Bundespatentgericht:
Urteil vom 7. März 2001
Aktenzeichen: 4 Ni 18/00

(BPatG: Urteil v. 07.03.2001, Az.: 4 Ni 18/00)

Tenor

Das europäische Patent 0 243 216 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, daß Patentanspruch 1 folgende Fassung erhält:

"Vorrichtung für die Verbindung und/oder Abzweigung für biegsame Fluidrohrleitungen mit einem starren Innenrohr (1), auf das die Enden der biegsamen Rohrleitungen (5) aus elastomerem Material montiert sind und mit einem durch Spritzguß aufgebrachten äußeren Hüllelement (6) aus Polymermaterial, dadurch gekennzeichnet, daß das äußere Hüllelement (6) aus einem Polymer besteht, dessen Abkühlungs-Kontraktion mindestens 1% seines Ausgangsdurchmessers beträgt, um so die Wandungen der Enden der biegsamen Rohrleitungen (5) zwischen dem starren Innenrohr (1) und dem äußeren Hüllelement (6) durch Aufschrumpfen festzulegen."

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 5. März 1987 unter Inanspruchnahme der Priorität der französischen Patentanmeldung 860 3972 vom 20. März 1986 angemeldeten, ua mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 243 216 (Streitpatent). Das Streitpatent wird vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 37 63 521 geführt und betrifft eine Vorrichtung für die Verbindung und/oder Abzweigung von biegsamen Fluidrohrleitungen. Das in der Verfahrenssprache Französisch erteilte Patent umfaßt 7 Patentansprüche. Patentanspruch 1 hat in seiner deutschen Übersetzung folgenden Wortlaut:

"Vorrichtung für die Verbindung und/oder Abzweigung für biegsame Fluidrohrleitungen mit einem starren Innenrohr (1), auf das die Enden der biegsamen Rohrleitungen (5) montiert sind und mit einem durch Spritzguß aufgebrachten äußeren Hüllelement (6) aus Polymermaterial, dadurch gekennzeichnet, daß das äußere Hüllelement (6) aus einem Polymer besteht, dessen Abkühlungs-Kontraktion mindestens 1% seines Ausgangsdurchmessers beträgt, um so die Wandungen der Enden der biegsamen Rohrleitungen (5) zwischen dem starren Innenrohr (1) und dem äußeren Hüllelement (6) durch Aufschrumpfen festzulegen."

Wegen der unmittelbar und mittelbar auf Patentanspruch 1 zurückbezogenen Patentansprüche 2 bis 7 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.

Mit der Behauptung, die Lehre des Streitpatents sei nicht neu bzw beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit und sei auch nicht so deutlich und vollständig offenbart, daß ein Fachmann sie ausführen könne, verfolgt die Klägerin das Ziel, das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären. Zur Begründung beruft sie sich auf folgende Druckschriften:

(1) FR-B 2 452 657

(2) GB 633 351

(3) US 4 235 832

(4) FR 1 488 316

(5) US 3 847 694

(6) DE-Buch: Menges und Mohren, Anleitung für den Bau von Spritzgießwerkzeugen, Hanser Verlag, München/Wien, 2. Aufl., 1983, S. 216 bis 219 Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 0 243 216 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise mit der Maßgabe, daß das Patent mit dem im Tenor wiedergegebenen Anspruch 1 aufrechterhalten bleibt.

Die Beklagte ist dem Vorbringen der Klägerin entgegengetreten und hält das Streitpatent zumindest im verteidigten Umfang für bestandsfähig.

Gründe

Die Klage, mit der die in Art II § 6 Absatz 1 Nr 1 IntPatÜG, Art 138 Absatz 1 lit a und b EPÜ iVm Artikel 54 Abs 1, 2 und Art 56 EPÜ vorgesehenen Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit und der mangelnden Offenbarung geltend gemacht werden, ist begründet, soweit sie sich gegen das Patent in der erteilten Fassung richtet. Soweit sich die Klage gegen die hilfsweise verteidigte Fassung mit dem im Tenor wiedergegebenen Patentanspruch 1 richtet, ist es der Klägerin nicht gelungen, den Senat vom Vorliegen der geltend gemachten Nichtigkeitsgründe zu überzeugen.

