Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 21. Oktober 2002
Aktenzeichen: 6 U 195/97

(OLG Köln: Urteil v. 21.10.2002, Az.: 6 U 195/97)

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 9. Oktober 1997 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 85/97 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Unterlassungsausspruch des genannten landgerichtlichen Urteils die folgende Neufassung erhält: Der Beklagte wird verurteilt, es zwecks Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatz-weise Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr und/oder zu Zwecken der Werbung Sportwetten wie nachstehend wiedergegeben anzubieten, zu bewerben und/oder derart beworbene Sportwetten durchzuführenpp. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin aus dem Unterlassungsausspruch des erstinstanzlichen Urteils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000.000,00 DM, diejenige aus dem Kostenausspruch gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 60.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit jeweils in der selben Höhe leistet. Den Parteien wird nachgelassen, die von ihnen zu stellenden Sicherheiten jeweils in Form der unbedingten, unbefristeten, unwiderruflichen, selbstschuldnerischen schriftlichen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen. Die mit diesem Urteil für den Beklagten verbundene Beschwer wird auf 1.000.000,00 DM festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Gesellschafterin des deutschen L.- und T., die im Land Nordrhein-Westfalen eine Vielzahl von Gewinnspielen organisiert und durchführt.

Der Beklagte betreibt seit mehreren Jahren Sportwetten, insbesondere Fußballwetten, die er bundesweit unter anderem in der "BILD am Sonntag" bewirbt. Nach dem Spielsystem des Beklagten können die Teilnehmer unter Einsatz eines von ihnen selbst bestimmten Spieleinsatzes von mindestens 2,00 DM pro Tipreihe auf den Ausgang einzelner Spielpaarungen wetten. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der beklagtenseits angebotenen und veranstalteten Sportwetten wird auf die zu den Akten gereichten Werbeanzeigen (Bl. 2 a und 80 d.A.) Bezug genommen. Der Beklagte hält einen unter dem Datum des 11.04.1990 durch den Leiter des Gewerbeamtes des Rates des Kreises Lö./ehemals DDR nach Maßgabe des Gewerbegesetzes der DDR vom 06.03.1990 erteilten Bescheid in Händen, nach dem ihm eine Genehmigung zur Eröffnung eines Wettbüros für Sportwetten erteilt worden ist. Die Parteien streiten nunmehr im wesentlichen darum, ob diese Genehmigung als behördliche Erlaubnis ausreichend war und ist, um die beklagtenseits beworbenen Sportwetten zulässigerweise veranstalten zu können.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass die vorbezeichnete Gewerbegenehmigung keinesfalls als Erlaubnis der vom Beklagten angebotenen und veranstalteten Sportwetten, in denen Glücksspiele im Sinne des strafrechtlichen Verbotstatbestandes des § 284 StGB zu sehen seien, genüge. Unabhängig von der Frage, ob diese Genehmigung selbst nach Maßgabe des Gewerbegesetzes der DDR i.V.m. der hierzu ergangenen Durchführungsverordnung vom 08.03.1990 wirksam sei, habe sie jedenfalls schon deshalb die Tätigkeit des Beklagten nicht legitimieren können, weil der Beklagte daneben zusätzlich der Genehmigung des Ministers des Inneren und Chefs der Volkspolizei der DDR gemäß § 3 Abs. 1 der Sammlungs- und Lotterieverordnung der DDR vom 18.02.1965 (im folgenden: SlgLottVO) bedurft habe. Fehle dem Handeln des Beklagten aber schon nach den vor dem Wirksamwerden des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik Deutschland maßgeblichen Rechtsvorschriften der DDR die Legitimation zur Veranstaltung der hier in Rede stehenden Sportwetten, so könne sich diese Tätigkeit des Beklagten auch nicht mit Blick auf die gemäß Art. 19 des Einigungsvertrages nach Wirksamwerden des Beitritts ab 03.10.1990 eintretende Erstreckungswirkung als zulässig erweisen. Zumindest aber sei die Fortgeltung eines solchen durch die DDR-Behörden erteilten Verwaltungsaktes, hier des die angebliche Gewerbegenehmigung ausstellenden Rates des Kreises Lö., territorial auf den Geltungsbereich des am 03.10.1990 nach den Artikeln 8 und 9 des Einigungsvertrages außer Kraft getretenen Gewerbegesetzes der DDR beschränkt, so dass der Beklagte nicht zur bundesweiten Veranstaltung von Sportwetten der hier in Rede stehenden Art befugt sei. Denn der Einigungsvertrag habe den Bürgern des Beitrittsgebietes keine weitergehenden Rechte vermitteln wollen und sollen, als diejenigen, die sie zum Beitrittszeitpunkt besaßen. Könne somit der Beklagte insgesamt nicht die erforderliche Erlaubnis für die von ihm bundesweit veranstalteten und beworbenen Sportwetten vorweisen, so verhalte er sich zugleich wettbewerbswidrig im Sinne von § 1 UWG. Denn die Strafrechtsnorm des § 284 StGB, gegen die der Beklagte durch die Veranstaltung der Sportwetten ohne die notwendige, jedenfalls aber der territorialen Reichweite nach überschrittene behördliche Erlaubnis verstoße, müsse schon angesichts des mit dem grundsätzlichen Verbot des Glücksspiels verfolgten Schutzzwecks als wertbezogene Vorschrift eingeordnet werden, deren Verletzung zu Zwecken des Wettbewerbs ohne Hinzutreten weiterer besonderer Unlauterkeitsmomente für sich allein den wettbewerblichen Unlauterkeitsvorwurf des § 1 UWG begründe.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, es zwecks Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr und/oder zum Zwecke der Werbung Sportwetten wie nachfolgend wiedergegeben - hilfsweise: über die neuen Bundesländer hinaus - anzubieten, zu bewerben und/oder durchzuführen

