Oberlandesgericht Hamburg:
Urteil vom 17. Februar 2010
Aktenzeichen: 5 U 60/09
(OLG Hamburg: Urteil v. 17.02.2010, Az.: 5 U 60/09)
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, ZK 8, vom 19.12.2008 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten der Berufung.
Gründe
I.
Die Antragstellerin gehört zu den führenden deutschen Tonträgerherstellern. Die Antragsgegnerin ist ein Unternehmen der Telekommunikationsbranche. Sie ist unter anderem als Zugangsvermittlerin zum Internet tätig. Sie vergibt an ihre Kunden für die Nutzung des Internets IP-Adressen, die nach Trennung der Verbindung anderen Kunden zur Verfügung gestellt werden (sog. dynamische IP-Adressen).
Die Antragstellerin ist Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland sowohl des Tonträgerherstellers als auch der ausübenden Künstler an den auf dem Album "...." des Künstlers "...." enthaltenen zwölf Aufnahmen. Der Tonträger ist am 26.09.2008 erstveröffentlicht worden und wird im Handel zu einem Verkaufspreis ab € 12,95 (vgl. Anl. 6 aus 308 O 497/08) angeboten. Im Oktober 2008 befand sich das Album auf Platz 5 der deutschen Albumcharts (Anl. EV Ast 13).
Die Antragstellerin beauftragte das Unternehmen p.M. GmbH, das Internet daraufhin zu überwachen und zu protokollieren, ob, zu welchem Zeitpunkt und über welche IP-Adresse rechtsverletzend Tonträger, an denen sie ein ausschließliches Nutzungsrecht besitzt, in Tauschbörsen angeboten wurden. Zu diesem Zweck bedient sich das Unternehmen p.M. GmbH der hierzu entwickelten Spezialsoftware, die auf dem €Bit Torrent-Protokoll€ beruht (Anlage EV- ASt 1).
Aufgrund der eingeleiteten Ermittlungen wurden der Antragstellerin drei dynamische IP-Adressen bekannt, unter welchen der über einen sog. €Hash-Wert€ identifizierte Tonträger €...€ am 26.09.2008 in sog. Peer-to-Peer Netzwerken online zum Herunterladen angeboten wurde. Da der Antragstellerin die hinter den IP-Adressen stehenden Personen unbekannt waren, wandte sie sich an die Antragsgegnerin, um diese über die mutmaßliche Rechtsverletzung ihrer Kunden in Kenntnis zu setzen. Die ermittelten IP-Adressen waren ausweislich eines Eintrages in der RIPE-Datenbank für die Antragsgegnerin eingetragen. Die Informationen über die mutmaßlichen Rechtsverletzungen durch Kunden der Antragsgegnerin erfolgten bereits mit an diese gerichteten Schreiben vom 30.09.2008 und 10.10.2008 (Anl. EV-Ast 2). Die Antragsgegnerin ließ die Antragstellerin in ihrem Antwortschreiben vom 15.10.2008 (Anl. Ast-EV 3) wissen, dass sie für die Auskunfterteilung erforderliche Verkehrsdaten speichern werde, wenn sie dazu rechtlich berechtigt und verpflichtet sei; grundsätzlich bestehe eine datenschutzrechtliche Pflicht zur unverzüglichen Löschung nach § 96 Abs. 2 S. 2 TKG. Zeitgleich zur außergerichtlichen Information der Antragsgegnerin leitete die Antragstellerin ein Anordnungsverfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG beim Landgericht Hamburg (Az.: 308 O 497/08) ein. Dort trug sie zunächst zum Sachverhalt der mutmaßlichen Rechtsverletzung der hinter den drei IP-Adressen stehenden Nutzer vor und erklärte, dass sie ihren Anordnungsantrag nicht auf diese IP-Adressen stützen werde. Die Benennung der IP-Adressen erfolge lediglich, um der Antragsgegnerin generell Kenntnis von der Rechtsverletzung ihrer Kunden zu verschaffen. Die Antragsgegnerin, die in dem Anordnungsverfahren als Beteiligte angehört wurde, verteidigte sich in dem Verfahren u.a. damit, dass der Antragstellerin ein Rechtsschutzbedürfnis für das Anordnungsverfahren fehle, da sie als Accessprovider die Verkehrsdaten ihrer Kunden unmittelbar nach Ende der jeweiligen Internetverbindung lösche.
Noch bevor im Anordnungsverfahren eine Entscheidung durch das Landgericht ergangen war, stellte ein Mitarbeiter des Unternehmens ProMedia am 23.10.2008 um 9.32 Uhr fest, dass der erneut über den "Hash-Wert" identifizierte streitgegenständliche Tonträger ".." von einem Nutzer über eine der Antragsgegnerin zugewiesene IP-Adresse 8..... öffentlich zugänglich gemacht worden ist.
Mit Schreiben vom 23.10.2008 (Anl. EV-Ast 4) zeigte die Antragstellerin der Antragsgegnerin die streitgegenständliche Rechtsverletzung an. Sie forderte sie unter Benennung der verfahrensgegenständlichen IP-Adresse auf, die entsprechenden Daten, die zur Zuordnung des hinter der IP-Adresse stehenden Nutzers erforderlich sind, zum Zwecke der Ermöglichung einer Auskunfterteilung nach § 101 Abs. 2 Nr. 2 UrhG vorzuhalten. Die Antragstellerin setzte der Antragsgegnerin eine Frist zur Antwort bis um 12.30 Uhr am selben Tage. Die Antragsgegnerin ließ die gesetzte Frist verstreichen. Hiernach beantragte die Antragstellerin im Anordnungsverfahren gem. § 101 Abs. 9 UrhG, die Erteilung der Auskunft ohne vorherige Anhörung der Antragsgegnerin zu gestatten. Mit Beschluss vom 23.10.2008 wies das Landgericht Hamburg den Antrag mit der Begründung zurück, dass ohne Gewährung von rechtlichem Gehör keine Entscheidung über neuen Tatsachenvortrag ergehen könne. Noch am 23.10.2008 hat die Antragstellerin daraufhin das streitgegenständliche Verfügungsverfahren anhängig gemacht, um das Löschen der Daten nach Verbindungsende durch die Antragsgegnerin zu verhindern.
