Verwaltungsgericht Düsseldorf:
Urteil vom 1. Juli 2002
Aktenzeichen: 23 K 6124/00

(VG Düsseldorf: Urteil v. 01.07.2002, Az.: 23 K 6124/00)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Versorgungswerk vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist seit 24. November 1993 als Rechtsanwalt zugelassen und dadurch Mitglied der Rechtsanwaltskammer L. Seit Dezember 1993 arbeitet er als angestellter Justiziar für ein in H1 ansässiges Unternehmen. Von der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung wurde der Kläger mit Wirkung zum 3. Juni 1994 befreit. Mit bestandskräftigen Bescheiden stellte das beklagte Versorgungswerk die Mitgliedschaft des Klägers im beklagten Versorgungswerk seit 24. November 1993 fest und setzte den Beitrag bis zur Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung auf 1/10 des Regelpflichtbeitrages und für die Zeit danach gemäß § 30 Abs. 6 seiner Satzung (SVR) in Höhe des jeweils in der gesetzlichen Rentenversicherung gültigen Beitragssatzes vom sozialversicherungspflichtigen Bruttoentgelt fest. Es wies darauf hin, dass auch bei Tätigkeiten in den neuen Bundesländern für die Beitragsbemessung die in Nordrhein-Westfalen jeweils gültige Beitragsbemessungsgrenze maßgeblich sei. In der Folgezeit kam es wiederholt zu Rückständen auf dem Beitragskonto des Klägers beim beklagten Versorgungswerk. Der Kläger wies das beklagte Versorgungswerk mit Schreiben vom 28. März 1995 daraufhin, dass sein Arbeitgeber den Versorgungsbeitrag nur bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze-Ost abführe und der darüber hinausgehende Betrag von ihm persönlich zusätzlich gezahlt werden müsse. Zudem könne der Versorgungsbeitrag nicht bis zum 15. eines Monats gezahlt werden, da sein Gehalt erst zum Ende des Monats fällig werde. Auch in den weiteren Jahren kam es zu - zum Teil nur geringfügigen - Beitragsrückständen, deren Ausgleich in Abständen angemahnt wurde.

Mit Schreiben vom 9. Dezember 1999 und 12. Januar 2000 listete das beklagte Versorgungswerk die aktuellen Beitragsrückstände von 1.723,70 DM bzw. 1.404,-- DM auf und setzte auf diese Rückstände Säumniszuschläge nach § 33 Abs. 6 SVR von 17,24 DM und 14,04 DM fest.

Am 4. Februar 2000 erhob der Kläger Widerspruch gegen die Festsetzung eines Säumniszuschlages im Bescheid vom 12. Januar 2000. Zur Begründung führte er aus: Wie dem beklagten Versorgungswerk bekannt sei, werde der Versorgungsbeitrag von seinem Arbeitgeber seit jeher bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze-Ost am Ende des Monats überwiesen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Zahlung für Dezember 1999 nicht bis zum 10. Januar 2000 auf seinem Beitragskonto eingegangen sein sollte. Zudem beantrage er, seine Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze-Ost festzusetzen, da er seine Einkünfte in den neuen Bundesländern erziele. Dem augenblicklich aus seinem Nettolohn zusätzlich aufzubringenden Beitragsanteil von 289,50 DM stehe keine entsprechende Erhöhung der Rentenanwartschaft gegenüber.

Mit Schreiben vom 23. Februar 2000 wies das beklagte Versorgungswerk den Kläger darauf hin, dass die Versorgungsbeiträge grundsätzlich bis zum 15. des laufenden Monats zu entrichten seien und bei einer Zahlung erst nach dem letzten Werktag des laufenden Monats Säumniszuschläge berechnet würden. Seine Beiträge für Dezember 1999 seien erst am 4. Januar 2000 auf seinem Beitragskonto eingegangen. Wenn sein Arbeitgeber eine rechtzeitige Beitragsweiterleitung nicht sicherstellen wolle, müsse er selbst für die monatlichen Beiträge in Vorleistung treten und könne sich die Beitragsteile dann mit seinem Gehalt auszahlen lassen. Die Maßgeblichkeit der Beitragsbemessungsgrenze-West ergebe sich aus der ausdrücklichen Festlegung in § 30 Abs. 1 SVR. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht habe in einer Entscheidung vom 12. November 1998 die Unbedenklichkeit dieser Regelung bestätigt. Selbstverständlich entstünden dem Kläger aus der erhöhten Beitragszahlung auch entsprechend erhöhte Rentenanwartschaften.

