Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Juni 2010
Aktenzeichen: 21 W (pat) 330/06
(BPatG: Beschluss v. 10.06.2010, Az.: 21 W (pat) 330/06)
Tenor
Das Patent DE 102 20 037 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
Bezeichnung: Vorrichtung zum Detektieren von Objekten Patentansprüche 1 bis 6, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 10. Juni 2010 als Hauptantrag Beschreibung, Seiten 2/7 bis 4/7, gemäß Patentschrift 2 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 3, 4a, 4b und 5, gemäß Patentschrift.
Gründe
l.
Gegen das am 4. Mai 2002 angemeldete Patent 102 20 037 (Streitpatent), das eine "Vorrichtung zum Detektieren von Objekten" betrifft und dessen Erteilung am 9. März 2006 veröffentlicht worden ist, hat die Firma i... GmbH, ...straße in E..., am 9. Juni 2006 Einspruch eingelegt.
Der erteilte Patentanspruch 1 lautet nach Merkmalen gegliedert:
M1 Vorrichtung M2 nach dem Grundprinzip eines Triangulationssensors zum Detektieren von Objekten (6), M3 mit einem Sender (3) zum Aussenden von Licht, M4 mit einem Empfänger (5) zum Empfangen des von dem Objekt (6) reflektierten Lichts, M5 mit einer dem Empfänger (5) vorgeordneten Haupt-Empfangslinse (1) sowie M6 mit einer Ausgleichseinrichtung für das im empfängernahen Bereich von dem Objekt (6) reflektierten Licht, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t, M7 dass als Ausgleichseinrichtung neben der Haupt-Empfangslinse (1) zusätzlich eine Linse (2) vorhanden ist, M8 die derart ausgebildet ist, dass das im empfängernahen Bereich reflektierte Licht desto stärker in Richtung zur optischen Achse des Senders (3) gebrochen wird, je näher sich das Objekt (6) beim Sender (3)/Empfänger (5) befindet.
Hinsichtlich der erteilten Ansprüche 2 bis 11 wird auf die Patentschrift Bezug genommen.
Die Einsprechende ist der Auffassung, dass der Gegenstand des Streitpatents nicht patentfähig sei. Zum Stand der Technik verweist sie auf die Druckschriften D1 DE 43 19 819 A1 D2 DE 690 24 073 T2 D3 EP 1 160 537 A2 D4 DE 41 25 479 C2 und auf eine Literaturstelle in dem Fachbuch L1 "Optoelektronische Sensoren", ISBN 3-478-93023-5, Seiten 38 und 39 sowie auf die bereits im Prüfungsverfahren in Betracht gezogenen Druckschriften D5 DE 198 60 464 C2 D6 DE 196 19 308 A1 D7 US 6 133 988 A D8 US 5 373 344 A D9 US 5 347 137 A und D10 EP 1 134 595 A2.
Mit Eingabe eines Dritten wurde noch die Druckschrift D11 RU 21 40 622 C1 mit deutscher Übersetzung D11*
zu den Akten gereicht.
Die Einsprechende macht geltend, dass der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 jeweils gegenüber dem den Druckschriften D2 und D3 entnehmbaren Stand der Technik nicht neu sei und auch gegenüber weiteren Druckschriften in deren Zusammenschau nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Des Weiteren erachtet sie den Gegenstand des Patentanspruchs 1 als unzulässig erweitert und als nicht ausführbar.
Die Einsprechende beantragt, das Patent DE 102 20 037 zu widerrufen. Die Patentinhaberin beantragt, das Patent mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüchen 1 bis 6 gemäß Hauptantrag beschränkt aufrechtzuerhalten.
Sie ist der Auffassung, dass der Gegenstand des Streitpatents in seiner eingeschränkten Fassung neu sei und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.
