Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 20. Oktober 2009
Aktenzeichen: 15 Wx 81/09
(OLG Hamm: Beschluss v. 20.10.2009, Az.: 15 Wx 81/09)
Tenor
Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts -Grundbuchamt- Bad Oeynhausen vom 04.02.2009 werden aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligte zu 1) ist als Eigentümerin der beiden im Rubrum bezeichneten Teileigentumseinheiten (Tiefgaragen-Stellplätze) im Grundbuch eingetragen. Diese gehören zu der Wohnungseigentumsanlage, deren Verband die Beteiligte zu 2) ist. Hintergrund des Erwerbs der Teileigentumseinheiten durch die GbR war der im Rahmen der Bildung der Gemeinschaft getroffene Entschluss, die Stellplätze allen Miteigentümern zuzuordnen.
Die Beteiligten haben durch notariell beurkundete Erklärungen die Auflassung der Teileigentumseinheiten an die Beteiligte zu 2) erklärt und die Eintragung des Eigentumsübergangs in den Grundbüchern bewilligt und beantragt. Nach ihren Darlegungen haben hierbei alle in den Grundbüchern eingetragenen Miteigentümer, alle Gesellschafter der Beteiligten zu 1) sowie die amtierende Verwalterin der Beteiligten zu 2) mitgewirkt. Das Grundbuchamt hat, soweit jetzt noch von Interesse, den Antrag zurückgewiesen, das Landgericht die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten. Hiergegen wenden sie sich mit der weiteren Beschwerde.
II.
Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 78, 80 GBO statthaft sowie formgerecht eingelegt.
Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten ergibt sich daraus, dass ihre Erstbeschwerde ohne Erfolg geblieben ist.
In der Sache ist die weitere Beschwerde begründet, da die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung des Rechts beruht, (§ 78 Satz 1 GBO).
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das Landgericht zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde ausgegangen. In der Sache hält die landgerichtliche Entscheidung der rechtlichen Prüfung hingegen nicht stand.
Das Landgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen dahingehend begründet, dass die Beteiligte zu 2) trotz ihrer grundsätzlichen Rechtsfähigkeit nicht als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen werden könne. Zum einen handele es sich bei dem Eigentumserwerb nicht um eine Maßnahme der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, sondern um ein die Grundlagen der Gemeinschaft betreffendes Rechtsgeschäft. Außerdem widerspreche die Eintragung der Gemeinschaft dem Gebot der Wahrung eines klaren und übersichtlichen Grundbuchbestandes. Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
Im Grundsatz ist davon auszugehen, dass aus der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft grundsätzlich auch ihre Fähigkeit folgt, als Inhaber eines dinglichen Rechts im Grundbuch eingetragen zu werden (BGH NJW 2005, 2061, 2065 zur Eintragung als Gläubiger einer Zwangshypothek). Diese Sichtweise hat sich der Gesetzgeber im Rahmen der WEG-Reform zu eigen gemacht (vgl. BT-Drs.16/887 S. 56). Die Fähigkeit, als Eigentümer im Grundbuch, insbesondere in einem Wohnungs- oder Teileigentumsgrundbuch der eigenen Anlage, eingetragen zu werden, kann danach jedenfalls nicht mit dem Argument in Frage gestellt werden, das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung zur Grundbuchfähigkeit des WE-Verbandes stelle ein "beredtes Schweigen" des Gesetzgebers dar, in welchem seine Ablehnung zum Ausdruck komme. Kann die Wohnungseigentümergemeinschaft als solche dingliche Rechte erwerben, sprechen keine überzeugenden Gründe dafür, ihre Eintragungsfähigkeit als Eigentümerin in Abt. I des Grundbuchs abweichend von einer solchen als Grundpfandrechtsgläubigerin in Abt. III des Grundbuchs zu beurteilen.
