Bundespatentgericht:
Urteil vom 28. November 2007
Aktenzeichen: 1 Ni 21/07

(BPatG: Urteil v. 28.11.2007, Az.: 1 Ni 21/07)

Tenor

I. Das europäische Patent 1 043 183 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass die Patentansprüche folgende Fassung erhalten:

1. Seitenplanenspanner mit einem Spannhebel-Haken-Modul (5, 21) bestehend aus einem als einarmigen Hebel ausgebildeten, um eine Schwenkachse (10) schwenkbar angelenkten Spannhebel (7, 26) und einem Haken (11, 28) zum Hintergreifen eines gegenüber der zu spannenden Plane (2) als Widerlager dienenden ortsfesten Elements (3) und mit Mitteln zum Übertragen einer durch den Spannhebel ausgeübten Spannbewegung auf die Plane, dadurch gekennzeichnet, dass das Spannhebel-Haken-Modul (5, 21) des Seitenplanenspanners (1) schwenkbar gegenüber einem Grundelement (14, 23) angelenkt ist und der Haken (11, 28) schwenkbar um eine von der Schwenkachse (10) des Spannhebels (7, 26) beabstandete und parallel zu dieser ausgerichteten Schwenkachse (12) an dem Hebelarm des Spannhebels (7, 26) angelenkt ist und die Mittel zum Übertragen der durch den Spannhebel (7, 26) ausgeübten Spannbewegungen auf die Plane mit dem Grundelement (14, 23) verbunden sind, wobei der Seitenplanenspanner (1) als Mittel zum Übertragen der durch den Spannhebel (7, 26) ausgeübten Spannbewegung auf die Plane (2) eine aus zumindest zwei, mechanisch miteinander im Eingriff stehenden, relativ zueinander einrichtbaren, als starre Körper konzipierten Elementen (15, 17, 22) bestehende Einrichteeinheit (6) aufweist, von denen ein erstes Element (17) der Plane (2) und ein zweites Element (15, 22) dem Grundelement zugeordnet ist.

2. Seitenplanenspanner nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Spannhebel (7) zumindest im Bereich der Anordnung der Schwenkachsen (10, 12) zwei Seitenwangen (8, 8') aufweist, die durch einen die Schwenkachse (10) des Spannhebels (7) darstellenden Schwenkbolzen (13, 27) miteinander verbunden sind.

3. Seitenplanenspanner nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Grundelement ein zylindrischer Bolzen (14) ist, in dem der die Seitenwangen des Spannhebels verbindende Schwenkbolzen (13) gelagert ist, wobei der Radius des Druckstückes (14) größer ist als der Radius der Spannhebelwangen (8, 8') im Bereich des Bolzens (13).

4. Seitenplanenspanner nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Grundelement eine als Unterteil ausgebildete Aufnahme (23) mit seitlichen Wangen (24, 24') hat, an denen der Spannhebel (26) schwenkbar angelenkt ist, welche Aufnahme (23) zur Aufnahme des Spannhebels (26) in seiner Geschlossen-Stellung vorgesehen ist.

5. Seitenplanenspanner nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Einrichteeinheit (6) aus einer Gewindestange (15, 22) und einer mit dieser zusammenwirkenden Mutter (17, 18) besteht.

6. Seitenplanenspanner nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass das an der Plane (2) festlegbare Element der Einrichteeinheit (6) ein in einem Bock (17) ausgeführtes Innengewinde (18) ist.

7. Seitenplanenspanner nach einem der Ansprüche 4 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass in die Seitenwangen des Spannhebels (26) und in die Seitenwangen (24, 24') der Aufnahme (23) fluchtende Durchbrechungen (D), etwa zum Durchführen eines Zollverschlussseiles in der Geschlossen-Stellung des Spannhebel-Haken-Moduls (21) eingebracht sind.

8. Seitenplanenspanner nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Einrichteeinheit (6) in der Geschlossen-Stellung des Spannhebel-Haken-Moduls (5, 21) von dem Spannhebel (7) abgedeckt ist.

