Oberlandesgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 9. September 2009
Aktenzeichen: I-26 W 13/06 (AktE)
(OLG Düsseldorf: Beschluss v. 09.09.2009, Az.: I-26 W 13/06 (AktE))
§§ 327 a Abs. 1, 327 b Abs. 1, 327 f AktG, § 28 Abs. 2 FGG, § 12 Abs. 2 SpruchG
Für den Börsenwert als Mindestwert einer Abfindung, die Aktionäre für ihr Ausscheiden im Rahmen eines Squeezeout erhalten, ist ein nach Umsätzen gewichteter Durchschnittskurs in einem Referenzzeitraum von drei Monaten vor Bekanntgabe der Maßnahme zugrunde zu legen.
Tenor
Die Beschwerdesache wird dem Bundesgerichtshof gemäß §§ 12 Abs. 2 Satz 2 SpruchG, 28 Abs. 2 und 3 FGG zur Entscheidung vorgelegt.
Gründe
I.
Die Antragsgegnerin war Hauptaktionärin, die Antragsteller Minderheitsaktionäre der S. AG. Am 30.4.2003 beschloss die außerordentliche Hauptversammlung der S. AG die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Antragsgegnerin gegen Gewährung einer Barabfindung in Höhe von 295 Euro pro Stückaktie. Der Übertragungsbeschluss wurde am 6.4.2005 in das Handelsregister eingetragen. Die Bekanntmachung der HR-Eintragung erfolgte am 16.4.2005 im Bundesanzeiger und in verschiedenen Tageszeitungen, zuletzt am 2.5.2005 im "Handelsblatt".
Gegenstand des in Deutschland und weiteren europäischen Ländern aktiven Unternehmens war die Herstellung und der Vertrieb von Kakao, Schokoladenerzeugnissen, Zuckerwaren, Nahrungs- und Genussmitteln und anderen Waren sowie die Beteiligung an Unternehmen. Das Grundkapital der S. AG betrug 20.500.000 Euro und war in 800.000 Inhaber-Stückaktien aufgeteilt. Am 30.4.2003 hielt die Antragsgegnerin 98,656% der Aktien, die übrigen 10.754 Aktien befanden sich im Streubesitz. Die Aktien waren zum Handel mit amtlicher Notierung an den Wertpapierbörsen in Düsseldorf und Frankfurt am Main zugelassen.
Die Mehrheit der S.-Aktien (96,1%) wurde bis zum 26.4.2002 von der J. Holding GmbH (528.789 Aktien) und der gemeinnützigen J. Stiftung (239.999 Aktien) gehalten. Diese beiden Hauptaktionäre hatten sich mit Vertrag vom 26.4.2002 verpflichtet, die Aktien auf die Antragsgegnerin zu übertragen, was dann am 5.8.2002 erfolgte. Den verbliebenen Aktionären unterbreitete die Antragsgegnerin am 17.9.2002 gemäß § 35 Abs. 2 Satz 2 WpÜG das öffentliche Pflichtangebot auf Übernahme ihrer Aktien gegen Zahlung von 295 Euro je Aktie. Dieses Angebot wurde von einem Teil der Aktionäre angenommen. Bis zum Ablauf der Annahmefrist am 17.10.2002 erhöhte sich so der Anteil der Antragsgegnerin am Grundkapital auf 98,656%.
Ebenfalls am 17.9.2002 gab die Antragsgegnerin öffentlich bekannt, dass sie eine Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf sich beabsichtige. Mit der Ermittlung des Unternehmenswerts der S. AG beauftragte sie die F. GmbH. Mit Beschluss vom 18.9.2002 hat das Landgericht die T. oHG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zum sachverständigen Prüfer über die Angemessenheit der Barabfindung für den beabsichtigten Ausschluss der Minderheitsaktionäre der S. AG bestellt (§§ 327 c Abs. 2, 293 c Abs. 1 S. 3 - 5, 293 d AktG).
In dem Bericht der Antragsgegnerin vom 21.3.2003 war auf Basis des Bewertungsgutachtens der F. GmbH vom 13.3.2003 ein Ertragswert je Aktie von 93,65 Euro ermittelt worden. Ungeachtet dieses Wertes legte die Antragsgegnerin im Übertragungsbericht die Barabfindung gemäß § 327 b AktienG auf 295 Euro fest, um
"die Position der Minderheitsaktionäre gegenüber dem Pflichtangebot gemäß § 35 Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz vom 17.09.2002 nicht zu verschlechtern und durch ein großzügiges Angebot Diskussionen über die Angemessenheit der Barabfindung zu vermeiden."
Der sachverständige Prüfer war in seinem Prüfbericht vom 21.3.2003 zu dem Ergebnis gekommen, dass die von der Antragsgegnerin festgelegte Barabfindung in Höhe von 295 Euro je Aktie angemessen sei. Auch der Ertragswert je Aktie in Höhe von 93,65 Euro sei nicht zu beanstanden, wenn er auch - da deutlich unter dem Börsenkurs - möglicherweise nicht allein wertbestimmend sein könne.
Die umsatzgewichteten Durchschnittsbörsenkurse betrugen:
Durchschnittsbörsenkurs im 3-Monatszeitraum vor dem 6.8.2002 (§ 5 WpÜG-Angebotsverordnung, Zeitraum vor Übernahme der Anteile der Mehrheitsaktionäre) 294,53 Euro, gerundet 295 Euro Durchschnittskurs 3-Monatszeitraum vor dem 17.9.2002 (Bekanntgabe der Squeezeout-Absicht) 275,09 Euro, gerundet 275 Euro Durchschnittsbörsenkurs im 3-Monatszeitraum vor dem Tag der Hauptversammlung am 30.4.2003 308,86 Euro, gerundet 309 Euro
Im Rahmen einer gegen die S. AG gerichteten Anfechtungsklage bot die Antragsgegnerin den Aktionären später eine Barabfindung von 395 Euro je Aktie unter der Bedingung an, dass die annehmenden Aktionäre auf die Durchführung eines Spruchverfahrens verzichteten.