Die Patentanspruch 1 in der zuletzt von der Patentinhaberin verteidigten Fassung lautet nach Merkmalen gegliedert wie folgt (Änderungen gegenüber dem erteilten Patentanspruch 1 durch Fettdruck hervorgehoben):
M1 Vorrichtung M2 nach dem Grundprinzip eines Triangulationssensors zum Detektieren von Objekten (6), M3 mit einem Sender (3) zum Aussenden von Licht, M4 mit einem Empfänger (5) zum Empfangen des von dem Objekt (6) reflektierten Lichts, M4a wobei der Empfänger (5) eine Reihenanordnung mehrerer Fotodioden oder eine PSD aufweist, M5 mit einer dem Empfänger (5) vorgeordneten Haupt-Empfangslinse (1)
M6 sowie mit einer Ausgleichseinrichtung für das im empfängernahen Bereich von dem Objekt (6) reflektierte Licht, dadurch gekennz eichnet, M7 dass als Ausgleichseinrichtung neben der Haupt-Empfangslinse (1) zusätzlich eine Linse (2) vorhanden ist, M8 die derart ausgebildet ist, dass das im empfängernahen Bereich reflektierte Licht desto stärker in Richtung zur optischen Achse des Senders (3) gebrochen wird, je näher sich das Objekt (6) beim Sender (3)/Empfänger (5) befindet, M9 so dass Position und Größe des Lichtflecks auf dem Empfänger (5) im Fernbereich von der Haupt-Empfangslinse (1) und im Nahbereich von der zusätzlichen Linse (2) dominiert ist, und M10 dass die Linse (2) im wesentlichen als zur optischen Achse des Senders (3) paralleler, länglicher Körper ausgebildet ist.
Hinsichtlich der Ansprüche 2 bis 6 wird auf die Anlage 3 zur Sitzungsniederschrift vom 10. Juni 2010 Bezug genommen.
Nach Auffassung der Einsprechenden ist auch der eingeschränkte Gegenstand des Streitpatents nicht patentfähig.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
1. Da die Einspruchsfrist im vorliegenden Verfahren nach dem 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat und der Einspruch vor dem 1. Juli 2006 eingelegt worden ist, ist das Bundespatentgericht für die Entscheidung gem. § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG in der bis einschließlich 30. Juni 2006 gültigen Fassung weiterhin zuständig (vgl. BGH GRUR 2007, 862 ff. -Informationsübermittlungsverfahren II; BPatG GRUR 2007, 499 f. -Rundsteckverbinder).
III.
Der formund fristgerecht erhobene Einspruch ist zulässig, denn die für die Beurteilung der behaupteten Widerrufsgründe maßgeblichen tatsächlichen Umstände sind von der Einsprechenden innerhalb der gesetzlichen Frist im Einzelnen so dargelegt worden, dass die Patentinhaberin und der Senat daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ohne eigene Ermittlungen ziehen können. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist von der Patentinhaberin im Übrigen nicht bestritten worden.
Der Einspruch hat jedoch nur teilweise Erfolg. Die geltend gemachte unzulässige Erweiterung liegt nicht vor (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG), ebenso wenig der Widerrufsgrund der mangelnden Ausführbarkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG). Der Gegenstand der in der mündlichen Verhandlung zur beschränkten Verteidigung des erteilten Patents vorgelegten Patentansprüche 1 bis 6 ist patentfähig (§§ 21 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 61 Abs. 1, 2 PatG).
1.
Die geltenden Patentansprüche 1 bis 6 sind zulässig. Der Patentanspruch 1 stützt sich in den Merkmalen [M1 -M8] auf den Patentanspruch 1 gemäß Patentschrift und der mit den ursprünglichen Unterlagen übereinstimmenden Offenlegungsschrift, wobei die Einfügung im Merkmal [M2] "nach dem Grundprinzip eines Triangulationssensors" auf den Absätzen [0002 -0004] der Patentbzw. Offenlegungsschrift (PS, OS), Merkmal [M4a] jeweils auf Absatz [0028] fußt, Merkmal [M9] sich jeweils im Absatz [0030] aus der Figurenbeschreibung zu den Figuren 4a und 4b erschließt und Merkmal [M10] sich in der PS bzw. OS jeweils auf den Patentanspruch 3 stützt. Die Ansprüche 2 bis 6 entsprechen den erteilten Ansprüchen 2, 4 bis 6 und 10 bzw. den offengelegten Ansprüchen 2, 4 bis 6 und 11.
2.
