Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. Februar 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 32/04
(BPatG: Beschluss v. 02.02.2005, Az.: 32 W (pat) 32/04)
Tenor
Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 27. März 2003 und vom 28. November 2003 aufgehoben, soweit der angemeldeten Marke die Eintragung für die Dienstleistungen "Erziehung; Ausbildung; sportliche Aktivitäten; Produktion und Vermietung von Filmen, Videofilmen und Tonaufnahmen, Veranstaltung von Kolloquien und Seminaren; Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen; persönliche und soziale Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse, insbesondere Vermittlung von Bekanntschaften" versagt worden ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die am 12. April 2002 für die Dienstleistungen
"41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; insbesondere Betrieb eines Clubs (Unterhaltung und Unterricht), Dienstleistungen bezüglich Freizeitgestaltung, Produktion und Vermietung von Filmen, Videofilmen und Tonaufnahmen, Veranstaltung von Kolloquien und Seminaren, Darbietung von künstlerischen Installationen und künstlerischen Aufführungen, insbesondere in lichtlosen Räumen;
43: Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen, insbesondere Verpflegung von Gästen in Restaurants, Betrieb einer Bar;
45: persönliche und soziale Dienstleistungen, betreffend individuelle Bedürfnisse, insbesondere Vermittlung von Bekanntschaftenangemeldete Wortmarke Dunkelbühnehat die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts nach vorangegangener Beanstandung mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren durch eine Beamtin des höheren Dienstes ergangen ist, von der Eintragung zurückgewiesen.
Der sprachüblichen Wortneubildung "Dunkelbühne" fehle für sämtliche Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft. Der Begriff besage, daß Veranstaltungen verschiedener Art in einem dunklen Raum mit Bühne stattfinden; in diesem Sinne verwende ihn der Anmelder selbst, wie sich aus seinen Internet-Seiten ergebe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er beantragt (sinngemäß), die angefochtenen Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und die Eintragung der angemeldeten Marke zu beschließen.
Das mehrdeutige Wort Dunkelbühne sei nicht unmittelbar dienstleistungsbeschreibend, sondern, gerade weil es vielfältige und teilweise widersprüchliche Assoziationen auslöse, als betrieblicher Herkunftshinweis geeignet. Ein aktuelles oder zukünftiges Freihaltebedürfnis sei nicht erkennbar; das Wort werde nur von ihm - dem Anmelder - selbst als Etablissementsbezeichnung verwendet.
Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig und teilweise - hinsichtlich der in der Beschlußformel genannten Dienstleistungen - auch begründet. Im übrigen ist ihr der Erfolg zu versagen.
1. Für sämtliche Dienstleistungen, die mit den Bereichen Unterhaltung und Verpflegung von Gästen in Verbindung stehen, entbehrt die angemeldete Marke des erforderlichen Mindestmaßes an Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr 1 MarkenG), weil insoweit ein dienstleistungsbezogenes Verständnis des angesprochenen Verkehrs im Vordergrund steht. Die Fassung des Dienstleistungsverzeichnisses gibt keinen Anlaß für die Annahme, die betreffenden Angebote richteten sich etwa - ausschließlich oder auch nur vorzugsweise - an Blinde (welche Unterschiede zwischen hell und dunkel nicht unmittelbar wahrnehmen können). Für das allgemeine Publikum liegt ein Wortverständnis von "Dunkelbühne" nahe, wonach die betreffenden Unterhaltungs- und Gastronomiedienstleistungen im Dunkeln, sei es einer dunklen (dh unbeleuchteten oder abgedunkelten) Bühne als Teil eines Theatersaals (bzw. sonstigen Veranstaltungsraums), sei es eines insgesamt dunklen Raums, stattfinden. Das Wort "Bühne" bezeichnet nämlich nicht nur den abgegrenzten Teil des Theaters, Konzertsaals usw., wo die Aufführung stattfindet, sondern auch eine derartige Institution im Ganzen (vgl Volksbühne, Schaubühne). Im übrigen ist die Verbindung von gastronomischen mit Unterhaltungsangeboten (zB Variete) nicht neu und hat in den letzten Jahren durch Veranstaltungen wie etwa "Pomp, Duck and Circumstance" oder "Palazzo", die in zahlreichen deutschen Städten stattfinden (oder stattgefunden haben), neuen Auftrieb erhalten.
