Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. März 2000
Aktenzeichen: 13 W (pat) 63/97

(BPatG: Beschluss v. 16.03.2000, Az.: 13 W (pat) 63/97)

Tenor

Auf die Beschwerde der Patentinhaberin wird der Beschluß der Patentabteilung 24 des Deutschen Patentamts vom 10. Oktober 1997 aufgehoben und das Patent beschränkt aufrechterhalten mit den am 16. März 2000 überreichten Patentansprüchen 1 - 16 und 3 Seiten Beschreibung, Spalten 1-5.

Gründe

I 1. Die Patentabteilung 24 des Deutschen Patentamts hat nach Prüfung eines Einspruchs durch Beschluß vom 10. Oktober 1997 das am 11. November 1994 angemeldete Patent 44 40 397 mit der Bezeichnung

"Verfahren zum Herstellen von Gußformen"

gemäß § 61 Absatz 1 Satz 1 PatG widerrufen.

Der Beschluß stützt sich im wesentlichen auf die Druckschrift

[4] US 49 44 817, gegenüber der das strittige Verfahren gemäß Anspruch 1 in der erteilten Fassung keine erfinderische Tätigkeit aufweise. Ausgehend von diesem Stand der Technik sei es dem Fachmann auch möglich gewesen, ohne erfinderische Leistung zu den Verfahren nach den Hauptansprüchen weiterer drei Hilfsanträge zu gelangen.

2. Gegen diesen Beschluß hat die Patentinhaberin Beschwerde eingelegt und in der mündlichen Verhandlung neue Patentansprüche 1 bis 16 überreicht.

Der geltende Anspruch 1 lautet:

1. Verfahren zum Herstellen von Gießformen aus warmhärtendem Formstoff mit den Schritten:

Erzeugen eines Computermodells der herzustellenden Gießform (6), wobei zuerst mittels eines Computers ein Modell eines mit der Gießform herzustellenden Gußteiles erzeugt wird undanschließend die Daten der herzustellenden Gießform durch Invertieren des Modelles für das Gußteil erhalten werden;

sukzessives Verfestigen einzelner übereinanderliegender Schichten (6a, 6b, 6c, 6d) des warmhärtbaren Formstoffes (3) an jeweiligen der Gießform (6) entsprechenden Stellen mittels entsprechend den Daten des Computermodells der Gießform gesteuerter Einwirkung elektromagnetischer Strahlung, wobei als Formstoff Sand verwendet wird, der mit einem warmhärtenden Harzbinder versetzt ist undder Harzbinder die Eigenschaft aufweist, daß bei der Verfestigung des Formstoffes in dem Harzbinder ein von der elektromagnetischen Strahlung initiierter chemischer Abbindeprozeß abläuft und der Sand chemisch nicht an der Reaktion beteiligt wird.

Bezüglich der Fassung der hierauf rückbezogenen Ansprüche 2 bis 16 wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Zur Begründung hat die Patentinhaberin im wesentlichen ausgeführt, daß das nun beanspruchte Verfahren durch den entgegengehaltenen Stand der Technik weder vorweggenommen noch nahegelegt sei. Dies treffe auch für die in einem anderen Verfahren zitierte Druckschrift

[18] US 5 147 587 zu. Als Beweisanzeichen zur erfinderischen Tätigkeit, wonach das angefochtene Verfahren als Lösung für ein lange bestehendes Problem das Lob der Fachwelt genieße, verweist sie noch auf zahlreiche nachveröffentlichte Druckschriften sowie eine Stellungnahme des VDG (Verein Deutscher Gießereifachleute), zu deren Inhalt auf die Akte verwiesen wird. Weiterhin legt sie noch Aktenauszüge aus einem vor dem EPA durchgeführten Einspruchsverfahren vor, zu deren Inhalt ebenfalls auf die Akte verwiesen wird.

Die Patentinhaberin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent mit den im Tenor angegebenen Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten.