Die Antragsteller halten die im Rahmen des Squeezeouts angebotene Barabfindung von 295 Euro für zu gering.
Sie haben in erster Instanz vorgetragen, der Bericht der Antragsgegnerin, das Bewertungsgutachten F. und der Prüfbericht des sachverständigen Prüfers seien ohne Aussagekraft. Wesentliche wertbestimmende Parameter seien nicht oder unzutreffend behandelt. So sei der Kapitalisierungszinssatz überhöht, ebenso der gewählte Basiszins von 5,5% und der Risikozuschlag von 4,96% bzw. 4,9% für das Geschäftsjahr 2002/2003 (Marktrisikoprämie 5%, Beta-Faktor 0,991, Beta-Faktor 2002/2003 0,98). Auch sei der Wachstumsabschlag mit 0,5% zu niedrig angesetzt worden. Es sei nicht plausibel, dass kein nicht betriebsnotwendiges Vermögen vorhanden gewesen sein soll. Pensionsverpflichtungen seien zu hoch und die Verrechnungspreise zwischen den verschiedenen Konzerngesellschaften unzutreffend berechnet worden. Im Übrigen seien keine Sonderwerte für die ertragsstarken Marken berücksichtigt worden. Die als Vergleich angebotene Abfindung in Höhe von 395 Euro schließe die Durchführung des Spruchverfahrens nicht aus und lasse das Rechtschutzbedürfnis für einen Antrag im Spruchverfahren nicht entfallen.
Die Beschwerdeführer haben in erster Instanz beantragt,
gemäß § 327 f. AktG in Verbindung mit § 1 Nr. 3 SpruchG die Barabfindung für die ausgeschiedenen Aktionäre wegen der zwangsweisen Übertragung ihrer Aktien an die Antragsgegnerin zu erhöhen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat zunächst die Antragsberechtigung der Antragsteller in Frage gestellt. Die vorgelegten Urkunden belegten nicht die Aktionärsstellung bei Wirksamwerden des Übertragungsbeschlusses. Zudem seien die Anträge unbegründet. Die weit über dem ermittelten Ertragswert von 93,65 Euro liegende nachträglich erhöhte Abfindung von 395 Euro sei angemessen. Nach der Erhöhung der Abfindung im Anfechtungsverfahren um 100 Euro auf 395 Euro bestehe kein Rechtschutzbedürfnis mehr, ein Spruchverfahren durchzuführen.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 10.3.2006 die Nachprüfungsanträge zurückgewiesen. Da die Antragsgegnerin allen Aktionären nachträglich im Anfechtungsverfahren eine Abfindung in Höhe von 395 Euro angeboten habe, sei auch im Spruchverfahren für die Frage der Angemessenheit der Barabfindung auf den Betrag von 395 Euro und nicht auf den im Übertragungsbericht angebotenen Wert von 295 Euro abzustellen. Eine Abfindung von 395 Euro sei angemessen.
Es könne offen bleiben, ob der Ertragswert von 93,65 Euro zutreffend ermittelt worden sei. Jedenfalls sei bei der Wertermittlung von zutreffenden Prämissen und Zinssätzen ausgegangen worden. Die Kammer könne auch ohne einen gerichtlich bestellten Sachverständigen mögliche Auswirkungen durch Veränderungen der Zins- oder Ertragsparameter selbst beurteilen. So ergäbe sich selbst wenn man die Kapitalisierungszinssätze um die Hälfte reduzieren würde ein Unternehmenswert auf Basis des Ertragswertverfahrens für jede Aktie in Höhe von 246,73 Euro. Auch wenn die Pensionsverpflichtungen nicht berücksichtigt würden, errechne sich mit 350,33 Euro ein Wert je Aktie, der deutlich niedriger als die im Anfechtungsverfahren angebotene Abfindung von 395 Euro sei. Im Übrigen lägen auch keine Anhaltspunkte vor, die auf nicht betriebsnotwendiges Vermögen hinwiesen. Die im Anfechtungsverfahren angebotene Abfindung von 395 Euro läge auch deutlich über dem 3-Monats-Durchschnittskurs vor der Hauptverhandlung vom 30.4.2003. Die Vorlage von Arbeitsunterlagen könnten die Antragsteller nicht verlangen. Es entspreche auch der Billigkeit, dass die Antragsteller sämtliche gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten trügen. So sei es auch für Laien zu erkennen gewesen, dass die Anträge unbegründet gewesen seien.
Gegen den Beschluss des Landgerichts haben die Antragsteller zu 5., 6. und 7. fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt. Auf den Hinweis des Gerichts, dass die Beschwerde der Antragstellerin zu 4. verspätet eingegangen sei, hat die Antragstellerin zu 4. in der mündlichen Verhandlung vom 16. April 2008 ihre Beschwerde zurückgenommen.
Der Antragsteller zu 7. macht geltend, dass das Landgericht zu Unrecht auf die im Anfechtungsverfahren angebotene Abfindung von 395 Euro abgestellt habe. So habe die angebotene Abfindung unter der Bedingung des Verzichts auf die Einleitung eines Spruchverfahrens gestanden. Das Landgericht hätte daher die gemäß § 327a AktG angebotene Abfindung in Höhe von 295 Euro überprüfen müssen. Auch die tenorierte Zurückweisung der Anträge beziehe sich nur auf eine Abfindung von 295 Euro. Die Informationsgrundlage für die Minderheitsaktionäre sei nicht ausreichend gewesen. Das Landgericht habe im Übrigen die konkret benannten Kritikpunkte an der vorgenommen Unternehmensbewertung übergangen. Die Kosten habe die Antragsgegnerin zu tragen, weil diese die Minderheitsaktionäre nur unzureichend informiert habe.