Mit weiteren Schreiben vom 9. Februar 2000 und 7. März 2000 bezifferte das beklagte Versorgungswerk erneut den aktuellen Beitragsrückstand auf dem Beitragskonto des Klägers und setzte Säumniszuschläge von 3,04 DM und 13,87 DM fest.

Am 27. März 2000 erweiterte der Kläger seinen Widerspruch auf die „nachfolgenden Bescheide, mit denen ebenfalls für verspätete Zahlungen Versäumniszuschläge festgesetzt worden sind". Ergänzend führte er aus: Seit 1994 werde der in den neuen Bundesländern übliche Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil seines Versorgungsbeitrages von seinem Arbeitgeber entsprechend der arbeitsvertraglichen Regelung wie sein Lohn am letzten Arbeitstag des Monats angewiesen. Auf Grund der Banklaufzeiten dürften die Beiträge regelmäßig erst Anfang des nächsten Beitragsmonats auf seinem Beitragskonto eingegangen sein. Der Differenzbetrag zur Beitragsbemessungsgrenze-West sei regelmäßig von ihm persönlich überwiesen worden. Er erachte es als grob treuwidrig, wenn das beklagte Versorgungswerk nach mehr als sechs Jahren unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit dieser Praxis erstmalig Säumniszuschläge gegen ihn festsetze. Zudem halte er die Berechnung seiner Beiträge unter Zugrundelegung der Beitragsbemessungsgrenze- West auch im Hinblick auf die höheren Rentenanwartschaften für rechtswidrig, da diese nicht annähernd den Umfang erreichten wie die Rendite, die bei Anlage des Differenzbetrages auf dem privaten Geldmarkt erzielt werden könne. Demgegenüber stellte sich das beklagte Versorgungswerk auf den Standpunkt, der Kläger könne aus dem satzungswidrigen Umstand, dass in der Vergangenheit keine Säumniszuschläge erhoben worden seien, keine Rechte ableiten.

Mit Beitragsbescheid vom 4. April 2000 setzte das beklagte Versorgungswerk den Beitrag des Klägers ab dem 1. Januar 2000 auf den Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung unter Zugrundelegung der Beitragsbemessungsgrenze-West fest (1.659,80 DM). Mit Bescheid vom 6. April 2000 setzte es erneut einen Säumniszuschlag von 3,20 DM fest.

Zur Begründung seines am 3. Mai 2000 erhobenen Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid vom 4. April 2000 und den Säumnisbescheid vom 6. April 2000 führte der Kläger ergänzend aus: In der Vergangenheit sei seitens des beklagten Versorgungswerkes gegen die praktizierte Weise der Beitragsleistung (Arbeitgeberüberweisung Ende des Monats, Überweisung des Aufstockungsbetrages durch ihn) nie Protest formuliert worden. Zu Mahnungen sei es nur gekommen, wenn es aus banktechnischen oder aus persönlichen Gründen zu weiteren Verzögerungen beim Beitragseingang gekommen sei. Außerdem wies er darauf hin, dass sich die neuerlichen Mahnungen nur auf den von ihm nicht mehr überwiesenen Differenzbetrag zur Beitragsbemessungsgrenze-West bezögen.

Mit Bescheiden vom 8. Mai, 7. Juni und 10. Juli 2000 setzte das beklagte Versorgungswerk erneut Säumniszuschläge gegen den Kläger in Höhe von 19,80 DM und zwei Mal 16,60 DM fest. Am 1. August 2000 legte der Kläger Widerspruch gegen „die mit den letzten Bescheiden festgesetzten Säumniszuschläge" ein.

Mit Bescheid vom 9. August 2000 setzte das beklagte Versorgungswerk einen Säumniszuschlag von 5,96 DM fest.