pp.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat eingewandt, dass er den ihm unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs bzw. konkret der Verletzung des strafrechtlichen Glücksspielverbotes zur Last gelegten Wettbewerbsverstoß nicht begangen habe. Das gelte bereits deshalb, weil er, der Beklagte, mit den von ihm beworbenen und veranstalteten Sportwetten das strafrechtliche Glücksspielverbot nicht verletze, mithin keine sich etwa auf den Wettbewerb auswirkende Norm gebrochen habe. Denn die ihm, dem Beklagten, unter dem Datum des 11.04.1990 auf der Grundlage von § 3 des Gewerbegesetzes der DDR seinerzeit erteilte Genehmigung, die nach Maßgabe von Art. 19 des Einigungsvertrags auch nach Wirksamwerden des Beitritts fortwirke und auf die er sich daher weiter berufen könne, stelle eine den strafrechtlichen Verbotstatbestand des § 284 StGB ausschließende behördliche Erlaubnis dar. Neben dieser Gewerbeerlaubnis des Rates des Kreises Lö. als zuständiger Behörde habe es keiner zusätzlichen Genehmigung insbesondere nicht einer solchen nach der Sammlungs- und Lotterieverordnung der DDR bedurft. Denn die von ihm, dem Beklagten, veranstalteten Sportwetten fielen nicht unter den Anwendungsbereich der SlgLottVO der DDR. Zum einen gelte das deshalb, weil diese nur öffentliche Sammlungen und Lotterien, nicht aber solche erfasst habe, die von einzelnen privaten Gewerbetreibenden durchgeführt werden sollten. Hinzu komme zum anderen aber vor allem, dass die von ihm, dem Beklagten, konkret veranstalteten und angekündigten Sportwetten nicht unter den in der SlgLottVO der DDR vorausgesetzten "Lotteriebegriff" fielen. Unter den Begriff der Lotterie seien danach nur solche Spiele und Wetten gefallen, die einen vom Veranstalter definierten bestimmten Einsatz vorsahen, der - anders als bei den beklagtenseits angebotenen Sportwetten - nicht von der Willkür der Spieler abhänge. Jedenfalls aber könne die SlgLottVO der DDR nicht mehr als Rechtsgrundlage herangezogen werden. Denn mit dem Inkrafttreten des Gewerbegesetzes der DDR sei eine grundsätzliche Revision der restriktiven Zugangsvoraussetzungen Privater zur Ausübung selbständiger Gewerbetätigkeiten vorgenommen worden mit der Folge, dass die Voraussetzungen der Erlaubnis für die Ausübung eines Gewerbes ausschließlich an den liberalen Maßstäben des Gewerbegesetzes, nicht aber an denjenigen der früher gegebenenfalls einschlägigen überkommenen Rechtsvorschriften der DDR zu messen seien. Auch könne weiter nicht die Rede von einer territorialen Begrenzung der nach Maßgabe von Art. 19 des Einigungsvertrages erstreckten Gewerbeerlaubnis auf das Beitrittsgebiet sein. Ihm, dem Beklagten, sei schließlich aber auch nicht der Vorwurf eines wettbewerblich unlauteren Verhaltens zu machen, da er mit der Klägerin, die keine Sportwetten der von ihm veranstalteten und angekündigten Art anbiete, schon nicht in einem Wettbewerbsverhältnis stehe. Auch sei die Klägerin für den geltend gemachten wettbewerblichen Unterlassungsanspruch nicht aktivlegitimiert, da der ihm, dem Beklagten, angelastete Wettbewerbsverstoß nicht geeignet sei, den Wettbewerb auf dem hier betroffenen Markt wesentlich zu beeinträchtigen.

Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 9. Oktober 1997, auf welches zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, entsprechend dem Hauptunterlassungsbegehren der Klägerin aus § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des Vorsprungs durch "Rechtsbruch" stattgegeben. Der Beklagte, so hat das Landgericht zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, veranstalte mit den von ihm beworbenen Sportwetten unerlaubte Glücksspiele. Allein die von ihm vorgelegte Gewerbegenehmigung des Rates des Kreises Lö. stelle keine den Tatbestand des verbotenen Glücksspiels im Sinne von § 284 StGB ausschließende behördliche Erlaubnis dar. Der Beklagte habe über diese auf der Grundlage des Gewerbegesetzes der DDR seinerzeit erteilte Genehmigung hinaus bereits nach den damaligen Rechtsvorschriften vielmehr auch der Genehmigung nach Maßgabe von § 3 der SlgLottVO der DDR bedurft, von deren Anwendungsbereich die beklagtenseits angekündigten und veranstalteten Sportwetten auch erfasst worden seien. Der dem Beklagten infolgedessen anzulastende Verstoß gegen § 284 StGB begründe zugleich auch den wettbewerblichen Unlauterkeitsvorwurf des § 1 UWG, da der Beklagte auch in Zukunft weiterhin dauerhaft und planmäßig gegen das den Schutz des einzelnen vor Vermögensgefährdungen durch Ausbeutung der Spielleidenschaft dienende strafrechtliche Gewinnspielverbot verstoßen wolle.

Gegen dieses ihm am 20. Oktober 1997 zugestellte Urteil richtet sich die am 18. November 1997 eingelegte Berufung des Beklagten, die er mittels eines am 19. Januar 1998 - nach entsprechender Fristverlängerung - bei Gericht eingegangenen Schriftsatzes fristwahrend begründet hat.

Unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens im übrigen hebt der Beklagte den bereits in erster Instanz vertretenen Standpunkt hervor, wonach die vorliegende Gewerbegenehmigung, von deren Bestandskraft die hier zu treffende Beurteilung auszugehen habe, wirksam und ausreichend sei, um die von ihm beworbenen und veranstalteten Sportwetten zulässigerweise betreiben zu können. Diese auf der Grundlage des Gewerbegesetzes der DDR i.V.m. der dazu ergangenen Durchführungsverordnung vom 08.03.1990 erteilte Genehmigung stelle eine den Straftatbestand des "unerlaubten" Glücksspiels im Sinne von § 284 Abs. 1 StGB ausschließende behördliche Erlaubnis dar, auf die er sich auch nach dem Beitritt der ehemaligen DDR zur Bundesrepublik Deutschland im gesamten Bundesgebiet berufen könne. In Verkennung der für die Abgrenzung einerseits des "Glücksspiels" und andererseits der "Lotterie" maßgeblichen Abgrenzungskriterien sei das Landgericht zu Unrecht vom Erfordernis einer neben dieser Gewerbegenehmigung zusätzlich einzuholenden Genehmigung des Ministers des Inneren und Chefs der Volkspolizei der DDR nach Maßgabe der Sammlungs- und Lotterieverordnung der DDR ausgegangen. Denn die von ihm, dem Beklagten, veranstalteten Sportwetten stellten, so bringt der Beklagte unter Vorlage eines zu dieser Frage von ihm eingeholten Parteigutachtens des Prof. Dr. Ba. vor - keine Lotterie dar. Auch nach dem überkommenen Recht der DDR seien die im Strafgesetzbuch von 1871, dass bis zum 31.12.1968 auch im Gebiet der DDR noch Gültigkeit gehabt habe, zugrundegelegten Begriffe des Glücksspiels und der Lotterie in der ihnen von der damaligen Rechtsprechung des Reichsgerichts gegebenen Ausprägung anzuwenden. Sportwetten des von ihm veranstalteten Typs fielen danach aber nicht unter den Begriff der Lotterie und schieden damit von vornherein aus dem Anwendungsbereich der SlgLottVO der DDR aus. Dafür spreche weiter auch die systematische Erwägung, dass es sich bei den in der SlgLottVO der DDR erwähnten Lotterien nur um Einzelveranstaltungen gehandelt habe, für welche die Genehmigung jeweils für das laufende Jahr habe bewilligt werden müssen. Dauerveranstaltungen wie die von ihm, dem Beklagten, betriebenen Sportwetten fielen hierunter aber nicht. Unabhängig davon aber sei eine solche Genehmigung nach der SlgLottVO der DDR jedenfalls nach dem Inkrafttreten des Gewerbegesetzes der DDR, dass insoweit als "lex specialis" der alten DDR Verordnung vorgegangen sei und diese habe obsolet werden lassen, nicht mehr erforderlich gewesen. Eine Genehmigung nach der Anordnung über das gewerbsmäßige Veranstalten von Spielen vom 23. November 1981 der DDR für "Spielautomaten/Spielkasinos/Glücksspiele gegen Geld" sei ebenfalls nicht notwendig gewesen, weil die nach dem Gewerbegesetz der DDR erteilte Erlaubnis eine derartige Genehmigung nach den seinerzeit in der DDR geltenden verwaltungsrechtlichen Grundsätzen erfasst bzw. bei dieser als miterteilt gegolten habe. Aber auch der Hilfsantrag der Klägerin sei unbegründet. Denn die ihm, dem Beklagten, erteilte Gewerbeerlaubnis habe sich auf das gesamte Gebiet der ehemaligen DDR bezogen. Sie sei nunmehr nach Art. 19 des Einigungsvertrages auf das Gebiet der alten Bundesländer, mithin auf das gesamte Bundesgebiet zu erstrecken. Vorsorglich erhebt der Beklagte schließlich den Einwand der Verwirkung. Er - der Beklagte - habe bereits seit 1991 über Regionalwerbung die von ihm angebotenen Sportwetten angeboten. Erst 1996, also nach mehr als 5 Jahren sei die Klägerin neben anderen, mit ihr verbundenen Unternehmen gegen ihn vorgegangen. Sie müsse sich daher gegenüber etwaigen wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen den Einwand der Verwirkung entgegenhalten lassen, da er, der Beklagte, auf die Gültigkeit der ihm seinerzeit erteilten Gewerbegenehmigung habe vertrauen dürfen und demzufolge redlich gehandelt habe.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil des Landgerichts Köln vom 9. Oktober 1997 - 81 O 85/97 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, jedoch mit der Maßgabe, dass der Unterlassungsantrag die nachstehende Neufassung erhält:

