Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Dezember 2003
Aktenzeichen: 30 W (pat) 179/02
(BPatG: Beschluss v. 08.12.2003, Az.: 30 W (pat) 179/02)
Tenor
Auf die Beschwerde des Markeninhabers wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 9 des DPMA vom 1. Juli 2002 aufgehoben, soweit die Löschung der angegriffenen Marke für die Waren "Datenverarbeitungsgeräte und Computer" angeordnet worden ist.
Insoweit wird der Widerspruch aus der Marke 398 08 932 zurückgewiesen.
Im Übrigen werden die weitergehende Beschwerde und die Anschlußbeschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
In das Markenregister eingetragen ist unter 398 23 170 die Bezeichnung Snotronicnach einer Beschränkung im Beschwerdeverfahren für die Waren und Dienstleistungen
"Magnetaufzeichnungsträger, Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Computerzubehör, nämlich Computergehäuse, Laufwerke, Monitore, Tastaturen, Mäuse, Mousepads, Speicherbausteine, Hauptplatinen, Erweiterungskarten, insbesondere Steckkarten, Verbindungskabel, Modems, Streamer, Drucker, Prozessoren; alle vorgenannten Waren nicht für Steuerungssysteme für Galvanoanlagen insbesondere nicht für PC-Leitrechner und SPS-Steuerungsrechner für Calvanoanlagen;
Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, jedoch nicht für Steuerungssysteme von Galvanoanlagen."
Die Veröffentlichung der Eintragung ist am 29. Oktober 1998 erfolgt.
Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der rangälteren, seit 3. Juni 1998 unter 398 08 932 für die Waren
"Rechnergestützte Steuerungssysteme für Galvanoanlagen zur Visualisierung, Steuerung, Datenerfassung, Überwachung aller Vorgänge in Galvanoanlagen, vorstehende Steuerungssysteme im wesentlichen bestehend aus PC-Leitrechnern und SPS-Steuerungsrechnern"
eingetragenen Marke
"SLOTRONIK-PRO".
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat durch Beschluß des Prüfers die Löschung der angegriffenen Marke für "Magnetaufzeichnungsträger, Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Erstellen von Pro grammen für die Datenverarbeitung" angeordnet und im übrigen den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, eine Ähnlichkeit liege nur hinsichtlich der vorgenannten Waren und Dienstleistungen vor. Die Widerspruchsmarke werde durch den Bestandteil "SLOTRONIK" geprägt, da das durch einen Bindestrich angefügte "PRO" auf dem vorliegendem Warengebiet als Kurzform von "professionell" glatt beschreibend sei. Auf dieser Grundlage reiche der klangliche Abstand nicht mehr aus.
Die Beschwerde des Markeninhabers stützt sich im wesentlichen darauf, dass nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses zwischen den sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen, die sich zudem an völlig unterschiedliche Abnehmerkreise richteten, keinerlei Berührungspunkte mehr bestünden. Im Gegensatz zu den Produkten der angegriffenen Marke handele es sich bei den Widerspruchswaren um ein hochspezialisiertes, komplexes Gesamtsystem. Bei der Prüfung der Markenähnlichkeit sei zudem das Widerspruchszeichen in seiner Gesamtheit zu berücksichtigen.
Der Markeninhaber hat im Beschwerdeverfahren die Einrede der Nichtbenutzung erhoben.
Der Markeninhaber beantragt, den angegriffenen Beschluß aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.
Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Im Wege der Anschlußbeschwerde beantragt sie (sinngemäß), den angegriffenen Beschluß aufzuheben, soweit darin der Widerspruch zurückgewiesen worden ist und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, hinsichtlich der Waren "Computergehäuse, Laufwerke, Speicherbausteine, Hauptplatinen, Erweiterungskarten, insbesondere Steckkarten, Verbindungskabel, Prozessoren" handele es sich um Einzelbestandteile der Sachgesamtheit "PC-Leitrechner" (Computer) mit einer einheitlichen Kontrollverantwortung des Inhabers der Marke für das Gesamtprodukt. Bezüglich der Waren "Monitore, Tastaturen, Mäuse, Mousepads, Streamer, Drucker" liege wegen des funktionellen Zusammenwirkens in einer Computeranlage ebenfalls eine klare Warenähnlichkeit vor. Der zeichenrechtliche Schwerpunkt liege im ersten Markenwort des Widerspruchszeichens, das beschreibende "PRO" stelle demgegenüber nur ein Anhängsel dar. Ausweislich der vorgelegten Benutzungsnachweise werde das Widerspruchszeichen für ein rechnergestütztes Gesamtsystem benutzt. Hinsichtlich der Hardware handele es sich lediglich um standardisierte Gerätschaften.
Der Markeninhaber beantragt, die Anschlußbeschwerde zurückzuweisen.
Er gesteht eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke ausschließlich für Programme zur Steuerung von Galvanoanlagen zu, die jedoch in dem ausschließlich hardwareorientierten Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke nicht enthalten seien.
II.
Beschwerde und (unselbständige) Anschlußbeschwerde (§ 82 Abs 1 Satz 1 MarkenG, § 567 Abs 3 ZPO) sind zulässig.
Die Beschwerde führt zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses der Markenstelle soweit darin die Löschung auch für "Datenverarbeitungsgeräte und Computer" angeordnet worden ist. Eine Verwechslungsgefahr kann lediglich bezüglich "Magnetaufzeichnungsträger" sowie den Dienstleistungen "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" angenommen werden (§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG). Die weitergehende Beschwerde und die Anschlußbeschwerde unterliegen daher der Zurückweisung.
Auszugehen ist von einer Benutzung der Widerspruchsmarke für Programme zur Steuerung von Galvanoanlagen.
Die vom Inhaber der angegriffenen Marke erhobene Nichtbenutzungseinrede ist zulässig. Der nach § 43 Abs 1 Satz 1 MarkenG maßgebliche Zeitraum von fünf Jahren vor Veröffentlichung der angegriffenen Marke unterliegt indes in vollem Umfang der Benutzungsschonfrist. Maßgeblich ist demgegenüber der Zeitraum nach § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG, der vom Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung in diesem Verfahren (Dezember 2003) bis zum Dezember 1998 zurückreicht.
Die Widersprechende hat dem entsprechend eine eidesstattliche Versicherung für den Zeitraum 1999 bis 2003 vorgelegt und bezieht sich darin auf weitere eingereichte Benutzungsunterlagen. Im Hinblick darauf hat der Markeninhaber eine Benutzung für Programme zur Steuerung von Galvanoanlagen zugestanden. Aus den überreichten Nachweisen ergibt sich keine weitergehende Benutzung. Entgegen der Auffassung des Markeninhabers kann der zugestandene Benutzungsumfang unter das Warenverzeichnis subsummiert werden. Die insoweit maßgeblichen rechnergeschützten Steuerungssysteme für "Galvanoanlagen" bestehen typischerweise aus Hard- und Software. Derartige Systeme sind auch bei der Verwendung von standardisierter Hardware gerade durch ein Zusammenwirken beider Komponenten gekennzeichnet. Auch sind bestimmte Software-Elemente generell bereits für die Grundfunktionen der Hardware unerläßlich sind.
Zwischen den sich damit gegenüberstehenden Programmen zur Steuerung von Galvanoanlagen und "Magnetaufzeichnungsträger" der angegriffenen Marke besteht schon deshalb eine enge Ähnlichkeit, da letztere auch bespielte Datenträger umfassen. Die im Beschwerdeverfahren erfolgte Einschränkung des Warenverzeichnisses unter Ausnahme von Steuerungssystemen für Galvanoanlagen steht dem nicht entgegen. Der eingefügte Dysclaimer hindert lediglich die Annahme einer sonst möglichen Warenidentität. Im übrigen ist er auf den Warenabstand ohne entscheidenden Einfluß, da von dem Warenverzeichnis des angegriffenen Zeichens auch alle anderen, gegebenenfalls mit derartiger Steuerungssoftware eng verwandte Programme umfaßt sind.
