Finanzgericht Köln:
Beschluss vom 12. September 2002
Aktenzeichen: 10 Ko 2335/02
(FG Köln: Beschluss v. 12.09.2002, Az.: 10 Ko 2335/02)
Tenor
Anmerkung: Die Klage wurde abgewiesen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Prozessvertreter der Erinnerungsführer eine Erledigungsgebühr zusteht.
Die Erinnerungsführer klagten im Verfahren 9 K 566/95 gegen die Einkommensteuerbescheide der Jahre 1982 bis 1985. Nachdem der Erinnerungsgegner im Laufe des Klageverfahrens Änderungsbescheide erlassen hatte, wurde der Rechtsstreit betreffend die Jahre 1982 bis 1984 von den Beteiligten übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt; der Änderungsbescheid betreffend das Jahr 1985 wurde von den Klägern zum Gegenstand des Verfahrens gemacht, das insoweit unter dem Aktenzeichen 9 K 2365/96 fortgeführt wurde. Streitig waren zwei verdeckte Gewinnausschüttungen der Firma A, die auch Gegenstand eines Rechtsbehelfsverfahrens der Firma A waren.
Mit Schreiben vom 17. Juli 1998 (FG-Akte Bl. 62) teilte der Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsführer mit, die aus der Betriebsprüfung der Firma A streitig gebliebenen Sachverhalte würden voraussichtlich einvernehmlich mit der Betriebsprüfung geklärt, sodass das Klageverfahren bis dahin ruhen könne. Mit Schreiben vom 17. Juli 2000 teilte der Erinnerungsgegner mit, dass am 17. September 1998 im Rahmen der Betriebsprüfung der Firma A eine Zwischenbesprechung stattgefunden habe, bei der eine einvernehmliche Verständigung erzielt erzielt worden sei (FG-Akte Bl. 73). Auf dieser Grundlage wurde in der Folgezeit dann auch der Einkommensteuerbescheid 1985 der Erinnerungsführer geändert. Die Beteiligten erklärten daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Die Kosten des Verfahrens wurden mit Beschluss vom 7. November 2000 dem Beklagten auferlegt.
Mit seinem Kostenfestsetzungsantrag beantragte der Prozessbevollmächtigte u.a. den Ansatz einer Erledigungsgebühr. Der Erinnerungsgegner machte im Anhörungsverfahren insoweit geltend, eine Erledigungsgebühr sei nicht entstanden, da die Erledigung nicht auf ein besonderes Tätigwerden des Prozessbevollmächtigten hin zustande gekommen sei. Der Prozessbevollmächtigte habe lediglich einem Erledigungsvorschlag des Erinnerungsgegners zugestimmt. Daraufhin wurde der Ansatz einer Erledigungsgebühr im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25. Februar 2002 mit der Begründung abgelehnt, es habe an der erforderlichen Mitwirkung bei der Erledigung gefehlt.
Die Erinnerungsführer machen geltend, der vom Erinnerungsgegner formulierte Erledigungsvorschlag beruhe auf einer Mitteilung des FA für Großbetriebsprüfung B. Der erzielten Verständigung seien zahlreiche Verhandlungen des früheren Prozessbevollmächtigten vorausgegangen. Die Erledigung sei daher auf diese Verhandlungen und damit auf das besondere Tätigwerden des früheren Prozessbevollmächtigten zurückzuführen.
Der Erinnerungsgegner ist der Ansicht, entscheidend für das Entstehen der Erledigungsgebühr sei ein Tätigwerden des Prozessbevollmächtigten gegenüber dem Erinnerungsgegner. Auf die Kontakte zum Finanzamt für Großbetriebsprüfung im Rahmen der Betriebsprüfung eines anderen Steuerpflichtigen könne es nicht ankommen.
II. Die Erinnerung ist unbegründet. Die Verhandlungen des Prozessbevollmächtigten mit Finanzämtern im Rahmen einer Betriebsprüfung oder im Rechtsbehelfsverfahren eines anderen Steuerpflichtigen stellen keine besondere "Mitwirkung bei der Erledigung" durch den Prozessbevollmächtigten dar.