Der Beklagte wird verurteilt, es zwecks Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr und/oder zum Zwecke der Werbung Sporttwetten wie nachstehend wiedergegeben - hilfsweise: über die neuen Bundesländer hinaus - anzubieten, zu bewerben und/oder derart beworbene Sportwetten durchzuführen

pp. Die Klägerin hält an ihrem bereits in erster Instanz vertretenen und in der Berufung noch vertiefend begründeten Standpunkt fest, wonach die dem Beklagten nach § 3 Abs. 1 des Gewerbegesetzes der DDR seinerzeit angeblich erteilte Genehmigung nicht genüge, um die streitgegenständlichen Sportwetten zulässig zu machen. Dem Beklagten sei schon keine als solche wirksame Gewerbeerlaubnis erteilt worden. Es liege lediglich eine Bestätigung des Eingangs einer Eröffnungsanzeige im Sinne von § 2 des Gewerbegesetzes der DDR vor. Im übrigen seien auch die förmlichen und inhaltlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Gewerbeerlaubnis nicht erfüllt. Das vom Beklagten als "Gewerbegenehmigung" vorgelegte behördliche Schriftstück erlaube darüber hinaus auch die konkret betriebene überregionale Tätigkeit nicht, da sie sich lediglich örtlich begrenzt auf die Öffnung eines Wettbüros für Sportwetten beziehe. Darüber hinaus habe der Beklagte, so macht die Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im übrigen geltend, daneben noch der Genehmigung des Ministers des Inneren und Chefs der Volkspolizei der DDR nach Maßgabe von § 3 SlgLottVO der DDR bedurft. Letztere sei durch die auf der Grundlage des Gewerbegesetzes der DDR erteilte Erlaubnis auch weder miterfasst, noch gar ersetzt worden. Der in § 1 Abs. 4 der SlgLottVO definierte Lotteriebegriff, unter den die Sportwetten des Beklagten auch zwanglos zu subsumieren seien, habe nach Wortlaut und Zielsetzung eine bewußte Abkehr vom "klassischen" Lotteriebegriff bewirken sollen, wie er zuvor der reichsgesetzlichen Bestimmung in § 286 StGB, § 763 BGB und in § 17 des Rennwett- und Lotteriegesetzes vom 08.04.1922 zugrundegelegen habe und wie er in den heute geltenden bundes- und landesrechtlichen Gesetzeswerken vorausgesetzt werde. Der dem Beklagten folglich anzulastende Verstoß gegen das in § 284 StGB normierte Glücksspielverbot sei auch ohne weiteres zugleich wettbewerblich unlauter, da § 284 StGB eine wertbezogene Vorschrift darstelle. Der Beklagte könne schließlich ebenfalls mit dem seinerseits erhobenen Einwand der Verwirkung nicht durchdringen. Denn es fehle schon der dafür vorauszusetzende Zeitablauf. Die Mitte 1996 erfolgte Beanstandung der seit dem Jahre 1995 beworbenen Tätigkeit des Beklagten habe so zeitnah eingesetzt, dass für einen Vertrauenstatbestand auf Seiten des Beklagten keine Grundlage bestehe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird auf ihre in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze jeweils nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Verwaltungsvorgang betreffend die streitgegenständliche Gewerbegenehmigung wurde beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Gründe

Die in formeller Hinsicht einwandfreie und insgesamt zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Landgericht dem Beklagten die Ankündigung und/oder Durchführung der streitbefangenen Sportwetten untersagt. Das auf das Verbot dieser Tätigkeit des Beklagten gerichtete Unterlassungsbegehren der Klägerin ist gemäß § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs begründet, da der Beklagte mit der Durchführung dieser Sportwetten dem in § 284 StGB normierten Glücksspielverbot zu Zwecken des Wettbewerbs zuwiderhandelt und dieser Normverstoß zugleich den Unlauterkeitsvorwurf im Sinne von § 1 UWG rechtfertigt.

Der Anwendbarkeit des wettbewerblichen Unterlassungstatbestandes des § 1 UWG und damit der unmittelbar hieraus folgenden Aktivlegitimation der Klägerin steht es dabei von vornherein nicht entgegen, daß - wie der Beklagte dies einwendet und im übrigen unstreitig ist - die Klägerin keine Sportwetten der von ihm betriebenen Art, sondern u.a. lediglich dem "klassischen" Lotteriebegriff unterfallende Varianten des Glücksspiels anbietet und veranstaltet. Die Annahme eines zwischen den Parteien bestehenden (konkreten) Wettbewerbsverhältnisses hindert dies nicht. Allerdings trifft es zu, daß das in § 1 UWG vorausgesetzte "Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs" das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen einerseits dem durch die angegriffene Maßnahme geförderten und andererseits dem benachteiligten Unternehmen verlangt (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Auflage, Einl. UWG, Rdn. 215/216 f m.w.N.). Eine solche Wechselbeziehung erfordert indessen nicht die Identität des Warenangebots. Entscheidend ist vielmehr die Gleichheit des Kunden- und Abnehmerkreises, an den die betroffenen Unternehmen sich wenden (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Einl. UWG Rdn. 216/220 ). So liegt der Fall aber hier. Denn auch wenn die von den Parteien angebotenen Glücksspiele der Art nach und vom Modus der Beteiligungsmöglichkeiten her verschieden ausgestaltet sind, richten sich sowohl die Klägerin als auch der Beklagte mit ihren Angeboten an den nämlichen Adressatenkreis der Glücksspielinteressenten. Sie stehen daher insoweit in einer unmittelbaren Wettbewerbsbeziehung miteinander.