Die Antragstellerin hat vorgetragen, die Antragsgegnerin sei ihr im Anschluss an die Information über die Rechtsverletzung durch ihre Kunden aufgrund eines gesetzlichen Schuldverhältnisses, welches ab dem Zeitpunkt des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen nach § 101 Abs. 2 UrhG bestehe, zur Speicherung der verfahrensgegenständlichen Daten verpflichtet. Gegen die sich daraus ergebenden Verpflichtungen drohe die Antragsgegnerin zu verstoßen. Dies folge daraus, dass die Antragsgegnerin die begehrte Speicherung innerhalb der ihr gesetzten Frist trotz mehrfach vorausgegangener Informationen über die angekündigte Inanspruchnahme nicht zugesichert habe. Sie € die Antragstellerin - sei damit praktisch schutzlos gestellt. Deshalb bedürfe es der beantragten einstweiligen Verfügung, damit ihr primärer Anspruch auf Auskunftserteilung nicht von der Antragsgegnerin systematisch auf einen Sekundäranspruch auf Schadensersatz reduziert werde. Datenschutzrechtliche Bestimmungen stünden einer Aufbewahrung der verlangten Informationen nicht entgegen.
Die Antragstellerin hat in erster Instanz beantragt,
gegenüber der Antragsgegnerin
anzuordnen,
die Datensätze bestehend aus der IP-Adresse 8...... und interner Kundenbezeichnung (wie z.B. Kundennummer, Benutzernummer oder Login-Kennung), die es der Antragsgegnerin ermöglichen, unter Verwendung dieser Daten eine Zuordnung zu demjenigen Kunden der Antragsgegnerin vorzunehmen, dem die o.g. IP-Adresse am 23.10.2008 um 9:32:34 Uhr (MESZ) zugewiesen war, jedenfalls bis zur Beauskunftung der Antragstellerin über Namen und Anschrift desjenigen Kunden, dem die o.g. IP-Adresse am 23.10.2008 um (MESZ) zugewiesen war, vorzuhalten.
Auf der Grundlage dieses Antrags hat das Landgericht Hamburg mit Beschluss vom 23.10.2008 eine einstweilige Verfügung gegen die Antragsgegnerin mit folgendem Inhalt erlassen:
... wird der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000.-, Ordnungshaft höchstens zwei Jahre))verboten,
die Datensätze bestehend aus der IP-Adresse 8..... und interner Kundenbezeichnung (wie z.B. Kundennummer, Benutzernummer oder Login-Kennung), die es der Antragsgegnerin ermöglichen, unter Verwendung dieser Daten eine Zuordnung zu demjenigen Kunden der Antragsgegnerin vorzunehmen, die die o.g. IP-Adresse am 23.10.2008 um 9:32:34 Uhr (MEZ) zugewiesen war, jedenfalls bis zur Beauskunftung der Antragstellerin über Namen und Anschrift desjenigen Kunden, dem die o.g. IP-Adresse am 23.10.2008 um (MEZ) zugewiesen war, oder bis zur rechtskräftigen Abweisung eines Auskunftsantrages zu löschen.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Antragsgegnerin, mit dem diese in erster Instanz begehrt hat,
die einstweilige Verfügung aufzuheben.
Die Antragsgegnerin hat geltend gemacht, sie sei materiell nicht verpflichtet, Verkehrsdaten auf Zuruf zu Zwecken einer möglichen späteren Beauskunftung (für die Antragstellerin) zu speichern. Der auf Auskunft nach § 101 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 9 UrhG gerichtete Anspruch bestehe nicht und daher fehle auch dem hier streitgegenständlichen Anspruch auf Aufbewahrung der Daten zur Ermöglichung einer späteren Auskunfterteilung die gesetzliche Grundlage. Es sei zwischenzeitlich anerkannt, dass die Auskunfterteilung nur dann zu erfolgen habe, wenn der mutmaßliche Rechtsverletzer in €gewerblichem Ausma߀ tätig geworden sei. Eine gewerbliche Tätigkeit sei bereits begrifflich bei einem einmaligen Upload, wie er hier streitgegenständlich sei, ausgeschlossen. Es sei nicht erkennbar, dass der Antragstellerin durch das Einstellen des Musikalbums ins Internet signifikante Nachteile im Zusammenhang mit der Verwertung des streitgegenständlichen Albums entstünden. Zudem ergebe sich eine Verpflichtung zur Speicherung der Daten für fremde Zwecke nicht aus den urheberrechtlichen Vorschriften. Die Befugnis bzw. Verpflichtung eines Diensteanbieters, Daten, die er für eigene Zwecke nicht benötige, für Dritte vorzuhalten, sei abschließend in §§ 111,113 a TKG geregelt. Dementsprechend sei sie nicht gehindert, Daten zu löschen, die sie für eigene Zwecke nicht mehr benötige. Die Antragstellerin sei gehalten, ihre Ansprüche im Rahmen eines Strafverfahrens weiterzuverfolgen. Es fehle zudem an einer offensichtlichen Rechtsverletzung. Die Erfüllung des von der Antragstellerin geltend gemachten Auskunftsverlangens sei für sie im Übrigen unzumutbar, weil die künftig zu erwartende Vielzahl an verlangten Auskünften, einen von ihr nicht zu leistenden Mehraufwand an Personalkosten erforderte. Zudem bestehe die Gefahr, dass sie für diesen Mehraufwand von der Antragstellerin keine Erstattung beanspruchen könne. Auch liege ein Verfügungsgrund nicht vor. Angesichts des einerseits vergleichsweise geringen Verkaufspreises, den das zum Herunterladen ins Netz gestellte Album besessen habe und der andererseits zu ihren Gunsten zu berücksichtigenden Interessen, wie der Wahrung des Fernmeldegeheimnisses und Vermeidung von Reputationsverlusten durch möglicherweise nicht gerechtfertigte Auskünfte, falle eine Interessenabwägung zu ihren Gunsten aus.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die einstweilige Verfügung zu bestätigen.