Durchgreifende grundbuchverfahrensrechtliche Bedenken gegen die Eintragungsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft in Abt. I des Grundbuchs bestehen nicht. Die Bezeichnung der Gemeinschaft als Berechtigte ist nunmehr in § 10 Abs. 6 S. 4 WEG n.F. geregelt. Die Eintragung begründet keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Grundbuchklarheit. Dass die Eintragung einer "Insich-Mitgliedschaft" für eine mit der neuen Rechtslage nicht vertraute Person zunächst irritierend sein mag, reicht hierfür nicht aus, zumal diese Irritation weniger die eingetragenen Rechtsverhältnisse als vielmehr die sich hieraus ableitenden Rechtsfolgen betreffen dürfte. Die durch das Grundbuch zu bekundenden Rechtsverhältnisse jedenfalls sind auch bei einer solchen Eintragung ohne weiteres nachvollziehbar.
Grenzen für die Eintragungsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft können sich deshalb nur aus dem materiellen Recht ergeben. § 10 Abs. 6 S. 1 WEG steht der Eintragung der Wohnungseigentümergemeinschaft hier jedoch nicht entgegen. Danach kann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Rahmen der gesamten Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gegenüber Dritten und Wohnungseigentümern selbst Rechte erwerben und Pflichten eingehen. Dem Gesetzeswortlaut nach ist die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft auf den Bereich der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums beschränkt. Diese Formulierung kann die Annahme nahe legen, durch Verbindung mit dem Begriff der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums solle die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenständlich beschränkt werden. Die Gesetzesbegründung nimmt nicht ausdrücklich dazu Stellung, ob auf diese Weise eine Beschränkung der Rechtsfähigkeit - entsprechend etwa der ultraviresdoktrin des angloamerikanischen Rechtskreises - eingeführt werden soll. Gegen eine solche Annahme kann sprechen, dass eine derartige Beschränkung dem deutschen Verbandsrecht fremd ist (so insbesondere Häublein, FS für Seuß S.125, 129; Bärmann/Wenzel, WEG, 10.Aufl. § 10 Rdn.210; a.A. offenbar Wilsch RNotZ 2005, 536, 540). Die Gesetzesbegründung lässt erkennen, dass der Verwaltungsbegriff der Abgrenzung gegenüber solchen Handlungskompetenzen bzw. hierdurch erworbenen Rechten und Pflichten dient, die auch weiterhin allein den einzelnen Miteigentümern als Trägern echten Eigentums zustehen sollen (vgl. BT-Drs. 16/887 S. 57, 60). Die Grenze lässt sich dabei allerdings nicht zwischen dem Innen- und Außenverhältnis der Gemeinschaft ziehen, da die Handlungsfähigkeit des rechtsfähigen Verbandes sich auch auf das Innenverhältnis erstrecken kann, wenn sie einem Miteigentümer wie einem außen stehenden Dritten gegenüber tritt (BT-Drs. a.a.O. S. 60 sub c aa). Als Verwaltung in diesem Sinne muss vielmehr jede Geschäftsführung angesehen werden, die im Interesse der Miteigentümer im Bezug auf die Erhaltung, den Schutz und die Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums erfolgt.
Für die hier zu treffende Entscheidung kann der Senat die Frage einer gegenständlichen Begrenzung der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft offen lassen. Die Fragestellung hat praktische Auswirkungen nämlich nur insoweit, als es um den Schutz des einzelnen Wohnungseigentümers vor der anteiligen wirtschaftlichen Belastung durch einen Rechtserwerb der Gemeinschaft geht, der ihm durch eine Mehrheitsentscheidung aufgedrängt wird. Dieser Schutz wird jedoch dadurch gewährleistet, dass im Grundbucheintragungsverfahren gem. § 20 GBO die Wirksamkeit der Auflassung und damit nachgewiesen werden muss, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft durch den Verwalter oder einzelne Wohnungseigentümer wirksam rechtsgeschäftlich vertreten worden ist. Dazu gilt im Einzelnen folgendes:
Nach § 27 Abs. 3 S. 1 WEG n.F. steht dem Verwalter nicht etwa eine umfassende, sondern nur eine auf einzelne Angelegenheiten beschränkte gesetzliche Vertretungsmacht für die Wohnungseigentümergemeinschaft zu. Der Erwerb eines Teileigentumsrechts für die Wohnungseigentümergemeinschaft ist ein außergewöhnliches Geschäft, zu dem der Verwalter nur berechtigt ist, wenn er dazu durch Vereinbarung oder Beschluss der Wohnungseigentümer mit Stimmenmehrheit ermächtigt ist (§ 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 7 WEG n.F.). Eine dem Verwalter im Verwaltervertrag erteilte allgemeine Ermächtigung zum Abschluss von Rechtsgeschäften für die Wohnungseigentümergemeinschaft wird nicht dahin verstanden werden können, dass diese auch einen Immobilienerwerb für die Gemeinschaft deckt, weil es sich insoweit um ein über typische Verwaltungsmaßnahmen weit hinausgehendes, außergewöhnliches Geschäft handelt (a.A. Bärmann/Merle, WEG, 10 Aufl., § 27, Rn. 226). Deshalb bedarf es für einen Immobilienerwerb einer speziellen Bevollmächtigung des Verwalters, die regelmäßig durch mehrheitliche Beschlussfassung der Eigentümerversammlung erfolgt. Diese Beschlussfassung sowie die Verwalterbestellung sind dem Grundbuchamt in der Form des § 26 Abs. 3 WEG nachzuweisen.