1. Das Streitpatent betrifft in der eingetragenen Fassung Fluidkreisläufe jeglicher Art, die biegsame Fluidrohrleitungen umfassen, die Anschlüsse, Abzweigungen oder Ablaßvorrichtungen benötigen und die insbesondere in Wärmetauscherkreisen von Automobilen oder Schwerfahrzeugen montiert sind.

Nach der Beschreibung müssen in diesen Fluidkreisläufen Teile aus verschiedenen Materialien miteinander verbunden werden. Sie müßten langlebig, chemisch resistent und dicht sein. Auch sei erforderlich, daß die biegsamen Leitungen unter Umständen mit Abzweigungen unterschiedlichen Durchmessers versehen seien. Obwohl die Leitungen aus - teilweise verstärktem - elastomerem Material hergestellt würden, seien die Druck und Hitze ausgesetzten Anschlußzonen für die Abzweigungen oder Ablaßvorrichtungen Schwachpunkte des Systems, an denen es zum Lösen der Verbindung oder zum Austreten der Flüssigkeit kommen könne.

Zur Vermeidung dieser Risiken gebe es verschiedene Lösungsvorschläge im Stand der Technik. So werde vorgeschlagen (EP-A 88 571 und DE-C 3 430 053), in die biegsame Leitung ein starres - üblicherweise metallisches - Rohr einzubringen, das an seiner Basis erweitert und mit einem Hilfsmittel befestigt sei.

Weiter werde im Stand der Technik (FR-A 2 506 892; FR-A 2 562 986; EP-A 0 110 102) die Verwendung von Kautschuk oder eines synthetischen Harzes vorgeschlagen.

Nachteilig bei diesen Lösungen sei jedoch, daß

- die mechanische Festigkeit der Wand der biegsamen Rohrleitung verringert werde,

- die Rohrleitungsverbindungen nur schwierig und mit hohen Kosten verbunden herzustellen seien,

- das Anbringen von Abzweigungen mit gleichem Durchmesser wie die biegsame Hauptleitung nicht möglich sei,

- im Falle des Eingießens der Abzweigung die Lebensdauer der Hauptleitung verkürzt und eine zusätzliche thermische Behandlung notwendig werde und schließlich - ein völlig sauberer Zustand der zu verbindenden Zonen erforderlich sei, so daß deren Reinigung unter Verwendung von die Bedingungen am Arbeitsplatz verschlechternden Lösungsmitteln notwendig sei.

2. Vor diesem Hintergrund formuliert die Streitpatentschrift die Aufgabe, durch weniger kostspielige Mittel und bei besten Arbeitsplatzbedingungen eine Verbindungsvorrichtung zwischen einer biegsamen Leitung und entweder einem starren Auslaß oder einer oder mehreren Abzweigungen oder einer Verbindung zu einem Reinigungssystem zu schaffen, die sich als zuverlässig und dauerhaft erweist, die den mechanischen Beanspruchungen durch die zu transportierenden aggressiven Fluide und den feindlichen äußeren Bedingungen gewachsen ist und bei der jedes Risiko des Leckwerdens oder des Lösens der Verbindung vermieden wird.

3. Patentanspruch 1 in der eingetragenen Fassung, mit der das Streitpatent gemäß Hauptantrag verteidigt wird, beschreibt demgemäß eine Vorrichtung mit folgenden Merkmalen:

1. Vorrichtung für die Verbindung und/oder Abzweigung von biegsamen Fluidrohrleitungen, 2. mit einem starren Innenrohr (1), 3. auf das starre Innenrohr sind die Enden der biegsamen Rohrleitungen (5) montiert, und 4. mit einem durch Spritzguß aufgebrachten äußeren Hüllelement (6) aus Polymermaterial, wobei 5. das äußere Hüllelement (6) aus einem Polymer besteht, dessen Abkühlungs-Kontraktion mindestens 1% seines Ausgangsdurchmessers beträgt, 6. um so die Wandungen der Enden der biegsamen Rohrleitungen (5) zwischen dem starren Innenrohr (1) und dem äußeren Hüllelement (6) durch Aufschrumpfen festzulegen.