Sie hat vorgetragen,
die Bedenken der Antragsgegnerin gegen die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Speicherung seien unbegründet. Die Speicherung sei bereits aus dem TKG zulässig. Nach § 95 Abs. 1 S. 3 TKG sei die Speicherung und Übermittlung von Daten u.a. zulässig, soweit die datenschutzrechtlichen Vorschriften des TKG oder eines anderen Gesetzes dies zuließen. Ein anderes Gesetz sei das Urheberrechtsgesetz mit der Vorschrift des § 101 Abs. 2 Nr. 3 UrhG. Auch § 96 Abs. 2 S. 1 TKG gestatte die Übermittlung und Speicherung über das Verbindungsende hinaus, wenn dies für einen durch eine andere gesetzliche Vorschrift begründeten Zweck erforderlich sei. Ein anderer Zweck sei hier die Auskunfterteilung nach § 101 Abs. 2 Nr. 3 UrhG. Zudem ergebe sich eine Zulässigkeit der Speicherung und Übermittlung aus § 28 BDSG und letztlich aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis, welches sich aus § 101 Abs. 2 Nr. 3 UrhG ergebe. Ein gesetzliches Schuldverhältnis liege bereits ab dem Zeitpunkt vor, wenn die Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs nach § 101 Abs. 2 UrhG vorlägen; einer Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG bedürfe es insoweit nicht. Es gehe hier nicht um eine anlasslose Speicherung einer Vielzahl von Bestands- bzw. Verkehrsdaten für einen unübersehbaren Zeitraum, vielmehr richte sich ihr Verlangen alleine auf das Unterlassen von bereits gespeicherten Daten in Bezug auf eine konkrete Rechtsverletzung für einen überschaubaren Zeitraum. Das Vorhalten dieser Daten sei erforderlich, um ein konkretes Auskunftsverlangen in dem dafür vorgesehenen rechtsförmlichen Verfahren überhaupt durchführen zu können. Auch liege keine Unverhältnismäßigkeit hinsichtlich der durch die Speicherung entstehenden Kosten vor. Die Antragsgegnerin beschäftige bereits ausreichend geschultes Personal, dem diese Aufgabe im Einzelfall übertragen werden könne. Auch liege ein Verfügungsgrund vor. Dieser folge bereits aus dem in der Widerspruchsschrift dokumentierten Unwillen der Antragsgegnerin, die beantragte Speicherung vorzunehmen. Die Antragsgegnerin bagatellisiere die Interessen der Antragstellerin als Rechteinhaberin, indem sie auf den hier in Rede stehenden einmaligen Upload eines Nutzers abstelle. Das eigentliche Problem bestehe bei einem öffentlichen Zugänglichmachen in einer sog. Tauschbörse darin, dass eine unüberschaubare Vielzahl anderer Internetnutzer weltweit auf das verfahrensgegenständliche Album zugreifen könnten.
Das Landgericht Hamburg hat mit dem angegriffenen Urteil vom 19.12.2008 die einstweilige Verfügung vom 23.10.2008 bestätigt. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Antragsgegnerin.
Die Antragsgegnerin verfolgt in zweiter Instanz ihr Antragsabweisungsbegehren unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags weiter.
Ergänzend trägt sie u.a. vor, der erforderlichen Schwere der Rechtsverletzung stehe zudem entgegen, dass der Antragstellerin durch die beanstandete Handlung kein Schaden entstanden sei. Eine empirische Studie bekannter Harvard Professoren aus dem Jahre 2004 (Anl. BK 1) habe nachgewiesen, dass die Verbreitung von Musikstücken in Internet-Tauschbörsen keinen wesentlichen Einfluss auf den kommerziellen Absatz von Tonträgern besitze. Der erhebliche Rückgang des Absatzes von Tonträgern in der Vergangenheit sei auf andere Ursachen zurückzuführen. Eine Pflicht zum weiteren Vorhalten von Verkehrsdaten, das nach der Legaldefinition in § 3 Abs. 4 Nr. 1 BDSG einem Speichern von Daten gleich stehe, bestehe für sie als Access-Provider nur im Rahmen der im Telekommunikationsgesetz geregelten Fälle. In § 111 TKG sei daher im Zusammenhang mit Daten, die für Auskünfte gegenüber öffentlichen Stellen zu gewähren seien, explizit eine Speicherpflicht vorgesehen. Der Gesetzgeber habe in Kenntnis möglicher Probleme im Zusammenhang mit der Verfügbarkeit der von einem Diensteanbieter zu eigenen Zwecken gespeicherten Daten gleichwohl auf eine Normierung der Speicherpflicht im TKG zu Gunsten der Rechteinhaber verzichtet. Diese Entscheidung des Gesetzgebers sei zu respektieren. Rechteinhaber seien deshalb auch nicht schutzlos gestellt, da ihnen weiterhin die Möglichkeit eröffnet sei, bei strafbaren Urheberrechtsverletzungen durch Einsicht in die Strafakte die Namen der Verletzer in Erfahrung zu bringen. Zudem fehle es an einem gesetzlichen Schuldverhältnis. Das gesetzliche Schuldverhältnis liege erst dann vor, wenn auch eine richterliche Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG vorliege. Dies sei insbesondere aus dem Begriff €verwenden€ in § 101 Abs. 9, S. 1 UrhG zu schließen. Denn unter Datenverwendung falle nach der Legaldefinition auch das weitere Aufbewahren bzw. Speichern der Verkehrsdaten, welche die Antragstellerin hier verlange. Hätte der Gesetzgeber nur die Auskunfterteilung unter den Richtervorbehalt stellen wollen, hätte er in § 101 Abs. 9 UrhG den Begriff €Übermittlung€ in den Gesetzestext aufnehmen können. Das Landgericht sei irrig davon ausgegangen, es bestehe nach § 96 Abs. 2 TKG eine generelle Zulässigkeit für Diensteanbieter, Verkehrsdaten für sieben Tage vorzuhalten. Eine pauschale Zulässigkeit bestimmter Datenverarbeitungen sei dem Datenschutzrecht wesensfremd. Das weitere Vorhalten der Daten ohne richterliche Anordnung verstoße gegen höherrangiges Recht. Die Unzumutbarkeit des weiteren Vorhaltens der Daten ergebe sich zwischenzeitlich jedenfalls auch aus der Verfahrendauer.
Die Antragsgegnerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 19.12.2009 abzuändern und die einstweilige Verfügung unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags aufzuheben.
Die Antragstellerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil auf der Grundlage der bereits erstinstanzlich gestellten Anträge. Die Antragstellerin trägt weiter vor, die Rechtsgrundlage für das weitere Vorhalten der Verkehrsdaten sei § 96 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 UrhG. Das Vorliegen einer einstweiligen Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG sei in diesem Zusammenhang nicht erforderlich. Soweit die Antragsgegnerin die Unzumutbarkeit der Auskunfterteilung im Hinblick auf eine zu erwartende personelle Mehrbelastung einwende, berücksichtige sie nicht, dass die Zumutbarkeit einzelfallbezogen zu prüfen sei. Sie könne die Unzumutbarkeit nicht damit begründen, welche Mehrbelastung insgesamt wegen einer Inanspruchnahme durch sämtliche Auskunftsanforderungen entstehen werde.