Demgegenüber beantragt die Einsprechende, die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung greift die Einsprechende folgenden Stand der Technik aus dem Einspruchsverfahren auf:

[1] Meyers Lexikon Technik und exakten Naturwissenschaften, Band 2, 1970, S 1149 ff: Gießverfahren, insb. Sandgußverfahren

[2] DE 43 00 478 C1

[3] US 4 247 508

[4] US 4 944 817

[5] Pressemitteilung der Fa. EOS GmbH vom Mai 1994

[6] Pressemitteilung der Fa. EOS GmbH vom Oktober 1994

[7] DE 43 09 524 C1

[8] DE 43 05 201 C1

[9] Ernst, Wörterbuch der industriellen Technik, Englisch/Deutsch, 1989, S 169: "casting pattern"

[10] DE-Buch: Flemming E., Tilch W.; Formstoffe und Formverfahren, Dt. Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig/Stuttgart, 1993, S 333 u. 347

[11] Brockhaus, Naturwissenschaften und Technik, 1989, S 259: "Werkzeug"

[12] US-Buch: Frados J.; Plastics Engineering Handbook, 1976, S. 451/452

[13] US-Buch: Phillips G.; A Concise Introduction to Ceramics, 1991, S 4-6

[14] US-Buch: Stefanescu D.M. et al.; Metals Handbook, 9th Edition, Vol. 15, 1988, S 217

[15] ursprüngliche Unterlagen der deutschen Patentanmeldung P 44 18 466.2

(Ansprüche 1 bis 14 der DE 44 18 466 A1)

[16] Römpp, Chemie Lexikon, 1995, Band 2 "Duroplaste"

[17] Brockhaus, Naturwissenschaften und Technik, Sonderausgabe 1989, S 267, "Mikrowellentechnik"

und verweist weiterhin auf die Anlagen

[19] Schädlich-Stubenrauch J.; "GIFA 94: Rapid Prototyping in der Gießerei" in DE-Z: Gießerei 81 (1994) Nr. 17, S 567 bis 570

[20] US 4 641 270

[21] 27th ISATA Proceedings, 31.Oktober bis 4. November 1994 in Aachen, Beitrag von Baraldi, U; "Rapitool: Rapid and Economical Production Techniques for Prototypes and Short Runs Thermoplastic Injection Moulds, S 185 bis 189

(für dessen angefochtene Vorveröffentlichung Beweisantritt angeboten wurde)

[22] Produktinformation der Fa. EOS GmbH vom 4. November 1994

(dessen Vorveröffentlichung ebenfalls angefochten wurde).

Hieraus greift die Einsprechende zum einen die nachveröffentlichte Druckschrift [15] auf, in der bereits alle Merkmale neuheitsschädlich genannt seien und der Fachmann nicht ausdrücklich genannte Merkmale mitlese.

Zum anderen seien auch in der Druckschrift [18] bereits alle wesentlichen Merkmale des beanspruchten Verfahrens offenbart. Die Maßnahmen zur Dateninvertierung Modell/Gießform im Computer seien dem Fachmann geläufig, auch durch Hinweise aus den Druckschriften [20] und [21]. In gleicher Weise sei die Verwendung von warmhärtbarem Formsand, wie dies bei dem allgemein bekannten Croning-Verfahren nach [1] oder [10] beschrieben sei, bereits in [19] angesprochen. Warmhärtbarer Formstoff sei auch aus [3] bekannt, wonach kunststoffumhüllter Sand unter Laserbestrahlung eingesetzt werde und im Sinne des letzten Merkmals des angefochtenen Anspruchs 1 reagiere.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die zulässige Beschwerde führt insoweit zum Erfolg, als das Patent beschränkt aufrechterhalten wird.

1. Der geltende Anspruch 1 ist zulässig. Er stützt sich auf die Merkmale der erteilten Ansprüche 1 und 18 sowie auf Merkmale aus den erteilten Ansprüchen 2 und 3 und auf Ausführungen in der Beschreibung Spalte 3, Absätze 2 und 3, insbesondere den Zeilen 7 und 8 sowie 16 und 17 gemäß der DE 44 40 397 C 1. Er geht somit auf die gleichlautenden Ansprüche der ursprünglichen Anmeldung sowie deren Beschreibung zurück.

