Landgericht Hamburg:
Beschluss vom 18. August 2015
Aktenzeichen: 308 O 293/15
(LG Hamburg: Beschluss v. 18.08.2015, Az.: 308 O 293/15)
Tenor
1. Im Wege einer einstweiligen Verfügung - der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung - wird der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00; Ordnungshaft höchstens zwei Jahre)
verboten,
es Dritten zu ermöglichen, das Musikalbum €Farbenspiel€ der Künstlerin €Helene Fischer€ ganz oder Teile daraus, insbesondere die Tonaufnahmen
1. Fehlerfrei
2. Mit keinem anderen
3. So kann das Leben sein
4. Marathon
5. Atemlos durch die Nacht
6. Der Augenblick
7. Te Quiero
8. Captain meiner Seele
9. In diesen Nächten
10. Feuerwerk
11. Ehrlich und klar
12. Wunder dich nicht
13. Auf der Suche nach mir
14. Alice im Wunderland
15. Unser Tag
16. Ein kleines Glück
17. Weit übers Meer (feat. Santiano)
18. How am I supposed to live without you (feat. Michael Bolton)
im Internet öffentlich zugänglich zu machen, wie unter der URL https:// b..to/thema/helene-fischer-farbenspiel-special-edition-2013.1.../ und der IP-Adresse 8... geschehen.
2. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, der Antragstellerin Auskunft zu erteilen über Namen, Anschrift und Email-Adresse desjenigen Kunden, der die Domain https://b..to betreibt, deren Inhalt auf einem Server der Antragsgegnerin mit der IP-Adresse 8... gespeichert wird.
3. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens nach einem Streitwert von € 56.000.
Gründe
A.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß §§ 935 ff, 922 ZPO ist zulässig und begründet. Die Androhung der Ordnungsmittel im Tenor zu 1. beruht auf § 890 ZPO.
I.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig.
Das Landgericht Hamburg ist gemäß Art. 5 Nr. 3 LugÜ international zuständig. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg folgt aus § 32 ZPO. Gegenstand des Verfahrens ist eine unerlaubte Handlung, nämlich die nicht autorisierte öffentliche Zugänglichmachung von Aufnahmen der Interpretin Helene Fischer. Nach § 32 ZPO ist bei unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die beanstandete Handlung begangen worden ist. Das ist neben dem Ort der rechtsverletzenden Handlung auch der Ort, an dem der Erfolg der Rechtsverletzung eintritt, hier Hamburg.
II.
Die Verfügungsanträge sind begründet.
1. Der Verfügungsanspruch zu 1. ist gegeben.
a. Die Antragstellerin hat die Voraussetzungen des tenorierten Unterlassungsanspruchs aus § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG dargelegt und glaubhaft gemacht.
aa. An den Aufnahmen des streitgegenständlichen Albums bestehen die Verwertungsrechte des Tonträgerherstellers zur öffentlichen Zugänglichmachung nach § 85 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 19a UrhG. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass ihr für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland insofern ausschließliche Nutzungsrechte zustehen. Die Glaubhaftmachung folgt aus § 85 Abs. 4 i.V.m. § 10 Abs. 1 UrhG. Die Antragstellerin hat eine Kopie des Covers eines Originaltonträgers mit entsprechendem (P)-Vermerk zu ihren Gunsten vorgelegt (Anlage Ast 11).
bb. Die Antragstellerin hat dargelegt und glaubhaft gemacht, dass in ihr ausschließliches Nutzungsrecht nach §§ 85, 19a UrhG eingegriffen worden ist.
Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass eine Datei, die das streitgegenständliche Musikalbum enthielt, am 29.7.2015 auf den Servern des Filehosting-Dienstes U.net gespeichert war, wobei der Link zu der Datei über die Linksammlung http://b..to zu beziehen war. Bei Aufruf des auf der Linksammlung angebotenen Links erfolgte zunächst eine Weiterleitung zu einer ersten URL (http://l...ws/dir/nvd...) und sodann zu einer zweiten URL (http://u..net/file/rz...) bei dem Dienst U..net, über den sich eine Datei mit dem streitgegenständlichen Album abrufen ließ. Auf Anlage Ast 4 wird verwiesen.
Damit sind die in der Datei enthaltenen Musikaufnahmen im Sinne des § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht worden. Die von der Antragsgegnerin vorgerichtlich herangezogene Entscheidung des EuGH zum Az C-466/12 (Svensson/Retriever; abgedruckt etwa in GRUR 2014, 360) steht dieser Annahme nicht entgegen. Ihr ist zu entnehmen, dass ein Link auf ein Werk, das sich auf der verlinkten Webseite mit Willen des Urhebers an eine uneingeschränkte Öffentlichkeit im Internet richtet, im Ergebnis keine öffentliche Wiedergabe darstellt. Um einen solchen Sachverhalt handelt es sich hier nicht. Es liegen schon keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der fragliche Tonträger auf u..net rechtmäßig vervielfältigt wurde. Auch ist nicht ersichtlich, dass er bereits ohne die in Rede stehende Verlinkung bereits öffentlich zugänglich gemacht worden ist. Die ohne Zustimmung der Antragstellerin erfolgte öffentliche Zugänglichmachung war mithin rechtswidrig.
cc. Die Antragsgegnerin ist jedenfalls als Störerin für die Rechtsverletzung verantwortlich.