9. Nutzfahrzeug mit einem Planenaufbau umfassend zumindest eine Seitenplane (29), an der im Bereich des unteren Abschlusses der Plane (29) eine Vielzahl von Seitenplanenspannern nach einem der Ansprüche 1 bis 8 angeordnet sind, dadurch gekennzeichnet, dass sich der untere Abschluss einer seitlich herabhängenden Plane (29) unterhalb des unteren Abschlusses der Haken (28) der Seitenplanenspanner (21) befindet, so dass dieser untere Planenabschnitt bei geschlossenen Seitenplanenspannern (21) durch die Haken (28) verklemmt gehalten ist.

10. Nutzfahrzeug nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass das Widerlager zum Einhaken der Haken (28) der Seitenplanenspanner (21) Teil eines Profils (32) ist, welches außenseitig an dem Außenrahmen (30) des Nutzfahrzeugaufbaues angeordnet ist und bei gespannten Seitenplanenspannern (21) der untere Abschnitt der Plane (29) in dem zwischen einem Verklammerungsschenkel (33) des Profils (32) und dem Außenrahmen (30) gebildeten Hinterschnitt einen S-förmigen Schlag ausbildend gehalten ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 043 183 (Streitpatent). Das Streitpatent ist in deutscher Verfahrenssprache unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Patentanmeldung 199 15 927 vom 9. April 1999 und des deutschen Gebrauchmusters 299 13 954 vom 10. August 1999 erteilt worden. Es wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 500 06 375 geführt. Der Gegenstand des Streitpatents ist bezeichnet mit "Seitenplanenspanner". Es umfasst in der erteilten Fassung 12 Patentansprüche, von denen die Ansprüche 1 bis 10 einen Seitenplanenspanner betreffen. Die Ansprüche 11 und 12 haben ein Nutzfahrzeug zum Gegenstand, das mit solchen Seitenplanenspannern ausgerüstet ist.

Patentanspruch 1 lautet in der erteilten Fassung wie folgt:

Seitenplanenspanner mit einem Spannhebel-Haken-Modul (5, 21) bestehend aus einem als einarmigen Hebel ausgebildeten, um eine Schwenkachse (10) schwenkbar angelenkten Spannhebel (7, 26) und einem Haken (11, 28) zum Hintergreifen eines gegenüber der zu spannenden Plane (2) als Widerlager dienenden ortsfesten Elements (3) und mit Mitteln zum Übertragen einer durch den Spannhebel ausgeübten Spannbewegung auf die Plane, dadurch gekennzeichnet, dass das Spannhebel-Haken-Modul (5, 21) des Seitenplanenspanners (1) schwenkbar gegenüber einem Grundelement (15, 22) angelenkt ist und der Haken (11, 28) schwenkbar um eine von der Schwenkachse (10) des Spannhebels (7, 26) beabstandete und parallel zu dieser ausgerichteten Schwenkachse (12) an dem Hebelarm des Spannhebels (7, 26) angelenkt ist und die Mittel zum Übertragen der durch den Spannhebel (7, 26) ausgeübten Spannbewegung auf die Plane mit dem Grundelement (15, 22) verbunden sind.

Anspruch 11 lautet wie folgt:

Nutzfahrzeug mit einem Planenaufbau umfassend zumindest eine Seitenplane (29), an der im Bereich des unteren Abschlusses der Plane (29) eine Vielzahl von Seitenplanenspannern nach einem der Ansprüche 1 bis 10 angeordnet sind, dadurch gekennzeichnet, dass sich der untere Abschluss einer seitlich herabhängenden Plane (29) unterhalb des unteren Abschlusses der Haken (28) der Seitenplanenspanner (21) befindet, so dass dieser untere Planenabschnitt bei geschlossenen Seitenplanenspannern (21) durch die Haken (28) verklemmt gehalten ist.

Wegen der unmittelbar und mittelbar auf die Ansprüche 1 bzw. 11 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 10 bzw. 12 wird auf die Streitpatentschrift EP 1 043 183 B1 verwiesen.