Diese Begründung hat sich die Antragstellerin zu 5. mit einem zwei Tage nach Ablauf der bis zum 14. Juni 2006 verlängerten Begründungsfrist eingegangenen Schriftsatz zu eigen gemacht, die Antragstellerin zu 6. hat ihre Beschwerde nicht begründet.
Nachdem der Senat mit Beschluss vom 17.11.2008 die Beteiligten darauf hingewiesen hatte, dass er es für sachgerecht halte, für den relevanten Börsenkurs nicht auf einen Referenzzeitraum von drei Monaten vor der Hauptversammlung, sondern auf den gewichteten Börsenkurs im 3-Monatszeitraum vor der Bekanntgabe der Maßnahme abzustellen, haben die Antragsteller zu 5. und 7. dieser Auffassung widersprochen. Sie möchten auf den Hauptversammlungstermin abstellen. Nur dann sei eine ausreichende Nähe zum Bewertungsstichtag gegeben. Ansonsten bestünde die Möglichkeit, dass die Antragsgegnerin den Börsenkurs manipulieren könne. So könne der Vorstand von der Selbstbefreiung bei Adhoc-Publikationen Gebrauch machen und drei Monate lang "abtauchen". Der 3-Monatszeitraum teile sich im Übrigen im Regelfall in zwei 6-Wochen-Perioden auf, eine erste, in der die Maßnahme noch nicht bekannt sei und eine zweite, in der der Kapitalmarkt von der beabsichtigten Maßnahme Kenntnis habe.
Die Antragsteller zu 5., 6. und 7. beantragen,
die aus Anlass der Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der S. AG auf den Hauptaktionär und Antragsgegnerin gemäß §§ 327 a ff. AktG gewährende Barabfindung für die übernommenen Aktien der S. AG auf einen höheren Betrag als den im Übertragungsbeschluss festgelegten Betrag von 295 Euro je Aktie festzusetzen.
Der Vertreter der außenstehenden Aktionäre hat keinen Antrag gestellt.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerden der Antragstellerinnen zu 5. und 6. als unzulässig zu verwerfen und die Beschwerde des Antragstellers zu 7. zurückzuweisen.
Sie meint, dass die Beschwerden der Antragstellerinnen zu 5. und 6. bereits unzulässig seien. Die Antragstellerin zu 6. habe ihre sofortige Beschwerde nicht begründet, nicht einmal durch Verweisung auf fremde Schriftsätze. Auch die Antragstellerin zu 5. habe keine ordnungsgemäße Beschwerdebegründung vorgelegt. Die bloße Bezugnahme auf die Beschwerdebegründung des Antragstellers zu 7. sei zudem erst zwei Tage nach Ablauf der bereits verlängerten Begründungsfrist erfolgt.
Im Übrigen seien die Beschwerden unbegründet. Das Landgericht sei zutreffend von einem Abfindungsbetrag in Höhe von 395 Euro ausgegangen. Das Vergleichsangebot von 395 Euro je Aktie habe sich im aktienrechtlichen Anfechtungsverfahren ausdrücklich an alle Minderheitsaktionäre, also auch an die nicht am Anfechtungsverfahren beteiligten Aktionäre, gerichtet und sei in verschiedenen Medien veröffentlicht worden. Es fehle daher das Rechtschutzbedürfnis für die Durchführung eines Spruchverfahrens, weil die Minderheitsaktionäre auf einfachere Weise eine höhere Abfindung hätten erhalten können. Die Einleitung des Spruchverfahrens durch die Antragsteller sei daher rechtsmissbräuchlich. Ferner habe der Wert je Aktie auch nur 93,65 Euro betragen. Der Börsenkurs sei nicht aussagekräftig, weil eine Marktenge und geringe Handelsvolumina vorgelegen hätten. Es sei nicht nachgewiesen, dass der Börsenwert zum Hauptversammlungstermin den wahren Wert des Unternehmens widerspiegle. Die Feststellungslast trügen insoweit die Antragsteller.
Ferner sei fraglich, ob überhaupt auf den Börsenkurs in einem 3-Monats-Zeitraum vor der Hauptversammlung abgestellt werden könne. So beeinflusse das Abfindungsangebot unmittelbar den Börsenkurs und der Kurs werde regelmäßig auf den - garantierten, also risikolos zu erzielenden - Abfindungsbetrag als Mindestwert steigen. Der Börsenkurs werde so durch das Abfindungsangebot selbst bestimmt. Es sei ferner aus berechnungstechnischer Sicht wenig sinnvoll auf den Zeitraum vor der Hauptversammlung abzustellen. So müsse der Abfindungsbetrag in der Einladung zur Hauptversammlung genannt werden. Zu diesem Zeitpunkt sei aber der 3-Monatszeitraum für die Berechnung des Durchschnittsbörsenkurses noch nicht abgelaufen. Es sei daher kaum möglich, ein späteres Spruchverfahren zu vermeiden. Auch verfassungsrechtlich sei es nicht geboten, auf den Hauptversammlungstermin abzustellen. Unabhängig von der Frage, auf welchen Zeitpunkt abzustellen sei, sei der Börsenwert jedenfalls nach den gewichteten Börsenkursen in einem Dreimonatszeitraum zu ermitteln.
Der Senat hat in der Sitzung vom 16.4.2008 B., der als Mitarbeiter der T. oHG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft das Gutachten erstellt hatte, angehört. Der Sachverständige hat in der Sitzung die Ermittlung des Unternehmenswertes erläutert und zu den vorgetragenen Einwänden gegen die Bewertungsparameter Stellung genommen. Die Antragsteller haben daraufhin erklärt, dass die aufgeworfenen Fragen zur Ertragswertberechnung nunmehr erschöpfend beantwortet seien.