Die Wirksamkeit einer solchen Beschlussfassung ist vom Grundbuchamt nach Maßgabe wohnungseigentumsrechtlicher Vorschriften zu überprüfen. Der Beschluss ist somit gem. § 23 Abs. 4 S. 2 WEG als gültig zu behandeln, solange er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt ist. Die Prüfungsbefugnis des Grundbuchamtes ist im Übrigen auf eine etwaige Nichtigkeit des Eigentümerbeschlusses beschränkt, die aber nur dann festgestellt werden kann, wenn er gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstößt (§ 23 Abs. 4 S. 1 WEG). Die Abgrenzung zwischen Anfechtbarkeit und Nichtigkeit der Beschlussfassung hat nach den in der Rechsprechung dazu entwickelten Kriterien zu erfolgen.
Gegen die erforderliche Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung, deren Überschreitung die Nichtigkeit der Beschlussfassung begründet (BGH NJW 2000, 3500, 3502), bestehen keine grundsätzlichen Bedenken, wenn dem Verwalter die Ermächtigung zu einem Immobilienerwerb erteilt wird. Die Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung beschränkt sich auf Angelegenheiten, welche die Regelung des Gebrauchs (§ 15 WEG), der Verwaltung (§ 21 WEG) und der Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 22 WEG) betreffen. Ob es sich um eine solche Maßnahme handelt, ist im Wege einer abstraktgenerellen Betrachtungsweise festzustellen. Die Frage, ob die Maßnahme nach den Umständen des Einzelfalls ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, berührt demgegenüber die Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung nicht; Mängel können insoweit nur zur Anfechtbarkeit der Beschlussfassung führen (BGH NJW 2000, 3500, 3503).
Nach diesen Kriterien ist der hier vorliegende Erwerb von Teileigentum in der eigenen Anlage durch die Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung gedeckt. Der Senat kann zunächst nicht der Auffassung des Landgerichts folgen, dass ein solcher Erwerb einen Eingriff in das sachenrechtliche Grundverhältnis der Gemeinschaft darstelle. Das sachenrechtliche Grundverhältnis der Wohnungseigentümer wird erst dann tangiert, wenn die sachenrechtliche Struktur der Gemeinschaft umgestaltet wird. Dies ist bei einem Erwerb von Teileigentumseinheiten, die als solche bestehen bleiben, jedoch nicht der Fall.