Die Klägerin meint, der Gegenstand des Anspruchs 1 sei durch druckschriftlichen Stand der Technik vorweggenommen. Auf jeden Fall beruhe die Lehre des Streitpatents nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Zur Begründung ihrer Auffassung beruft sich die Klägerin auf - die deutsche Patentschrift DE 44 15 042 C1 (Anlage NK2)

- zwei Kataloge der Firma Protex Fasteners Ltd., Redding, Worcestershire, GB, von 1986 und 1993 (Anlagen NK3 und NK4 sowie NK4a bis NK4c)

- die schwedische Auslegeschrift 465 869 B (Anlage NK5 mit Übersetzung NK5a)

- die deutsche Offenlegungsschrift 43 44 739 A1 (Anlage NK6)

- die US-Patentschrift 5 257 839 (Anlage NK7)

- die britische Patentanmeldung 2 219 033 A (Anlage NK8)

- die US-Patentschrift 4 987 653 (Anlage NK9)

- TTS-Tutti i Trasporti su Strada, Beilage der Monatszeitung Tuttotrasporti Nr. 153, Juni 1994, S. 552-556 und 640 (Anlage NK10)

- die britische Patentschrift 1 444 853 (Anlage NK13)

- die britische Patentanmeldung 2 061 436 A (Anlage NK14) sowie - die britische Patentanmeldung 2 165 880 A (Anlage NK15).

Zur Vorveröffentlichung der Kataloge bietet die Klägerin Zeugenbeweis an.

Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 1 043 183 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise das Streitpatent im Umfang der Hilfsanträge 1 bis 11 - in dieser Reihenfolge - gemäß dem Schriftsatz vom 20. November 2007 aufrechtzuerhalten, wobei der dortige Hilfsantrag 3 durch den in der mündlichen Verhandlung überreichten Hilfsantrag 3 ersetzt werden soll.

Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von der erteilten Fassung der Patentansprüche wie folgt:

In Patentanspruch 1 sind im kennzeichnenden Teil nach den Worten "...schwenkbar gegenüber einem Grundelement (15, 23)..." die Worte "des Seitenplanenspanners (1)" eingefügt.

Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von der Fassung nach Hilfsantrag 1 wie folgt:

In Anspruch 1 sind im kennzeichnenden Teil nach den Worten "...schwenkbar gegenüber einem..." die Worte "sich auf der Außenseite der Plane abstützenden" [Grundelement (15, 23)] eingefügt.

Die in dem neu überreichten Hilfsantrag 3 enthaltenen Patentansprüche stimmen mit denen des Urteilstenors überein.

Die Beklagte bestreitet das behauptete Druckdatum sowie die Vorveröffentlichung der Kataloge und tritt im Übrigen der klägerischen Auffassung in allen Punkten entgegen.

Gründe

Die zulässige Klage, mit der der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. a, 52, 54, 56 EPÜ), ist teilweise begründet.

I.

1. Das Streitpatent betrifft einen Seitenplanenspanner und ein Nutzfahrzeug mit einem Planenaufbau, das mit den Seitenplanenspannern ausgerüstet ist.

Nach der Beschreibung des Streitpatents sind Seitenplanenspanner aus dem Stand der Technik, nämlich der deutschen Patentschrift 44 15 042 C1 bekannt. Der dort beschriebene Seitenplanenspanner bestehe aus einem Spannhebel-Haken-Modul, welches an dem freien Ende eines an der Plane angeschweißten, einrichtbaren Gurtes angeordnet sei. Dieser Seitenplanenspanner erfülle nicht die Voraussetzungen, um als Zollverschluss eingesetzt werden zu können, da man Manipulationen an den eingesetzten Spanngurten nicht ausschließen könne. Darüber hinaus könne es vorkommen, dass der Spannhebel in seiner Geschlossen-Stellung nicht bestimmungsgemäß verriegelt sei. Wenn die Plane im Fahrtwind flattere, schlage diese gegen den Spanngurt, was wiederum zu einem Aufspringen des Spannhebels und dazu führen könne, dass das Spannhebel-Haken-Modul frei an der Außenseite eines Nutzfahrzeugaufbaus schwingen könne. Die aus Textilmaterialien bestehenden Spanngurte könnten zudem bei kaltem Umgebungstemperaturen wegen der bestehenden Materialsteifigkeit nur mit Mühe eingerichtet werden. Nachteilig sei auch, dass die Benutzung des vorbekannten Seitenplanenspanners zum Teil nur mit zwei Händen möglich sei.

Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, einen gattungsgemäßen Seitenplanenspanner dergestalt weiter zu bilden, dass nicht nur seine Handhabbarkeit zum Öffnen einer Seitenplane verbessert ist, sondern bei dem ein Spannen der Seitenplane auch ohne eine Faltenbildung möglich ist (Streitpatentschrift Abschnitt [0006]).

Zur Lösung offenbart Patentanspruch 1 des Streitpatents einen Seitenplanenspanner, der versehen ist mit:

1. Einem Grundelement 2. einem Spannhebel-Haken-Modul 2.1 das Spannhebel-Haken-Modul besteht aus 2.1.1 einem Spannhebel 2.1.1.1 der Spannhebel ist als einarmiger Hebel ausgebildet und 2.1.2.2 um eine Schwenkachse schwenkbar angelenkt 2.1.2 und einem Haken 2.1.2.1 der Haken dient zum Hintergreifen eines gegenüber der zu spannenden Plane als Widerlager dienenden ortsfesten Elements 2.1.2.2 der Haken ist schwenkbar um eine von der Schwenkachse des Spannhebels beabstandete und parallel zu dieser ausgerichteten Schwenkachse an dem Hebelarm des Spannhebels (7, 26) angelenkt 2.2 das Spannhebel-Haken-Modul ist schwenkbar gegenüber dem Grundelement 3. Mitteln zum Übertragen einer durch den Spannhebel ausgeübten Spannbewegung auf die Plane 3.1 die Mittel sind mit dem Grundelement verbunden.

2. Als Fachmann beschäftigte sich mit dem technischen Gebiet des Streitpatents im Anmeldezeitpunkt ein Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähriger Berufserfahrung bei einem Hersteller von Planen für Nutzfahrzeuge, der mit der Befestigung der Planen an den Fahrzeugaufbauten befasst ist und sich insbesondere auch auf dem Gebiet von Spannschlössern auskennt. Nach dem Verständnis dieses Fachmanns, das Maßstab sowohl für die Auslegung des Patentanspruchs als auch für die Beurteilung der erfinderischen Leistung ist, stellt sich der Gegenstand des Streitpatents in der erteilten Fassung des Patentanspruchs 1 wie folgt dar:

Beansprucht ist ein Planenspanner mit einer aus einem Spannhebel und einem Haken bestehenden Baueinheit, dem Spannhebel-Haken-Modul. Dieses ist an einem Grundelement, dessen räumlichkörperliche Gestaltung offen gelassen ist, angelenkt und über dieses durch nicht näher spezifizierte Mittel zum Übertragen der durch den Spannhebel ausgeübten Spannbewegung auf die Plane an dieser befestigt. Der Spannhebel wird durch Verschwenken betätigt und löst durch die Übertragungsmittel eine Relativbewegung der Plane gegenüber einem ortsfesten Element aus. Dabei hintergreift der Haken des Moduls das ortsfeste Element, wodurch die Plane gespannt wird. Die Patentansprüche 1 und 11 enthalten über eine etwaige Einstellbarkeit bzw. Einrichtbarkeit dieser Spannung keine Angaben. Auch die Abschnitte [0007] und [0008] der Beschreibung des Streitpatents, die den Gegenstand des Streitpatents allgemein erläutern, befassen sich nicht mit der Einstellbarkeit der Seitenplanenspanner, insbesondere nicht mit einer entsprechenden Einrichtung. Der Fachmann wird hier auch nicht mitlesen, dass die Spanner an den Planen gesondert eingerichtet werden müssen. Aus fachmännischer Sicht ist die Einstellbarkeit der Spannung für einen derartigen Seitenplanenspanner zwar eine wichtige Eigenschaft. Hierfür wird aber nicht zwangsläufig eine gesonderte Einrichtung benötigt. Eine Einstellung kann z. B. auch durch die Materialeigenschaften der Plane, etwa ihre Dehnbarkeit, oder durch elastische Elemente, z. B. Federn, an den Nieten bzw. Schrauben, durch die das Grundelement mit der Plane verbunden ist, bewirkt werden.

II.

Der so dem Streitpatent in der erteilten Fassung zu entnehmende Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem Stand der Technik neu. Er beruht aber nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Art. 138 Abs. 1 lit. a, 52, 54, 56 EPÜ).