Als Störer kann nach der Rechtsprechung des BGH bei der Verletzung absoluter Rechte grundsätzlich auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt. Diese Voraussetzung liegt hier vor. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Hostprovider-Dienstleistungen die Linksammlung www.b..to speichert und an das Internet anbindet. Dadurch trägt die Antragsgegnerin zur rechtswidrigen öffentlichen Zugänglichmachung der streitgegenständlichen Musikaufnahmen durch Dritte bei. Denn erst durch die Veröffentlichung des Links auf der Linksammlung www.b..to sind die bei dem Filehosting-Dienst U..net gespeicherten Musiktitel rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht worden (vgl. dazu BGH zum Az. I ZR 18/11, Rz 16 - Alone in the Dark, s. NJW 2013, 784; Hans. OLG zum Az. 5 U 87/09).
Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung als Störer die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten voraus. Die Antragsgegnerin hat hier solche Verhaltenspflichten verletzt. Die Antragsgegnerin ist mit Schreiben vom 31.7.2015 aufgefordert worden, Maßnahmen zur Beendigung der Rechtsverletzung zu ergreifen (Anlage Ast 5). Die Antragsgegnerin war ab diesem Zeitpunkt dazu verpflichtet, die Rechtsverletzung durch ihren Kunden b..to zu unterbinden. Eine entsprechende Einwirkung auf ihren Kunden wäre der Antragsgegnerin im Rahmen ihrer vertraglichen Beziehung möglich gewesen. Sie hätte die Internetseite ihres Kunden letztlich auch abschalten können. Gegen ihre Verhaltenspflichten hat die Antragsgegnerin verstoßen. Denn es ist glaubhaft gemacht, dass auch am 11.8.2015 der Link von der Linksammlung b..to zur Datei mit dem streitgegenständlichen Musikalbum bei U..net noch abrufbar war (Anlage Ast 10). Dieser Umstand indiziert, dass die Antragsgegnerin ihren Kunden b..to nicht in erforderlicher Weise zur Unterlassung aufgefordert hat.
b. Die danach der Antragsgegnerin zurechenbare widerrechtliche Nutzung begründet die Vermutung einer Wiederholungsgefahr. Zur Ausräumung dieser Vermutung wäre die Abgabe einer ernsthaften, unbefristeten und hinreichend strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung erforderlich gewesen, wie sie vorgerichtlich erfolglos mit Abmahnung vom 6.8.2015 (Anlage ASt 8) verlangt worden ist.
2. Auch der Verfügungsanspruch für den Antrag zu 2. ist gegeben. Die Antragstellerin hat die Voraussetzungen des geltend gemachten Auskunftsanspruchs aus § 101 UrhG dargelegt und glaubhaft gemacht.
Gemäß § 101 Abs. 2 Nr. 3 Abs. 7 UrhG besteht in Fällen offensichtlicher Urheberrechtsverletzungen ein im Verfügungsverfahren durchsetzbarer Auskunftsanspruch auch gegen eine Person, die in gewerblichem Ausmaß für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen erbracht hat. Eine offensichtliche Urheberrechtsverletzung im Sinne des § 101 Abs. 2 UrhG liegt hier aus den dargelegten Gründen vor. Die Antragsgegnerin hat, wie ebenfalls dargelegt Dienstleistungen erbracht, die für die rechtsverletzenden Tätigkeiten genutzt wurden. Die Antragsgegnerin hat ihre Hosting-Dienstleistung in gewerblichem Ausmaß erbracht (vgl. Anlage Ast 1).
Der zur Auskunft Verpflichtete hat gem. § 101 Abs. 3 Nr. 1 UrhG Angaben zu machen über Namen und Anschrift der Nutzer der Dienstleistungen. Zur Anschrift gehört auch die E-Mail-Adresse (vgl. OLG Köln zum Az. 6 U 87/10).
3. Die für das einstweilige Verfügungsverfahren erforderliche besondere Eilbedürftigkeit ist bzgl. der Anträge zu 1 und zu 2 gegeben. Die Antragstellerin hat die Sache nach Kenntnisnahme von der Verletzung am 29.7.2015 zügig betrieben.
B.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Streitwert ist nach §§ 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG 3 ZPO geschätzt worden (Antrag zu 1. € 50.000,-; Antrag zu 2. € 6.000,-).
LG Hamburg:
Beschluss v. 18.08.2015
Az: 308 O 293/15
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