Aufgrund des streitgegenständlichen Verbotes hat die Antragsgegnerin die Daten nicht gelöscht. Mit Beschluss vom 03.06.2009 hat das Landgericht Hamburg im Anordnungsverfahren zum Az. 308 O 497/08, nachdem der (erste) Beschluss vom 23.10.2008 auf die Beschwerde der Antragstellerin (5 W 159/08) durch den erkennenden Senat aufgehoben worden ist, der beantragten Anordnung stattgegeben. Die Antragsgegnerin hat hiergegen sofortige Beschwerde (5 W 78/09) eingelegt.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Ferner wird Bezug genommen auf die beigezogene Verfahrensakte zum Az.: 308 O 497/08, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Antragstellerin steht ein Anspruch auf weitere Vorhaltung der Daten im durch Beschluss vom 23.10.2008 tenorierten Umfang nach §§ 101 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 9 S. 1UrhG iVm § 96 Abs. 2 S. 1 letzter HS TKG, § 242 BGB zu.
1. Im Hinblick auf die sich gemäß § 101 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. Abs. 3 UrhG ergebende (materiellrechtliche) Auskunftsverpflichtung der Antragsgegnerin ist zwischen dieser und der Antragstellerin in Bezug auf das streitgegenständliche Album ein gesetzliches Schuldverhältnis zustande gekommen. Hierauf weist die Antragstellerin zu Recht hin. Durch einen Wettbewerbsverstoß entsteht zwischen den Parteien ein gesetzliches Schuldverhältnis in der Form einer wettbewerbsrechtlichen Sonderbeziehung eigener Art (BGH GRUR 1987, 54, 55 € Aufklärungspflicht des Abgemahnten). Die durch eine wettbewerbliche Verletzungshandlung veranlasste Abmahnung konkretisiert das zwischen Verletzer und Verletztem bestehende gesetzliche Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung. Sein Inhalt wird wegen der jedenfalls im Regelfall gegebenen Interessenüberschneidung in besonderem Maße durch Treu und Glauben bestimmt und ist geeignet, Rechtspflichten zu begründen (BGH GRUR 1990, 381 € Antwortpflicht des Abgemahnten). Für die sich kraft Gesetzes aus einer (behaupteten) Urheberrechtsverletzung ergebene Drittauskunftspflicht gilt nichts anderes (zum gesetzlichen Schuldverhältnis gegenüber einem Drittauskunftsverpflichteten: BGH GRUR 2001, 841, 843 - Entfernung der Herstellungsnummern II; BGH GRUR 1995, 427, 429 - Schwarze Liste).
a) Aufgrund dieses gesetzlichen Schuldverhältnisses war die Antragsgegnerin dazu verpflichtet, die zur Erfüllung des Auskunftsverlangens erforderlichen Telekommunikationsdaten nicht zu löschen, nachdem sie von der Antragstellerin auf den konkreten Verbindungsvorgang hingewiesen und über die Absicht, hierüber Auskunft zu erlangen, in Kenntnis gesetzt worden war. Dies gilt jedenfalls dann, wenn € wie hier - die Antragstellerin zugleich nachvollziehbar die Gefahr einer Urheberrechtsverletzung darlegt. Indem die Antragsgegnerin in der vorprozessualen Korrespondenz darauf hingewiesen hatte, grundsätzlich Verkehrsdaten nach Verbindungsende zu löschen und nicht fristgemäß auf das Aufforderungsschreiben der Antragstellerin (Anl. EV-Ast 4) reagiert hatte, drohte die dringende Gefahr, dass sich die Antragsgegnerin ihrer kraft Gesetzes geforderten Erfüllung der Auskunftspflicht entzieht. Zur Verhinderung eines derartigen Verstoßes ist die Antragstellerin gemäß §§ 1004 Satz 2, 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit den oben genannten Vorschriften berechtigt, die Antragsgegnerin vorbeugend auf weiteres Vorhalten der Daten in Anspruch zu nehmen, da sie durch die fehlende Bereitschaft, die Daten bis zum rechtskräftigen Abschluss des Anordnungsverfahrens vorzuhalten, Erstbegehungsgefahr für eine Löschung gesetzt hat.
b) Die Antragsgegnerin missversteht dabei sowohl das Landgericht als auch die Antragstellerin, wenn sie meint, das Bestehen eines Datenspeicherungsanspruches könne schon nicht aus diesem gesetzlichen Schuldverhältnis folgen. Darum geht es jedoch nicht. Vielmehr ergibt sich das Recht zum weiteren Vorhalten der Daten aus Gesetz (§ 96 Abs. 2 TKG i.V.m. § 101 Abs. i.V.m. Abs. 9 UrhG), hingegen die Pflicht, von dieser gesetzlichen Möglichkeit zumindest für einen vorübergehenden Zeitraum auf das ausdrückliche, mit einem Verletzungssachverhalt erläuterten Verlangen des Berechtigten auch Gebrauch zu machen, aus dem bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnis. Die Auffassung der Antragsgegnerin, ein gesetzliches Schuldverhältnis könne erst im Anschluss an eine richterliche Anordnung nach § 101 Abs. 9 UrhG in Bezug auf die Datenspeicherung (nicht die nachfolgende Auskunftserteilung) zustande kommen, teilt der Senat nicht. Denn das gesetzliche Schuldverhältnis gründet sich allein auf einer durch das Gesetz u.a. in Fällen €offensichtlicher Rechtsverletzung€ angeordneten Auskunftspflicht. Diese besteht unabhängig davon, mit welchem Mitteln sie zu erfüllen ist und welche prozessualen oder sonstigen Voraussetzungen einzuhalten sind.
2. Das Vorgehen im Rahmen einer einstweiligen Verfügung ist zur Durchsetzung des streitgegenständlichen Anspruchs als Sicherungsmaßnahme zulässig, gerade weil ansonsten der durchzusetzende Anspruch ins Leere geht (ähnlich für einstweilige Anordnung: OLG Köln GRUR-RR 2009, 9 €Ganz anders; OLG Karlsruhe GRUR-RR 2009, 379, 380 - Datensicherung zur Auskunftserteilung; ablehnend: OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.11.09,11 W 41/09- zitiert nach juris, OLG Nürnberg, Beschluss vom 03.06.09, 3 W 471/09).
