Landgericht Bonn:
Beschluss vom 8. Juli 2009
Aktenzeichen: 11 O 146/08
(LG Bonn: Beschluss v. 08.07.2009, Az.: 11 O 146/08)
Tenor
Gegen die Schuldnerin wird wegen der Zuwiderhandlung gegen die einstweiligen Verfügung der Kammer vom ...12.20... in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom ...12.20... -... O ...#/...-, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen,
e) gegenüber letztverbrauchenden Gaskunden in I und H im Angebot oder in der Werbung Preisangaben zu machen, ohne hierbei den verbrauchsabhängigen Preis je Kilowattstunde und den nicht verbrauchsabhängigen Preis je Monat oder je Jahr anzugeben,
f) gegenüber letztverbrauchenden Gaskunden in I und H im Angebot oder in der Werbung Preise anzugeben, welche die gesetzliche Umsatzsteuer nicht enthalten, ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000,00 €, ersatzweise, für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 250,00 € ein Tag Ordnungshaft, zu vollstrecken an der Geschäftsführerin der Schuldnerin, Frau O, als deren gesetzliche Vertreterin, festgesetzt.
Der weitergehende Ordnungsgeldantrag der Gläubigerin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Schuldnerin.
Gründe
I.
Durch Beschluss der Kammer vom ...12.20... wurde im Wege der einstweiligen Verfügung, wegen der Dringlichkeit des Falles ohne vorangegangene mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden, die eingangs zitierte Unterlassungsverpflichtung gegen die Schuldnerin ausgesprochen. Diese Anordnung entspricht vollinhaltlich den Anträgen der Gläubigerin in der Antragsschrift vom ...12.20... Zugleich wurde der Schuldnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 € ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, die Anordnung von Ordnungshaft angedroht.
In der Antragsschrift hatte die Gläubigerin die im Beschlusstenor wiedergegebene Unterlassungsverpflichtung unter anderem darauf gestützt, dass die Schuldnerin ihr Gasangebot im Internet unter http://www.U.de/$$$/%%%%%%%%%%%%/ mit einer dort abgebildeten Grafik folgenden Inhaltes (vgl. auch Anlagenkonvolut A..., BI... - ... d.A. ... 0 ...#/...) bewirbt:
Sonderabschlag Ihr Rabatt pro m3
( ... ) (abhängig von gewähltem Zahlungsrhythmus)
monatlich 1/4-jährlich jährlich
( ... ) 50 € 2,5 Tarifkode ( ... ) 3,0 Tarifkode ( ... ) 4,5 Tarifkode ( ... )
Cent 1 m3 Cent 1m3 Cent 1m3
( ... ) 100 € 3,0 Tarifkode ( ... ) 3,5 Tarifkode ( ... ) 5,0 Tarifkode ( ... )
Cent 1m3 Cent 1m3 Cent 1m3
( ... ) 200 € 4,0 Tarifkode ( ... ) 4,5 Tarifkode ( ... ) 6,0 Tarifkode ( ... )
Cent 1m3 Cent 1m3 Cent 1m3
In der Antragsschrift wurde dazu auf Seite ... ausgeführt:
Zu e) ist festzuhalten, dass die Antragsgegnerin entgegen § 3 PAngV weder den "verbrauchsabhängigen Preis je Mengeneinheit" (Satz 1) in Kilowattstunden (Satz 2) angibt, noch die "nicht verbrauchsabhängigen Preise" (Satz 4), also den Grundpreis in Euro. Dies stellt einen Vorteil durch Rechtsbruch dar, § 4 Nr.11 UWG.
Darüberhinaus hatte die Gläubigerin beanstandet, dass die in der oben dargestellten Grafik genannten Tarifkodes zum Herunterladen die Preise teilweise "exkl. der gesetzlichen MwSt." ausweisen und dazu auf Seite ... der Antragsschrift ausgeführt:
Zu f) verstößt die Antragsgegnerin ebenfalls gegen § 3 PAngV ("einschließlich der Umsatzsteuer").
Die Gläubigerin begründet ihren Ordnungsgeldantrag vom ...03.20... damit, dass die Schuldnerin - insoweit zwischen den Parteien unstreitig - ihre Gaspreise auf ihrer Internetseite nach wie vor entsprechend der eingangs dargestellten Grafik mit den Angaben " Cent / m3" bewirbt (Bl.# des Beiheftes d.A.). Der sich durch das Ansteuern der Angabe " Cent / m3 " öffnende Zusatz, der ein Rechnungsbeispiel mit dem Hinweis " Annahme: 1 Kubikmeter H-Erdgas entspricht 10 Kilowattstunden enthält, ersetze die notwendige Angabe des Preises je Mengeneinheit in Kilowattstunden nicht. Zudem würden die aufgeführten Tarifkodes beim Herunterladen - insoweit ebenfalls zwischen den Parteien unstreitig - nach wie vor die Preise ausschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer ausweisen (vgl. Anlage AS..., BI. # -,... des Beiheftes d.A.).