1. Zur Neuheit Aus der bereits in der Streitpatentschrift genannten deutschen Patentschrift 44 15 042 C1 (NK2) ist ein Seitenplanenspanner mit einem Spannhebel-Haken-Modul bekannt. Das Modul besteht aus der mittels einer Drehwelle 5 schwenkbaren Handhabungslasche 6 als einarmigem Spannhebel und dem Unterteil 4 mit Haken 10 als Haken, der den Randbereich 3 einer Ladepritsche als ortsfestes Element hintergreift. Der Randbereich 3 stellt ein Widerlager gegenüber der zu spannenden Plane dar. Als Mittel zum Übertragen einer durch die Handhabungslasche 6 ausgeübten Spannbewegung auf die Plane ist ein Gurt 2 vorgesehen. Dieser bekannte Seitenplanenspanner unterscheidet sich von dem beanspruchten dadurch, dass die Handhabungslasche und der Haken eine gemeinsame Schwenkachse aufweisen. Der Haken ist somit nicht schwenkbar um eine von der Schwenkachse des Spannhebels beabstandete und parallel zu dieser ausgerichteten Schwenkachse an dem Hebelarm des Spannhebels angelenkt (Merkmal 2.1.2.2 des gegliederten Patentanspruchs 1). Die Drehwelle 5 stellt die Schwenkverbindung zwischen Handhabungslasche 6 und Haken 4, 10 her und entspricht nicht - wie die Klägerin vorträgt - einem Grundelement im Sinne des Streitpatents.

Die Kataloge der Firma Protex Fasteners Ltd. (NK3 und NK4) zeigen Spannverschlüsse mit Spannhebel-Haken-Modulen nach Art eines Kniehebelverschlusses, die schwenkbar gegenüber einem Grundelement angebracht sind. Charakteristisch für solche Spannverschlüsse ist ein Spannhebel-Haken-Modul, bei dem der einarmige Spannhebel schwenkbar um eine Schwenkachse angelenkt ist und der Haken schwenkbar um eine von der Schwenkachse des Spannhebels beabstandete und parallel zu dieser ausgerichteten Schwenkachse an dem Hebelarm des Spannhebels angelenkt ist. In den Katalogen wird die Verwendung der Spannverschlüsse als Seitenplanenspanner allerdings nicht erwähnt. Mittel zum Übertragen einer durch den Spannhebel ausgeübten Spannbewegung auf eine Plane sind in den Katalogen NK3 und NK4 nicht offenbart.

Ein Seitenplanenspanner mit einem Spannhebel-Haken-Modul und einem Grundelement ist aus der schwedischen Auslegeschrift 465 869 B (NK5/NK5a) bekannt. Dabei entspricht die Montageplatte mit der Bezugszahl 4 dem Grundelement, die Schwenkhebel 6 und 8 entsprechen dem Spannhebel und dem Haken des Spannhebel-Haken-Moduls, und das in den Saumbereich der Plane 1 eingesetzte bandförmige Element 10 entspricht den Mitteln zum Übertragen einer durch den Spannhebel ausgeübten Spannbewegung auf die Plane (vgl. Fig. 1 bis 3). Der als Haken ausgebildete Schwenkhebel 8 dient jedoch nicht zum Hintergreifen eines ortsfesten Elements, das gegenüber der zu spannenden Plane als Widerlager dient, sondern hintergreift das an der Plane befindliche Element 10. Das Element 10 ist zudem nicht mit der Montageplatte 3 verbunden.

Die Druckschriften DE 43 44 739 A1 (NK6), US 5,257,839 A (NK7) und GB 2 219 033 A (NK8) zeigen jeweils Spannvorrichtungen mit einem Spannhebel-Haken-Modul nach Art eines Kniehebels entsprechend denen nach den Katalogen der Firma Protex Fasteners Ltd. (NK3 und NK4). Sie unterscheiden sich demzufolge auf die gleiche, bereits dargestellte, Art und Weise vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents.