Mit Beschluss vom 25.6.2008 hat der Senat dem Sachverständigen B. aufgegeben, die relevanten Durchschnittsbörsenkursen zu ermitteln (Börsenkurse, Handelsvolumina, Kriterien Marktenge). Der Sachverständige B. hat dann am 17.7.2008 ergänzend Stellung genommen und die oben bereits genannten umsatzgewichteten Börsenkurse im jeweiligen 3-Monatszeitraum ermittelt (vor dem 6.8.2002, vor Bekanntgabe der Squeezeout-Absicht am 17.9.2002 und vor der Hauptversammlung am 30.4.2003). Der Sachverständige ist für keinen der drei Zeitpunkte zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Marktenge vorgelegen habe, weil die Anzahl der Börsentage ohne Handel gering (zwischen 5% und 11% der Handelstage) gewesen und die sich im Streubesitz befindlichen Aktien in erheblichem Umfang umgeschlagen worden seien (zwischen 64% und 97% der Aktien im jeweiligen 3-Monatszeitraum). Auch sei es in den relevanten Zeiträumen kaum zu Kurssprüngen gekommen.
B.
Die Beschwerdesache ist bzgl. der Frage, auf welchen Referenzzeitraum für die Bestimmung des maßgeblichen Börsenkurses abzustellen ist, dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorzulegen.
I.
Die Frage, welcher Referenzzeitraum für die Bestimmung des relevanten Börsenkurses maßgeblich ist, ist entscheidungserheblich. Der Ausgang des Verfahrens hängt hier davon ab, welcher Durchschnittskurs zugrunde gelegt wird.
Stellt man auf einen gewichteten 3-Monatskurs vor der Hauptversammlung am 30.4.2003 ab, ergäbe sich ein Abfindungsanspruch in Höhe von mindestens 309 Euro, der 14 Euro über der angebotenen Abfindung läge, und die Beschwerden der Antragsteller wären begründet.
Stellt man hingegen auf einen 3-Monats-Durchschnittskurs vor Bekanntgabe der Squeezeout-Absicht ab, ergäbe sich ein Mindestwert von 275 Euro, bei einem 3-Monatszeitraum vor dem 6.8.2002 von 295 Euro. Die angebotene Abfindung von 295 Euro entspräche dann mindestens dem ermittelten Börsenkurs, mit der Folge, dass die Anträge der Antragsteller unbegründet wären.
Diese drei hier in Betracht kommenden Börsenkurse sind auch aussagekräftig und damit relevant (siehe unten Ziffer B. I. 4. b).
1.
Die Beschwerden sind zulässig.
Der Umstand, dass die Antragstellerinnen zu 5. und 6. ihre Beschwerden nicht begründet bzw. nur auf Schriftsätze eines anderen Antragstellers verwiesen haben, führt nicht zur Unzulässigkeit der beiden Beschwerden. Es ist im Spruchverfahren nicht erforderlich, Beschwerden zu begründen (vgl. Veil in Spindler/Stilz, AktG 2007, § 12 SpruchG, Rdnr. 5, 10).
2.
Soweit die Antragsteller erst- und zweitinstanzlich geltend gemacht haben, die Ertragswertermittlung sei fehlerhaft, hat der Senat in der Sitzung vom 16.4.2008 den Sachverständigen B. angehört. Nach dessen Anhörung hat der Senat keine Anhaltspunkte, dass die für die Ertragswertberechnung zugrunde gelegten Parameter, etwa der Kapitalisierungszinssatz oder die Bewertungsansätze, unzutreffend oder unangemessen sein könnten. Auch die Antragsteller haben insoweit keine Einwände mehr geltend gemacht. Es ist daher von einem nach dem Ertragswertverfahren berechneten Wert je Stückaktie von 93,65 Euro auszugehen.
3.
Hier ist im Spruchverfahren die angebotene Abfindung von 295 Euro zu überprüfen und nicht das um 100 Euro höhere Vergleichsangebot aus dem Anfechtungsverfahren.
Das Landgericht geht unzutreffend davon aus, dass im vorliegenden Spruchverfahren die im Anfechtungsverfahren angebotene Abfindung von 395 Euro maßgeblich sei. Die Abfindung nach § 327a AktG darf nicht an weitere, über die gesetzlichen Voraussetzungen hinausgehende Bedingungen geknüpft werden. Dies wäre aber der Fall, wenn man auf eine Abfindung von 395 Euro abstellen würde. So stand die um 100 Euro höhere Abfindung unter der Bedingung, kein Spruchverfahren durchzuführen. Außerdem hatten die Minderheitsaktionäre bei Annahme des Angebots auf eine im einem Spruchverfahren festgesetzte Barabfindung zu verzichten, soweit diese einen Betrag von 295 Euro überschreiten sollte (Seite 3 oben des Vergleichs). Es handelte sich daher lediglich um ein Vergleichsangebot der Antragsgegnerin. Eine Verpflichtung dieses anzunehmen, bestand nicht. So waren auch die Beschwerdeführer nicht an dem Vergleichsabschluss beteiligt. Die Antragsteller sind daher nicht daran gehindert, ein Spruchverfahren einzuleiten und den angebotenen Abfindungsbetrag von 295 Euro gerichtlich überprüfen zu lassen (vgl. auch zu einem ähnlichen Sachverhalt OLG Stuttgart, AG 2007, 596, 597 f.).
4.