Den folglich anwendbaren wettbewerblichen Unterlassungstatbestand des § 1 UWG hat der Beklagte mit den von ihm beworbenen und veranstalteten Sportwetten auch den übrigen materiellen Voraussetzungen nach erfüllt. Denn der Beklagte veranstaltet mit diesen Aktivitäten unerlaubte Glücksspiele und handelt damit zugleich wettbewerblich unlauter im Sinne der Maßstäbe des § 1 UWG.

Die strafrechtliche Vorschrift des § 284 Abs. 1 StGB verbietet das öffentliche Veranstalten von Glücksspielen ohne behördliche Erlaubnis. Daß die beklagtenseits angebotenen Sportwetten begrifflich als "Glücksspiele" dem Straftatbestand des § 284 Abs. 1 StGB zuzuordnen sind, kann dabei keinem Zweifel unterliegen: Maßgeblich für den Begriff des Glücksspiels ist, daß der Spieler bewußt einen Vermögenswert für die Beteiligung an einer ebenfalls in einem Vermögenswert bestehenden Gewinnaussicht opfert, den er ohne die Gewinnchance nicht hingegeben hätte, und daß weiter die Entscheidung über Gewinn und Verlust nach den Vetragsbedingungen nicht wesentlich von den Fähigkeiten, Kenntnissen und der Aufmerksamkeit des Spielers, sondern allein oder hauptsächlich vom Zufall abhängt ( v. Bubnoff/Leipziger Kommentar, StGB, 10. Auflage, Rdn. 4 und 6 f zu § 284 m.w.N.). All diese Voraussetzungen erfüllen die beklagtenseits angebotenen Sportwetten, bei denen die Teilnehmer sich gerade wegen und mit Blick auf die Möglichkeit eines diesen Einsatz übersteigenden Geldgewinns eines bestimmten Geldbetrages begeben, und bei denen der die Realisierung der versprochenen Gewinnchance jeweils bestimmende Ausgang der "bewetteten" sportlichen Auseinandersetzungen auch ausschließlich oder doch jedenfalls ganz überwiegend durch die Gesetze des Zufalls bestimmt wird.

Sind damit die beklagtenseits angebotenen und durchgeführten Sportwetten begrifflich den vom Straftatbestand des § 284 Abs. 1 StGB erfaßten Glücksspielen zuzuordnen, so bedarf der Beklagte - um diese Tätigkeiten zulässigerweise ausüben zu können - hierfür der behördlichen Erlaubnis. Eine solche, die Widerrechtlichkeit des Glücksspiels (vgl. BVerfG 28, 119/148; a.A: v.Bubnoff/Leipziger Kommentar, 10. Auflage, Rdn. 14 zu § 284 m.w.N.) ausschließende Erlaubnis hält der Beklagte indessen nicht in Händen.

Die von ihm vorgelegte, auf der Grundlage des Gewerbegesetzes der DDR vom 06.03.1990 durch den Rat des Kreises Lö. unter dem Datum des 11.04.1990 angeblich erteilte "Genehmigung" reicht hierfür nicht aus.

Die in diesem Bescheid vom 11.04.1990 ggf. liegende Gewerbeerlaubnis hat zwar nicht mit der Herstellung der Einheit Deutschlands am 03.10.1990 ihre Wirksamkeit verloren, sondern gilt gemäß Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrags vom 31.08.1990 (BGBl II, 885ff/889) fort. Da und solange dieser Verwaltungsakt nicht aufgehoben ist, ist er für die Behörden und Gerichte einschließlich des erkennenden Senats selbst dann zu beachten, wenn er - wie die Klägerin dies u.a. geltend macht - verfahrensfehlerhaft zustandegekommen sein sollte. Gleichwohl vermag er die hier zu beurteilenden S. des Beklagten nicht zu legitimieren.

Dabei bedarf es nicht der Feststellung, ob dem Beklagten - wofür allerdings der von ihm in der mündlichen Verhandlung in Originalausfertigung vorgelegte Bescheid des Rates des Kreises Lö. vom 11.04.1990 spricht - tatsächlich eine Gewerbeerlaubnis nach Maßgabe von § 3 des Gewerbegesetzes der DDR erteilt worden ist. Es kann weiter ebenfalls dahinstehen, ob eine solche, dem Wortlaut nach auf die "Eröffnung eines Wettbüros für Sportwetten" bezogene Gewerbeerlaubnis die vom Beklagten bundesweit entfaltete konkrete Tätigkeit umfasst. Das alles ist hier deshalb nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung, weil selbst eine dem Beklagten in diesem Sinne umfassend auf der Grundlage von § 3 des Gewerbegesetzes der DDR vom 06.03.1990 unter dem Datum des 11.04.1990 erteilte und nach Maßgabe von Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrages in ihrer Wirksamkeit "erstreckte" Gewerbeerlaubnis jedenfalls für sich allein nicht ausreichte, um die von ihm angebotenen Sportwetten zulässig zu machen. Er bedurfte vielmehr daneben der Genehmigung des Ministers des Inneren der DDR gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 3 der SlgLottVO DDR vom 18. Februar 1965, die der Beklagte indessen unstreitig nicht eingeholt hat. War aber allein die Gewerberlaubnis schon nach den Rechtsvorschriften der ehemaligen DDR nicht ausreichend, um die hier zu beurteilende gewerbliche Tätigkeit des Beklagten zuzulassen, so genügt diese Gewerberlaubnis mit Blick auf die sich aus den jeweils einschlägigen aktuellen landesgesetzlichen Vorschriften ergebenden Genehmigungsvorbehalte und -erfordernisse ( vgl. beispielhaft § 2 des Gesetzes über das Zahlenlotto und über Sportwetten im Lande Sachsen-Anhalt vom 16.08.1991 i.dF. vom 27.07.1995 sowie § 1 des Th. Staatslotterie- und SportwettenG vom 03.01.1994) auch nunmehr nach Wirksamwerden des Beitritts nicht, um die Sportwetten des Beklagten als "erlaubte" Glücksspiele einordnen zu können.

Gemäß § 3 Abs. 1 der SlgLottVO der DDR vom 18.02.1965 waren öffentliche Sammlungen und Lotterien genehmigungspflichtig. Zuständige Stelle war nach § 3 Abs. 3 der SlgLottVO der Minister des Inneren und Chef der Volkspolizei der DDR, der die Genehmigung öffentlicher Lotterien nach Abstimmmung mit dem Minister der Finanzen erteilen konnte. Einer solchen Genehmigung hätte der Beklagte für die von ihm unternommenen Sportwetten auch bedurft, da diese als vom Anwendungsbereich der SlgLottVO der DDR erfaßte öffentliche Lotterien einzuordnen sind.