Aus der US-Patentschrift 4,987,653 (NK9) ist ein Seitenplanenspanner (vgl. Fig. 3) bekannt, bei dem ein Spannhebel 3/4 gegenüber einem an der Plane vernieteten (vgl. Sp. 2, Z. 54) Grundelement 2 (vgl. Fig. 7) verschwenkt und durch einen Mechanismus verrastet wird. Die Spannvorrichtung ist dazu vorgesehen, mit einem Haken 61, der ein festes Element hintergreift, eine Seitenplane zu straffen und im gestrafften Zustand festzuhalten/einzuklemmen. Der Haken 61 ist an einem Gurt 6 angebracht, der durch das Verschwenken des Spannhebels 3 in die Geschlossen-Stellung gespannt wird (vgl. Fig. 5 und 6). Der Gurt wird dabei über eine Spannkante bzw. einen Spannschlitz 44 des Spannhebels 3/4 geführt. Die Funktion eines Mittels zum Übertragen der durch den Spannhebel ausgeübten Spannbewegung auf die Plane wird durch die mit dem Grundelement verbundenen Nieten wahrgenommen. Abweichend vom Gegenstand des angegriffenen Patentanspruchs 1 ist der Haken 61 nicht schwenkbar an dem Hebelarm des Spannhebels 3 angelenkt. Der beanspruchte Seitenplanenspanner unterscheidet sich von dem bekannten daher zumindest durch das Merkmal 2.1.2.2.

Der Beilage der Monatszeitung "Tuttotrasporti", Nr. 153 (NK10) sind Nutzfahrzeuge mit Planenaufbauten zu entnehmen. Die Planen sind offensichtlich mit Spannvorrichtungen an ortsfesten Elementen gehalten. Die räumlichkörperliche Gestaltung der Seitenplanenspanner geht aus den Fotografien jedoch nicht hervor.

Jede der Druckschriften GB 1 444 853 (NK13), GB 2 061 436 A (NK14) und GB 2 165 880 A (NK15) zeigt einen Gurtspanner, der auch als Planenspanner eingesetzt werden kann, mit einem Grundelement, das sich an der Seitenplane abstützt (vgl. Figuren). Diese Gurtspanner weisen kein Spannhebel-Haken-Modul im Sinne des Streitpatents auf. Als Mittel zum Übertragen der durch den Spannhebel ausgeübten Spannbewegung auf die Plane dient jeweils ein Gurt.

Somit unterscheiden sich alle als bekannt geltend gemachten Spannvorrichtungen von dem mit Patentanspruch 1 beanspruchten Seitenplanenspanner durch zumindest ein Merkmal. Der Seitenplanenspanner gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatents ist demnach neu. Das gilt auch für die übrigen Patentansprüche - auch den nebengeordneten Patentanspruch 11 - die sämtlich auf Patentanspruch 1 unmittelbar oder mittelbar Bezug nehmen.

2. Zur erfinderischen Tätigkeit Wie ausgeführt ist aus der US-Patentschrift 4,987,653 (NK9) ein Seitenplanenspanner (vgl. Fig. 5, 6 und 7) bekannt, bei dem ein einarmiger Spannhebel 3 gegenüber einem an der Plane vernieteten (vgl. Sp. 2, Z. 54) Grundelement 2 (vgl. Fig. 7) schwenkbar angelenkt ist (Merkmal 1). Die Nieten nehmen dabei die Funktion eines Mittels zum Übertragen der durch den Spannhebel ausgeübten Spannbewegung auf die Plane wahr (Merkmale 3, 3.1). Der Spannhebel 3 wirkt über einen Gurt 6 mit einem Haken 61 zusammen, der zum Hintergreifen eines ortsfesten Elements dient. Dieses Element hat gegenüber der zu spannenden Plane die Funktion eines Widerlagers. Das Grundelement 2 stützt sich auf der Plane ab und verschiebt sich beim Umlegen des Spannhebels in vertikale Richtung von oben nach unten, so dass eine Faltenbildung im Bereich und oberhalb des Grundelementes ausgeschlossen ist.