3.1 Das Streitpatent offenbart die Erfindung so deutlich und vollständig, daß ein Fachmann sie ausführen kann.

Als Fachmann ist ein Maschinenbauingenieur mit Erfahrung im Bereich der Rohrleitungstechnik anzusehen, der entweder eine vertiefte Ausbildung in der Kunststofftechnik besitzt oder einen diesbezüglichen Fachmann zu Rate zieht.

Die beanspruchte Vorrichtung besteht aus einem starren Innenrohr, auf dem die Enden der Rohrleitungen angeordnet sind. Der Verbindungsbereich ist außen durch ein Hüllelement aus Polymermaterial umgeben. Der zuständige Fachmann entnimmt den Merkmalen 5) und 6) des Patentanspruchs 1, daß sich das äußere Hüllelement während der Abkühlung kontrahiert und seinen Innendurchmesser verringert und daß durch dieses Schrumpfen die Rohrleitung zwischen dem starren Innenrohr und dem äußeren Hüllelement festgelegt wird. Daraus ergibt sich die Lehre, daß die Wand der Rohrleitung nach innen verformbar sein muß. Ob die diesbezügliche Eigenschaft als "weich", wie die Klägerin meint, oder nach Auffassung der Patentinhaberin als "biegsam" zu bezeichnen ist, kann dahinstehen. Entscheidend ist allein, daß sich die Wand der Rohrleitung so weit nach innen verformen läßt, daß sich eine reibschlüssige Verbindung einerseits zwischen dem starren Innenrohr und der Innenseite der Rohrleitung und andererseits zwischen der Außenseite der Rohrleitung und der Innenseite des Hüllelementes ergibt. Materialien, die diese Eigenschaft aufweisen, sind in der Rohrleitungstechnik allgemein üblich.

Entgegen der Auffassung der Klägerin erschöpft sich das 5. Merkmal des Patentanspruchs 1 nicht in einer Umschreibung der dem Streitpatent zugrundeliegenden Aufgabe. Diesem Merkmal ist nämlich zunächst zu entnehmen, daß sich das Hüllelement nach dem Füllen des Spritzgußwerkzeugs bei seiner anschließenden Abkühlung so stark kontrahiert, daß sich der Ausgangsdurchmesser um 1% verringern würde, wenn es frei nach innen schrumpfen könnte. Die Angabe der Abkühlungskontration von mindestens 1% seines Ausgangsdurchmessers beschränkt die Zahl der möglichen Polymere auf diejenigen, die diese Kontraktion aufweisen. Es bleibt im Rahmen des fachmännischen Wissens und Könnens des zuständigen Fachmanns, nun noch die Auswahl des geeigneten Polymers anhand der ihm allgemein bekannten Stoffeigenschaften, insbesondere der Schwindungseigenschaften der Polymere, vorzunehmen und in einigen wenigen Versuchen zu überprüfen, ob sich bei der jeweiligen Form des Hüllelementes und der weiteren Verfahrensgrößen die im Patentanspruch angegebene Mindestkontraktion einstellt.

4. Die gemäß Hauptantrag mit dem erteilten Patentanspruch 1 beanspruchte Vorrichtung ist dem zuständigen Fachmann durch die in der FR-B 2 452 657 gegebene Lehre nahegelegt.

a) Entgegen der Auffassung der Patentinhaberin ergibt sich aus den Merkmalen des Patentanspruchs 1 nicht die Lehre, daß die Enden der biegsamen Rohrleitungen "aus elastomerem Material" bestehen müssen. Zur Spezifikation des Materials für die Rohrleitungen enthält Patentanspruch 1 nämlich lediglich die Angabe, daß die Rohrleitungen "biegsam" oder, wie die Klägerin meint, "weich" sein sollen. Diese Eigenschaft weisen nicht nur Rohrleitungen aus einem Elastomer, sondern auch solche aus thermoplastischen oder sogar duroplastischen Kunststoffen aus. Denn wie jeder weiß, lassen sich beispielsweise aus Polyamid bestehende Rohrleitungen biegen und zB durch eine Schelle oder wie beim Streitpatent durch die Schrumpfung eines Hüllelementes so weit radial nach innen verformen, daß die Innenwand der Rohrleitung gegen das starre Innenrohr gedrückt wird und mit diesem eine reibschlüssige Verbindung bildet.