Der im angefochtenen Patent verwendete Begriff "Gußform" wurde unter Berücksichtigung des gießereitechnischen Sprachgebrauchs durch "Gießform" durchgehend ersetzt.

Die geltenden Ansprüche 2 bis 16 entsprechen mit redaktionellen Änderungen den erteilten wie ursprünglichen Ansprüchen 3 bis 17.

2. Das Verfahren des Anspruchs 1 ist neu.

In keiner der Entgegenhaltungen sind sämtliche Merkmale des angefochtenen Anspruchs 1 offenbart.

a) Dies trifft insbesondere für die als DE 44 18 466 A 1 nachveröffentlichte deutsche Patentanmeldung P 44 18 466.2 mit älterem Zeitrang zu, deren ursprüngliche Unterlagen aus den am Anmeldetag eingereichten Patentansprüchen 1 bis 14 bestehen. Diesen Unterlagen wurde ein Anmeldetag zuerkannt, da offensichtlich eine technische Lehre offenbart war und auch die übrigen Erfordernisse der Schriftlichkeit, Anmelderidentität sowie Entrichtung der entsprechenden Gebühren erfüllt waren. Die zu dieser Anmeldung später eingereichte Beschreibung zählt nicht mehr zur Offenbarung der ursprünglichen Unterlagen. Eine Offenbarung aus dem Gesamtinhalt von Patentansprüchen und Beschreibung (whole content approach) liegt hier nicht vor und kann deshalb auch nicht geltend gemacht werden.

Zum Neuheitsvergleich sind daher nur die Ansprüche 1 bis 14 der Anmeldung mit älterem Zeitrang (als [15] zitiert) heranzuziehen.

Bei dieser nachveröffentlichten Anmeldung handelt es sich ebenfalls um ein Verfahren zum Herstellen von Gießformen aus warmhärtendem Formstoff bei dem durch wiederholten schichtweisen Aufbau mit Hilfe einer computergesteuerten selektiven Erhitzung einer dünnen ebenen Formstoffschicht mittels Laser entsprechend dem Querschnitt des zu fertigenden Objekts eine verlorene Gießform erstellt wird. Dieser Formstoff kann aus einem mit einem warmhärtenden Harzbinder versetzten Sand bestehen, der sich während des laserinduzierten chemischen Abbindeprozesses chemisch inert verhält (vgl. insb. Ansprüche 1 bis 3).

Da die computergesteuerte selektive Erhitzung schichtweise entsprechend dem Querschnitt der zu fertigenden Gießform durchgeführt wird, liest der fachkundige Leser dabei mit, daß dafür Daten in Form eines Computermodells der zu erzeugenden Gießform im Computer vorliegen.

Nicht zwingend ist dabei, daß die Computerdaten der herzustellenden Gießform zuerst mittels eines Computer-Modells des mit der Gießform herzustellenden Gußteils und anschließendem Invertieren der Modelldaten in die Daten der herzustellenden Gießform erhalten werden. Diese Vorgehensweise der Datenerstellung erst vom Gußteil und anschließend durch Dateninvertierung für die Gießform wird zwar üblicherweise bei der dreidimensionalen CAD-Datenerfassung zur CAM-Steuerung vorgenommen, wie es auch in der Beschreibung der DE 44 18 466 A1 ausgeführt ist (s. dort Sp 3, Z 63 bis Sp 4, Z 21), dies ist in den ursprünglich eingereichten Ansprüchen von [15] jedoch nicht explizit offenbart und darf deshalb auch nicht gegen das Streitpatent herangezogen werden.

Somit ist das Verfahren gegenüber der nachveröffentlichten älteren Anmeldung [15] neu.

b) Dies trifft unbestritten auch für das Verfahren zur Herstellung von Gießformen mit zusammengesetzten keramischen Pulvern nach [18] zu, da dort der Formstoff aus zwei Komponenten besteht, die miteinander eine chemische Reaktion beispielsweise zu einer Sinterkeramik eingehen.