Mit Bescheid vom 15. August 2000 wies das beklagte Versorgungswerk die Widersprüche des Klägers gegen die Säumnisbescheide vom 12. Januar, 9. Februar, 7. März und 6. April 2000 und gegen den Beitragsbescheid vom 4. April 2000 zurück.

Mit Bescheid vom 6. September 2000 setzte das beklagte Versorgungswerk einen Säumniszuschlag von 5,85 DM gegen den Kläger fest.

Der Kläger hat am 14. September 2000 Klage gegen den Beitragsbescheid vom 4. April 2000 und die im Jahr 2000 ergangenen Säumnisbescheide - mit Ausnahme des Säumnisbescheides vom 10. Juli 2000 - erhoben.

Zur Begründung führt er ergänzend aus: Um eine Beitragszahlung für sein Einkommen, das die Beitragsbemessungsgrenze-Ost bis zur Beitragsbemessungsgrenze-West übersteige, zu verhindern, habe er sich 1995 um eine Rechtsanwaltszulassung im Landgerichtsbezirk H1 bemühen wollen. Aus den Antragsformularen sei allerdings ersichtlich gewesen, dass die von ihm tatsächlich ausgeübte, angestellte Tätigkeit einer Zulassung im Landgerichtsbezirk H1 entgegenstehen würde. Insofern sei das vom beklagten Versorgungswerk zitierte Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht auf ihn nicht übertragbar. Vielmehr verstoße die Anknüpfung der Beitragsbemessung ausschließlich an die Beitragsbemessungsgrenze-West gegen sein Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung, den Gleichheitsgrundsatz und sein Recht auf freie Arbeitsplatzwahl. Denn ein Wechsel zur Rechtsanwaltskammer H1 sei ihm nur vor Annahme seiner jetzigen Arbeitsstelle möglich gewesen. Er werde gegenüber angestellten Rechtsanwälten in Nordrhein-Westfalen benachteiligt, da diese im Gegensatz zu ihm in den Genuss des hälftigen Arbeitgeberanteils am Beitrag berechnet nach der Beitragsbemessungsgrenze-West kämen. Auch die in U zugelassen Rechtsanwälte seien ihm gegenüber besser gestellt, da sie nur einen Beitrag bis zur Beitragsbemessungsgrenze-Ost zahlen müssten.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Säumnisbescheide des beklagten Versorgungswerks vom 12. Januar, 9. Februar, 7. März, 6. April, 8. Mai, 7. Juni, 9. August und 6. September 2000, den Beitragsbescheid des beklagten Versorgungswerks vom 4. April 2000, soweit damit ein den Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung unter Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze-Ost übersteigender Beitrag festgesetzt wurde, und den Widerspruchsbescheid vom 15. August 2000 aufzuheben.

Das beklagte Versorgungswerk beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt es aus: Seit der sechsten Satzungsänderung im Jahr 1992 stelle § 30 Abs. 1 SVR für die Beitragsbemessung ausdrücklich auf die im Land Nordrhein-Westfalen geltende Beitragsbemessungsgrenze ab. Darauf habe sich der Kläger bei Begründung seiner Pflichtmitgliedschaft und bei Eingehung seines Arbeitsverhältnisses einstellen können. Wie das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in der bereits herangezogenen Entscheidung ausführe, sei diese Handhabung aus Praktikabilitätsgründen gerechtfertigt. Insofern liege weder ein Verstoß gegen Art. 12 oder Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) vor. Die Andersbehandlung des Klägers im Verhältnis zu den in U zugelassenen Rechtsanwälten sei eben im Hinblick auf den unterschiedlichen Ort der Zulassung gerechtfertigt. Die angegriffenen Säumniszuschläge fänden ihre Grundlage in der eindeutigen Regelung des § 33 Abs. 6 SVR i.V.m. § 7 Abs. 2 des Gesetzes über die Rechtsanwaltsversorgung (RAVG NW). Danach sei auf am Monatsende rückständige Beitragszahlungen ein Säumniszuschlag von 1% zu erheben. Grundlage für diese Regelung sei § 33 Abs. 1 Satz 2 SVR, wonach Beiträge bis zum 15. des laufenden Monats zu zahlen seien. Dabei handle es sich um eine Pflicht des jeweiligen Mitglieds. Auch wenn die Arbeitgeber nach § 172 Abs. 2 des 6. Sozialgesetzbuchs (SGB VI) verpflichtet seien, den Arbeitgeberanteil am Versorgungsbeitrag zu tragen, ergebe sich daraus kein Pflichtenverhältnis zwischen dem Versorgungswerk und dem Arbeitgeber des Klägers. Deshalb müsse auch bei der Erhebung von Säumniszuschlägen auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Mitglied und seinem Arbeitgeber keine Rücksicht genommen werden. Dass in den ersten Jahren der Mitgliedschaft des Klägers tatsächlich keine Säumniszuschläge erhoben worden seien, begründe kein schutzwürdiges Vertrauen, da keine Erklärung abgegeben worden sei, dass auf die Erhebung von Säumnizuschlägen für die Dauer des Mitgliedschaftsverhältnisses verzichtet werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des beklagten Versorgungswerks Bezug genommen.