Es ist anerkannt, dass die Abfindung nicht ohne Rücksicht auf den Börsenkurs festgesetzt werden darf und einem Minderheitsaktionär im Regelfall mindestens der Börsenwert als Abfindung anzubieten ist.
a)
Die ausgeschlossenen Minderheitsaktionäre haben gemäß §§ 327a Abs. 1 Satz 1, 327b Abs. 1 Satz 1 AktG Anspruch auf eine angemessene Barabfindung, die dem ausscheidenden Aktionär eine volle Entschädigung für seine Beteiligung an dem arbeitenden Unternehmen verschafft; die Entschädigung muss dem vollen Wert seiner Beteiligung entsprechen (BVerfG, NJW 1999, 3769, 3770; BGH NJW 2001, 2080, 2081; BGH NJW 2003, 3272, 3273; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.7.2009, Az. I - 26 W 1/08 AktE "Exide GmbH"; OLG Düsseldorf, AG 2008, 498). Als Untergrenze für die Höhe der Barabfindung ist der Börsenwert heranzuziehen; der Aktionär soll nicht weniger erhalten, als er bei einer Veräußerung am Markt erhalten hätte (BVerfG, NJW 2007, 828, 828; BVerfG, NJW 1999, 3769, 3771; BGH NJW 2001, 2080, 2082).
b)
Im vorliegenden Fall ist der Börsenkurs für die Bestimmung der Höhe der Abfindung auch relevant. Umstände, etwa eine besondere Marktenge der gehandelten Aktien, die den Börsenkurs verfälschen könnten, liegen nicht vor.
Der Senat teilt die Auffassung des sachverständigen Prüfers B., dass ein Anteil der im Streubesitz befindlichen Aktien von weniger als fünf Prozent allein keine Marktenge begründen kann. Dies würde in Squeezeout-Verfahren mit Blick auf die 95%-Grenze dazu führen, dass die Börsenkurs-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts faktisch nicht anwendbar wäre. Auch der Bundesgerichtshof hat deutlich gemacht, dass nicht schematisch auf einen bestimmten Prozentsatz noch frei handelbarer Aktien abgestellt werden kann (BGH, NJW 2001, 2080, 2083 (DAT/Altana)).
Der Sachverständige B. hat in seinem Gutachten vom 17.7.2008 im Übrigen nach Überzeugung des Senats detailliert und zutreffend nachgewiesen, dass hier ein aussagekräftiger Handel mit den Aktien der S. AG vorgelegen hat (vgl. zur Marktenge bereits: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.1.2003, AG 2003, 329; OLG Düsseldorf, AG 2007, 325; zu eng insoweit: BVerfG, NJW 1999, 3769, 3772 (DAT/Altana)). Auch die Antragsgegnerin macht nach Vorlage des Gutachtens nicht mehr geltend, dass eine Marktenge vorgelegen habe, sondern meint im Wesentlichen, dass der Durchschnittskurs 3 Monate vor der Hauptversammlung durch Abfindungserwartungen beeinflusst worden sei.
II.
Der Senat möchte bei der Entscheidung, auf welchen Referenzzeitraum für die Ermittlung des relevanten Börsenkurses abzustellen ist, von der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofes abweichen.
1.
Der Senat hält es nicht für sachgerecht, an einem Referenzzeitraum von drei Monaten vor der Hauptversammlung festzuhalten. Vielmehr ist nach Überzeugung des Senats auf einen gewichteten Durchschnittsbörsenkurs in einem 3-Monats-Zeitraum vor der Bekanntgabe der Squeezeout-Entscheidung abzustellen (so bereits: Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 13.3.2008, AG 2008, 498).
Der Senat schließt sich daher der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart zu dieser Frage an (Vorlagebeschluss vom 16.2.2007, NZG 2007, 302; ebenso KG NZG 2007, 71 = ZIP 2007,75). Das vom Oberlandesgericht Stuttgart eingeleitete Vorlageverfahren ist nicht zu Ende geführt worden, weil die Beschwerden zurückgenommen worden waren. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat in dem späteren Beschluss vom 14.2.2008 (AG 2008, 783) deutlich gemacht, dass es an seiner Rechtsauffassung weiterhin festhalte (OLG Stuttgart, AG 2008, 783, Rdnr. 40 ff. zit. nach Juris; vgl. dazu: Pluskat, NZG 2008, 10). Es hat aber im Februar 2008 von einer erneuten Vorlage an den Bundesgerichtshof abgesehen, weil die Rechtsfrage im dort zu entscheidenden Fall nicht entscheidungserheblich gewesen war. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart sei der Durchschnittskurs vor der Hauptversammlung nicht aussagekräftig gewesen, weil eine Marktenge vorgelegen habe (hohe Volatilität bei marginalem Handel: 0,1% der ausstehenden Aktien wurden an weniger als einem Drittel aller Handelstage gehandelt). Hilfsweise hat das Oberlandesgericht Stuttgart dann auf den Durchschnittsbörsenkurs vor der Bekanntgabe der Entscheidung abgestellt (OLG Stuttgart, AG 2008, 783, Rdnr. 36 zit. nach Juris).
Bereits das Bundesverfassungsgericht hatte in der DAT/Altana-Entscheidung klargestellt, dass nicht zwingend auf den Börsenkurs zum Bewertungsstichtag abzustellen sei (BVerfG, NJW 1999, 3769, 3772). Das Bundesverfassungsgericht hatte gesehen, dass im Hinblick auf die Einberufungsfrist zur Hauptversammlung, die Gefahr besteht, dass Minderheitsaktionäre den Börsenkurs auf Kosten des Mehrheitsaktionärs in die Höhe treiben könnten (BVerfG, NJW 1999, 3769, 3772). In der Entscheidung vom 29.11.2006 stand dann eine Missbrauchsgefahr durch die Obergesellschaft im Vordergrund, weil der Börsenkurs nach Bekanntgabe der Maßnahme gesunken war (BVerfG, NJW 2007, 828, 829).
Das Bundesverfassungsgericht hat es daher ausdrücklich für zulässig erachtet, auf einen Durchschnittskurs im Vorfeld der Bekanntgabe abzustellen, um einen Missbrauch beider Seiten zu begegnen (BVerfG, NJW 1999, 3769, 3772). Es hatte nach Prüfung der Gesamtumstände sogar festgestellt, dass "die Börsenkurse jedenfalls bis zur Bekanntmachung des beabsichtigten Unternehmensvertrages den echten Verkehrswert widerspiegelten" (BVerfG, NJW 1999, 3769, 3772 a. E. (DAT/Altana)).