3. Die materiellen Voraussetzungen des geltend gemachten Verfügungsanspruches liegen vor. Die Antragsgegnerin greift im vorliegenden Verfügungsverfahren die - unstreitig € gegebene - Aktivlegitimation der Antragstellerin nicht an. Die Antragsstellerin hat glaubhaft gemacht, dass ihr gegen die Antragsgegnerin ein Auskunftsanspruch gemäß § 101 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 9 UrhG zustehen kann, zu dessen künftiger Durchsetzung es einer vorläufigen Sicherung bedarf. Die zum Gegenstand des Vortrages der Antragstellerin gemachte Rechtsverletzung ist auch €im gewerblichen Ausma߀ i. S. v. § 101 Abs. 2 S. 1 UrhG erfolgt. Die gegenteilige Auffassung der Antragsgegnerin teilt der Senat nicht.
a) Dabei ist zunächst entgegen dem undeutlichen Wortlaut von § 101 Abs. 2 S. 1 UrhG erforderlich, dass ein gewerbliches Ausmaß nicht nur hinsichtlich der Tätigkeit des Internet-Providers (die in jedem Fall vorliegt), sondern auch hinsichtlich der Rechtsverletzung selbst gegeben ist. Diese Auffassung hat sich € worauf die Antragsgegnerin zutreffend hinweist- in der Rechtsprechung inzwischen durchgesetzt (siehe nur OLG Köln GRUR-RR 2009, 9, 11 - Ganz anders; OLG Oldenburg CR 2009, 104, 105; OLG Zweibrücken GRUR-RR 2009, 12, 13 € Internet-Tauschbörse; aA Bohne, CR 2010, 104). § 101 Abs. 2 UrhG erweitert den Anspruch aus § 101 Abs. 1 UrhG (€auch€) und dient dazu, seine Durchsetzung zu verbessern. Er ist damit an die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 UrhG geknüpft (OLG Köln, a.a.O., S. 11). Darüber hinaus ist in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 20.04.2007 (BT-Dr 16/5048, S. 49) ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass auch der Drittauskunftsanspruch eine Verletzungshandlung in €gewerblichem Ausma߀ voraussetze (OLG Zweibrücken, a.a.O., S. 13). Dies entspricht der Umsetzung von Art. 8 Abs. 1 der Enforcement - Richtlinie. Auf deren Erwägungsgrund 14 hat das Landgericht zu Recht Bezug genommen.
aa) Wie das Merkmal des gewerblichen Ausmaßes auszulegen ist, ist allerdings umstritten. Nach dem Wortlaut des Gesetzes in § 101 Abs. 1 S. 2 UrhG wird dazu näher ausgeführt, dass sich das gewerbliche Ausmaß sowohl aus der Anzahl als auch aus der Schwere der Rechtsverletzung ergeben kann. Teilweise wird daher in Anlehnung an den handelsrechtlichen Begriff des Gewerbes verlangt, dass eine gewisse Planmäßigkeit und Dauerhaftigkeit sowie eine Gewinn- oder Einnahmeerzielungsabsicht gegeben sind (LG Frankenthal GRUR-RR 2009, 382, 384 - Angebot einer Datei), oder - in Anlehnung an die Praxis der Generalstaatsanwaltschaften -, dass mindestens 3.000 Musiktitel oder 200 Filme hoch- oder heruntergeladen werden (LG Frankenthal MMR 2008, 830, 831). Nach ähnlicher Ansicht ist eine Download-Session mit einer nicht unerheblichen Anzahl von Musiktiteln und von nicht unerheblicher Dauer erforderlich (LG Darmstadt GRUR-RR 2009, 13 € Musiktauschbörse). Entsprechend wird auch verlangt, dass eine Rechtsverletzung von erheblicher Qualität vorliegt, die jedenfalls bei dem Up- und Download einer einzelnen Datei nicht gegeben sei (OLG Zweibrücken, a.a.O., S. 13, für ein drei Monate altes Computerspiel; OLG Oldenburg, a.a.O., S. 105, für den einmaligen Download eines Musikalbums). Nach der Gegenansicht ist neben der Anzahl der Rechtsverletzungen auch auf ihre Schwere abzustellen, die etwa dann in hinreichendem Maße gegeben sein könne, wenn besonders umfangreiche Dateien, wie etwa ein vollständiges Musikalbum, vor oder unmittelbar nach der Veröffentlichung in Deutschland im Internet zugänglich gemacht würden (OLG Köln, a.a.O., S. 11; OLG Frankfurt GRUR-RR 2009, 15 f. € Drittauskunft; ähnlich OLG Frankfurt für eine vollständige Film-DVD 3 Monate nach Erstveröffentlichung: GRUR-RR 2009, 296, 297; OLG Karlsruhe GRUR-RR 2009, 379, 381 - Datensicherung zur Auskunftserteilung). Erforderlich ist insoweit stets eine Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls, wobei die zeitliche Nähe der Rechtsverletzung zum Veröffentlichungszeitpunkt, eine etwaige Schnell-/Langlebigkeit (bei Werken klassischer Musik auch noch nach 3 Jahren, vgl. OLG Köln GRUR-RR 2009, 299 -"Die schöne Müllerin") sowie der kommerzielle Erfolg des Produkts als maßgebliche Indizien heranzuziehen sind (LG Köln MMR 09, 645 m.w.N.).
bb) Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Danach handelt es sich bei dem Tatbestandsmerkmal des gewerblichen Ausmaßes lediglich um eine Bagatellklausel, die geringfügige Rechtsverletzungen aus dem Anspruch auf Auskunft ausklammern soll. Diese Sichtweise wird durch einen Blick auf die Enforcement-Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. EU Nr. L 195 v. 2.6.2004, S. 16 ff.), auf der die heutige Fassung des § 101 UrhG beruht, bestätigt. Das Merkmal des gewerblichen Ausmaßes, das bis dahin dem deutschen Urheberrecht in diesem Zusammenhang fremd war, ist aus Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie übernommen worden. Das zeigt bereits, dass nicht auf das überkommene deutsche Verständnis vom Gewerbebegriff zurückgegriffen werden kann. Erwägungsgrund 14 der Richtlinie definiert das gewerbliche Ausmaß dahingehend, dass die Rechtsverletzung zwecks Erlangung eines unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen oder kommerziellen Vorteils vorgenommen wird, was in der Regel Handlungen ausschließe, die in gutem Glauben von Endverbrauchern vorgenommen würden. Das Verständnis des Senats wird zudem auch durch die Gesetzgebungsgeschichte bestätigt. Im Gesetzesentwurf der Bundesregierung heißt es, die rechtsverletzende Nutzung müsse über das hinausgehen, was der privaten Nutzung entspricht (BT-Drs. 16/5048, S. 49). Der Bundesrat hat sodann in seiner Stellungnahme angeregt, auf das Merkmal des gewerblichen Ausmaßes zu verzichten, weil die meisten Teilnehmer einer Internet-Tauschbörse nicht am Erwerbsleben teilnehmen und damit nicht gewerblich handeln würden (BT-Drs. 16/5058, S. 59/60). Der Bundestag hat diesen Vorschlag nicht aufgegriffen. Daraus lässt sich entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin aber nicht schließen, dass der Bundestag die Befürchtung des Bundesrates geteilt und damit durch die Beibehaltung des Merkmals des gewerblichen Ausmaßes eine allgemeine Entscheidung zugunsten privater Nutzer von Tauschbörsen getroffen hat, gegenüber denen der Auskunftsanspruch nicht greifen sollte (entgegen LG Frankenthal, a.a.O., S. 831). Die Gesetzgebungsgeschichte zu § 101 UrhG verdeutlicht vielmehr, dass der Gesetzgeber das Merkmal €gewerbliches Ausma߀ normiert hat, um einen €Gleichlauf€ mit der Formulierung der Richtlinie zu erreichen (BT-Drs. 16/8783, S. 50). Ausgehend von der Definition in Erwägungsgrund 14 der Richtlinie wird in der Beschlussempfehlung des Rechtsauschusses ausgeführt, dass durch die Formulierung in § 101 Abs. 1 Satz 2 UrhG klargestellt, dass das Merkmal €gewerbliches Ausma߀ nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ zu verstehen sei. Ein gewerbliches Ausmaß könne danach auch bereits bei einer einzelnen Rechtsverletzung erfüllt sein, wenn zum Beispiel ein vollständiger Kinofilm oder ein Musikalbum oder Hörbuch vor oder unmittelbar nach ihrer Veröffentlichung widerrechtlich im Internet öffentlich zugänglich gemacht würden (BT-Drs. 16/8783, S. 50). Insbesondere diese unmissverständliche Äußerung des Gesetzgebers widerlegt die Versuche, das Merkmal "gewerbliches Ausmaß" allein quantitativ zu definieren.
