Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Juli 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 204/04

(BPatG: Beschluss v. 27.07.2005, Az.: 32 W (pat) 204/04)

Tenor

1. Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patentund Markenamts vom 15. September 2004 wird inso-

BPatG 152 weit aufgehoben, als der angemeldeten Marke der Schutz für "Photographien" versagt wurde.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die angemeldete Wortmarke Vertriebsführerscheinhat die Markenstelle für Klasse 41 mit Beschluss vom 15. September 2004 hinsichtlich folgender Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen:

"Software (gespeichert) einschließlich Lernspiele und Programme für das Lernen am Computer; Druckereierzeugnisse; Photographien; Lehrund Unterrichtsmaterial in gedruckter Form sowie in Form von Spielen oder Spielkarten; gedruckte Publikationen aller Art, insbesondere Bücher und Zeitschriften; Kundenberatung, nämlich Verbraucherberatung; organisatorisches Projektmanagement; Kundengewinnung durch Public Relations (Öffentlichkeitsarbeit) Vertrieb und Marketing; Organisation und Veranstaltung von Werbeveranstaltungen; Durchführen von Trainingsbedartsananlysen, Prozessanalysen und Strukturanalysen in Unternehmen und Institutionen; Erstellen von Kosten-Preis-Analysen, von Vertriebserfolgs-Analysen, von Marketingeffiziens-Analysen und von Organisations-Analysen; Ermitteln von Benchmarks; Konzeption und Organisation des Austausches von betriebswirtschaftlichen Erfolgsmodellen besonders in den Bereichen Vertrieb und Marketing (Best-Practise Transfer); Konzeption, Organisation und Durchführung von Erfolgsmessungen und Erfolgscontrolling von Trainings-, Marketing-, und Vertriebsmaßnahmen; organisatorisches Projekmanagement im EDV-Bereich; Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen; betriebswirtschaftliche Beratung, insbesondere in den Bereichen Marketing und Vertrieb; Beratung in Fragen der Geschäftsführung; Personalmanagementberatung; Konzipieren und Durchführen von Kundenzufriedenheitsanalysen und Marktforschungsstudien im Zusammenhang mito.g. Themen; Abschluß und Abwicklung von Vorträgen über den Anund Verkauf von Waren und über die Inanspruchnahme von Dienstleistungen; Verbesserung von betrieblichen Abläufen und Prozessen sowie Optimieren von betrieblichen Strukturen durch betriebswirtschaftliche Beratung; Marktforschung; Erziehung, Ausbildung; Durchführung von Coaching (Ausbildung) und Trainings sowie Aus-, Fortund Weiterbildung in jeder möglichen Firm (einschließlich Multimedia, e-Learning, Online-Schlung, Fernschulung, CBT (=Computer Based Training), insbesondere in den Bereichen Vertrieb, Kundenberatung, Projektmanagement, Marketing, Direktmarketing, Werbung, Kundengewinnung und Kundenbindung, Costumer Relationship Management, Psychologie, Motivation, Telesales, Verhandlungsführung, Mobile Commerce, E-Business, E-Commerce, Internet sowie Beratung, Management, Personalund Unternehmensführung, Organisationsentwicklung und Effizienzsteigerung; Organisation und Durchführung von Motivationsveranstaltungen; Organisation und Durchführung von Workshops, Seminaren und Vorträgen; Coaching (Ausbildung); Betrieb von Trainings-Camps und Trainingszentren; Durchführung von programmiertem Training; Durchführung von Trainings auf Basis von NLP (Methode der Neurolinguistischen Programmierung); Betrieb eines Clubs (Unterhaltung und Unterricht); Desktop-Publishing (Erstellen von Publikationen mit dem Computer); Online angebotene Spieldienstleistungen (von einem Computernetzwerk); Online Publikation von elektronischen Büchern und Zeitschriften; Erfolgskontrolle mittels Durchführung von pädagogischen Prüfungen; Kundenberatung, nämlich Ausbildungsberatung; Veröffentlichung von Lehrund Unterrichtsmaterial im Internet; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung".

Dies ist damit begründet, dem Markenschutz stünden insoweit absolute Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen. "Führerschein" sei ein Nachweis über die erfolgreiche Teilnahme an einem Kurs über den Fahrzeugführerschein hinaus. Der dem Wort "Führerschein" vorangestellte Begriff konkretisiere den Nachweis in der Weise, dass die Ausund Weiterbildung auf dem Gebiet des Vertriebs, d.h. des Kaufs und Verkaufs, erfolgreich absolviert sei. Im Internet würden Ausund Weiterbildungsmaßnahmen unter zahlreichen ähnlich gebildeten Begriffen angeboten, wie beispielsweise Lehrveranstaltungen am PC unter "PC-Führerschein", Kurse zu Internet-Anwendungen unter "Internet-Führerschein". Es fänden sich außerdem "Informationsführerschein" zum Umgang mit Neuen Medien sowie "Web-Führerschein" zur Vermittlung von Wissen über das Internet u.ä.. Die angemeldete Wortfolge stelle damit für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen eine schlagwortartige unmittelbare Beschaffenheitsund Bestimmungsangabe dar, denn der Markenbegriff weise leicht verständlich darauf hin, dass die Publikationen, Lehrund Unterrichtsmaterialien, Software und Ausbildung, Coaching, Training, Schulung Wissen über den betriebswirtschaftlichen Vertrieb vermittelten. Eine derartige Angabe über Bestimmung und/oder Beschaffenheit sei im Interesse der Mitbewerber von einer Eintragung als Marke ausgeschlossen. Die Verbraucher würden die angemeldete Wortfolge in ihrer beschreibenden Bedeutung erkennen. Es sei keine Feststellung nötig, ob und in welchem Umfang diese Sachangabe bereits im Verkehr beschreibend verwendet werde. Dass die Wortfolge lexikalisch nicht nachweisbar sei, führe zu keiner anderen Beurteilung, da Substantive und Adjektive in vielfältiger Weise Kombinationen mit einem ohne weiteres erkennbaren und sinnvollen Bedeutungsgehalt bilden könnten. Darüber hinaus fehle es der Marke auch an jeglicher Unterscheidungskraft, denn sie habe einen sich aufdrängenden Begriffsinhalt, der zugleich dazu führe, dass "Vertriebsführerschein" nicht als Marke verstanden werde. Das Publikum werde der angemeldeten Marke unter Berücksichtigung der üblichen Bezeichnungsgewohnheiten lediglich die genannte beschreibende Bedeutung entnehmen. Die angemeldete Marke erschöpft sich insoweit in einer reinen Sachaussage, weshalb sie als betrieblicher Herkunftshinweis ungeeignet sei. Hinsichtlich der Voreintragung von "SERVICEFÜHRERSCHEIN" sei festzustellen, dass ähnliche oder sogar identische Voreintragungen weder nach dem Gleichheitsgrundsatz noch nach dem Vertrauensgrundsatz einen Anspruch auf gleiche rechtliche Beurteilung der Schutzfähigkeit eines neu angemeldeten Zeichens begründen könnten.