Die Gläubigerin beanstandet ferner die Gestaltung des "Gastarifrechners" auf der Internetseite der Schuldnerin. Dieser gibt nach ihrer Auffassung die leistungsabhängigen Preise entgegen § 3 Satz 3 PAngV nicht in unmittelbarer Nähe der Arbeits- beziehungsweise Mengenpreise wieder.
Sie beantragt, gegen die Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld zu verhängen, dessen Höhe sie in das Ermessen des Gerichts stellt, jedoch einen Betrag von mindestens 25.000,00 € für angemessen hält.
Die Schuldnerin beantragt, den Ordnungsgeldantrag zurückzuweisen. Sie tritt dem Vorbringen der Gläubigerin mit Sach- und Rechtsausführungen entgegen.
II.
Die Voraussetzungen für die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen die Schuldnerin, das nach Abwägung aller Umstände des Falles auf 10.000,00 € festzusetzen war, liegen vor.
Die formellen Anforderungen an die Verhängung des Ordnungsgeldes in Form eines Antrages der Gläubigerin sowie der allgemeinen Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung sind zu bejahen. Die einstweilige Verfügung der Kammer vom ...12.20... in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom ...12.20... beinhaltet einen zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titel (arg. §§ 928, 929 Abs.1, 936 ZPO), der der Schuldnerin ausweislich der Akten am ...01.20... zugestellt worden ist (§§ 929 Abs.3, 936 ZPO). Einer Vollstreckungsklausel bedurfte es nicht.
Die Schuldnerin hat mindestens fahrlässig und damit gemäß § 276 Abs.1 BGB schuldhaft gegen die ihr auferlegten und in dem Tenor dieses Ordnungsgeldbeschlusses wiedergegebenen Unterlassungsverpflichtungen verstoßen (§ 890 Abs.1 Satz 1 ZPO).
Die Bewerbung ihrer Leistungen mit der in ihrer Gestaltung mit Ausnahme des oben beschriebenen Hinweiszusatzes inhaltlich unveränderten Grafik widerspricht der einstweiligen Verfügung der Kammer. Der Umfang der Unterlassungsverpflichtung ist in dem Tenor des Beschlusses vom ...12.20... mit den Worten "ohne hierbei den verbrauchsabhängigen Preis je Kilowattstunde ( ... ) anzugeben" klar und unmissverständlich formuliert. Er entspricht dem Wortlaut von § 3 Satz 2 PAngV. Der Hinweiszusatz mit Berechnungsbeispiel und der " Annahme: 1 Kubikmeter H-Erdgas entspricht 10 Kilowattstunden" entkräftet diesen Verstoß nicht, da der Adressat allein anhand dieses Hinweises nicht dazu in der Lage ist, den verbrauchsabhängigen Preis im Sinne von § 3 Satz 2 PAngV zu bestimmen. Denn dieser Zusatz wird dem Umstand, dass es keine allgemein gültigen Umrechnungsformeln von der Gasmenge in den Energiegehalt des Gases und dass es neben sog. H-Gasen auch L-Gase gibt, nicht gerecht. Diese unwidersprochenen Ausführungen der Gläubigerin in dem Schriftsatz vom ...03.20... (Seite #) weisen zu Recht auf die Unsicherheiten hin, die sich aus den Schwankungsbreiten der Umrechnungsfaktoren von 9,7 bis zu 12,5 ergeben. Dem mit § 3 PAngV verfolgten Zweck der Preistransparenz (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 27. Aufl. 2009, §§ 3 und 4 PAnGV Rd.1 m.w.N.) wird dieser Hinweiszusatz mithin nicht gerecht.
