Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Januar 2006
Aktenzeichen: 32 W (pat) 152/04
(BPatG: Beschluss v. 18.01.2006, Az.: 32 W (pat) 152/04)
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Mai 2004 aufgehoben.
Gründe
I.
Die am 5. Juni 2003 für Waren und Dienstleistungen in den Klassen 9, 35, 40 und 41 angemeldete Wortmarke Motobikeist seitens der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts durch Beschluss eines Regierungsangestellten des höheren Dienstes vom 7. Mai 2004 teilweise, nämlich fürkinematographische Filme, bespielte Videobänder, auf sonstigen Trägermaterialien gespeicherte Filme und Bildsequenzen; Videos aller Art, insbesondere Industrievideos; Veranstaltung von Messen zu gewerblichen und/oder Werbezwecken, Werbung aller Art, insbesondere Rundfunk-, Fernseh-, Kino- und Internetwerbung; Herstellung von Videos aller Art für Dritte, insbesondere von Industrievideos; Organisation von Messen für kulturelle und/oder Unterrichtszwecke; Filmproduktion und Videofilmproduktion, insbesondere von Werbefilmen, Marketingfilmen und Fernsehsendungen, Computeranimationen; Produktion von Filmtexten, Drehbüchern; Rundfunk- und Fernsehunterhaltung; Veranstaltung sportlicher Wettbewerbewegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen worden.
Das Markenwort "Motobike" (mit der Bedeutung "Motorrad") werde als Sachhinweis auf Gegenstand und Thematik der versagten Waren und Dienstleistungen verstanden. Dem Beschluss waren Ausdrucke mehrerer Internetseiten zum Beleg der tatsächlichen Verwendung der angemeldeten Bezeichnung beigefügt.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Sie hat zunächst die Anmeldung hinsichtlich sämtlicher von der Markenstelle versagter Waren und Dienstleistungen verteidigt und auf sonstige eingetragene Marken, welche die Titel von Fernsehsendungen verkörpern, hingewiesen. In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin Unterlagen zu der im Deutschen Sportfernsehen (DSF) ausgestrahlten Fernsehsendung "Motobike" vorgelegt. Sie stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die angemeldete Marke einzutragen, mit der Maßgabe, dass die Anmeldung hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme der Dienstleistungen "Werbung aller Art, insbesondere Rundfunk-, Fernseh-, Kino- und Internetwerbung" und "Organisation von Messen für kulturelle und/oder Unterrichtszwecke" zurückgenommen wird.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und hinsichtlich der jetzt noch beanspruchten beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen auch begründet, weil insoweit keine Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG einer Eintragung entgegenstehen.
Dass "Motobike" für die betreffenden Dienstleistungen unmittelbar beschreibend im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG wäre, ist nicht ersichtlich; die Markenstelle hat ihre Entscheidung auch nicht auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt gestützt.
Die Bezeichnung "Motobike" verfügt insoweit auch über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft. Unter dieser versteht man die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die beanspruchten Dienstleistungen (und Waren) eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Hauptfunktion einer Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist - unbeschadet der erforderlichen, auf den Einzelfall bezogenen sorgfältigen und gründlichen Prüfung - grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Kann einer Marke kein für die fraglichen Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und/oder handelt es sich nicht um ein gebräuchliches Wort (bzw. eine Wortfolge) der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (st. Rspr.; vgl. BGH BlPMZ 2002, 85 - INDIVIDUELLE; 2004, 30 - Cityservice).
Zwar kann, wie sich auch aus den von der Markenstelle übersandten Belegstellen ergibt, nicht zweifelhaft sein, dass "Motobike" die Bedeutung "Motorrad" aufweist. Breiten Publikumskreisen ist dieser Sinngehalt vertraut, unabhängig davon, ob die im Deutschen Sportfernsehen (DSF) ausgestrahlte Seriensendung "Motobike" besondere Bekanntheit genießt. Für Werbungsdienstleistungen steht aber keine beschreibende Bedeutung im Vordergrund des Verständnisses breiter Verkehrskreise. Zwar kann Gegenstand von Werbung so gut wie jedes Wirtschaftsgut sein, somit auch Motorräder. Hierauf ist aber nicht abzustellen, sondern auf das selbständige Anbieten und Erbringen der Dienstleistung "Werbung" unter der betreffenden Bezeichnung für Dritte. Dass hier etwa der Werbeträger angegeben werden soll, liegt bei Motorrädern (anders als möglicherweise bei der Bezeichnung von Automobilen einschließlich Bussen), nicht wirklich nahe. Auch der Umstand, dass die Sendungen des Privatfernsehens, mithin auch das Format "Motobike", regelmäßig durch Werbeblöcke unterbrochen werden, macht den Werktitel der Sendung nicht zu einer beschreibenden Angabe für die Dienstleistung "Werbung".
Was die Dienstleistung "Organisation von Messen" anbetrifft, so wird diese durch den Zusatz "für kulturelle und/oder Unterrichtszwecke" maßgeblich eingeschränkt. Motorräder stellen kein typisches Kulturgut dar; es liegt auch nicht nahe, in "Motobike" den Hinweis auf eine Fachmesse zu sehen, die sich in besonderer Weise etwa an die Inhaber von Motorrad-Fahrschulen richtet.
Der angefochtene Beschluss der Markenstelle kann deshalb, soweit er noch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist, keinen Bestand haben.
BPatG:
Beschluss v. 18.01.2006
Az: 32 W (pat) 152/04
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