Was die von der Einsprechenden in Abrede gestellte ursprüngliche Offenbarung für die Merkmale [M6]: "mit einer Ausgleichseinrichtung für das im empfängernahen Bereich von dem Objekt (6) reflektierte Licht" und [M7] "dass als Ausgleichseinrichtung neben der Haupt-Empfangslinse (1) zusätzlich eine Linse (2) vorhanden ist" betrifft, so ist in der ursprünglichen Fassung des Patentanspruchs 1 ein "Ausgleich" angegeben, der in der erteilten Fassung in eine "Ausgleichseinrichtung" geändert wurde, die neben der Haupt-Empfangslinse als zusätzliche Linse vorhanden ist. Diese Änderung bewegt sich vollumfänglich im Rahmen der ursprünglichen Offenbarung der Offenlegungsschrift, Anspruch 10, sowie der Absätze [0029, 0030]. Demfolgend umfasst eine Linsenkombination 1, 2 die Haupt-Empfangslinse 1 und die zusätzliche Linse 2, wobei gilt "Die Haupt-Empfangslinse 1 bildet den Lichtspot aus dem Fernbereich mit einem minimalen Spotdurchmesser ab. ..... Dabei ist erkennbar, dass durch die spezielle Formung der Linse 2 der Empfangsstrahl um so mehr nach oben gebrochen wird, je näher sich das Objekt 6 beim Sender 3 befindet. Dadurch wird vermieden, dass der Spot aus dem Empfänger 5 herauswandert". Anhand dieser Informationen wird dem Fachmann die unmissverständliche Lehre vermittelt, dass es sich bei der Linsenkombination 1, 2 um eine Einrichtung mit Ausgleichsfunktion handelt. Somit ist die Änderung des ursprünglichen "Ausgleichs" zur "Ausgleichseinrichtung mit Hauptempfangslinse 1 und zusätzlicher Linse 2" ursprünglich offenbart.
3.
Außerdem wurde seitens der Einsprechenden wiederholt die mangelnde Ausführbarkeit zuletzt auch des Gegenstands des geltenden Patentanspruchs 1 geltend gemacht. Dieser Auffassung vermag sich der Senat nicht anzuschließen; die Ausführbarkeit der Erfindung ist stets an dem Offenbarungsgehalt der gesamten Anmeldeunterlagen zu ermitteln. Nach ständiger Rechtsprechung vermag bereits ein einziges nacharbeitbares Ausführungsbeispiel die Ausführbarkeit einer Erfindung zu bejahen, selbst wenn der Fachmann, der vorliegend ein mit der Entwicklung von einschlägigen Detektionsvorrichtungen befasster, berufserfahrener Dipl.-Phys. mit einschlägigen optischen Kenntnissen ist, mehrere Versuche unternehmen muss, um den Gegenstand nachzuarbeiten. Zwar offenbaren die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen bzw. die Patentschrift weder konkrete Brechungsindizes noch geometrische Abmessungen; dennoch vermittelt das Streitpatent zumindest zwei rein qualitative (wenn auch nicht quantitative), nacharbeitbare Ausführungsbeispiele gemäß den Figuren 2 und 5 in Verbindung mit der zugehörigen Beschreibung. Diese ermöglichen dem Fachmann, zumindest nach mehreren Versuchen, zu einer Vorrichtung gemäß dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 zu gelangen.
4.
Der zweifelsohne gewerblich anwendbare Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist neu, da keine der zum Stand der Technik genannten Druckschriften eine Vorrichtung zum Detektieren von Objekten mit sämtlichen in diesem Anspruch aufgeführten Merkmalen offenbart.
5.
Die Druckschrift D2, die unbestritten den nächstkommenden Stand der Technik repräsentiert, nimmt den Streitpatentgegenstand nicht vorweg. Diese Druckschrift beschäftigt sich mit photoelektrischen Sensoren des Reflexionstyps zum Detektieren von Objekten.
Gegliedert nach den oben genannten Merkmalen des geltenden Patentanspruchs 1, offenbart die Druckschrift D2 einen M1: photoelektrischen Sensor (vgl. Seite 1, Zeile 7)
M2: nach dem Grundprinzip eines Triangulationssensors zum Detektieren von Objekten ("nach dem Grundprinzip" ist ein relativer Ausdruck ohne wohldefinierte technische Bedeutung, der den Gegenstand des Anspruchs nicht einschränkt. Im Übrigen ist in der Patentschrift im Absatz [0028] ohnehin angegeben, dass für den Triangulationssensor ein Empfänger mit (lediglich) einer oder mehreren Fotodioden vorgesehen sein kann. Ersteres ergibt zwangsweise einen punktförmigen Sensor.)