Gründe

Nachdem die Beteiligten ausdrücklich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben, konnte das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Den wörtlich auf Aufhebung des Beitragsbescheides vom 4. April 2000 gerichteten Antrag des Klägers hat das Gericht im Hinblick auf die von ihm geäußerte Rechtsauffassung, die Höhe seines Beitrages sei unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze-Ost zu berechnen, und seine Ausführungen in der Klageschrift, eine Aufhebung werde nur insoweit begehrt, als der Beitrag nach der Beitragsbemessungsgrenze-West festgesetzt worden sei, einschränkend dahingehend ausgelegt, dass Aufhebung des Bescheides nur insoweit beantragt wird, als der festgesetzte Beitrag den Höchstbeitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung bei Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze-Ost überschreitet.

Die Klage hat keinen Erfolg.

Sie erweist sich bereits als unzulässig, soweit der Kläger die Aufhebung der Säumnisbescheide vom 9. Februar, 8. Mai, 7. Juni, 9. August und 6. September 2000 begehrt. Denn diese Bescheide sind mangels (fristgerechter) Widerspruchserhebung bestandskräftig geworden. Zwar hat der Kläger dem beklagten Versorgungswerk am 27. März 2000 schriftlich mitgeteilt, er „erstrecke" seinen (fristgerecht) erhobenen Widerspruch gegen den Säumnisbescheid vom 12. Januar 2000 „auf die nachfolgenden Bescheide, mit denen ebenfalls für verspätete Zahlungen Säumniszuschläge festgesetzt worden sind", und am 1. August 2000 „vorsorglich nochmals Widerspruch gegen die mit den letzten Bescheiden festgesetzten Säumniszuschläge eingelegt", jedoch konnte mit diesen Schreiben die einmonatige Widerspruchsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO, auf die der Kläger mit jedem Säumnisbescheid hingewiesen worden ist, nur hinsichtlich der Säumnisbescheide vom 7. März und 10. Juli 2000 gewahrt werden. Hinsichtlich der Säumnisbescheide vom 9. Februar, 8. Mai und 7. Juni 2000 gingen die genannten Widerspruchsschreiben verspätet ein, sodass diese Bescheide bestandskräftig geworden sind. Anträge auf Wiedereinsetzung in die Widerspruchsfrist nach § 60 VwGO hat der Kläger nicht gestellt; Anhaltspunkte für das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen sind auch nicht erkennbar. Dass der Kläger gegen die Bescheide vom 9. August und 6. September 2000 überhaupt Widerspruch eingelegt hat, ist nicht ersichtlich.

Im Übrigen erweist sich die Klage als unbegründet. Der Beitragsbescheid vom 4. April 2000 und die Säumnisbescheide vom 12. Januar, 7. März und 6. April 2000 sind rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Beitragsbescheid vom 4. April 2000 ist § 30 Abs. 1 SVR. Danach haben Mitglieder einen monatlichen Beitrag in Höhe des Höchstbeitrages zur gesetzlichen Rentenversicherung, errechnet unter Zugrundelegung der Beitragsbemessungsgrenze-West, zu zahlen, soweit die Satzung nichts anderes bestimmt.