Dieser Formstoff nach [18] stellt somit keinen warmhärtenden Formstoff im Sinn des patentgemäßen Verfahrens dar, bei dem die eine der beiden Formstoffkomponenten, der Sand, bei der Verfestigung chemisch nicht an der Reaktion beteiligt wird und die andere Komponente, der Harzbinder, durch seine beanspruchten Eigenschaften beim späteren Gießen des Gußteils verbrennt. Dadurch kann der an der chemischen Reaktion unbeteiligte Formsand von dem Gußteil wieder entfernt werden (vgl. Anspruch 1 iVm Patentbeschreibung Sp 1, Z 24 bis 27 und Sp 4, Z 28 bis 34), wie es bei verlorenen Formen und Kernen insb. bei Maskenformverfahren der Fall ist (vgl. hierzu [10], S 333, Abs 1 und 4 sowie S 347, Abs 1).

c) Da die weiteren Entgegenhaltungen unbestritten weiter ab liegen und nicht die Gesamtheit der im geltenden Anspruch 1 angeführten Merkmale aufweisen, ist das Verfahren nach Anspruch 1 neu.

3. Das Verfahren nach Anspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

a) Das Streitpatent geht in seiner Beschreibung einleitend von Sandgußverfahren wie dem Formmaskenverfahren nach Croning oder dem Formkastenverfahren aus, wie sie beispielsweise in [1] beschrieben sind. Da diese Verfahren zur Herstellung einer Gießform, die in der Regel aus zwei oder mehreren Formteilen und ggf. zwischengefügten Kernen bestehen, die alle jeweils ein Modell benötigen, ist die Herstellung von einzeln zu fertigenden komplizierten Gußteilen kosten- und zeitaufwendig.

Dem Streitpatent liegt daher entsprechend seiner Beschreibung (Sp 2, Z 15 bis 19) die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Herstellen von Gießformen aus warmhärtenden Formstoffen anzugeben, bei dem eine beliebig komplizierte Gießform schnell und kostengünstig hergestellt werden kann.

Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt das Streitpatent in seinem Hauptanspruch ein Verfahren vor, das in gegliederter Form folgende Merkmale aufweist, a) Verfahren zum Herstellen von Gießformenb) aus warmhärtendem Formstoff mit den Schritten:

c) Erzeugen eines Computermodells der herzustellenden Gießform (6), c1) wobei zuerst mittels eines Computers ein Modell eines mit der Gießform herzustellenden Gußteiles erzeugt wird undc2) anschließend die Daten der herzustellenden Gießform durch Invertieren des Modells für das Gußteil erhalten werden;

d) sukzessives Verfestigen einzelner übereinanderliegender Schichten (6a, 6b, 6c, 6d)

d1) des warmhärtbaren Formstoffes (3)

d2) an jeweiligen der Gießform (6) entsprechenden Stellend3) mittels entsprechend den Daten des Computermodells der Gießform gesteuerter Einwirkung elektromagnetischer Strahlung, e) wobei als Formstoffe1) Sand verwendet wird, e2) der mit einem warmhärtenden Harzbinder versetzt ist unde3) der Harzbinder die Eigenschaft aufweist, daß bei der Verfestigung des Formstoffes in dem Harzbinder ein von der elektromagnetischen Strahlung initiierter chemischer Abbindeprozeß abläuft und der Sand chemisch nicht an der Reaktion beteiligt wird.

b) Wie auch in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents in Sp 1, Z 61 bis Sp 2, Z 14 dargelegt, zählen zum Stand der Technik bereits selektive Lasersinterverfahren (sog. SLS-Verfahren), die Objekte schichtweise dadurch aufbauen, daß mit einem Laserstrahl Materialschichten, aus denen das Objekt gefertigt werden soll, selektiv der gewünschten Objektgeometrie entsprechend aufgeschmolzen und mit der bereits aufgebauten Materialschicht versintert werden. Hierzu zählen insbesondere die Druckschriften [2] bis [4].