cc) Unter Zugrundelegung dieses Verständnisses ist ein gewerbliches Ausmaß i. S. v. § 101 Abs. 2 S. 1 UrhG jedenfalls dann gegeben, wenn der Verletzer - wie hier geschehen - ein kommerzielles Werk innerhalb der ersten Monate seines Erscheinens in einer Internet-Tauschbörse zugänglich macht (so z.B. auch LG Köln MMR 2009, 645). Das Werk wird beim Uploaden in einer Tauschbörse einer nahezu unbegrenzten Vielfalt von Personen zur Verfügung gestellt. Der Verletzer kann und will in dieser Situation nicht mehr kontrollieren, in welchem Umfang von seinem Angebot Gebrauch gemacht wird und greift damit in die Rechte des Rechteinhabers in einem Ausmaß ein, das einer gewerblichen Nutzung entspricht (überzeugend: OLG Köln, a.a.O., S. 11). Er strebt auch zumindest mittelbar einen wirtschaftlichen Vorteil i.S.v. Erwägungsgrund 14 der Richtlinie 2004/48/EG an, weil er eigene finanzielle Aufwendungen für den erwünschten Erwerb der von dem Tauschpartner kostenfrei bezogenen Werke erspart. Weiter ist für den streitgegenständlichen Fall zu berücksichtigen, dass es sich bei dem in einem Filesharing-System zur Verfügung gestellten Werk um ein Musikalbum mit zwölf Einzelstücken gehandelt hat und daher eine Vielzahl von Werken umfasste, die das Ergebnis umfangreicher Arbeit darstellen. Darüber hinaus erfolgte der betreffende Upload des komprimierten Albums Ende Oktober 2008, d.h. noch innerhalb des ersten Monats nach dem Erscheinen des Albums am 26.09.2008 und damit in der relevanten Verkaufsphase.
dd) Schließlich bestätigt auch eine Kontrollüberlegung die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung. Ausgangspunkt der in § 101 Abs. 2 UrhG normierten Auskunftspflicht des Providers ist die Erkenntnis, dass es dem Rechteinhaber gerade wegen der Zuteilung dynamischer IP-Adressen nicht aus eigener Kraft möglich ist, den Rechtsverletzer zu ermitteln und in Anspruch zu nehmen. Denn anders als fest zugewiesene statische IP-Adressen werden dynamische IP-Adressen von dem Provider bei jedem Verbindungsvorgang neu verteilt, so dass auch nur dieser erkennen kann, welcher natürlichen Person bzw. welchem Anschlussinhaber zu welchem Zeitpunkt welche Adresse zur Verfügung gestellt worden ist. Da rechtsverletzende Uploads z.B. einzelner Musikalben in der Regel - je nach deren Erscheinungs- bzw. Verfügbarkeitszeitpunkt - zu unterschiedlichen Zeiten erfolgen, werden selbst die Upload-Vorgänge desselben Rechtsverletzers mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit stets von unterschiedlichen IP-Adressen aus vorgenommen werden, ohne dass der Rechteinhaber von sich aus überhaupt erkennen könnte, ob hinter diesen Adressen jeweils dieselbe natürliche Person auftritt. Vor diesem Hintergrund ist es für den Rechteinhaber faktisch unmöglich, ein über den festgestellten Kommunikationsvorgang hinaus gehendes "gewerbliches Ausmaß" im handels- bzw. strafrechtlichen Sinne im Vorwege als Anspruchsvoraussetzung von § 101 Abs. 2 UrhG jemals erfolgreich darlegen zu können (so auch: OLG Karlsruhe GRUR-RR 2009, 379, 382 - Datensicherung zur Auskunftserteilung). Denn hierfür müsste er zunächst diejenigen Informationen besitzen, um deren Herausgabe er die Antragsgegnerin gerade erst bitten muss. Dementsprechend würde bei einem derartigen Verständnis der Sinn und Zweck von § 101 UrhG erkennbar leer laufen, sodass hiervon nicht ausgegangen werden kann (vgl. BT-Drs. 16/5048, S. 59). Andernfalls müsste unterstellt werden, dass der Gesetzgeber eine vollständig sinnlose Regelung geschaffen hat. Gerade im Hinblick hierauf hat der Bundestag das zunächst vorgesehene (ungeeignete) Merkmal des "geschäftlichen Verkehrs" durch das Merkmal des "gewerblichen Ausmaßes" ersetzt.