Andere Satzungsbestimmungen, die hinsichtlich des Klägers eine Anwendbarkeit des § 30 Abs. 1 SVR ausschließen, existieren nicht. In Betracht käme insoweit zunächst § 30 Abs. 6 SVR, der für Mitglieder, die wie der Kläger nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind, einen speziellen Mindestbeitrag gekoppelt an die ohne Befreiung geltende Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung regelt. Als solche verdrängt er die Anwendbarkeit insbesondere der Beitragsregelung des § 30 Abs. 1 SVR nur dann, wenn deren Anwendung zu einem niedrigeren Beitrag führen würde, als das jeweilige Mitglied ohne seine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen hätte. Dies ist beim Kläger nicht der Fall. Ebenso wenig wird vorliegend die Anwendbarkeit des § 30 Abs. 1 SVR durch die Einschlägigkeit des § 30 Abs. 2 SVR verdrängt. Denn § 30 Abs. 2 SVR ist nach seinem eindeutigen Wortlaut nur für Mitglieder heranzuziehen, deren Einkommen die Beitragsbemessungsgrenze nicht erreicht. Da es zwischen den Beteiligten unstreitig ist, dass das Arbeitsentgelt des Klägers im Jahr 2000 sowohl die für die gesetzliche Rentenversicherung geltende Beitragsbemessungsgrenze-Ost als auch -West überschritten hat, scheidet die Anwendung von § 30 Abs. 2 SVR unabhängig von der Frage aus, auf welche Beitragsbemessungsgrenze beim Kläger abzustellen ist.

Das beklagte Versorgungswerk hat den Beitrag des Klägers auf der Grundlage der Regelung des § 30 Abs. 1 SVR zutreffend bestimmt. Denn bei Heranziehung der für die Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten für das Jahr 2000 auf der Grundlage von §§ 159, 160 SGB VI in § 3 Abs. 1 Nr. 1 der Sozialversicherungs- Rechengrößenverordnung 2000 festgesetzten Beitragsbemessungsgrenze-West von 103.200,-- DM jährlich bzw. 8.600,-- DM monatlich und dem in § 1 des Beitragsgesetzes 2000 festgesetzten Beitragssatz von 19,3% ergibt sich ein monatlicher Höchstbeitrag von 1.659,80 DM, wie ihn das beklagte Versorgungswerk in dem angegriffenen Beitragsbescheid für den Kläger festgesetzt hat.

Die Beitragsfestsetzung erweist sich vorliegend auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil der Beitrag entsprechend dem Wortlaut des § 30 Abs. 1 SVR unter Heranziehung der Beitragsbemessungsgrenze-West berechnet wurde, obwohl der Kläger sein Einkommen als Angestellter in U erwirbt, wo für Versicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung die niedrigere Beitragsbemessungsgrenze-Ost maßgeblich ist.

Dem beklagten Versorgungswerk ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nach § 11 Satz 1 i.V.m. §§ 7, 11 Satz 2 Nr. 1 RAVG NW ein weiter Gestaltungsspielraum insbesondere für die Beitragsgestaltung eingeräumt. Seine Grenzen findet dieser Spielraum in den im Beitragsrecht geltenden Grundsätzen des Äquivalenzprinzips, des Gleichheitssatzes und der Verhältnismäßigkeit. Letzterer verbietet insbesondere Beitragshöhen von 'erdrosselndem' Charakter und gebietet es, schwer wiegende Besonderheiten zu berücksichtigen und unbillige Härten zu vermeiden. Demgegenüber ist das beklagte Versorgungswerk nicht von Gesetzes wegen gehalten, sich bei der Beitragsgestaltung an dem Beitragssystem der gesetzlichen Rentenversicherung auszurichten oder deren Differenzierungen bei der Beitragsgestaltung zu übernehmen.

Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4. Juli 1995 - 1 B 89.95 - und vom 25. Oktober 1995 - 1 B 103.95 -, Buchholz, Nr. 29 und 31 zu 430.4 Versorgungsrecht.