Der Bundesgerichtshof hat dann in der Entscheidung vom 12.3.2001 (ZIP 2001, 734, (DAT/Altana)) einen auf den Stichtag bezogenen Durchschnittskurs für sinnvoll gehalten, wobei eine größtmögliche Nähe zum Stichtag gewahrt werden müsse. Das Gericht hatte daher auf einen Zeitraum von drei Monaten vor der Hauptversammlung abgestellt. Es könne zwar nicht ausgeschlossen werden, dass der Börsenkurs durch die Erwartung positiver Synergieeffekte beeinflusst werde. Eine Berücksichtigung derartiger Effekte sei aber nicht ausgeschlossen.
Die Literatur sieht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Referenzzeitraum kritisch und befürwortet überwiegend eine Frist von drei Monaten vor Bekanntgabe der Maßnahme (Veil in Spindler/Stilz, AktG, 2007, § 305, Rdnr. 54; Hüffer, AktG, 8. A., 2008, § 305, Rdnr. 24e; Emmerich-Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 5. A., 2008, § 305, Rdnr. 47b/c; Koppensteiner in Kölner Kommentar, AktG, 3. A., § 305, Rdnr. 104; Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 5. Auflage, S. 316, Rdnr. 1078 ff.; Just/Lieth, NZG 2007, 444; Kocher/Widder, Der Konzern 2007, 351; Winter, EWiR 2007, 235; Wilsing/Goslar, EWiR 2007, 225; Bungert, BB 2001, 1163, 1166; Meilicke-Heidel, DB 2001, 973, 974; Puszkajler, BB 2003, 1692, 1694; E. Vetter, DB 2001, 1347, 1349 ff.; aus ökonomischer Sicht: Weber, ZGR 2004, 280, 284 ff.; vgl. auch die Nachweis in OLG Stuttgart, NZG 2007, 302).
Maßgebliche Gründe sprechen dagegen, auf den Durchschnitts-Börsenkurs in einem Zeitraum von drei Monaten vor der Hauptversammlung abzustellen.
So kann bei der Erstellung des Übertragungsberichts der relevante Börsenkurs noch nicht sicher ermittelt werden, weil er zum Zeitpunkt der Erstellung des Übertragungsberichts wegen der zu beachtenden Einberufungsfrist (§ 123 Abs. 1 AktG) noch nicht feststehen kann. Im Zeitraum zwischen dem Übertragungsbericht und der Hauptversammlung können die Börsenkurse durch bestimmte Umstände steigen oder sinken, auch wenn ein Sinken die Ausnahme sein dürfte (OLG Stuttgart NZG 2007, 302, 304). Die Festlegung eines korrekten Abfindungsbetrages durch die Hauptversammlung ist so kaum möglich und provoziert gerichtliche Auseinandersetzungen.
Auch hier erfolgte die Bewertung des Unternehmens anhand der Daten, die zum 13.3.2003, also rund eineinhalb Monate vor der Hauptversammlung, vorlagen. Mathematisch werden die Daten dann auf den späteren Bewertungsstichtag "hochgerechnet". Es ist wenig plausibel, warum nicht auch für die Ermittlung des Börsenkurses auf die zum Ende der Bewertungsarbeiten vorhandene Faktenlage zurückgegriffen werden sollte.
Stellt man auf den Zeitraum vor der Hauptversammlung ab, der ganz oder zumindest zu einem erheblichen Teil nach der Bekanntmachung liegt, besteht eine Missbrauchsgefahr, die nach verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung gerade vermieden werden soll (BVerfG, NJW 1999, 3769, 3772; vgl. auch BGH, NJW 2001, 2080, 2082). Beim Squeezeout, der eine Aktienmehrheit des Hauptaktionärs von mindestens 95 Prozent voraussetzt, stehen nur wenige Aktien für den Handel zur Verfügung, weshalb bereits eine vergleichsweise geringe Nachfragemacht und Spekulationen weniger Aktionäre zu starken Kursanstiegen führen können.
Unabhängig von der Gefahr eines Missbrauchs wird der Börsenkurs durch die Bekanntgabe der Maßnahme und insbesondere durch die Bekanntgabe der zu erwartenden Abfindung nachhaltig beeinflusst (dazu insbesondere Weber, ZGR 2004, 280, 284 ff.; KG ZIP 2007, 75, 77; Hüffer, AktG, 8. A., 2008, § 305, Rdnr. 24e; Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 5. Auflage, S. 316, Rdnr. 1079; Bungert BB 2001, 1163, 1165). Hierbei handelt es sich um auf der Hand liegende Marktmechanismen, die typischerweise nicht mit Synergieeffekten, sondern mit bloßen Abfindungserwartungen zusammen hängen (OLG Stuttgart NZG 2007, 302, 304). So werden nach Bekanntgabe Aktien oftmals nicht nur mit Blick auf die zu erwartende Barabfindung, sondern auch mit Blick auf eine möglicherweise durch einen Vergleich höhere erzielbare Abfindung erworben. Dies wirkt sich naturgemäß auf die Höhe des Kurses aus, ohne Ausdruck des wirtschaftlichen Potentials des Unternehmens und damit des ihm innewohnenden Ertragswerts zu sein. So pendelt sich der Kurs nach Bekanntgabe des Abfindungsbetrages wie vorliegend geschehen und zwangsläufig - auf einen darüber liegenden Börsenkurs ein, weil der sichere Sockel für einen Abfindungsbetrag als Mindestbetrag im Raum steht, verbunden mit der Hoffnung auf einen etwas höheren Betrag im Wege eines Spruchverfahrens (OLG Stuttgart NZG 2007, 302, 304). Stellt man auf einen Aktienkurs nach Bekanntgabe der Maßnahme ab, richtet sich die "angemessene Abfindung" zirkelschlussartig nach dem Börsenkurs, der sich seinerseits an der angebotenen Abfindung orientiert (Pluskat NZG 2008, 365, 366).