M3: mit einem Sender zum Aussenden von Licht (Lichtabgabeelement 1; Seite 9, Zeile 12 i. V. m. Fig. 3c), M4: mit einem Empfänger (5) zum Empfangen des von dem Objekt (6) reflektierten Lichts (Lichtempfängerelement 2, Seite 9, Zeile 19 i. V. m. Figuren 3c und 15), M5: mit einer dem Empfänger (5) vorgeordneten Haupt-Empfangslinse (1) (Lichtempfängerlinse 70, beinhaltend den Konvexlinsenabschnitt 71, ist dem Element 2 vorgeordnet, Seite 19, Zeilen 32 bis 34; Fig. 15c)
M6: sowie mit einer Ausgleichseinrichtung für das im empfängernahen Bereich von dem Objekt (6) reflektierten Licht (Lichtempfängerlinse 70 insgesamt), dadurch gekennz eichnet, M7: dass als Ausgleichseinrichtung neben der Haupt-Empfangslinse zusätzlich eine Linse vorhanden ist (Lichtempfängerlinse 70, torischer Fresnellinsenabschnitt 72), M8: die derart ausgebildet ist, dass das im empfängernahen Bereich reflektierte Licht desto stärker in Richtung zur optischen Achse des Senders gebrochen wird, je näher sich das Objekt beim Sender/Empfänger befindet (Seite 20, Zeilen 3 bis 8, Fig. 15c: "Die torische Fresnellinse 72 ist durch eine Anzahl von linearen, bandförmigen Linsenabschnitten gebildet. Diese linearen bandförmigen Linsenabschnitte erstrecken sich parallel zur ersten Ebene, in der die optischen Achsen M1 und M2 liegen, wie sie aus Figur 3c, stellvertretend für alle weiteren Figuren, ersichtlich sind, und wirken (...) konzentrierend auf in der zweiten Ebene -senkrecht auf der ersten Ebene und parallel zu M1, M2 -einfallendes Licht." Vgl. auch den Strahlengang in Fig. 15c, Strichpunktlinien -vom Objekt kommend - durch die torische Fresnellinse 72 auf das Empfängerelement 2).
Die Druckschrift D2 offenbart jedoch nicht die Merkmale [M4a], [M9] und [M10]:
M4a: Gemäß dem Patentanspruch 1 weist der Empfänger (5) eine Reihenanordnung mehrerer Fotodioden oder eine PSD auf. Demgegenüber sind in der Vorrichtung aus D2 ausschließlich punktförmige Empfängerelemente vorgesehen (vgl. die Figuren 3c, 6b, 6c, 12, 13, 15c, 16c, 20c, 21c und 22c).
M9: (die Ausgleichseinrichtung ist derart ausgebildet,) dass Position und Größe des Lichtflecks auf dem Empfänger (5) im Fernbereich von der Haupt-Empfängerlinse (1) und im Nahbereich von der zusätzlichen Linse (2) dominiert ist. D2 offenbart unterschiedliche Lichtintensitäten auf dem Empfängerelement, die abhängig von der Nähe des Objekts zu dem Empfänger durch den Konvexlinsenabschnitt 71 bzw. den torischen Fresnellinsenabschnitt 72 dominiert werden (Seite 17, Zeilen 18 bis 31 i. V. m. Fig. 12); durch das Fehlen von zeilenförmigen Empfängerelementen sind jedoch weder Position noch Größe des Lichtflecks auf dem Empfänger beeinflussbar.
M10: (die Ausgleichseinrichtung ist derart ausgebildet,) dass die Linse (2) im Wesentlichen als zur optischen Achse des Senders (3) paralleler, länglicher Körper ausgebildet ist. Gemäß D2 sind die Linsenabschnitte für den Nahbereich stets als längliche, zur optischen Achse senkrechte Körper ausgebildet (Abschnitte 22, 32, 42, 62, 72, 73, 82, 83 und 92 in Figuren 3c, 4c, 5c, 6b, 6c, 8c, 9c, 10c, 11c, 12, 13, 15c, 16c, 20c, 21c und 22c).
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist daher neu gegenüber den aus D2 bekannten photoelektrischen Sensoren.
6. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht gegenüber den photoelektrischen Sensoren aus D2 auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns.