Danach begegnet es im Grundsatz keinen Bedenken, wenn das beklagte Versorgungswerk als Rechengröße zur Bestimmung seiner Beiträge auf die in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten geltende Beitragsbemessungsgrenze-West zurückgreift, ohne auch die übrigen Beitragsregelungen dieser Rentenversicherung für seine Beitragsgestaltung zu übernehmen. Diese Art der Beitragsbemessung verstößt auch weder grundsätzlich noch im Fall des Klägers gegen das Äquivalenzprinzip, den Gleichheitsgrundsatz oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Soweit der Kläger vorträgt, die ihm durch die Anwendung der Beitragsbemessungsgrenze-West statt -Ost entstehende Beitragsmehrbelastung stehe nicht in angemessenem Verhältnis zu dem daraus resultierenden Anwachsen der Rentenanwartschaften, hat der Kläger einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip nicht dargelegt. Zwar verweist der Kläger zur Begründung seiner Behauptung darauf, dass er auf dem Kapitalmarkt mit einem Geldbetrag, der dem Differenzbetrag zwischen Beitragsbemessungsgrenze-West und -Ost entspreche, eine weit höhere Rendite erzielen könne als Rentenanwartschaften im beklagten Versorgungswerk. Jedoch kann dies einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip nicht begründen. Denn es ergibt sich aus dem Wesen einer als Solidargemeinschaft ausgestalteten Versorgungseinrichtung, die sich vorrangig am Ziel des Risikoausgleichs orientiert, dass bei regulärem Versicherungsverlauf den aufgewendeten Beiträgen keine Leistungen von einem Umfang gegenüber stehen können, die den Leistungen einer ausschließlich am Ziel der Gewinnoptimierung orientierten Geldanlage entsprechen.

Auch vermag das Gericht in dem Umstand, dass der Kläger einen an der Beitragbemessungsgrenze-West orientierten Beitrag zahlen muss, obwohl sich der von seinem Arbeitgeber nach § 172 Abs. 2 SGB VI übernommene Arbeitgeberanteil wie bei den gesetzlich versicherten Beschäftigten in U nach der Beitragsbemessungsgrenze-Ost berechnet, keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz zu erkennen. Zunächst entspricht es dem Gleichheitssatz, dass alle Mitglieder des Versorgungswerks mit gleichhohem Bruttoeinkommen auch einen gleichhohen Beitrag zahlen und damit Rentenanwartschaften gleichen Umfangs erwerben. Im Hinblick darauf, dass die gesetzlichen Bestimmungen des Zivil-, Arbeits- und Sozialrechts, zu denen auch § 172 SGB VI zählt, nur die Rahmen- bzw. Mindestbedingungen für die arbeitsvertraglichen Entgeltregelungen darstellen, darüber hinausgehende, der Privatautonomie der Vertragspartner erwachsende Vereinbarungen zu Gunsten der Arbeitnehmer aber nicht ausgeschlossen und bei höherqualifizierten Arbeitnehmern nicht unüblich sind, stellt der Umstand, dass die angestellt tätigen Mitglieder des beklagten Versorgungswerks nicht an allen Tätigkeitsorten denselben Mindestbedingungen hinsichtlich der Entgelt- und Sozialabgabengestaltung unterliegen, kein zwingendes Differenzierungskriterium für einkommensabhängige Beitragsgestaltung dar. Dies gilt für die vom Kläger geforderte Differenzierung nach der Höhe des vom Arbeitgeber zu übernehmenden Arbeitgeberanteils an den Rentenversicherungsbeiträgen nicht zuletzt auf dem Hintergrund, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass niedrigere Lohnnebenkosten zu einer Erhöhung des an den Arbeitnehmer ausgezahlten Arbeitsentgeltes führen. Demgegenüber dient eine einheitliche Beitragsbemessungsgrenze dem im Beitragsrecht zu beachtenden Prinzip der Verwaltungspraktikabilität, das Veranlassung zu Normierung typisierender, einfach zu handhabender Regelungen gibt, soweit solche nicht zu einer gravierenden Ungleichbehandlung führen.

Dass die mangelnde Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger wegen des geringeren als hälftigen Arbeitgeberanteils mehr als 50% des von dem beklagten Versorgungswerk festgesetzten Beitrags aus seinem Arbeitsentgelt aufbringen muss, zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Klägers führt, weil die Beitragshöhe eine erdrosselnde Wirkung entfaltet oder eine unbillige Härte für den Kläger darstellt, ist schon angesichts des Verhältnisses des Beitrages von 1.659,80 DM (abzüglich Arbeitgeberanteil von 615,15 DM) zu einem Monatsverdienst von mehr als 8.500,-- DM zu verneinen. Der Kläger hat auch eine unzumutbare Belastung nicht geltend gemacht.