Zu den Dienstleistungen "Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung" besteht eine engere Ähnlichkeit, da diese häufig von dem auch die Software vertreibenden Unternehmen angeboten werden (Senat, Pavis Proma, Knoll, 30 W (pat) 7/97 - FOWIS/VOBIS).
Hinsichtlich der übrigen Waren der angegriffenen Marke liegt allenfalls mittlere Ähnlichkeit vor. Der Verkehr wird die hochspezialisierte Steuerungssoftware der Widerspruchsmarke nicht in gleicher Weise mit der Hardware der angegriffenen Marke, die zudem wegen des Dysclaimers außerhalb dieses Spezialbereichs liegt, in Verbindung bringen.
Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte hat der Senat eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft und damit einen normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke zugrundegelegt.
Der unter diesen Umständen gebotene deutliche Abstand ist für die Waren und Dienstleistungen im engen und engeren Ähnlichkeitsbereich nicht gewahrt.
Zwar ist die Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Eine Abspaltung des Bestandteiles "PRO" kommt nicht in Betracht. Diese Rechtsfigur, die auf besondere Ausnahmetatbestände beschränkt ist, wäre nur glatt beschreibende Angaben insbesondere im Arzneimittelbereich, die danach nicht als betriebliche Herkunftsbezeichnung aufgefaßt werden und deshalb nicht geeignet sind, die Gefahr von Verwechslungen im übrigen ähnlicher Kennzeichen auszuschließen. Die Übertragung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Bereich ist nicht veranlaßt. Zum einen ist der Zeichenbestandteil "PRO" nicht glatt beschreibend. beschreibend. Er weist im hier einschlägigen Computerbereich allenfalls einen beschreibenden Anklang in Richtung auf professionelle Software (im Gegensatz zu funktionsreduzierten und Standard-Versionen) auf. Zudem ist die Nachstellung jenseits einer markenmäßigen Verwendung eher ungebräuchlich. Soweit das EuG (GRUR Int. 2003 545 - Kitt Pro) eine derartige Verwendung als in der Werbesprache üblich und demgemäß nicht unterscheidungskräftig angesehen hat, können diese Überlegungen auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden. Im Gegensatz zur dortigen Entscheidung ist vorliegend der Bestandteil "PRO" mit dem restlichen Zeichen durch einen Bindestrich verbunden, wodurch für die angesprochenen Verkehrskreise eine Klammerwirkung erzeugt wird (BGH GRUR 2002, 342 - ESTRA-PUREN/ASTRA).
Aber auch bei einer Berücksichtigung der Zeichen in ihrer Gesamtheit sind die klanglichen Unterschiede für die Waren und Dienstleistungen im engen und engeren Ähnlichkeitsbereich nicht mehr ausreichend. Das angegriffene Zeichen unterscheidet sich von dem Bestandteil "SLOTORONIC" der Widerspruchsmarke klanglich lediglich durch den noch ähnlichen Konsonanten "n" gegenüber dem dortigen "l". Die Bestandteile "-tronic" und "-TRONIK" können auch nicht als eine gängige Abkürzung von "Elektronik" angesehen werden und fließen damit in die Prüfung der Verwechslungsgefahr mit ein. Der verbleibende Unterschied durch den Bestandteil "PRO" der Widerspruchsmarke genügt für die vorgenannten Waren nicht mehr. Dieser befindet sich zum einen am weniger beachteten Wortende und tritt zudem durch die Wiederholung des im übrigen das Widerspruchszeichen prägenden Vokals "o" eher in den Hintergrund.
Für die übrigen Waren der angegriffenen Marke, die zu den Widerspruchswaren allenfalls eine mittlere Ähnlichkeit aufweisen, ist der klangliche Abstand demgegenüber ausreichend.
Eine Kostenauferlegung (§ 71 Abs 1 MarkenG) ist nicht veranlaßt.
Dr. Buchetmann Winter Schramm Hu/Cl
BPatG:
Beschluss v. 08.12.2003
Az: 30 W (pat) 179/02
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