Allerdings trifft es zu, daß es sich bei den beklagtenseits angebotenen Sportwetten nicht um Lotterien im Sinne der noch bis zum Inkraftreten des sozialistischen Strafgesetzbuches der DDR am 01.07.1968 fortgeltenden, auf reichsgesetzliche Bestimmungen zurückgehende strafrechtlichen Normen der §§ 284 ff StGB und der steuerrechtlichen Vorschriften des durch Beschluß des Ministerrats der DDR vom 18.09.1970 neugefaßten Rennwett- und Lotteriegesetzes vom 08.04.1922 handelt. Danach ist ein Glücksspiel dann als Lotterie einzuordnen, wenn es einer Mehrzahl von Personen die Möglichkeit eröffnet, nach einem bestimmten Plan gegen Geldeinsatz ein ausschließlich oder doch wesentlich vom Zufall abhängiges Recht auf einen Geldgewinn zu erwerben. Wesentliches Kennzeichen dieses, ein Glückspiel zu einer Lotterie qualifizierenden, vom Veranstalter einseitig aufzustellenden Spielplans, der den Spielbetrieb im allgemeinen regeln und die Bedingungen angeben muß, unter denen die Möglichkeit der Beteiligung eröffnet wird, ist dabei die Angabe des auch der Höhe nach bestimmten, vorgegebenen Einsatzes. Der Spielplan ist hingegen unvollständig und nicht ausreichend, wenn die Höhe des Einsatzes von der Willkür der Spieler abhängt. Dann liegt keine Lotterie, sondern ein Glückspiel im "engeren" Sinne des § 284 StGB vor (vgl. RGSt 62,393; v.Bubnoff, Leipziger Kommentar, StGB, 10. Auflage, Rdn. 3 zu § 286 StGB m.w.N.). Unter den anhand dieser Kriterien zu bestimmenden "klassischen" Lotteriebegriff in der ihm bereits durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts gegebenen Ausprägung lassen sich die vom Beklagten angebotenen Sportwetten jedoch offenkundig nicht subsumieren, weil es nach den für sie formulierten Teilnahmebedingungen letztlich in der Hand der Spielteilnehmer liegt, die Höhe ihres Einsatzes auf der Grundlage lediglich einer Mindestsumme selbst zu bestimmen.

§ 1 Abs. 4 der SlgLottVO DDR definiert demgegenüber jedoch einen weitergehenden Lotteriebegriff. Danach sind öffentliche Lotterien Veranstaltungen zur Ausspielung von Geld- und Sachwertgewinnen, bei denen die Beteiligung vom Einsatz eines Geldbetrages abhängig ist und an denen ein nicht begrenzter Personenkreis teilnehmen kann. Eine Beschränkung dergestalt, daß nur bei Bestimmung eines vom Veranstalter vorgebenen, der willkürlichen Einflußnahme der Spielteilnehmer entzogenen Einsatzes eine als "Lotterie" einzuordnenden Variante des Glücksspiels vorliegen kann, läßt sich dieser in § 1 Abs. 4 SlgLottVO DDR vorgenommenen Legaldefinition nicht entnehmen. Dem Wortlaut der genannten Bestimmung zufolge sind die sich an einen unbegrenzten Interessentenkereis wendenden Sportwetten-Angebote des Beklagten, mit denen Teilnehmern nur gegen Hingabe eines Geldbetrages die Chance auf den Erhalt eines Geldgewinns eingeräumt wird, daher eindeutig als Lotterien einzuordnen, die der Genehmigungspflicht nach Maßgabe von § der SlgLottVO DDR unterfielen.

Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang vorbringt, die von ihm angebotenen Sportwetten seien schon deshalb dem Anwendungsbereich der SlgLottVO entzogen gewesen, weil letztere nur befristete, nicht aber dauerhafte Veranstaltungen erfaßt habe, rechtfertigt das keine abweichende Würdigung. Allein der Umstand, daß nach § 4 der SlgLottVO die Genehmigung nur für bestimte Formen der Sammlungen und Lotterien sowie befristet zu erteilen war, besagt nicht, daß dauerhafte Veranstaltungen von vonherein nicht als Lotterien oder Sammlungen i.S. der SlgLottVO einzuordnen waren. Denn auch als Dauerveranstaltung geplanten bestimmten Formen der Lotterie kann eine nur befristete Genehmigung erteilt werden.

Es bestehen dabei auch keine durchgreifenden Gründe, entgegen dem Wortlaut der unter § 1 Abs. 4 SlgLottVO vorgenommenen anderslautenden Legaldefintion den - engeren - sogenannten "klassischen" Lotteriebegriff zugrundezulegen, und damit den Anwendungsbereich der SlgLottVO DDR insgesamt zu beschränken.

Dagegen spricht bereits der Umstand, daß in § 1 Abs. 4 der SlgLottVO DDR mit dem Einbezug von Ausspielungen zur Erlangung von Sachwertgewinnen in den Lotteriebegriff auch solche Sachverhalte als Lotterien definiert wurden, die eindeutig nicht unter den herkömmlichen Lotteriebegriff zu subsumieren sind, wie er den einschlägigen Bestimmungen des StGB und des Rennwett- und Lotteriegesetzes aus 1922 zugrundeliegt. Denn nach der dort maßgeblichen Definition ist die Lotterie durch die Möglichkeit eines gerade in einem Geldbetrag bestehenden Gewinns gekennzeichnet; besteht der Gewinn in einem Sachwert oder einer sonstigen vermögenswerten Leistung, handelt es sich hingegen um eine Ausspielung (vgl. RGST 59, 347; v.Bubnoff, a.a.O., Rdn. 7 zu § 286 StGB a.F.). Soweit der Beklagte demgegenüber einwendet, aus den unter den §§ 5 Abs. 2 und 13 Abs. 1 der SlgLottVO DDR im übrigen formulierten Bestimmungen ergebe sich, daß der Gesetzgeber der DDR entgegen dem zunächst unter § 1 Abs. 4 definierten "weiten" Lotteriebegriff in Wirklichkeit vom herkömmlichen Lotteriebegriff ausgegangen sei, wie er für den Geltungsbereich der "mitgeschleppten" Regelungen des StGB und des Rennwett- und LotterieG anzuwenden sei, vermag das demgegenüber nicht zu überzeugen. Denn der unter § 5 Abs. 2 lit c) der SlgLottVO vom Antragsteller der Genehmigung u.a. geforderte Nachweis der Rentabilität der Lotterie sowie der regelmäßigen Gewinnausschüttung von 60% der geplanten Einnahmen, läßt sich ebensogut bei einer auf der Grundlage von Mindesteinsätzen, deren Höhe im übrigen von den Spielteilnehmern nach freien Ermessen bestimmt werden können, geplanten Lotterie führen. Eine indizielle Wirkung dergestalt, daß nur dem "klasssichen" Lotteriebegriff unterfallende Glücksspielvarianten vom Anwendungsbereich der SlgLottVO erfaßt werden können, läßt sich dieser Bestimmung daher nicht entnehmen. Gleiches gilt im Hinblick auf die unter § 13 Abs. 1 der SlgLottVO getroffene Regelung, nach welcher der kleinste Gewinn mindestens das doppelte des Lospreises betragen muß. Daß - wie dies der Beklagte aber einwendet - daraus auf einen von vorneherein durch den Veranstalter festgelegten, der Willkür der Spieler entzogenen Einsatz geschlossen werden müsse, läßt sich dem nicht entnehmen. Vielmehr kann auch bei einem lediglich durch einen Mindestbetrag bestimmten, im übrigen aber variablen Lospreis durch den Veranstalter die Höhe des in Aussicht gestellten Gewinns auf das Doppelte des von einem Spieler tatsächlich gezahlten Einsatzes festgelegt werden. Eine abweichende Würdigung läßt sich weiter auch nicht dem Umstand entnehmen, daß die SlgLottVO DDR gemäß der dort unter § 14 getroffenen Regelung die Bestimmungen des Rennwett- und LotterieG vom 08.04.19922 unberührt läßt. Dabei ist es zwar richtig, daß dieses Reichgesetz den "klassischen" Lotteriebegriff zugrundelegte. Dem unter § 14 Abs. 1 SlgLottVO enthaltenen Verweis auf die fortgeltende Anwendbarkeit der Vorschriften des Rennwett- und LottG kommt ersichtlich jedoch nur als Hinweis auf die steuerrechtlichen Konsequenzen der Veranstaltung einer Lotterie i.S. der SlgLottVO Bedeutung zu, wie u.a. der Umstand belegt, daß mit der - später - durch Beschluß des Ministerrats vom 18.09.1970 vorgenommenen Neufassung des Rennwett- und Lotteriegesetzes eine Neufassung gerade von Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Steuern und Abgaben vorgenommen wurde. Daß die SlgLottVO ihrem Anwendungsbereich nach nur den klassischen Lotteriebegriff erfasse, läßt sich dem vorbezeichneten Verweis auf das Rennwett- und Lotteriegesetz vom 08.04.1922 daher ebenfalls nicht entnehmen.