Der Erwerb der beiden Teileigentumseinheiten durch die Wohnungseigentümergemeinschaft dient hier der gemeinschaftlichen Nutzung der Stellplätze und liegt deshalb bei der gebotenen abstraktgenerellen Betrachtung im Rahmen der Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung. Der Umstand, dass eine wirtschaftliche Betrachtung die Sondereigentumseinheiten bei dem Erwerb durch die Wohnungseigentümergemeinschaft dem Gemeinschaftseigentum annähern, begründet keine Bedenken unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Umgehung der für die Bildung von Gemeinschaftseigentum geltenden Regeln. Vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber mit der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft eine möglichst praktikable Handhabung der gemeinschaftlichen Verwaltung erreichen wollte (BT-Drs. a.a.O.), ist ein legitimes Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft am Erwerb von Sondereigentumseinheiten in der eigenen Anlage anstelle der ebenfalls möglichen Überführung dieser Einheiten in Gemeinschaftseigentum anzuerkennen. Zunächst kann so, wenn man mit der hier vertretenen Auffassung einen Mehrheitsbeschluss als Grundlage des Erwerbs ausreichen lässt (so etwa OLG Celle NJW 2008, 1537f; Bürmann/Wenzel, a.a.O., § 10, Rn. 223; ders. NZM 2006, 321, 323; Hügel ZMR 2007, 650f; Basty ZWE 2009, 253ff; a.A. Jennißen NZM 2006, 203, 205), auf die in großen Anlagen meist nicht oder nur schwer erreichbare Mitwirkung aller Miteigentümer verzichtet werden (zum Schutz der Minderheit vgl. unten). Weiter bleibt der Wert der Sondereigentumseinheit als Bestandteil des gemeinschaftlichen Verwaltungsvermögens erhalten. Der Wohnungseigentümerverband kann hierüber dann auch -ohne eine erneute umständliche Umgestaltung des Grundverhältnisses- im Interesse der Gemeinschaft verfügen, indem er die Einheit anderweitig veräußert (zu diesem Beisp. Hügel DNotZ 2005, 753, 772). Dies gewinnt praktisch etwa besondere Bedeutung, wenn der Verband die Sondereigentumseinheit eines illiquiden Miteigentümers erwerben will, um zunächst weitere Wohngeldausfälle zu vermeiden und die Einheit zu einem günstigen Zeitpunkt wieder zu verkaufen.
Auch die Folgeprobleme, die sich für die Gemeinschaft der Miteigentümer ergeben, wenn eine der Sondereigentumseinheiten in das Eigentum des Verbandes fällt, erscheinen lösbar. Der Senat teilt insoweit die Auffassung, dass die Mitgliedschaftsrechte, die sich aus der im Verbandseigentum stehenden Einheit ableiten, in Analogie zu § 71b AktG ruhen (Häublein a.a.O. S.139f; Basty a.a.O. S.254; Bärmann/Wenzel a.a.O. Rdn.223). Dies betrifft unmittelbar das Stimm- und das Anfechtungsrecht, jedoch müssen in der Konsequenz auch qualifizierte Mehr- oder Minderheiten unter Ausblendung dieser Einheit berechnet werden. Hinsichtlich des Wirtschaftswesens der Gemeinschaft (Wirtschaftsplan und Jahresabrechnung) entsteht allerdings ein zusätzlicher Aufwand, da in einem ersten Schritt die Kostenverteilung unter Einbeziehung der im Verbandseigentum stehenden Einheit erfolgen muss, um deren Kostenanteil zutreffend zu ermitteln. In einem zweiten Schritt muss dann die Verteilung dieser Kosten (sowie evtl. Einnahmen aus der im Verbandseigentum stehenden Einheit) auf die restlichen Einheiten nach Maßgabe des einschlägigen Kostenverteilungsschlüssels erfolgen (Häublein a.a.O. S.140f). Bei dem Erwerb einer Einheit in der eigenen Anlage ist auch eine in der Gemeinschaftsordnung vorbehaltene Zustimmung des Verwalters oder der anderen Miteigentümer (§ 12 WEG) entbehrlich (Schneider a.a.O. S.292). Denn der Zweck dieser Regelung, die Gemeinschaft vor Erwerbern zu schützen, die eine Schädigung des Gemeinschaftsinteresses befürchten lassen, ist ersichtlich nicht tangiert, wenn der Verband selbst erwirbt.
Die erforderliche Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung wird danach bei einem Erwerb von Sondereigentum in der eigenen Anlage regelmäßig zu bejahen sein. Eine abweichende Beurteilung wäre etwa denkbar, wenn für die Gemeinschaft ein Immobilienobjekt erworben werden soll, das von der gemeinschaftlichen Anlage weit entfernt liegt und etwa für Freizeitaktivitäten oder gewerbliche Tätigkeiten von Miteigentümern genutzt werden soll. Auf mögliche Grenzfälle einzugehen, die sich etwa beim Erwerb eines benachbarten Grundstücks zur Ausweitung der Zahl der Stellplätze oder eines Wohnungseigentums in einer benachbarten Anlage zur Verwendung als Hausmeisterwohnung stellen könnten, gibt der hier zur Entscheidung stehende Sachverhalt keinen Anlass.