b) Die FR-B 2 452 657 offenbart eine Vorrichtung, bei der zwar lediglich eine einzige Rohrleitung 2 angeschlossen ist, die sich aber offensichtlich in gleicher Weise auch zum Verbinden zweier Rohrleitungen anbietet. Nach Patentanspruch 3 dieser Schrift besteht die Rohrleitung 2 aus einem Polyamid. Wie allgemein bekannt ist, sind die Wände derartiger Rohrleitungen nach innen verformbar und somit im Sinne des Streitpatentes "weich" oder "biegsam". Die Vorrichtung weist ein starres Innenrohr 5 aus Messing auf (aaO S 2, Z 15, 16). Das Ende der Rohrleitung 2 ist auf das starre Innenrohr 5 montiert (aaO S 2, Z 29 bis 31). Auf die Außenseite des Verbindungsbereiches ist ein Hüllelement 3 aufgebracht, das aus einem Polymermaterial, nämlich wie die Rohrleitung aus Polyamid besteht (aaO S 2, Z 15 bis 17). Zum Aufbringen des Hüllelementes wird das erweichte Polyamid unter Druck in eine entsprechende Gießform gebracht (aaO S 2, Z 31 bis 37). Allgemein gebräuchlich ist dabei die Zufuhr des plastifzierten Kunststoffes im Wege des Spritzgießens durch eine Düse. Vor allem im Kraftfahrzeugbereich wird als Polyamid bevorzugt das Polyamid 66 verwendet. Rohrleitungen aus Polyamid 66 weisen nämlich - wie beispielsweise aus einschlägigen DIN-Normen allgemein bekannt ist - nicht nur über den gesamten Temperaturbereich die höchsten zulässigen Betriebsdrücke der am Anmeldetag üblichen Polyamidarten auf, sondern zusätzlich den Beginn des Schmelzbereiches bei den höchsten Temperaturen. Um eine Verbindungsvorrichtung zu schaffen, die sich als zuverlässig und dauerhaft erweist und die hohen mechanischen Beanspruchungen gewachsen ist, zieht der zuständige Fachmann daher als erstes Polyamid 66 als Werkstoff für die Rohrleitung und damit auch für das Hüllelement in Betracht.

Wie die Patentinhaberin einräumt, weist Polyamid 66 eine Abkühlungs-Kontraktion auf, die in den mit dem Merkmal 5) des Patentanspruchs 1 beanspruchten Bereich fällt. Obwohl diese Eigenschaft des Werkstoffs bei der aus der FR-B 2 452 657 bekannten Vorrichtung nicht gezielt genutzt wird, ergibt sich nach dem Aufbringen des Hüllelementes aus Polyamid 66 auf das Rohrleitungsende zwangsläufig eine Abkühlungs-Kontraktion des Hüllelementes von mindestens 1%, so daß beim Abkühlen des Kunststoffes in der Gießform die Wandungen der Enden der Polyamid-Rohrleitung zwischen dem starren Innenrohr 5 und dem äußeren Hüllelement 3 durch Aufschrumpfen festgelegt sind.

5. Die Klägerin hat jedoch den Senat nicht davon überzeugen können, daß die mit dem Hilfsantrag beanspruchte Vorrichtung, deren Neuheit in der mündlichen Verhandlung nicht mehr bestritten wurde, dem zuständigen Fachmann durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik nahegelegt wird.

a) Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag durch die Ergänzung im Merkmal 3), daß die Enden der biegsamen Rohrleitungen "aus elastomerem Material" bestehen.