ee) Soweit die Antragsgegnerin die Auffassung vertritt, die erforderliche €Schwere€ der Rechtsverletzung ergebe sich nicht, weil der Antragstellerin kein wesentlicher Schaden im Zusammenhang mit Filesharing entstehe, vermag diese Argumentation den Senat nicht zu überzeugen. Der Senat geht vielmehr davon aus, dass immer dann, wenn andernfalls gegen Entgelt zu erwerbende attraktive kommerzielle Produkte im Internet von Dritten ohne Einwilligung des Rechteinhabers kostenlos zur Verfügung gestellt werden, dem Berechtigten hierdurch zumindest auch potentielle Käufer verloren gehen. Dieser Einschätzung steht auch nicht die von der Antragsgegnerin eingereichte empirische Studie von Oberholzer/Strumpf (Anlage BK 1) entgegen. Denn die Autoren weisen in ihrer Zusammenfassung daraufhin, dass Filesharing jedenfalls einen kleinen Anteil am Rückgang verkaufter Tonträgern verursacht. (vgl. VII. Conclusion, S. 24). Der Versuch, aus derartigen Ergebnissen bereits eine Unzulässigkeit der Auskunftspflicht ableiten zu wollen, verfehlt die mit der Novellierung von § 101 UrhG verfolgten gesetzgeberischen Intentionen. Auch kommt es für die "Schwere der Rechtsverletzung" entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch nicht auf den Einzelverkaufspreis eines einzigen Tonträgers an, sondern es ist auf diejenigen (kumulierten) Umsätze als Verluste abzustellen, die der Antragstellerin durch die vielfältig möglichen kostenlosen Downloads infolge der Zurverfügungstellung in einem Filesharing-System insgesamt entstehen (können).
b) Das Landgericht ist zu Recht auch davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin aus Rechtsgründen berechtigt ist, die von der Antragstellerin begehrten Verbindungsdaten auch nach Ende der Verbindung weiter vorzuhalten. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass der Antragstellerin aus § 96 Abs. 2 TKG i.V.m. § 101 Abs. 2 UrhG ein Anspruch auf weiteres Vorhalten der erforderlichen Daten zusteht.
aa) Bei den in einem späteren Auskunftsverfahren nach § 101 Abs. 2, Abs. 9 UrhG mitzuteilenden persönlichen Daten des "hinter" einer bestimmten (dynamischen) IP-Adresse stehenden Nutzers handelt es sich für den Provider um personenbezogene Daten i.S.v. § 3 Abs. 1 BDSG (Härting CR 08, 743, 745, 748). Gegenstand einer zulässigen Datenspeicherung können unterschiedliche Arten von Daten sein. Gemäß § 3 Nr. 3 TKG handelt es sich bei sog. €Bestandsdaten€ um Daten eines Teilnehmers, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsdienste erhoben werden. Demgegenüber sind gemäß § 3 Nr. 30 TKG €Verkehrsdaten€ solche Daten, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Zwar bezieht sich die Auskunft selbst nur auf Bestandsdaten, nämlich die Identität eines bestimmten Anschlussinhabers. Um diese Auskunft erfüllen zu können, muss die Antragsgegnerin jedenfalls bei den dynamischen IP-Adressen, die bei jeder Verbindung neu an unterschiedliche Kunden vergeben werden, eine Verknüpfung der Bestandsdaten mit den gespeicherten IP-Adressen und den jeweils hierzu gespeicherten Verkehrsdaten (die €Ruf€Nummer der beteiligten Kommunikationsteilnehmer, Datum und Uhrzeit der Verbindung -nach Beginn und Ende-, den in Anspruch genommenen Telekommunikationsdienst) vornehmen (OLG Frankfurt, a.a.O., S. 16). Demnach geht die herrschende Meinung in der zivilrechtlichen Rechtsprechung und Literatur davon aus, dass es sich bei den der Auskunft zugrunde liegenden Daten um Verkehrsdaten i.S. des § 3 Nr. 30 TKG handelt (vgl. OLG Köln a.a.O. S. 9 - Ganz anders; OLG Karlsruhe MMR 2009, 412, 411; OLG Karlsruhe GRUR-RR 2009, 379, 380 - Datensicherung zur Auskunftserteilung; OLG Zweibrücken GRUR-RR 2009, 12 - Internet-Tauschbörse; OLG Zweibrücken GRUR-RR 2009, 377, 378 - Erheblicher Marktwert; LG Hamburg MMR 2009, 570; LG Frankenthal MMR 2008, 687; Czychowski/Nordemann NJW 2008, 3095, 3096). Dieser Auffassung tritt der Senat bei.
bb) Der gegenteiligen Auffassung (OVG Nordrhein-Westfalen CR 2009, 372), wonach die Auskunft über den Inhaber von Internetanschlüssen bei dynamischen IP-Adressen als Auskunft über Bestandsdaten qualifiziert wird, folgt der Senat nicht. Zwar trifft es zu, dass sich Bestandsdaten auf das Vertragsverhältnis selbst beziehen, während Verkehrsdaten den technischen Vorgang der Erbringung der Telekommunikationsdienstleistungen betreffen. Gleichwohl geht es der Sache nach um die Identifizierung der Teilnehmer an einem konkreten Telekommunikationsvorgang und nicht um Auskünfte über ein Vertragsverhältnis (so auch OLG Karlsruhe CR 2009, 373, 374; OLG Zweibrücken GRUR-RR 2009, 377, 378 - Erheblicher Marktwert). Dementsprechend ist in § 101 Abs. 9 UrhG ein gesondertes Anordnungsverfahren vorgesehen, wenn der nach § 101 Abs. 2 UrhG zur Auskunft verpflichte Diensteanbieter die geschuldete €Drittauskunft€ nur unter Verwendung von Verkehrsdaten erteilen kann.
cc) Die datenschutzrechtliche Grundlage für die im vorliegenden Verfügungsverfahren begehrte weitere Aufbewahrung/zu unterbleibende Löschung bereits gespeicherter Verkehrsdaten ergibt sich aus § 96 Abs. 2 S. 1 letzter HS TKG i.V.m. § 101 Abs. 2 UrhG. Auch ein Unterbleiben der Löschung bzw. das weitere Aufbewahren einmal zulässig gespeicherter Daten stellt eine Datenverwendung i.S. von § 3 Abs. 5 i.V.m. 4 Nr. 1 BDSG dar, die einer gesetzlichen Ermächtigung bedarf. § 96 Abs. 1 TKG enthält zugunsten der Provider eine spezial(datenschutz)gesetzliche Ermächtigungsbefugnis für das Erheben und Verwenden von Verkehrsdaten, während der Dauer einer Verbindung. Die Verwendung der nach § 96 Abs. 1 TKG gespeicherten Daten nach Verbindungsende ist in § 96 Abs. 2 TKG dahingehend geregelt, dass die gespeicherten Daten unverzüglich nach Verbindungsende zu löschen sind, sofern sie nicht für die in § 96 Abs. 2 S. 1 TKG genannten Zwecke weiterhin benötigt werden.