Ob die getroffene Maßnahme nach den Umständen des Einzelfalls ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, unterliegt nach den obigen Ausführungen hingegen nicht der Überprüfung durch das Grundbuchamt. Eine Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung liegt nur vor, wenn diese auf die Belange aller Miteigentümer nach billigem Ermessen Rücksicht nimmt (vgl. MK-BGB/Engelhardt, 5.Aufl. § 21 WEG Rdn.8). Angesichts des regelmäßig erheblichen finanziellen Aufwands für den Erwerb, der umzulegenden Folgekosten und des Mehraufwands, der innerhalb des Wirtschaftswesens (vgl. unten) entsteht, wird der Erwerb von Immobilieneigentum, auch und gerade in der eigenen Anlage, wohl nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, wenn ganz gewichtige, über bloße Zweckmäßigkeitserwägungen hinausreichende Gemeinschaftsinteressen für den Erwerb sprechen (zu weiteren Kriterien vgl. Basty a.a.O. S.256f). Ein Miteigentümer, der diese Voraussetzungen nicht als gegeben ansieht, hat die Möglichkeit, mit der Beschlussanfechtungsklage (§ 46 WEG) die Beschlussfassung zur gerichtlichen Überprüfung zu stellen.
Der Umfang der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft steht danach in einem inneren Zusammenhang mit der Kompetenz der Eigentümerversammlung zu mehrheitlicher Beschlussfassung: Als Verwaltung im Sinne des § 10 Abs. 6 S. 1 WEG n.F. muss jedenfalls derjenige Rechtserwerb behandelt werden, der in Durchführung eines wirksamen Eigentümerbeschlusses erfolgt. Im vorliegenden Fall liegt dem Erwerb zwar nicht ein Eigentümerbeschluss, sondern eine Vereinbarung (§ 10 Abs. 2 S. 2 WEG n.F.) zugrunde, deren Wirksamkeit nicht an die Voraussetzungen einer mehrheitlichen Beschlussfassung gebunden ist. Gleichwohl stellt sich für die hier zu treffende Entscheidung nicht die Frage, ob damit zugleich der Umfang der Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft mittelbar der übereinstimmenden Disposition der Miteigentümer im Rahmen einer Vereinbarung unterliegt. Denn es handelt sich hier um den Erwerb zweier Teileigentumsrechte innerhalb der eigenen Anlage, die auch bei einer mehrheitlichen Entscheidung von der Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung gedeckt wäre.
Der Senat ist zu einer abschließenden Entscheidung über den Eintragungsantrag nicht in der Lage. Die Wirksamkeit der für die Wohnungseigentümergemeinschaft abgegebenen Einigungserklärung hängt nach den vorstehenden Ausführungen davon ab, dass in der notariellen Urkunde zugleich eine Vereinbarung sämtlicher Miteigentümer getroffen worden ist, durch die dem Verwalter die Ermächtigung zum Erwerb der beiden Teileigentumseinheiten erteilt worden ist. Die Erklärungen die Urkundsbeteiligten in Ziff. I der Urkunde, die Eigentümergemeinschaft habe sich entschlossen, die Teileigentumseinheiten aus Gründen der Praktikabilität in das Eigentum der Gemeinschaft zu übertragen, kann als Vereinbarung nach § 10 WEG verstanden werden, die durch die sodann erklärte Auflassung vollzogen werden sollte. Zu prüfen bleibt, ob sämtliche damals eingetragenen Wohnungs- und Teileigentümer an der Vereinbarung mitgewirkt bzw. diese genehmigt haben. Diese Prüfung kann der Senat anhand des ihm vorgelegten Aktenbestandes nicht
abschließend durchführen. Er hat deshalb die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Grundbuchamt zurückverwiesen.
OLG Hamm:
Beschluss v. 20.10.2009
Az: 15 Wx 81/09
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