Die Aufnahme dieses Merkmals in den erteilten Patentanspruch 1 ist zulässig, da dadurch eine Beschränkung des Materials für die Rohrleitungswand von "biegsam" bzw "weich" auf die aus Sp 1, Z 24 bis 27 und Sp 4, Z 54 bis 58 der Streitpatentschrift entnehmbaren Elastomere erfolgt. Dieses Merkmal ist entgegen der Auffassung der Klägerin als zur Erfindung gehörig anzusehen, da an den beiden angeführten Zitatstellen übereinstimmend ausgeführt wird, daß unter den in den Merkmalen 1), 3) und 6) des Patentanspruchs 1 beanspruchten "weichen" oder "biegsamen" Rohrleitungen ("canalisation souple") vor allem solche zu verstehen sind, die aus einem Elastomer bestehen.

b) Aus der GB 633 351 ist eine Vorrichtung für die Verbindung einer Fluidrohrleitung 4 mit einem starren Innenrohr 5 bekannt. Die Wand der Fluidrohrleitung besteht aus einem weichen oder biegsamen elastomeren Material, nämlich aus einem Gummi oder gummiähnlichen Material (aaO S 3, Z 90 bis 91). Der Verbindungsbereich wird mit einem Hüllelement 17 umgossen (aaO Fig 3), das aus einem thermoplastischen Material besteht (aaO S 1, Z 9 bis 14). Zum Herstellen der Verbindung wird das starre Innenrohr mit dem darauf aufgezogenen Ende der Fluidrohrleitung in eine Gießform gebracht. Dann wird das Material für das Hüllelement als Granulat oder Pulver in die Form eingefüllt und unter Druck durch ein in der Wand der Form befindliches elektrisches Heizelement 9 erhitzt (aaO S 2, Z 113 bis S 3, Z 8 und S 4, Z 56 bis 59). Der Druck wird durch einen Ringkolben 6 erzeugt, der in den Formhohlraum verschoben wird. In der Form wird ein Druck erzeugt, der über dem zum Gießen erforderlichen Druck liegt. Dieser hohe Druck bewirkt, daß die Wand der Rohrleitung radial zusammengepreßt und auf der Verzahnung des Innenrohres festgelegt wird (aaO S 3, Z 87 bis 95). Gleichzeitig wird das Material für das Hüllelement in Nuten am Innenrohr und in Nuten 18 an der Außenseite der Rohrleitung gepreßt (aaO S 4, Z 60 bis 65). Insgesamt ergibt sich durch den hohen aufgebrachten Druck und das Umgießen des Verbindungsbereiches eine formschlüssige Verbindung sowohl zwischen dem Ende der Rohrleitung und dem starren Innenrohr als auch zwischen dem Hüllelement und einerseits dem starren Innenrohr bzw andererseits der Außenseite des Rohrleitungsendes.

Hier setzt die Lehre des Streitpatentes an. Danach kann nämlich auf diese bekannten formschlüssigen Verbindungen verzichtet werden, wenn aus der Vielzahl der insgesamt bekannten Polymere für das Hüllelement ein Polymer ausgewählt wird, dessen Kontraktion bei der Abkühlung nach dem Spritzgießen mindestens 1% des Ausgangsdurchmessers beträgt. Durch diese Kontraktion wird nach dem Streitpatent eine Anpreßkraft der Rohrleitung auf das starre Innenrohr erreicht, die für eine reibschlüssige Verbindung ausreicht. Zu dieser Weiterentwicklung gibt der im Verfahren befindliche Stand der Technik keine Anregung.

Wie vorstehend dargelegt, ist bei der GB 633 351 weder eine Festlegung der Rohrleitungsenden durch Aufschrumpfen des Hüllelementes angesprochen, noch eine reibschlüssige Verbindung angestrebt. Vielmehr wird das Rohrleitungsende zur Erzeugung einer formschlüssigen Verbindung bereits vor Anbringen des Hüllelementes auf dem Verbindungsbereich durch erheblichen Druck in der Form in Rillen auf dem Innenrohr gepreßt und dort anschließend vom Hüllelement gehalten, ohne daß es hierbei auf eine Abkühlungs-Kontraktion ankommt.

Bei der FR-B 2 452 657 besteht die Rohrleitung bereits nicht aus einem elastomeren Material. Dort erfolgt beim Gießen des Hüllelementes ein Aufweichen der aus Polyamid bestehenden Rohrleitungswand, so daß die Verformung dieser Wand erleichtert wird. Dieser Vorteil würde bei einer Rohrleitungswand aus einem Elastomer nicht mehr vorliegen, so daß der zuständige Fachmann davon abgehalten wird, das dort für die Rohrleitung verwendete Polyamid durch ein Elastomer zu ersetzen. Hinzu kommt, daß auch dort die Abkühlungs-Kontraktion weder angesprochen wird noch für den Fachmann erkennbar gezielt zur Verbindungsherstellung eingesetzt wird.