Dieser Effekt zwingt einen Hauptaktionär, der ein Jahre dauerndes Spruchverfahren vermeiden möchte, zur Bekanntgabe eines deutlich über dem Kurs liegenden Barabfindungsbetrages. Nur dann, wenn der Betrag deutlich über dem Kurs der vergangenen Monate liegt, besteht die Chance, dass die Abfindung trotz des nachfolgenden Hochschnellens des Kurses höher als der Durchschnittskurs der letzten drei Monate vor dem Übertragungsbeschluss ist. Dies im Übrigen aber auch nur dann, wenn der Zeitraum zwischen der Bekanntgabe des Betrages (und möglichst auch der Ankündigung der Maßnahme selbst) und dem Tag der Hauptversammlung kurz bemessen ist. Nur in diesem Fall wird der Durchschnittskurs im Referenzzeitraum noch maßgeblich von dem vor der Bekanntgabe liegenden Zeitabschnitt bestimmt. Ein dem Durchschnittskurs vor Bekanntgabe entsprechendes Abfindungsangebot wird letztendlich nur in Ausnahmefällen Bestand haben, weil der nachfolgend auf einen darüber liegenden Wert steigende Kurs den Durchschnittskurs im Referenzzeitraum gerade zwangsläufig auf ein über dem Angebot liegendes Niveau hebt. Da es sich hierbei um Gesetzmäßigkeiten des Marktes handelt, kann eine Korrektur nicht über den Einwand der Manipulation erfolgen. Auch ist ein entsprechender Nachweis in tatsächlicher Hinsicht kaum zu führen.
Die vom Bundesgerichtshof zur Korrektur entwickelten Kriterien können diese auf Abfindungserwartungen zurückzuführenden Kursentwicklungen und damit verbundenen Probleme nicht wirksam beseitigen. Weil es sich nicht um ein außergewöhnliches, sondern um ein dem Kalkül der Marktteilnehmer folgendes Marktgeschehen handelt, ist eine sinnvolle Bereinigung der Börsenkurse sowohl über das Kriterium der außergewöhnlichen Tagesausschläge (Puszkajler, BB 2003, 1692, 1694) als auch über das der Marktenge nicht möglich (OLG Stuttgart NZG 2007, 302, 304). Insbesondere beim Squeezeout können wegen der erforderlichen Kapitalmehrheit von mindestens 95 Prozent (§ 327a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 AktG) und der deswegen kleinen Anzahl handelbarer Aktien keine hohen Anforderungen an den Aktienumsatz gestellt werden. Zudem dürften die Abfindungserwartungen eher zu einer Belebung des Marktes führen.
Stellt man auf den Zeitraum vor der Bekanntmachung der Maßnahme ab, bleibt zwar auch Raum für eine Manipulation des Börsenkurses, in diesem Fall durch den Mehrheitsaktionär, der seinen zu diesem Zeitpunkt bestehenden in der Natur der Sache liegenden Wissensvorsprung ausnutzen könnte, um den Aktienkurs zu drücken. Tatsächlich dürfte diese Gefahr jedoch gering sein, weil der Mehrheitsaktionär 95 Prozent der Aktien halten muss und so der Möglichkeit, den Kurs durch den Verkauf von Aktien zu drücken, enge Grenzen gesetzt sind. Der Markt und die Minderheitsaktionäre können auch kaum über Monate vollständig vom Informationsfluss ausgeschlossen werden. Ein am Markt aktives Unternehmen kann nicht völlig unbeobachtet agieren. Zudem muss eine restriktive Informationspolitik keineswegs ein Absinken des Aktienkurses zur Folge haben. So kann die Vermutung, es werde eine grundlegende Veränderung vorbereitet, den Aktienkurs nach oben treiben. Im Übrigen ist den Minderheitsaktionären nach zutreffender Ansicht der Ertragswert als Abfindung zu gewähren, wenn dieser höher als der Aktienkurs liegt (so schon: BVerfG, NJW 1999, 3769, 3772 (DAT/Altana); vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.6.2009, Az. I - 26 W 1/07 AktE "Dahlbusch AG"; vgl. auch OLG Stuttgart, ZIP 2009, 1059, Rdnr. 214, 238 zit. nach Juris; a. A.: Luttermann, NZG 2007, 611; Müller in Festschrift Bezzenberger 2000, S. 705). Sollte sich im Spruchverfahren herausstellen, dass der Aktienkurs durch den Mehrheitsaktionär bewusst manipuliert worden ist, kann dies gegebenenfalls berücksichtigt werden.
Die Auffassung des Bundesgerichtshofes führte ferner dazu, dass so genannte echte Verbundvorteile den Börsenkurs erhöhen. Dies ist nicht unproblematisch, weil sehr umstritten ist, inwieweit echte Verbundvorteile zu berücksichtigen sind. So sollen nach verbreiteter und bisher noch überwiegender Meinung in der Rechtsprechung echte Verbundvorteile nicht werterhöhend auf die Abfindung anzurechnen sein (vgl. die Übersicht bei Paulsen in Münchener Kommentar, AktG, 3. A. - im Erscheinen begriffen , § 305, Rdnr. 135 f.; Hüffer, AktG, 8. A., § 305, Rdnr. 22; Koppensteiner in Kölner Kommentar, AktG, 2. A., § 305, Rdnr. 65; zum Streitstand: Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 5. Auflage, Seite 79 ff, Rdnr. 254 ff). Es ist jedenfalls nicht nachvollziehbar, dass derartige Vorteile zwar den Börsenkurs und damit den Unternehmenswert werterhöhend beeinflussen dürfen, andererseits aber bei der Unternehmensbewertung nach der Ertragswertmethode diese Effekte unberücksichtigt bleiben sollen. Auch räumt der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung ein, dass ein "Herausrechnen" derartiger Vorteile praktisch kaum möglich sei.