Ebenso wenig vermag das Gericht zu erkennen, dass die Beitragsfestsetzung einen Eingriff in die Berufsfreiheit des Klägers darstellt. Anhaltspunkte für einen zielgerichteten Eingriff in die Berufsfreiheit des Klägers durch die konkrete Beitragsfestsetzung oder die durch § 30 Abs. 1 SVR vorgenommene Regelung der Beitragsbemessung sind nicht erkennbar. Denn der Vortrag des Klägers, er könne sich dem hohen, zu mehr als 50% aus seinem Arbeitsentgelt aufzubringenden Beitrag nur durch Verzicht auf seine Anwaltszulassung entziehen, da ihm nach dem Zulassungsrecht für Rechtsanwälte ein Wechsel nach U durch Zulassung im Landgerichtsbezirk H1 verwehrt sei, findet seinen Anknüpfungspunkt offensichtlich in den die Berufsausübung regelnden Vorschriften der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO). Ungeachtet der Frage, ob der Wechsel der Rechtsanwaltszulassung zu einem anderen Gericht nach den Vorschriften der BRAO etwa unter dem Gesichtspunkt der Ausübung einer unvereinbaren Tätigkeit versagt werden kann, fehlt es jedenfalls an der Maßgeblichkeit von Regelungen der Satzung des beklagten Versorgungswerkes für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und den Wechsel der Zulassung zu einem anderen Gericht.

Die gegen den Kläger erlassenen Säumnisbescheide finden ihre Ermächtigungsgrundlage in § 33 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 SVR. Danach sind auf Beiträge, die nach § 33 Abs. 1 Satz 2 SVR bis zum 15. Tag des Monats fällig geworden sind, aber nicht bis zum Ende des Monats gezahlt wurden, Säumniszuschläge in Höhe von 1% zu erheben. Diese Voraussetzungen sind für die mit den Säumnisbescheiden vom 12. Januar, 7. März und 6. April 2000 gegen den Kläger festgesetzten Säumniszuschläge erfüllt.

Aus den den Säumnisbescheiden beigefügten Kontoauszügen über das Beitragskonto des Klägers ergeben sich Beitragsrückstände zum Ende des vorausgegangenen Monats von 1.404,00 DM, 1.387,38 DM und 320,45 DM. Der Kläger hat die Richtigkeit der Gegenüberstellungen von fälligen Beitragsforderungen und Zahlungseingängen und die daraus errechneten Rückstände nicht bestritten; Anhaltspunkte, die Zweifel an deren Richtigkeit begründen könnten, sind auch für das Gericht nicht erkennbar. Das beklagte Versorgungswerk hat auf diese Beitragsrückstände ordnungsgemäß nach dem Maßstab des § 33 Abs. 6 Satz 1 SVR Säumniszuschläge in Höhe von 14,04 DM, 13,87 DM und 3,20 DM errechnet.

Zweifel an der Berechtigung zur Erhebung von Säumniszuschlägen ergeben sich weder im Hinblick auf die vom Kläger und seinem Arbeitgeber für die Versorgungsbeiträge gewählte Zahlungsweise noch aus dem Umstand, dass das beklagte Versorgungswerk in der Vergangenheit bis November 1999 von der Festsetzung von Säumniszuschlägen gegenüber dem Kläger abgesehen hat.

Der Kläger hat geltend gemacht, sein Arbeitgeber weise sowohl sein Gehalt als auch die Versorgungsbeiträge bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze-Ost erst am letzten Werktag eines Monats an. Aus dieser Gehaltszahlung überweise er dann den Restbeitrag bis zur Beitragsbemessungsgrenze-Ost. Dies habe zur Folge, dass der Versorgungsbeitrag erst Anfang des nachfolgenden Monats beim beklagten Versorgungswerk eingehe.

Das Gericht vermag nicht zu erkennen, inwieweit diese Umstände die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Säumnisbescheide in Zweifel ziehen sollten.