Die von der Schuldnerin aufgeworfene Frage, ob es sich bei der beanstandeten Grafik um eine § 3 Satz 3 PAngV unterfallende Preisangabe oder lediglich um eine Aussage zu einer Preisersparnis handelt, ist durch den Inhalt der einstweiligen Verfügung vom ...12.20... bereits entschieden. Denn in einer Zusammenschau der oben unter Ziffer I. im einzelnen dargestellten Beanstandungen in der Antragsschrift vom ...12.20... und dem sich daran anschließenden antragsgemäßen Erlass der einstweiligen Verfügung wird deutlich, dass die Kammer die beanstandete Grafik als gegen § 3 PAngV verstoßende Preisangabe angesehen hat (vgl. zu diesem Auslegungsmaßstab: BGH NJW 2004, 506, 507; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, aaO., § 12 UWG Rd.6.4 jeweils m.w.N.). Aber auch ungeachtet dieser Tatbestandswirkung stellt sich die Verwendung der beanstandeten Grafik als unvollständige Preisangabe dar, da diese Grafik in ihrer konkreten Ausgestaltung und zusammen mit dem Hinweis auf die zum Herunterladen bereitstehenden Tarifcodes dem angesprochenen Nutzer einen Rückschluss auf den Gas-Bezugspreis ermöglicht (vgl. zu dieser Angrenzung: BGH NJW 1983, 2703, 2704; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, aaO., § 1 PAngV Rd.5 m .. w.N.). Erst dann, wenn weder die Höhe der Bezugspreise noch überhaupt ein Bezugspreis aus der Internetseite ersichtlich oder errechenbar wären, wäre der Anwendungsbereich von § 3 PAngV nicht eröffnet (vgl. auch BGH, aaO.; LG München I, Urteil vom 01.02.2007 - 17 HKO 22001/06 - veröffentlicht unter: beckonline BeckRS 2008 13070; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, aaO.). Dies ist indes, wie sich aus der Darstellung unter I. im Einzelnen ergibt, nicht der Fall. Vielmehr sind die Angaben der beanstandeten Grafik in eine Darstellungsweise eingebunden, anhand derer der Adressat die Zusammensetzung des Bezugspreises ermitteln soll. Dass dies dem Adressaten ausgehend von den in der Grafik verwendeten Angaben aber nicht in der gebotenen Weise ermöglicht wird, wurde bereits ausgeführt, so dass die erforderliche Preistransparenz nicht gewährleistet ist.
Zur Frage eines Verstoßes der Schuldnerin gegen die Verpflichtung, es zu unterlassen, Preise anzugeben, welche die gesetzliche Umsatzsteuer nicht enthalten, gelten die vorstehenden Erwägungen sinngemäß. Das Verhalten der Schuldnerin verstößt insoweit objektiv gegen § 1 Satz 1 PAngV. Der Hinweis der Schuldnerin, die diesen Vorwurf in tatsächlicher Hinsicht eingeräumt hat es fehle an einer spürbaren Beeinträchtigung durch die unterlassene Umsatzsteuerangabe, ist rechtlich nicht erheblich. Denn der klare Tenor der einstweiligen Verfügung ist einer derartigen einschränkenden Auslegung nicht zugänglich.
Die Schuldnerin hat dem Inhalt der einstweiligen Verfügung nach alledem keine Beachtung geschenkt. Die fortgesetzte Verwendung der beanstandeten Grafik und der herunter zu ladenden Tarifcodes stellt auch unter Berücksichtigung der hier aufgezeigten Erwägungen einen Verstoß gegen die der Beschwerdeführerin obliegenden Sorgfaltspflichten dar und war damit mindestens fahrlässig (§ 276 Abs.2 BGB).
Auf einen Verstoß es zu unterlassen, nicht den verbrauchsabhängigen Preis je Kilowattstunde und den nicht verbrauchsabhängigen Preis je Monat oder je Jahr anzugeben, kann ein Ordnungsgeld gegen die Schuldnerin allerdings nicht gestützt werden. Dem Antrag der Gläubigerin war insoweit nicht zu entsprechen. Denn die Beanstandung, dass diese Angaben entgegen § 3 Satz 3 PAngV nicht in unmittelbarer Nähe zu dem Arbeits- oder Mengenpreis angegeben worden sind, wird von dem Wortlaut der einstweiligen Verfügung nicht getragen. Angaben zu diesem Unmittelbarkeitskriterium finden sich auch nicht in der Antragsschrift vom ...12.20..., so dass zwar die fehlende Angabe einen Verstoß gegen die titulierte Unterlassungsverpflichtung beinhaltet. Allein der Umstand, dass der Benutzer der Internetseite der Schuldnerin diese Angaben erst durch das Anwählen der Sparte Tarifdetails" erhält, begründet jedoch noch keinen Verstoß.
Bei der Bemessung der Höhe des Ordnungsgeldes innerhalb des gesetzlichen Rahmens (§ 890 Abs.1 Satz 2 ZPO i.Vm. Art. 6 Abs.1 EGStGB) war zunächst der Zeitablauf zwischen der Zustellung der einstweiligen Verfügung und dem beanstandeten Verstoß, mithin die Dauer der Zuwiderhandlung, zu berücksichtigen. Auch die wirtschaftliche Bedeutung der Bewerbung von Gaspreisen eines Anbieters und die daraus resultierenden negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb sprachen für die Bemessung eines spürbaren Ordnungsgeldes. Andererseits relativiert sich das Gewicht der Zuwiderhandlung infolge der hier aufgezeigten Auslegungsaspekte. Unter weiterer Berücksichtigung eines den Grad einfacher Fahrlässigkeit nicht übersteigenden Verschuldens war das Ordnungsgeld auf 10.000,00 € festzusetzen.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs.1, 92 Abs.2 Ziffer 2., 891 Satz 3 ZPO
Gegenstandswert: bis 20.000,00 €.
LG Bonn:
Beschluss v. 08.07.2009
Az: 11 O 146/08
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