Ergeben sich folglich schon aus dem auch durch die übrigen Bestimmungen der SlgLottVO vom 18.02.1965 nicht entkräfteten Wortlaut der unter § 1 Abs. 4 formulierten Legaldefinition Anhaltspunkte dafür, daß der Gesetzgeber der DDR damit unter Abrücken vom "klassischen" Lotteriebegriff einen eigenständigen "weiten" Lotteriebegriff zur Anwendung bringen wollte und gebracht hat, sprechen hierfür maßgeblich auch systematische Erwägungen. Unverkennbar entspach es dem wirtschaft- und gesellschaftpolitischen Streben der DDR, die privaten Möglichkeiten der gewerbsmäßigen Gewinnerzielung zu beschränken, zumindest aber diese Möglichkeiten weitgehend zu regulieren und zu kanalisieren. Dieser restriktiven Sichtweise entspricht es, einerseits die Voraussetzungen der Genehmigungspflicht für Veranstaltungen, die eine Einnahmequelle auch für private Veranstalter eröffnen können, möglichst weitgehend, andererseits jedoch die Genehmigungsfähigkeit solcher Veranstaltungen durch andere als staatliche Monopolbetriebe möglichst eng zu definieren. Schon vor diesem Hintergrund spricht alles dafür, den in der SlgLottVO DDR, die im übrigen unter den §§ 2 lit h) und i), 5 Abs. 1 und Abs. 2 enge Zulässigkeitsschranken für die Genehmigungsfähikeit öffentlicher Lotterien formuliert, definierten Lotteriebegriff in einer eng am Wortlaut orientierten Auslegung "weit" zu verstehen. Eine am "klassichen" Lotteriebegriff orientierte Auslegung des in der SlgLottVO verwendeten Lotteriebegriffs widerspräche daher nicht nur dem Wortlaut der in § 1 Abs. 4 SlgLottVO vorgenommenen Legaldefinition, sondern vor allem auch der unverkennbaren Tendenz, Glücksspiele als gewerbsmäßige Einnahmequelle privaten Unternehmern weitestgehend zu verschließen.

Dafür, daß der DDR Gesetzgeber der SlgLottVO einen eigenständigen, sich vom "klassichen" Lotteriebegriff in der ihm bereits durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts gegebenen Ausprägung entfernenden "weiten" Lotteriebegriff zugrundegelegt hat, spricht ergänzend auch der Umstand, daß die DDR in verhältnismäßig zeitnahem Abstand, nämlich mit Wirkung zum 1. Juli 1968 in ihrem zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Strafgesetzbuch eine grundsätzliche Revison insbesondere der zum Glückspielverbot vorhandenen Strafvorschriften vornahm, wie sie in dem bis dahin noch gültigen StGB a.F. vorhanden waren. In dieses "sozialistische" Strafgesetzbuch der DDR waren die zuvor vorhandenen Bestimmungen betreffend verbotene Glücksspiele, Lotterien und Sammlungen (§§ 284 ff StGB a.F.) nicht mehr eingestellt. Daß der DDR-Gesetzgeber in Abkehr von der bisherigen Verbotspraxis nunmehr eine Lockerung betreffend die Veranstaltung von Glücksspielen einführen wollte, läßt sich dem allerdings nicht entnehmen. Wie die vom Ministerium der Justiz der DDR herausgegebene Kommentierung u.a. zu § 249 Abs. 2 StGB DDR ("Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch asoziales Verhalten") offenbart, beanspruchte das bis dahin eingreifende Glücksspielverbot vielmehr weiterhin Geltung. Denn die von der genannten Strafvorschrift des StGB DDR umschriebenen Tatbestände "asozialen" Verhaltens sollten auch solche Begehungsweisen erfassen können, in der sich der Betroffene auf unlautere Weise - beispielsweise "durch illegale Glücksspiele" - Mittel zum Lebenunterhalt verschafft (vgl. Ministerium der Justiz der DDR (Hrsg.) u.a., Strafrecht der Deutschen Demokratischen Republik, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 5. Auflage, Anm. 9 zu § 249 StGB DDR). Danach sollte zwar nicht vom auch bisher gültigen Glücksspielverbot der bis dahin "mitgeschleppten" Strafvorschriften als solche Abstand genommen werden. Der Umstand der vollständigen Überarbeitung dieser Strafvorschriften spricht jedoch für eine weitgehende Verselbständigungstendenz des DDR-Gesetzgebers, die wiederum das Zugrundelegen eines eigenständigen, sich von dem Begriff der Lotterie im herkömmlichen klassischen Verständnis lösende Definition in der zeitnah entstandenen SlgLottVO vom 18.2.1965 nachvollziehbar und plausibel macht.