Der Fachmann ist bestrebt, Faltenbildung an der Plane zu vermeiden und die Handhabbarkeit eines Seitenplanenspanners beim Öffnen einer Seitenplane zu verbessern. Diese Verbesserung besteht darin, eine Bedienung des Seitenplanenspanners mit nur einer Hand zu ermöglichen. Um diese Verbesserung zu erreichen, wird der Fachmann von der bekannten Lösung der Befestigung des Hakens vermittels eines Gurtes an dem Spannhebel Abstand nehmen, da das Straffen des Gurtes im Allgemeinen nur mit zwei Händen möglich ist. Er erhält dadurch die Anregung, auf andere bekannte Befestigungslösungen, und zwar in Form von Kniehebelverschlüssen in vielfältiger Ausgestaltung, zurückzugreifen. Sie beruhen auf dem Prinzip, dass der Haken des Spannverschlusses mit dem Spannhebel schwenkbar um eine von der Schwenkachse des Spannhebels beabstandete und parallel zu dieser ausgerichteten Schwenkachse an dem Hebelarm des Spannhebels angelenkt ist. Eine derartige Konstruktion geht aus der US-Patentschrift 5,257,839 A (NK7) hervor (vgl. Fig. 2A, 2B), die der Fachmann komplett mit Grundelement 22, Spannhebel 32 und Haken 50 zur Befestigung an der Plane übernehmen kann. Dieses bekannte Modul bietet zudem den ebenfalls gewollten Vorteil, abschließbar zu sein und einen Zollverschluss anbringen zu können (vgl. Fig. 1).

Dem steht nicht entgegen, dass durch diese - so auch beanspruchte - Lösung eine an und für sich gewünschte Einstellbarkeit verloren geht, zumal auch aus der SE 465 869 B (NK5/NK5a) ein nach dem Prinzip eines Kniehebels funktionierender Seitenplanenspanner bekannt ist (vgl. Fig. 1), der nicht einstellbar ist.

III.

Auch die mit den Hilfsanträgen 1 und 2 beanspruchte Lehre beruht nicht auf erfinderischer Leistung.

Der Senat legt Patentanspruch 1 bereits in der erteilten Fassung so aus, dass das Grundelement ein Teil des Seitenplanenspanners darstellt (vgl. Merkmalsgliederung). Die in Hilfsantrag 1 vorgenommene Ergänzung durch die Worte "des Seitenplanenspanners" ist lediglich der verbale Ausdruck dieser Auslegung und keine Änderung des beanspruchten Gegenstandes. Im Übrigen ist auch im Stand der Technik (US-Patentschrift 4,987,653; NK9) das Grundelement 2 Teil des Seitenplanenspanners (vgl. Fig. 5, 6, 7).

Auch der Seitenplanenspanner nach Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 2 ergibt sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik, nämlich dem Gegenstand der US-Patentschrift 4,987,653 (NK9). Dort ist das Grundelement 2 mit der Plane vernietet. Es stützt sich dabei zwangsläufig auf der Außenseite der Plane ab.

Der Gegenstand des Nebenanspruchs 11 und des auf ihn rückbezogenen Unteranspruchs 12 in der erteilten Fassung des Streitpatents und der Hilfsanträge 1 und 2 ist ein Nutzfahrzeug, das mit Seitenplanenspannern nach dem jeweils geltenden Patentanspruch 1 ausgerüstet ist. Die obigen Ausführungen zur erfinderischen Leistung bezüglich Patentanspruch 1 geltend hierfür entsprechend. Nur durch die Anordnung des durch den Stand der Technik nahe gelegten Seitenplanenspanners nach Patentanspruch 1 in dem Planenaufbau eines Nutzfahrzeugs wird ein eigener erfinderischer Gehalt dieser Ansprüche nicht begründet und ist von der Beklagten auch nicht geltend gemacht.

IV.

Demgegenüber erweist sich der in Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 enthaltene Seitenplanenspanner als patentfähig.

Bei dem nach Hilfsantrag 3 beanspruchten Seitenplanenspanner ist zusätzlich zum erteilten Gegenstand vorgesehen, dass er als Mittel zum Übertragen der durch den Spannhebel ausgeübten Spannbewegung auf die Plane eine Einrichteeinheit aufweist, die aus zumindest zwei, mechanisch miteinander im Eingriff stehenden Elementen besteht, die relativ zueinander einrichtbar und als starre Körper konzipiert sind. Dabei ist ein erstes Element der Plane und ein zweites Element dem Grundelement zugeordnet.

