Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. September 2006
Aktenzeichen: 20 W (pat) 107/05

(BPatG: Beschluss v. 21.09.2006, Az.: 20 W (pat) 107/05)

Tenor

Die Beschwerde des Anmelders gegen den Beschluss der Patentabteilung 1.22 des Patentamts vom 26. Juli 2005 wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Patentanmeldung 10 2004 028 953.0 mit der Bezeichnung "Glatteisspion" ist am 11. Juni 2004 beim Patentamt eingegangen.

Mit Schreiben vom 6. Juni 2004 hat der Anmelder Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beantragt.

Nach einem Bescheid der Patentabteilung vom 8. April 2005, zu dem sich der Anmelder mit Eingabe vom 13. Juni 2005 (eing. am 27. Juni 2005) mit einem Zusammenfassungstext und einem erstmals formulierten Anspruch geäußert hat, hat die Patentabteilung mit Beschluss vom 26. Juli 2005 den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mit der Begründung verweigert, dass durch den Stand der Technik alle ursprünglich offenbarten technisch brauchbaren Merkmale bekannt seien. Eine hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents liege daher nicht vor.

Mit Schreiben vom 25. August 2005 (eingegangen am 26. August 2005) hat der Anmelder Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt er sinngemäß aus, dass die Anmeldung eine klare und eindeutige technische Lehre enthalte, welche gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik neu sei und auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Es bestehe damit eine hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents, weshalb die Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen sei.

Er beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die beantragte Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.

Mit einer Zwischenverfügung des Senats vom 12. Januar 2006 wurde der Anmelder auf den durch die Druckschriften DE-OS 2 022 162 und DE 78 17 057 U1 belegten Stand der Technik hingewiesen. Eine Äußerung hierzu ist nicht erfolgt.

II Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.

1. Die geltenden Anmeldungsunterlagen umfassen - den am 27. Juni 2005 eingegangenen einzigen Anspruch mit folgendem Wortlaut:

1. das Minifahrwerk 2. die beiden dauernd und automatisch bremsblockiert laufenden Rädchen am Minifahrwerk 3. das Warnsignal (entspr. die Warnstimme, die Warnlampe), das den Fahrer vor dem Bodenfrost/Glatteis warnt 4. die manuelle Bedienungsmöglichkeit des Minifahrwerks durch den Fahrer 5. die Herstellung des Minifahrwerks aus Leichtmetall (aus Kostengründen)

6. den Hinweis an alle potentiellen Fahrer, das Minifahrwerk bei Schneedecke oder Schneekruste auszuschalten - zwei Beschreibungsseiten vom Anmeldetag,

- eine Zeichnung, bestehend aus zwei Figuren, eingegangen am 21. Februar 2005 bzw. 27. Juni 2005,

- eine Zusammenfassung, eingeg. am 8. November 2005.

Als Anmeldungsgegenstand lassen die Gesamtunterlagen ein Hilfsfahrwerk mit auf der Fahrbahn mitlaufenden, leicht gebremsten Rädchen erkennen. Die auf die Rädchen einwirkende Bremskraft wird dabei so groß gewählt, dass bei griffiger, nicht vereister Fahrbahn noch eine Drehung der Rädchen erfolgt.

Aufgrund der auf die Rädchen einwirkenden Bremskraft wird jedoch bei vereister Fahrbahn eine Radumdrehung verhindert. Ein Stillstand der Rädchen wird als gefährliche Fahrbahnglätte gewertet und dem Fahrer über ein Warnsignal mitgeteilt. Das aus Leichtmetall hergestellte Minifahrwerk ist vom Fahrer manuell ausfahrbar und kann so bei unkritischen Außentemperaturen oder hohen Fahrzeuggeschwindigkeiten eingefahren werden.

Damit soll die Unfallgefahr reduziert werden.

2. Der Anmeldungsgegenstand mag zwar neu sein, er beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Aus der im Bescheid des Senats zum Stand der Technik genannten Druckschrift DE-OS 2 022 162 ist eine die Fahrbahn abtastende Einrichtung für ein Kraftfahrzeug bekannt, mit der auftretendes Glatteis so rechtzeitig erkennbar wird, dass ein Fahrer sein Fahrverhalten rechtzeitig dem Straßenzustand anpassen kann (Seite 2 Absatz 2 und 3).

Die Abtasteinrichtung umfasst ein "Minifahrwerk" mit einem Schwenkhebel 9, der aus zwei Gabelschenkeln 13, 14 besteht (Seite 7 Absatz 1 in Verbindung mit Figur 1). Zwischen den Gabelschenkeln 13, 14 ist ein Rad 12 mit einer Achse 11 drehbar gelagert, wobei eine Bremsscheibe 16 drehfest mit der Achse 11 verbunden ist. Bei einem normalen Straßenzustand mit üblichen Reibwerten, d. h. ohne Glatteis, wird dabei das Rad 12 ständig mit einer vorgegebenen Bremskraft abgebremst. Das Abbremsen erfolgt dabei mit Hilfe von Reibungsflächen 18 des Bremselements 19, die mittels einer Feder 20 an Stirnflächen 17 der Bremsscheibe 16 angedrückt werden. Die (Dreh-)Achse 11 steht über eine biegsame Welle 29, die zum Armaturenbrett hin geführt ist, mit einer dort vorgesehenen Signalvorrichtung in Verbindung, durch welche dem Fahrer der Straßenzustand deutlich gemacht wird. Wenn Glatteis auftritt, hält die Bremse das Rad 12, das dann auf der Fahrbahn schlüpft, so dass über die Welle 29 abweichende Umdrehungswerte übertragen werden (Seite 7 letzter Absatz bis Seite 8 erster Absatz). Die Signalvorrichtung weist außerdem ein optisches oder akustisches Anzeigeinstrument 56 auf, das bei bestimmten von der Welle 29 übertragenen Umdrehungswerten ein optisches oder akustisches Signal auslöst und den Fahrer vor Glatteis warnt (Seite 5 Absatz 3 und Seite 10 letzter Absatz bis Seite 11 erste Zeile).

Weiterhin kann die Abtasteinrichtung offensichtlich manuell bedient werden. Dabei kann die mit einer Feder an die Fahrbahn gedrückte Abtasteinrichtung vom Fahrer mit Hilfe eines Bowdenzugs abgehoben werden oder zum Lauf auf der Fahrbahn freigegeben werden (Seite 8 Absatz 3).

Eine Herstellung der Abtasteinrichtung aus Leichtmetall liegt im Rahmen fachmännischen Handelns und begründet somit keine erfinderische Tätigkeit. Auch die Beschreibung enthält keine Merkmale, die einen gewährbaren Anspruch stützen könnten. Ein automatisches Einziehen des Fahrwerks bei Wegfall des Bodenfrostes ist ebenfalls eine Maßnahme ohne erfinderische Tätigkeit. Für das Vorsehen eines Frostprüfrädchens gibt dem Fachmann die Druckschrift DE 78 17 057 U1 eine Anregung, Seite 5 Absatz 2.

3. Nach alledem ist in den gesamten Anmeldungsunterlagen nichts zu erkennen, was eine Patenterteilung rechtfertigen könnte, so dass eine hinreichende Aussicht auf die Erteilung eines Patents verneint werden muss.

Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist daher gem. § 130 (1) PatG ausgeschlossen.






BPatG:
Beschluss v. 21.09.2006
Az: 20 W (pat) 107/05


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