1. Erledigt sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Zurücknahme oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts, so erhält der Rechtsanwalt, der bei der Erledigung mitgewirkt hat, eine volle Gebühr (§ 24 BRAGO). Nach welchen Gesichtspunkten der Begriff "mitwirken" an der Erledigung auszulegen ist, wird in der Rechtsprechung und im Schrifttum nicht einheitlich beurteilt.
a) Nach einer teilweise vertretenen Rechtsauffassung fällt die Erledigungsgebühr bereits an, wenn der Prozessbevollmächtigte in der Klagebegründung Argumente vorträgt, die das Gericht oder die Verwaltungsbehörde mit der Folge der Erledigung ohne Urteil überzeugen (vgl. insoweit die Nachweise bei Tipke/Kruse, AO/FGO,
§ 139 FGO Rz 99). Dagegen spricht jedoch, dass die Erledigungsgebühr einen Ersatz für die Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO darstellt, die in öffentlichrechtlichen Streitsachen nur ausnahmsweise in Betracht kommt (vgl. § 23 Abs. 3 BRAGO). Auch die Vergleichsgebühr wird nicht bereits durch die allgemeine Prozessführung (Klageerhebung und Begründung derselben) verdient; erforderlich ist vielmehr eine darüber hinaus gehende Mitwirkung beim Abschluss oder bei der Vorbereitung eines Vergleichs, auch wenn die Vergleichsbereitschaft des Gegners durch die allgemeine Prozessführung gefördert wird (FG Köln, Beschl. v. 02. Juli 2001 - 10 Ko 2725/01 - EFG 2001, 1321). Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Prozessbevollmächtigte im finanzgerichtlichen Verfahren gegenüber einem Rechtsanwalt privilegiert werden sollte, der im Zivilprozess eine auf einen Vergleich gerichtete Tätigkeit entfaltet. Deshalb kommt als "Mitwirkung bei der Erledigung" nur eine besondere Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten in Betracht, die die materielle Erledigung des Rechtsstreits ohne Urteil herbeiführt und die über die bereits mit der Prozess- oder Verhandlungsgebühr abgegoltene Einlegung und Begründung des Rechtsbehelfs hinausgeht (BFH-Beschluss vom 16. Dezember 1969 VII B 45/68, BStBl II 1970, 251).
b) Das erforderliche Mitwirken kann beispielsweise in dem Unterbreiten eines Erledigungsvorschlags bestehen. Denkbar ist auch ein Einwirken auf eine vorgesetzte Behörde, das die Aufhebung/Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts nach sich zieht. Diese Tätigkeit muss jedoch nach Ansicht des erkennenden Senats in dem zu beurteilenden Streitverfahren selbst erfolgen. Die Verhandlungen des Prozessbevollmächtigten mit Finanzämtern im Rahmen einer Betriebsprüfung oder im Rechtsbehelfsverfahren eines anderen Steuerpflichtigen stellen keine besondere "Mitwirkung bei der Erledigung" im Streitverfahren selbst dar, weil diese Tätigkeiten bereits mit den Gebühren in dem/den Verfahren des anderen Steuerpflichtigen abgegolten sind.
2. Im Streitfall hat der frühere Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsführer entsprechende Mitwirkungsleistungen lediglich im Verfahren der Firma A erbracht. Der neue Prozessbevollmächtigte hat letztlich lediglich einem Erledigungsvorschlag des Erinnerungsgegners zugestimmt, der auf den Ergebnissen der Verhandlungen im Verfahren der Firma A beruhte. Diese Tätigkeit war keine besondere Leistung sondern Teil der allgemeinen Prozessführung, die bereits mit der Prozessgebühr abgegolten ist. Sie halten sich im Rahmen dessen, was von einem mit der Prozessführung beauftragten Bevollmächtigten im Allgemeinen zu erwarten ist.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Entscheidung über die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ergeht gerichtsgebührenfrei, weil das Kostenverzeichnis (Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz) eine Gebühr für diesen Beschluss nicht vorsieht. Die Pflicht zur Kostentragung beschränkt demgemäß auf die Auslagen des Gerichts und die außergerichtlichen Kosten.
FG Köln:
Beschluss v. 12.09.2002
Az: 10 Ko 2335/02
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