Zwar mag die Wortzusammenstellung "Dunkelbühne" als solche neu sein, sie entspricht aber - wie bereits die Markenstelle dargelegt hat - gängigen Begriffen der deutschen Sprache (Dunkelkammer, Lichtbühne) und bereitet keine Verständnisschwierigkeiten. Vergleichbare Dienstleistungsangebote - Unterhaltung und Speisen im Dunkeln - gibt (oder gab) es bereits in verschiedenen Orten Deutschlands. Der Sinn solcher Veranstaltungen könnte darin liegen, daß die Besucher auf diese Weise, wenn sie auf andere Sinneseindrücke angewiesen sind als das Augenlicht, mehr Verständnis für die Situation und die Probleme blinder Menschen entwickeln. In diesem Zusammenhang ist auch auf die vor einiger Zeit durchgeführte Ausstellung "Dialog im Dunkeln" hinzuweisen, über die Presseberichte erschienen sind.
Das Wort "Dunkelbühne" ist daher nicht geeignet, auf einen (einzigen) Betrieb hinzuweisen, welcher derartige Dienstleistungen anbietet, unabhängig davon, ob in Berlin und Umgebung Mitbewerber des Anmelders vorhanden sind. Die Frage, ob es sich zusätzlich auch um eine unmittelbar beschreibende und deshalb einem allgemeinen Freihaltungsinteresse unterliegende Angabe (gem § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) handelt, kann deshalb dahingestellt bleiben.
2. Eine andere Beurteilung ist aber für die in der Beschlußformel genannten Dienstleistungsangebote angezeigt, weil insoweit ein unmittelbar dienstleistungsbezogenes Verständnis nicht wirklich naheliegt. Zwar mag, wie oben ausgeführt, dem Konzept des Anmelders ua auch ein im weiteren Sinne pädagogisches Ziel - Veränderung des Bewußtseins und des Verhaltens Sehender im Verhältnis zu Blinden und Sehbehinderten - zugrunde liegen; als "Erziehung" im eigentlichen Sinn kann man dies aber nicht bezeichnen. Auch daß im Dunkeln jemand ausgebildet würde, liegt nicht nahe. Gerade für Schauspieler - diese hat die Markenstelle beispielsweise genannt - liegt eine solche Annahme fern, da diese neben einer Sprechausbildung auch eine solche in Bewegung, Tanz, Gestik, Mimik usw. erhalten, die nicht in dunklen Räumen vermittelt werden kann. Eine Bestimmungsangabe im Sinne der Ausbildung zum Darsteller auf einer Dunkelbühne liegt nicht nahe, weil Aufführungen oder auch nur deklamatorische Darbietungen im Dunkeln insgesamt rar sind (und wohl auch bleiben werden).
"Sportliche Aktivitäten" finden, schon wegen der Verletzungsgefahr, regelmäßig nicht im Dunkeln statt. Filme und Videofilme lassen sich aus der Natur der Sache heraus nicht in dunklen Räumen herstellen; der Ausleuchtung des Aufnahmestudios kommt im Gegenteil zentrale Bedeutung zu. Derartige Filme werden auch nicht im Dunkeln vermietet. Bei "Tonaufnahmen" benötigt zumindest der Aufnahmeleiter ein beleuchtetes Mischpult. "Kolloquien und Seminare" lassen sich vielleicht - was aber wohl eher theoretisch ist - ganz im Dunkeln durchführen; naheliegend ist dies schon deshalb nicht, weil, vor allem bei Seminaren, gedruckte oder andere Informationsmittel (zB Overhead-Projektionen) regelmäßig zum Einsatz kommen.
Anders als bei der Verköstigung von Gästen ist eine Beherbergung in völlig dunklen Räumen kaum möglich; im übrigen ergibt das Wortelement "Bühne" in diesem Zusammenhang keinen Sinn. Was mit den weiterhin beanspruchten "persönlichen und sozialen Dienstleistungen ..." gemeint ist, erschließt sich nicht ohne weiteres; der Markenstelle bleibt es unbenommen, ggf auf eine weitere Klärung vor einer endgültigen Registrierung hinzuwirken. Soweit es etwa um Bekanntschaftsvermittlung geht, kann eine solche im allgemeinen nicht im Dunkeln stattfinden, weil das Aussehen des gewünschten Partners (in Person bzw. zunächst auf der Abbildung) von zentraler Bedeutung ist.
Mithin ist "Dunkelbühne" für die im Tenor genannten Dienstleistungen nicht unmittelbar beschreibend (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) und entbehrt nicht des notwendigen Mindestmaßes an Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
Viereck Müllner Kruppa Hu
BPatG:
Beschluss v. 02.02.2005
Az: 32 W (pat) 32/04
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