Unter Berücksichtigung der oben dargelegten Definition von warmhärtenden Formstoffen, die im Gegensatz zu den nach [2] bis [4] zum Einsatz gelangenden chemisch miteinander reagierenden bzw. verschmelzenden Formstoffen stehen, werden insbesondere keine Gießformen, sondern allenfalls - wie in [4] offenbart - Gußmodelle hergestellt. Daß der allgemeine Hinweis in der Schlußzusammenfassung von [4], wonach "parts may be reversed" (Sp 12, Z 30), so zu verstehen sei, daß bei dem verwendeten CAD/CAM-System die Daten des Gußmodells zu denen einer Gießform invertiert werden können, läßt sich nach Auffassung des Senats dieser Textstelle nicht mit Sicherheit entnehmen.

Die wesentlichen Merkmale des angefochtenen Anspruchs - also die Merkmale a), b), e2) und e3) sowie die Merkmale aus c) und d), sofern sie sich auf die Gießform und den warmhärtenden Formstoff beziehen - sind diesen Druckschriften nicht zu entnehmen.

Dem Fachmann - hier einem Dipl.-Ing. der Gießereitechnik, der auch mehrjährige Erfahrung auf dem Gebiet der CAD-Datenerstellung und -Verarbeitung im gießtechnischen Bereich aufweist und um Entwicklungen auf dem Gebiet des Lasersinterns weiß - waren durch diese Druckschriften keine Hinweise auf die patentgemäße Maßnahme gegeben, Gießformen ohne Gußmodelle direkt aus warmhärtendem Formstoff herzustellen.

Dies trifft auch für die Sandformverfahren nach [1] zu, die in oben angeführter Weise gerade bei komplizierten Konstruktionsteilen jeweils Modelle benötigen und bei denen die verlorenen Gießformen in der Regel aus mehreren Formteilen bestehen, was aufgabengemäß zu vereinfachen ist.

Die Druckschrift [18], die eine gewisse Weiterentwicklung des Verfahrens nach [4] darstellt, kommt insofern dem angefochtenen Verfahren näher, als dort mit dem Lasersinterverfahren beispielsweise Gießformen für den Präzisionsguß direkt hergestellt werden können (vgl. Abstract Z 24 und Sp 3, Z 39 iVm Sp 3 Z 62 bis Sp 4, Z 17). Wie oben ausgeführt, kann dort zwar Formsand zum Einsatz kommen, der mit einer ersten Komponente gemischt ist, die eine niedrigere Schmelztemperatur aufweist, diese geht jedoch mit der zweiten Komponente, beispielsweise dem Quarzsand, eine chemische Reaktion ein, um so beispielsweise zu einer gesinterten Form zu führen (vgl. Anspruch 1). Die Merkmale b), c1), c2), d1) e2) und insbesondere e3) sind somit auch hier nicht erfüllt.

Diesem Sachverhalt entspricht im wesentlichen auch der in [22] genannte Hinweis auf die Kombination von Lasersintertechnik und Sandguß, so daß es dahingestellt sein kann, ob dieses Anschreiben ohne Adresse bereits vor dem Anmeldetag der Öffentlichkeit zugänglich war.

Die Druckschrift [20] betrifft die Herstellung einer Gießform, die nach einem dreidimensionalen Computermodell erstellt wird. Hierzu wird ua. die Form des zu fertigenden Gußstücks datenmäßig im Computer erfaßt, und hieraus durch Invertieren der Daten der Gußteilform die Geometrie für die zu erstellende Gießform unter Berücksichtigung von Material- und Gießbedingungen festgelegt (vgl. Abstract, Sp 4, Z 10 bis 24 und 40 bis 45).

Insoweit konnte hieraus der Fachmann die streitpatentgemäßen Merkmale c1) und c2) entnehmen. Bei dieser Sachlage brauchte nicht der Substantiierung einer Vorveröffentlichung von [21] nachgegangen werden, da hieraus im wesentlichen keine weitergehenden Anregungen in Richtung auf das strittige Verfahren vermittelt werden.

Die erfindungsgemäße Kombination insbesondere der Merkmalsgruppen a) und e) mit der von d) war damit auch nicht naheliegend.