Das sich folglich aus der SlgLottVO DDR vom 18.02.1965 für die Rennwetten des Beklagten ergebende Genehmigungerfordernis ist schließlich auch nicht etwa durch das Inkrafttreten des GewerbeG DDR vom 06.03.1990 obsolet geworden. Soweit der Beklagte - gestützt auf das von ihm vorgelegte Gutachten u.a. des Prof. Dr. Ba. vom 07.11.1997 (dort S. 15 ff/20) - den Standpunkt vertritt, die nach dem GewerbeG vorgeschriebene Gewerbeerlaubnis habe als "spezielle" Regelung die sich aus der SlgLottVO vom 18.02.1965 ergebende Genehmigungspflicht verdrängt bzw. die SlgLottVO sogar vollständig abgelöst, vermag das keine abweichende Würdigung zu rechtfertigen. Diesem Standpunkt fehlt zum einen bereits im Hinblick auf die in dem GewerbeG DDR vom 06.03.1990 in Verbindung mit der dazu ergangenen DurchführungsVO vom 08.03.1990 selbst getroffenen Regelungen die Überzeugungskraft. Denn § 16 Abs. 1 GewerbeG DDR vom 06.03.1990 sah die Fortgeltung spezieller, für einzelne Gewerbearten existierender Rechtsvorschriften vor. § 3 Abs. 4 der zum GewerbeG DDR ergangenen DurchführungsVO vom 08.03.1990 bestimmte wiederum, daß die in den Absätzen 1 und 2 der erwähnten Vorschrift beschriebenen Voraussetzungen der persönlichen und sachlichen Eignung für die Erteilung einer Gewerbeerlaubnis die für eine gewerbliche Tätigkeit in Rechtsvorschriften festgelegten spezifischen Genehmigungen, Erlaubnisse oder Zulassungen nicht berühren. Sahen die genannten Vorschriften des GewerbeG der DDR sowie der dazu ergangenen DurchführunsVO danach aber selbst den Rückgriff auf in daneben bestehenden, besondere Genehmigungs- und Zulassungsvorausetzungen für bestimmte Gewerbearten formulierende Rechtsvorschriften vor, spricht dies nicht nur gegen die generelle Ablösung dieser speziellen Vorschriften durch das GewerbeG, sondern auch dagegen, daß die auf der Grundlage des GewerbeG DDR einzuholende und ggf. erteilte Genehmigung die Erforderlichkeit einer in bezug auf bestimmte Gewerbearten, darunter das hier betroffene Glücksspiel gegen Geld, bestehenden besonderen Genehmigung verdrängt oder diese mitumfaßt. Zum anderen spricht aber auch die dem GewerbeG der DDR unverkennbar zugrundeliegende Tendenz, eine Angleichung an die bundesdeutschen Rechtsvorschriften bzw. das danach geltende Prinzip der Gewerbefreiheit herbeizuführen, gegen eine Ablösung der SlgLottVO DDR vom 18.02.1965 bzw. des sich daraus ergebenden spezifischen Genehmigungserfordernisses für öffentliche Lotterien. Denn auch das nach bundesdeutschen Maßstäben in den §§ 284 ff StGB unter Erlaubnisvorbehalt gestellte Glücksspielverbot sowie die dazu im einzelnen ergangenen landesrechtlichen Regelungen der alten Bundesländer, die - soweit überhaupt die Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele durch private Unternehmer für zulässig erachtet wird - Zugangsvoraussetzungen und Einzelheiten der Abwicklung derartiger Veranstaltungen enthalten (vgl. beispielhaft § 1 des Gesetzes über die Zulasssung von Sportwetten des Landes Hessen vom 16.02.1949 sowie die §§ 1 f, 4 ff des Gesetzes über Sportwetten des Landes Niedersachsen i.d.F. vom 19.08.1970), stellen sich insoweit als "Eingriff" in das Prinzip der Gewerbefreiheit dar. Daß im übrigen auf Seiten der Gesetzgeber der DDR mit dem Inkrafttreten des GewerbeG vom 06.03.1990 ein derart weitgehender Paradigmenwechsel vollzogen werden sollte, daß die Erlaubnispflicht für die Ausübung bestimmter Gewerbe, insbesondere die gewerbsmäßige Veranstaltung des Glückspiels gegen Geld durch Private nur noch anhand des GewerbeG zu bestimmen sein sollte, kann - über die vorerwähnten Gesichtspunkte hinaus - auch angesichts des numerus clausus der nach Maßgabe von § 17 Abs. 2 GewerbeG DDR aufgehobenen Altgesetze nicht bloß mit dessen Liberalisierungstendenz begründet werden.

Soweit der Beklagte unter Vorlage des Privatgutachtens Prof. Dr. Bö. die Auffassung vertritt, gleichwohl sei die ihm unter dem 11.04.1990 erteilte Gewerbeerlaubnis nach dem Verwaltungsrecht der DDR wirksam und ausreichend gewesen, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließebn. Das Gutachten bezieht sich nämlich auf die Folgen von "Mitwirkungshandlungen anderer Organe im Verfahren" (vgl. GA 438), wie sie auch im bundesdeutschen Versicherungsrecht - etwa wenn das Einvernehmen weiterer Behörden verlangt wird - seit jeher geläufig sind. Demgegenüber geht es hier um das Erfordernis von zwei in verschiedenen Verwaltungsverfahren einzuholende Genehmigungen auf Kreis- bzw. Regierungsebene; die Genehmigung des Kreises konnte bei dieser Sachlage die Genehmigung des Innenministeriums nicht ersetzen. Da eine erforderliche Genehmigung überhaupt nicht erteilt war, geht auch die weitere Argumentation in dem Gutachten Bönninger fehl, aus Gründen des Vertrauensschutzes sei auch schon nach DDR-Recht eine Aufhebung von Verwaltungsakten nur unter engen Voraussetzungen zulässig gewesen.

Bedurfte der Beklagte nach alledem für die von ihm angebotenen Sportwetten noch während des Bestehens der DDR über die mit Bescheid des Rates des Kreises Lö. vom 11.04.1990 ggf. erteilte Gewerbeerlaubnis hinaus zusätzlich der Genehmigung nach Maßgabe der SlgLottVO DDR vom 18.02.1965, so stellt sich seine Tätigkeit ungeachtet der in Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrages erstreckten Wirksamkeit dieser Gewerberlaubnis als ein dem strafrechtlichen Glücksspielverbot des § 284 StGB zuwiderhandelndes Verhalten dar. Dessen Unterlassung kann die Klägerin dabei auch gemäß § 1 UWG verlangen, weil die Verletzung des strafrechtlich normierten Glücksspielverbots im Streitfall ohne weiteres den wettbewerblichen Unlauterkeitsvorwurf begründet.

Denn die durch das Verhalten des Beklagten im Streitfall verletzte Strafvorschrift des § 284 StGB ist als eine werthaltige bzw. wertbezogene Norm einzuordnen. Die Verletzung derartiger wertbezogener Normen, denen entweder eine dem Schutzzwecke des UWG entsprechende sittlichrechtliche Wertung zugrundeliegt oder die besonders wichtige Gemeinschaftgüter schützen oder die einen unmittelbaren Wettbewerbsbezug aufweisen, begründet grundsätzlich zugleich einen Wettbewerbsverstoß. In diesen Fällen ist ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs schon als solches unlauter, ohne daß es des Hinzutretens weiterer Umstände oder einer zusätzlichen wettbewerblichen Relevanz bedarf (vgl. BGH GRUR 1987, 172/176 -"Unternehmensberatungsgesellschaft I"-; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Auflage, Rdn. 611 zu § 1 UWG; Köhler (Piper, UWG, Rdn. 323 zu § 1 UWG - jeweils mit weiteren Nachweisen). Dem stehen die aus Gründen ordnender Zweckmäßigkeit erlassenen sog. wertneutralen Normen gegenüber, deren Verletzung nur bei Hinzutreten besondere Unlauterkeitsmomente den Vorwurf wettbewerblicher Unlauterkeit zu begründen vermag. Die Abgrenzung, ob eine Norm in diesem Sinne als wertbezogen oder wertneutral einzuordnen ist und ob daher ihr lauterkeitsrechtlicher Gehalt oder ihre Wettbewerbsbezogenheit bereits für sich allein zur Bejahung der wettbewerblichen Sittenwidrigkeit ausreicht, bedarf dabei jeweils der wertenden Beurteilung nach dem Schutzzweck und nach der Funktion einschließlich des Regelungsgehalts der verletzten Einzelvorschrift (Köhler/Piper, a.a.O., Rdn. 324/328 zu § 1 UWG; Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Rdn. 613 f zu § 1 UWG - jeweils mit weiteren Nachweisen). Ergibt sich danach, daß die in Frage stehende Norm entweder selbst Ausdruck eines sittlichen Gebots ist oder aber ihre Einhaltung wegen ihrer besonderen Zielsetzung bzw. ihres Normzwecks einem sittlichen Gebot entspricht, so handelt es sich um eine wertbezogene Vorschrift. Das im Streitfall betroffene, vom Beklagten verletzte strafrechtliche Glücksspielverbot ist nach diesen Maßstäben als ein rechtliches fundiertes Sittengebot, mithin als wertbezogen einzuordnen.