Der von der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung zuletzt vertretenen Auffassung, eine Kombination der Druckschriften D2 und D1 lege den Gegenstand des Anspruchs 1 nahe, vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
Zwischen den Offenbarungsgehalten der Druckschriften D2 und D1 liegen unüberbrückbare strukturelle Differenzen, denn D2 bezieht sich ausschließlich auf blendenlose Sensoren vom Reflexionstyp mit einem punktförmigen Empfängerelement, wohingegen sich D1 auf blendenbehaftete (Lichtabschirmfilter 21 in Figur 2) Sensoren vom Triangulationstyp mit zeilenförmigen Empfängerelement bezieht. Der Fachmann würde daher von einer Zusammenschau dieser Druckschriften absehen.
Falls der Fachmann eine solche Kombination dennoch in Erwägung ziehen sollte, könnte er nicht, ohne erfinderisch tätig zu werden, zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 mit allen seinen darin beanspruchten Merkmalen gelangen.
Eine Zusammenschau der Druckschriften D2 mit D1 würde zwar auch die Merkmale [M4a] und [M9] aufzeigen, da D1 zeilenförmige Empfängerelemente offenbart, die die in D2 offenbarten objektnäheabhängigen Lichtintensitäten zu ebenso objektnäheabhängiger Position und Größe des Lichtflecks auf dem Empfängerelement erweitern würden; in keiner Weise kann jedoch eine solche Zusammenschau das weitere Merkmal [M10] nahelegen, da beide Druckschriften als zusätzliche Linse für den Nahbereich einen länglichen, zur optischen Achse senkrechten Körper vorsehen; vgl. die obigen Ausführungen zu D2 und in D1 Fig. 2 die Nahbereichsammellinse 22, die aus zwei zur optischen Achse senkrecht angeordneten Einzellinsen besteht und die Fernbereichsammellinse 23. Für die von der Einsprechenden vertretene Auffassung, die drei senkrechten Einzellinsen als eine parallele Gesamtlinse zu gestalten, besteht bei dem Entfernungsmesser aus D1 weder eine Notwendigkeit noch vermittelt D1 dazu eine Anregung.
Auch die Druckschrift D4, auf die die Einsprechende in der mündlichen Verhandlung noch Bezug genommen hat, legt insbesondere das Merkmal [M10] des geltenden Patentanspruchs 1 dem Fachmann nicht nahe. Es mag zwar sein, dass, wie die Einsprechende darlegt, bei dem Reflexionslichttaster aus D4 der Spiegel 15 (vgl. die Figuren 1 und 2) ein länglicher, zur optischen Achse des Senders paralleler Körper ist. Der von der Einsprechenden vertretenen Sichtweise, daraus sei das Merkmal [M10] dem Fachmann nahegelegt, vermag sich der Senat jedoch nicht anzuschließen. Zum Einen bestehen grundsätzliche Unterschiede zwischen den Wirkprinzipien von Linse und Spiegel. Der von der Einsprechenden herangezogene Absatz [0034] der Patentschrift steht dem nicht entgegen, da in diesem lediglich auf eine weitere Ausführungsform der patentgemäßen Vorrichtung hingewiesen wird. Zum Anderen bestehen auch zwischen den Offenbarungsgehalten der Druckschriften D4, und D1 bzw. D2 hinsichtlich des Strahlengangs des von nahen und fernen Objekten reflektierten Lichts entscheidende Unterschiede. D4 weist den Fachmann an, gerade entgegen dem Merkmal [M8] zu handeln, nämlich dass die Ausgleichseinrichtung derart ausgebildet ist, dass das im empfängernahen Bereich reflektierte Licht desto stärker von der Richtung zur optischen Achse des Senders weg gebrochen wird, je näher sich das Objekt beim Sender/Empfänger befindet.
7.
Die verbleibenden, eingangs genannten Druckschriften liegen vom Streitpatentgegenstand noch weiter ab. Sie haben dementsprechend in der mündlichen Verhandlung keine Rolle gespielt.
8.
Die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 6 betreffen vorteilhafte und nicht selbstverständliche Ausgestaltungen der Vorrichtung nach Patentanspruch 1. Sie haben deshalb zusammen mit diesem Anspruch Bestand.
Dr. Winterfeldt Baumgärtner Bernhart Veit Pü
BPatG:
Beschluss v. 10.06.2010
Az: 21 W (pat) 330/06
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