Der Anmelder hat gegen die Zurückweisung am 13. Oktober 2004 Beschwerde eingelegt. Im Verfahren vor der Markenstelle hat er lediglich vorgetragen, auch "SERVICEFÜHRERSCHEIN" sei eingetragen.

Im Übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1) Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig, jedoch in der Sache nur hinsichtlich Photographien erfolgreich; einer Registrierung der angemeldeten Marke stehen für die übrigen strittigen Waren und Dienstleistungen die Schutzhindernisse aus § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegen.

a) Die Bezeichnung "Vertriebsführerschein" entbehrt insoweit jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Unter dieser versteht man die einer Marke innewohnende konkrete Eignung als Unterscheidungsmittel für die erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen. Bei der Beurteilung ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen. Hat eine Marke keinen für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt und handelt es sich bei ihr auch sonst nicht um gebräuchliche Begriffe der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, welche die Verbraucher -etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung -stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstehen, so fehlt ihr nicht jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 -IN-DIVIDUELLE).

Die Markenstelle hat ihre Entscheidung über die Schutzversagung zutreffend darauf gestützt, dass "Führerschein" ein Nachweis über die erfolgreiche Teilnahme an einem Kurs über den Fahrzeugführerschein hinaus geworden ist. Die angemeldete Wortfolge stellt damit für Waren und Dienstleistungen, die einer Wissensvermittlung im Zusammenhang mit "Vertrieb" dienen können, eine Beschaffenheitsund Bestimmungsangabe dar. Die Markenstelle hat ebenso zutreffend das Verständnis der Verbraucher und die sprachübliche Bildung der angemeldeten Bezeichnung gewürdigt. Insoweit hat der Senat dem nichts hinzuzufügen.

b) Die Bewertung der versagten Waren und Dienstleistungen ist allerdings differenziert zu konkretisieren:

aa) Software, Lernspiele und Programme für das Lernen, Lehrund Unterrichtsmaterial können, ebenso wie jede Form von Ausbildung, Vorträge, Druckereierzeugnisse und gedruckte Publikationen bzw. Desktop-Publishing, die zum Erwerb des "Vertriebsführerscheins" erforderlichen Inhalte haben. Die erfasst dann auch die Erstellung der entsprechenden Software. Projektmanagement und Beratung kann die Schulung von im Vertrieb beschäftigtem Personal umfassen; dazu gehören auch Trainingsbedarfs-, Prozess-, Struktur-, Kosten-Preis-, Vertriebserfolgs-, Marketingeffizienz-, Kundenzufriedenheitsund Organisations-Analysen sowie das Ermitteln von Benchmarks, die Konzeption und Organisation des Austausches von betriebswirtschaftlichen Erfolgsmodellen, deren Konzeption, Marktforschung. Ausbildung und Schulung, Motivationsveranstaltungen, Workshops, Seminare und Vorträge können dem Erwerb des "Vertriebsführerscheins" oder des dafür erforderlichen Wissens ebenso dienen, wie der Austausch in einem Club, der Unterhaltung und Unterricht dient. Pädagogische Prüfungen können dem Erwerb des "Vertriebsführerscheins" direkt dienen.

bb) Bei Kundenberatung, nämlich Verbraucherberatung, Kundengewinnung durch Public Relations (Öffentlichkeitsarbeit), Vertrieb und Marketing sowie Organisation und Veranstaltung von Werbeveranstaltungen, kann die angemeldete Marke auf die Qualifikation der Anbieter hinweisen.

cc) All dies gilt nicht für Photographien, weil Unterrichtsmaterial zwar Bilder aufweisen kann, diese aber nicht mit dem Lehrinhalt beschrieben werden.

2) Soweit sich der Anmelder auf Eintragungen von entsprechenden Marken für Dritte beruft, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung, weil selbst Eintragungen gleicher Marken nicht zu einer Bindung führen (vgl. BGH BlPMZ 1989, 192 -KSÜD); die Eintragung ist keine Ermessensentscheidung.

Viereck Kruppa Dr. Albrecht Hu






BPatG:
Beschluss v. 27.07.2005
Az: 32 W (pat) 204/04


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