Der Senat erachtet daher einen Referenzzeitraum von drei Monaten vor Bekanntgabe der Maßnahme als insgesamt besser geeignet, den Börsenwert realistisch abzubilden. Der Zeitraum entspricht auch der vergleichbaren Sachlage in § 5 Abs. 1 WpÜG-Angebotsverordnung. Dies rechtfertigt einen etwas größeren Abstand, aber andererseits noch hinreichende Nähe zum Bewertungsstichtag. Das Erfordernis der Stichtagsbezogenheit ist im Sinne einer Ermittlung des realistischen Werts des Unternehmens zum Stichtag, nicht im Sinne einer höchstmöglichen Nähe des Referenzzeitraums zu verstehen (vgl. auch Müller in Festschrift Bezzenberger 2000, S. 705, 718, der einen Zeitraum von bis zu einem Jahr vor dem Stichtag als relevant ansieht). Die Zielsetzung einer realistischen Bewertung zum Stichtag gebietet gerade einen größeren Abstand, eine hinreichende Nähe bleibt gewahrt. Das Bundesverfassungsgericht hat deutlich gemacht, dass verfassungsrechtliche Gründe dem nicht entgegenstehen, sondern ein vorgezogener Referenzzeitraum vielmehr sinnvoll sei (BVerfG, NJW 2007, 828; BVerfG, NJW 1999, 3769).
2.
Der Senat hält es ferner für überlegenswert, auf den nach § 5 Abs. 1 WpÜG-Angebotsverordnung ermittelten Wert abzustellen, wenn dieser wie hier - in zeitlich engem Zusammenhang mit der Squeezeout-Maßnahme ermittelt worden ist. Für einen 3-Monatszeitraum vor dem 6.8.2002 wurde hier ein Durchschnittsbörsenkurs von 295 Euro ermittelt.
Stellt man auf den nach § 5 Abs. 1 WpÜG-Angebotsverordnung ermittelten Wert ab, kann dies in bestimmten Fällen zu mehr Rechtssicherheit führen (vgl. Vetter 2002, 176, Krieger, BB 2002, 53; kritisch: Just/Lieth, NZG 2007, 444). Die von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ermittelten Durchschnittssätze liegen bereits vor, so dass eine erneute Ermittlung der Durchschnittssätze ggfs. entfallen kann.
Auch im vorliegenden Fall war der von der BaFin ermittelte Durchschnittskurs "Vorlage" für die angebotene Entschädigung. Gut nachvollziehbar hat die Antragsgegnerin die Abfindung auf diesen Wert festgesetzt, um die Position der Minderheitsaktionäre gegenüber dem Pflichtangebot gemäß § 35 Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz vom 17.09.2002 nicht zu verschlechtern und Diskussionen über die Angemessenheit der Barabfindung zu vermeiden. Ferner war es im vorliegenden Fall nach Bekanntgabe der Übernahme der Mehrheitsbeteiligungen durch die Antragsgegnerin nahe liegend, dass binnen kurzer Zeit dann auch die verbleibenden Minderheitsaktionäre aus dem Unternehmen gedrängt werden sollten, um das Unternehmen vollständig zu übernehmen. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise handelte es sich um "eine Strukturmaßnahme", die lediglich aus Rechtsgründen in verschiedene Teilabschnitte aufgeteilt worden war (Übernahme Mehrheitsbeteiligung und Squeezeout, vgl. auch Veil in Spindler/Stilz, § 327a, Rdnr. 10). Dies würde hier bedeuten, dass der 3-Monats-Zeitraum zwar gut einen Monat vor der Bekanntgabe der Squeezeout-Absicht, aber - bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise - unmittelbar vor Bekanntgabe der geplanten "Gesamtmaßnahme" endete.
Ob hier auf den Wert nach § 5 Abs. 1 WpÜG-Angebotsverordnung oder auf den Durchschnittskurs vor dem Zeitpunkt der Bekanntgabe abzustellen ist, bedarf keiner Entscheidung. Beide Durchschnittskurse lägen im vorliegenden Fall nicht über der angebotenen Barabfindung.
3.
Der Senat hält es ferner für sinnvoll, einen nach Umsätzen gewichteten Durchschnittskurs zugrunde zu legen.
So können Kurschwankungen und außergewöhnliche Tagesausschläge angemessen korrigiert werden. Auch die Parallele zu § 5 Abs. 1 WpÜG-Angebotsverordnung, der den Bieter verpflichtet, den Aktionären der Zielgesellschaft eine Gegenleistung anzubieten, die mindestens dem gewichteten durchschnittlichen inländischen Börsenkurs dieser Aktien während der letzten drei Monate vor der Veröffentlichung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 oder § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG entspricht, legt einen nach Umsätzen gewichteten Durchschnittskurs nahe (vgl. OLG Stuttgart, NZG 2007, 302, 305, m. w. Nachw.; Hüffer, AktG, § 305, Rdnr. 24 d ff. m. w. Nachw.).
III.
Die Auffassung des Senats weicht von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der ihm folgenden Oberlandesgerichte ab, so dass eine Vorlage gemäß §§ 12 Abs. 2 Satz 2 SpruchG, 28 Abs. 2 und 3 FGG geboten ist.
OLG Düsseldorf:
Beschluss v. 09.09.2009
Az: I-26 W 13/06 (AktE)
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/a72ac49fe81a/OLG-Duesseldorf_Beschluss_vom_9-September-2009_Az_I-26-W-13-06-AktE