Zwar folgt aus dem Umstand, dass der Kläger sein Gehalt erst zum Monatsende erhält, die Versorgungsbeiträge aber nach § 33 Abs. 1 Satz 2 SVR bereits zum 15. Tag des Monats fällig werden und zur Vermeidung von Säumniszuschlägen nach § 30 Abs. 6 Satz 1 SVR zumindest im Laufe der zweiten Monatshälfte gezahlt werden müssen, die Notwendigkeit einer Vorausleistung durch den Kläger. Jedoch stellt diese nach Auffassung der Kammer keine unzumutbare Belastung für den Kläger dar. Denn zum einen wird diese Belastung für den Kläger tatsächlich nur im ersten Monat seiner Beitragspflicht spürbar, zum andern handelt es sich dabei um eine Belastung, wie sie auf Grund unterschiedlicher Zahlungstermine in Dauerrechtsverhältnissen (z.B. Mietverhältnissen) häufig vorkommt. Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil nach dem Vortrag des Klägers der wesentliche Anteil des Versorgungsbeitrages direkt von seinem Arbeitgeber überwiesen wird, der dies jedoch erst zum Monatsende veranlasst. Zwar ist der Arbeitgeber des Klägers nach § 172 Abs. 2 SGB VI verpflichtet, sich ungeachtet der Befreiung des Klägers von der gesetzlichen Rentenversicherung zu Gunsten des beklagten Versorgungswerks mit dem Arbeitgeberanteil an dessen Versorgungsbeiträgen zu beteiligen. Jedoch besteht diese Verpflichtung ausschließlich gegenüber dem Kläger als Arbeitnehmer und lässt kein Rechtsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber des Klägers und dem beklagten Versorgungswerk entstehen, das den Arbeitgeber zu einer Sicherstellung der Weiterleitung des Versorgungsbeitrages noch im laufenden Monat oder das beklagte Versorgungswerk zu einem Verzicht auf die Festsetzung von Säumniszuschlägen verpflichten könnte. Vielmehr bleibt es bei dem zweiseitigen Beitragsverhältnis zwischen dem Kläger und dem beklagten Versorgungswerk, das den Kläger verpflichtet, den rechtzeitigen Eingang seiner Beiträge beim beklagten Versorgungswerk sicherzustellen. Vermag der Kläger seinen Arbeitgeber nicht zu einer veränderten Beitragsabführung zu veranlassen, kann er die fristgerechte Beitragszahlung dadurch sicherstellen, dass er den kompletten monatlichen Beitragsbetrag zum 15. des jeweiligen Monats an das beklagte Versorgungswerk überweist und sich den Arbeitgeberanteil mit seinem Gehalt auszahlen lässt.

Ebenso wenig kann der Kläger aus dem Umstand, dass das beklagte Versorgungswerk in der Vergangenheit bei verspäteter Beitragszahlung von der Festsetzung eines Säumniszuschlages abgesehen hat, einen Anspruch ableiten, grundsätzlich von der Erhebung von Säumniszuschlägen verschont zu bleiben. Vielmehr musste der Kläger auf Grund der bereits bei seinem Eintritt in das beklagte Versorgungswerk vorhandenen Säumnisregelung seit jeher damit rechnen, bei Zahlungsverzug mit Säumniszuschlägen überzogen zu werden. Das beklagte Versorgungswerk hat auch zu keinem Zeitpunkt gegenüber dem Kläger ausdrücklich auf die Festsetzung von Säumniszuschlägen verzichtet oder sich etwa mit einer von § 33 Abs. 1, 4, 6 SVR abweichenden Beitragsentrichtung einverstanden erklärt. Vielmehr hat das beklagte Versorgungswerk auch in der Vergangenheit am Monatsende noch ausstehende Beitragszahlungen angemahnt. Das bloße Unterlassen der Festsetzung von Säumniszuschlägen in der Vergangenheit führt nicht zu einer Verwirkung des satzungsmäßigen Rechts zur Erhebung solcher Zuschläge für die Zukunft.

Die Klage war von daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).






VG Düsseldorf:
Urteil v. 01.07.2002
Az: 23 K 6124/00


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