Ein Seitenplanenspanner mit diesen Merkmalen ist sowohl dem Streitpatent als auch den ursprünglichen Unterlagen zu entnehmen. Die hinzugefügten Merkmale führen auch nicht zu einer Erweiterung des Schutzbereichs des Patents. Gegenteiliges wurde von der Klägerin nicht behauptet.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 3 nicht durch die in den Druckschriften NK8 und NK4 offenbarten Spannvorrichtungen nahegelegt.

In Fig. 2 der britischen Patentanmeldung GB 2 219 033 A (NK8) ist gezeigt, wie eine einem Grundelement entsprechende Ankerplatte 30 durch zwei Schrauben 43, 44 an einem Paneel 10 befestigt ist. Die Schrauben greifen in Ausnehmungen 40a, 40b der Ankerplatte ein. Diese besitzt weitere Paare von Ausnehmungen 41a, 41b sowie 42a, 42b, die gegenüber den ersten versetzt angebracht sind. Wenn die Schrauben gelockert werden, kann die Ankerplatte 30 gegenüber dem Paneel 10 verschoben werden, so dass die Schrauben in Eingriff mit einem der weiteren Paare von Ausnehmungen gelangen (vgl. S. 5, 4. und 5. Absatz). Es mag zutreffen, dass dem Fachmann das Prinzip der Einstellbarkeit von Seitenplanenspannern, beispielsweise über Gurte, grundsätzlich bekannt ist. Die aus der GB 2 219 033 A (NK8) bekannte Lösung zum Erreichen der Einstellbarkeit bei Spannschlössern würde ein Fachmann jedoch nicht auf Seitenplanen übertragen. Abgesehen davon, dass die gezeigten Schraubverbindungen völlig ungeeignet sind, eine Verbindung zwischen einem Grundelement und einer Plane herzustellen, erfordert die Methode bei jedem Einstellen ein Lösen und erneutes Festziehen von (zumindest) zwei Verschraubungen, was bei häufigerem Einstellen, wie es bei Planenspannern erforderlich sein kann, zu einem hohen Arbeitsaufwand führt.

Bei den im Katalog der Firma Protex Fasteners Ltd. (NK4) auf den Seiten 19, 20, 23 bis 25 gezeigten Spannvorrichtungen wird das Einrichten durch Verstellen der Schwenkachse des Hakens gegenüber der des Spannhebels - wie auch die Klägerin vorträgt - erzielt. Das ergibt sich aus den Angaben zu den Abmessungen der Spannvorrichtungen. Stets wird die durch das Spannhebel-Haken-Modul definierte Gesamtlänge der Spannvorrichtung durch Verstellen insgesamt verändert. Das ist nur möglich, wenn sich der Abstand der Schwenkachsen von Spannhebel und Haken zueinander verändert. Diese Art der Verstellbarkeit entspricht jedoch nicht der, die nach Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 3 gefordert wird. Im Gegensatz zu den in dem Katalog gezeigten Vorrichtungen bleibt das nach Hilfsantrag 3 beanspruchte Spannhebel-Haken-Modul insgesamt unverändert. Das Einrichten erfolgt durch Verändern der Lage des Grundelements gegenüber der Plane. Dies stellt eine andere konstruktive Lösung zum Anpassen der Spannung dar, für die sich weder in den Katalogen der Firma Protex Fasteners Ltd. noch dem sonst aufgezeigten Stand der Technik Vorbilder finden.

Bei dieser Sachlage kann es dahinstehen, ob die Kataloge der Firma Protex Fasteners Ltd. vorveröffentlicht wurden oder nicht.

Der Nebenanspruch 9 sowie die Unteransprüche 2 bis 8 und 10 nach Hilfsantrag 3 sind Erzeugnisansprüche und auf Patentanspruch 1 zumindest mittelbar rückbezogen, so dass auch deren Gegenstände patentfähig sind.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG, § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Schuster Bülskämper Schramm Reinhardt Dr. Höchst Pü






BPatG:
Urteil v. 28.11.2007
Az: 1 Ni 21/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/a565c1ddce37/BPatG_Urteil_vom_28-November-2007_Az_1-Ni-21-07




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share