Zu dieser beanspruchten Lösung konnte auch nicht der Inhalt der Druckschrift [19] führen, worin die Neuigkeiten der GIFA 94 vorgestellt werden. Hierbei steht der schnelle Prototypenbau ("Rapid Prototyping") in der Gießerei im Vordergrund.

Es werden insbesondere neue Systeme vorgestellt, die einen Aufbau dreidimensionaler Objekte ohne Zerspanungsvorgänge ermöglichen. Liegt eine dreidimensionale CAD-Darstellung von Modell oder Gießform vor, lassen sich rasch sog. Nullserien aus dem später in der Serienproduktion benötigten Metall durch Gießen bereitstellen (vgl. S 567, Einleitung). Zu den "aufbauenden" Verfahren gehören hierbei u.a. die Stereolithographie (SLA) und das oben bereits angesprochene Selective Laser Sintering (SLS). Der von der Einsprechenden zitierte Absatz auf S 568 übergreifend zu S 569 betrifft die direkte Herstellung einer keramischen Formschale aus CAD-Daten, wobei auf das (verlorene) Modell verzichtet wird. Dies entspricht im wesentlichen der technischen Lehre von [18] und gibt daher keine weiteren Hinweise in Richtung auf das strittige Verfahren. Auch die Textstelle auf S 570 li Spalte, letzter Abs bis re Sp, 1. Abs betrifft ein über CAD-Daten mit Stereolithograhie (STL) aufgebautes Gußmodell, mit dem ein Prototypteil aus Stahlguß konventionell in Sand abgegossen wurde (vgl. auch Bild 2 links oben). Hier wird also nicht die Sandform direkt mittels selektiver elektromagnetischer Strahlung, wie Laser, durch sukzessive Verfestigung aufgebaut, sondern das erzeugte Modell zur konventionellen Fertigung der Sandform verwendet.

Somit bot auch der Bericht [19] von der GIFA 94 trotz mannigfaltiger Fertigungsmöglichkeiten im Rapid Prototyping keinen Hinweis darauf, die Gießform direkt mittels schichtweiser Verfestigung aus einem Formstoff herzustellen, der nicht sintert, sondern mit seinem Harzbinder die Eigenschaften aufweist, wie sie bei verlorenen Formen beispielsweise nach dem Formmaskenverfahren bekannt sind.

In der Vereinigung von Verfahren mit computergesteuertem, schichtweise verfestigendem Objektaufbau mit dem Einsatz von warmhärtendem Formstoff wie beim Formmaskenverfahren wird der erfindungswesentliche Schritt in dem die Gießform bestimmenden selektiven Aushärten nur einer Formstoffkomponente gesehen, der nur bei rückschauender Betrachtung nahegelegen haben mag. Hierfür sind auch die zahlreichen Nachveröffentlichungen ein Indiz, die zeigen, daß sich dieses Verfahren in der Fachwelt mittlerweile durchgesetzt hat. Es bedurfte folglich mehr als fachüblicher Überlegungen, zu einem Verfahren mit der Gesamtheit der im geltenden Anspruch 1 angegebenen Merkmale zu gelangen.

An dieser Beurteilung ändert sich auch nichts, wenn der weitere genannte, in der mündlichen Verhandlung jedoch nicht weiter aufgegriffene Stand der Technik mit berücksichtigt wird, da dieser lediglich zu Teilmerkmalen herangezogen wurde und nach Aufgabe und Lösung dem oben abgehandelten Stand der Technik ferner liegt.

Da das Verfahren nach Anspruch 1 auch zweifelsfrei gewerblich anwendbar ist, hat somit der geltende Hauptanspruch Bestand.

Das gleiche gilt für die hierauf rückbezogenen Ansprüche 2 bis 16, die jeweils vorteilhafte ausgestaltende Maßnahmen des Verfahrens nach Anspruch 1 zum Gegenstand haben.

Ulrich Eberhard Dr. Henkel Dr. W. Maier Bb






BPatG:
Beschluss v. 16.03.2000
Az: 13 W (pat) 63/97


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