Auch wenn die Frage nach dem der Vorschrift des § 284 StGB zugrundeliegenden Schutzzweck nicht einheitlich beantwortet wird, wird dieser nach zutreffender überwiegender Meinung darin gesehen, daß das Vermögen der Mitspieler vor der Ausuferung ihrer eigenen natürlichen Spielleidenschaft sowie vor der wirtschaftlichen Ausbeutung durch andere bewahrt werden soll (BVerfG 28, 119/148; BGHSt 11, 209/210; BVerwG 4, 294/297; BverwG NVwZ 1995, 475/477; Schönke-Schröder-Eser, StGB, Auflage, Rdn. 2 zu § 284; v.Bubnoff/Leipziger Kommentar, a.a.O., Rdn. 4 Vor § 284 m.w.N.). Das unter Erlaubnisvorbehalt gestellte Glücksspielverbot dient danach zwar nicht der völligen Verhinderung einer solchen Gefährdung, sondern der staatlichen Kontrolle und Zügelung der von den aleatorichen Reizen des Glückspiels ausgehenden Einwirkungen, die als solche nicht grundsätzlich als sittlich verwerflich eingeordnet werden, deren Auswirkungen dies bei ungezügeltem Appell an die dem Menschen eigene Spielleidenschaft und deren unkontrolliertem Ausleben jedoch sein können. Dafür spricht auch die Gesetzesbegründung zur Novelle der §§ 284 ff StGB (BT-Drucksache 13/8587 v. 25.09.1997, S. 67), nach welcher mit dem in § 284 StGB normierten Verbot, Glücksspiele ohne behördliche Erlaubnis zu veranstalten, u.a. eine Ausnutzung des natürlichen Spieltriebs aus privaten oder gewerblichen Gewinnzwecken ebenso wie die übermäßige Anregung der Nachfrage nach Glücksspielen verhindert werden soll. Mit Blick auf diese Schutzwecke dient das in § 284 StGB normierte Verbot, Glücksspiele ohne behördliche Erlaubnisse zu veranstalten, aber nicht lediglich aus Gründen ordnender Zweckmäßigkeit dazu, ein mit verwaltungsrechtlichen Vorschriften, nämlich den diversen Genehmigungserfordernissen, nicht konformes Verhalten zu sanktionieren. Die mit dem Glücksspielverbot verbundene Zielsetzung bringt vielmehr das über diesen Gesichtspunkt ordnender Zweckmäßigkeit weit hinausreichende Verbot der Beeinträchtigung wichtiger Gemeinschaftsgüter zum Ausdruck, dessen Einhaltung einem sittlichrechtlichen Gebot entspricht. Denn unverkennbar erschöpft sich die mit einer unkontrollierten Ausnutzung der Spielleidenschaft der Bevölkerung einhergehende Gefahr nicht lediglich in einer individuellen Vermögensgefährdung. Im Hinblick auf die nach dem aktuellen Stand der modernen Kommunikation gegebenen Möglichkeiten der massenhaften Verbreitung von Glücksspielangeboten und der dementsprechend gegebenen Beteiligungsmöglichkeiten weiter Bevölkerungskreise besteht vielmehr bei ungezügelter und unkontrollierter Ausbeutung der Spielleidenschaft die Gefahr einer bis zur Beeinträchtigung der Esxistenzgrundlage einer Vielzahl von Personen gehenden Vermögengefährdung, die sich in hohem Maße sozialschädlich auswirken kann. Vor diesem Hintergrund sieht der Senat Anlaß, von der durch das Reichsgericht im Jahre 1926 (RG Z 115, 321/326) vertretenen Ansicht abzurücken, wonach allein eine ohne die vorgeschriebene behördliche Erlaubnis veranstaltete unerlaubte Ausspielung an sich noch nicht als sittenwidrig im Sinne von § 1 UWG eingeordnet werden könne. Denn im Hinblick auf die vorstehend beschrieben, im Jahre 1926 in dieser Form noch nicht vorhandenen Möglichkeiten der Ansprache und Erreichbarkeit breiter Bevölkerungskreise sowie der mit der zügellosen Ausnutzung der Spielleidenschaft vebündenen Gefahr der Beeinträchtigung der Existenzgrundlage einer beträchtlichen Anzahl von Personen, wohnt unerlaubten Glücksspielen die Eignung zu einer erheblichen Sozialschädlichkeit inne, die offenkundig Interessen des Allgemeinwohls tangiert. Diese über Gesichtspunkte ordnender Zweckmäßigkeit hinausgehende, mit dem Glückspielvebot verbundene Funktion, zumindest auch der Vermeidung sozialschädlicher Folgen unkontrollierten Glücksspiels zu dienen und die daraus dem Allgemeinwohl drohenden Gefahren abzuwenden, rechtfertigt es aber, die im Streitfall mit der unerlaubten Veranstaltung der Sportwetten durch den Beklagten verletzte Norm des § 284 StGB als wertbezogen einzuordnen, deren Verletzung ohne das Hinzutreten besonderer Unlauterkeitsmomente den wiederum für den Unterlassungstatbestand des § 1 UWG vorauszusetzenden wettbewerblichen Sittenwidrigkeitsvorwurf begründet.

Der vom Beklagten geltend gemachte Verwirkungseinwand vermag schließlich ebenfalls keine abweichende Entscheidung herbeizuführen. Unabhängig davon, inwiefern dieser Verwirkungseinwand nicht schon wegen der von dem Wettbewerbsverstoß des Beklagten betroffenen wesentlichen Interessen der Allgemeinheit ausgeschlossen ist, ist jedenfalls nicht ersichtlich, inwiefern sich auf Seiten des Beklagten durch das Verhalten gerade der Kägerin ein Vetrauenstatbestand dahin bilden konnte, diese werde das Angebot der streitgegenständlichen Sportwetten hinnehmen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer orientiert sich am Wert des Unterliegens des Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit.






OLG Köln:
Urteil v. 21.10.2002
Az: 6 U 195/97


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/a73c3105af04/OLG-Koeln_Urteil_vom_21-Oktober-2002_Az_6-U-195-97




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