Entgegen der Auffassung der Klägerin sind auch der US 4 235 832 keine Anregungen in Richtung der Erfindung zu entnehmen.

Aus der US 4 235 832 ist ein Kabelstecker bekannt, bei dem ein Draht 8 in einer Bohrung 6 eines Steckkontaktes 2 befestigt ist (aaO Sp 1, Z 64 bis 67). Der Draht ist von einer Isolierhülle 10 umgeben, die bevorzugt aus einem gummihaltigen Material besteht (aaO Sp 1, Z 67 bis Sp 2, Z 3). Auf der Außenseite des Verbindungsbereiches ist eine Hülle angeordnet, die durch Gießen hergestellt wird. Bei dieser Schrift liegt das Problem vor, daß beim Gießen dieser Hülle Material, das in die Form eingebracht wird, im Bereich der Austrittsstelle des Drahtes wieder aus der Gießform nach außen austreten kann. Um dies zu vermeiden, ist an dieser Austrittsstelle eine Hülse 12 vorgesehen, die nach Art eines O-Ringes eine Abdichtung zwischen Draht und Gießform bewirkt (aaO Sp 2, Z 14, 15). Entgegen der Auffassung der Klägerin handelt es sich bei dieser Hülse jedoch nicht um eine starre Hülse sondern um einen Schrumpfschlauch, der bei Erwärmen auf seine ursprüngliche Form schrumpft und dabei die Isolierhülle an den Draht preßt (aaO Sp 2, Z 16 bis 21). Die dadurch bewirkte Abdichtung wird noch weiter verstärkt durch die Hülle, die beim Abkühlen nach dem Gießen schrumpft und zusätzlich von außen auf die Hülse drückt (aaO Sp 2, Z 46 bis 52).

Es kann dahinstehen, ob sich der zuständige Fachmann von einer elektrischen Steckverbindung Anregungen zu Lösungen auf dem Gebiet von Rohrleitungsverbindungen erhofft und er diese Druckschrift überhaupt in Betracht zieht. Selbst wenn er diese Druckschrift in seine Überlegungen einbezieht, können von ihr keine Anregungen zur beanspruchten Lösung ausgehen. Denn diese Druckschrift zeigt lediglich, daß thermoplastische Materialien beim Abkühlen - wie dem Fachmann ohnehin beispielsweise aus dem Buch von Menges/Mohren, S 219, Tafel 28 allgemein bekannt ist - schrumpfen und daß sich dieser Effekt zur Erhöhung der Dichtwirkung nutzen läßt. Es fehlt jedoch jeder Hinweis, daß sich auf diese Weise eine Verbindung für Rohrleitungen allein durch Reibschluß herstellen läßt. Bei diesem Kabelstecker ist der Draht fest mit dem Steckkontakt verbunden. Zusätzliche Maßnahmen zur Übertragung von Axialkräften sind daher nicht erforderlich. Dies steht im Gegensatz zum Streitpatent, bei dem nicht miteinander verbundene Anschlußteile zusammengehalten werden müssen und es somit gerade auf eine zuverlässige Übertragung von Axialkräften ankommt.

Die weiteren von der Klägerin angeführten Druckschriften spielten in der mündlichen Verhandlung keine Rolle. Sie können offensichtlich noch weniger als die vorstehend abgehandelten Druckschriften zur beanspruchten Vorrichtung anregen, da bei keiner die Kontraktion eines plastifizierten Kunststoffes bei seiner Abkühlung angesprochen wird. In der FR 1 488 316 ist nämlich lediglich die Herstellung eines T-Stücks gezeigt, ohne daß die Befestigung der Enden von Rohrleitungen an diesem T-Stück erläutert wird. Die US 3 847 694 zeigt das Einkleben von Rohrleitungsenden in ein Verbindungsstück und die direkte Verklebung von Rohrleitungsenden miteinander.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs 2 PatG iVm § 92 Abs 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs 1 PatG iVm § 709 ZPO.

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BPatG:
Urteil v. 07.03.2001
Az: 4 Ni 18/00


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