ein Indiz für die dem Modell "Alicante" zuzugestehende gestalterische Qualität, besagt aber nichts darüber, ob ihm im Verhältnis zu anderen Kaminofenmodellen die nach § 2 GeschmG erforderlich Eigenart zukommt. Der Antragstellerin steht auch ein Unterlassungsanspruch nach § 97 Abs. 1 UrhG nicht zu. Bei dem Verfügungsgeschmacksmuster handelt es sich nicht um ein Kunstwerk im Sinne des § 2 UrhG; es weist nicht die dafür erforderliche Gestaltungshöhe auf. Die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1, 3 Nr. 1 UWG liegen gleichfalls nicht vor. Die Antragsgegnerin handelt nicht unlauter im Sinne von §§ 3, 4 Nr. 9 a UWG. Sie täuscht nicht über die betriebliche Herkunft des von ihr hergestellten Kaminofens. Der Fa. OO. sind die Hersteller der von ihr angebotenen Kaminöfen ohnehin bekannt, aber auch deren Kunden werden nicht getäuscht. Wie sich den vorgelegten Fotografien entnehmen lässt, befindet sich bei dem Modell "Alicante" und auch dem Modell "Valencia" der Name der Herstellerin jeweils gut lesbar auf der Feuerraumtür. Auch eine unangemessene Ausnutzung oder Beeinträchtigung einer Wertschätzung der Ware der Antragstellerin ( § 4 Nr. 9 b UWG) liegt nicht vor. Die Antragstellerin hat nicht dargetan und glaubhaft gemacht, dass ihr Produkt eine besondere Wertschätzung genießt. Aus den behaupteten Verkaufszahlen allein kann dieses nicht hergleitet werden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.






LG Bielefeld:
Urteil v. 09.09.2005
Az: 10 O 99/05


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