dd) Neben der Möglichkeit die gespeicherten Daten für Abrechnungszwecke, das Anbringen einer Fangschaltung u.a. weiterhin vorzuhalten, hat eine Flexibilisierung dieser Vorschrift durch das Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Vorschriften (vgl. zum Entwurf BT-Drs. 15/5213) stattgefunden. Es wurde eine weitere Verwendung der Daten dann erlaubt, wenn dies zur Erfüllung €anderer gesetzlicher Zwecke erforderlich€ ist. Selbst wenn diese Änderung von § 96 Abs. 2 TKG im Jahr 2005 vor dem Hintergrund gestanden haben mag, dass die Zulässigkeit einer Verwendung der Verkehrsdaten für Auskünfte an Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden klargestellt werden sollte (vgl. BT-Drs. 15/5213, S. 23), stellt auch die Auskunfterteilung nach § 101 Abs. 2 UrhG einen derart vorgesehen gesetzlichen Zweck dar. Denn die Verweisung beschränkt sich ausdrücklich nicht auf andere Vorschriften des TKG, sondern nimmt generell auf €andere gesetzliche Vorschriften€ Bezug. Bereits der Gesetzeswortlaut lässt damit schon den Schluss zu, der Gesetzgeber habe die weitere Speicherung auch für andere als im TKG vorgesehene Zwecke zugelassen.
(1) Bei dem Anspruch auf sog. €Drittauskunft€ gem. § 101 Abs. 2 und Abs. 9 UrhG handelt es sich um einen "durch andere gesetzliche Vorschriften begründeten Zweck" im Sinne von § 96 Abs. 2 S. 1 letzter HS TKG (so auch Czychowski/Nordemann NJW 2008, 3095, 3096). Auf der Grundlage dieser Bestimmung ist eine Vorhaltung der Daten über das Ende der Verbindung hinaus zulässig - und bei einem ausdrücklichen Verlangen des verletzten Rechteinhabers auch geboten (OLG Karlsruhe GRUR-RR 2009, 379, 380 - Datensicherung zur Auskunftserteilung). Es steht hier nicht in Streit, dass die Antragsgegnerin die von der Antragstellerin begehrten Verkehrsdaten zunächst "für eigene Zwecke", nämlich zur Zuordnung und Abrechnung der aufgebauten Datenverbindung, gespeichert hat. Entscheidend ist daher allein, ob die Antragsgegnerin diese so erfassten Daten unmittelbar dann wieder löschen darf, sobald sie diese für eigene Zwecke nicht mehr benötigt. Hierzu ist die Antragsgegnerin nach Auffassung des Senats nicht berechtigt. Der Antragsgegnerin mag darin zuzustimmen sein, dass sich alleine aus § 96 Abs. 2 TKG keine Rechtsgrundlage für das Aufbewahren der Daten ergibt. Aufgrund der Verweisung auf andere gesetzliche Vorschriften ist dies jedoch unschädlich. Denn ein anderer gesetzlicher Zweck folgt aus der Regelung des § 101 Abs. 2 und Abs. 9 UrhG.
(2) Nach Auffassung des Senates kann die Zulässigkeit der weiteren Speicherung gem. §§ 96 Abs. 2 S. 1 letzter HS TKG i.V.m. § 101 Abs. 2 UrhG allerdings nur dann bejaht werden, wenn der Berechtigte gegenüber dem Provider konkret ankündigt, in einem angemessen kurzen Zeitraum ein Verfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG einzuleiten. Diese einschränkende Voraussetzung für die Zulässigkeit zum Vorhalten bereits für eigene Zwecke gespeicherter Daten durch den Provider liegt im hier zu entscheidenden Verfahren vor. Die Antragstellerin hatte hier sogar ein Anordnungsverfahren bereits eingeleitet, bevor sie die weitere Datensicherung im einstweiligen Rechtsschutz beantragt hat. Eine derartige Verfahrensweise kann aufgrund der tatsächlich vorhandenen Abläufe bei Telekommunikationsanbietern, die die Verbindungsdaten unmittelbar nach Verbindungsende löschen, allerdings nicht generell gefordert werden. Denn ansonsten wäre der verletzte Rechteinhaber gezwungen noch während der Dauer einer sog. €Session€, die möglicherweise nur wenige Minuten dauert, ein Anordnungsverfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG anhängig zu machen und gleichzeitig den Provider zu benachrichtigen. Da in einem Anordnungsverfahren Vortrag zu einem mitunter komplexen Sachverhalt erforderlich ist und zudem die Aktivlegitimation, die häufig nicht auf eigenen Urheberrechten beruht, darzulegen ist, liefe der Anspruch auf vorläufige Speicherung häufig leer, weil der Provider die erforderlichen Verkehrsdaten noch vor Rechtshängigkeit eines Anordnungsverfahrens nicht mehr zur Erfüllung eigener Zwecke benötigt und deshalb löscht. Welche Anforderungen an die Konkretisierung der Rechtsverletzung durch Rechteinhaber bei der Aufforderung gegenüber Providern, bestimmte Daten vorläufig weiter vorzuhalten, im Einzelnen erfüllt sein müssen und innerhalb welcher zeitlicher Fristen ein Anordnungsverfahren nach § 101 Abs. 9 UrhG anhängig zu machen ist, braucht aus Anlass dieses Verfahren nicht entschieden zu werden. Denn hier war die Aufforderung zum weiteren Speichern bereits durch ein anhängiges Anordnungsverfahren auf eine konkrete Rechtsverletzung einer bestimmten Person begrenzt. Es drohte keine anlasslose €Vorratsdatenspeicherung€, die keine gesetzliche Grundlage hätte.
(3) Insofern setzt sich der Senat auch nicht in Widerspruch zur Entscheidung des OLG Frankfurt am Main vom 12.11.2009. In der dortigen Entscheidung hat das OLG Frankfurt § 101 UrhG (OLG Frankfurt, 11 W 41/09 B. v. 12.11.2009- zitiert nach juris, so auch Schulze zur Wiesche MMR 09, 575) als Rechtsgrundlage für das weitere Vorhalten von Daten abgelehnt. Gegenstand des dortigen Verfahrens war ein Antrag, der sich (allgemein) auf das weitere Vorhalten von Verkehrsdaten bezog, hinsichtlich derer die dortige Antragstellerin noch keine weitere Konkretisierung vorgenommen hatte. Soweit das OLG Frankfurt a.M. seine Entscheidung weiter auch damit begründet hat, dass sich der gesetzlichen Regelung nicht entnehmen lasse, dass eine Verpflichtung des Internet-Providers bestehe, auf Vorrat Daten zu speichern, ohne dass seine Auskunftsverpflichtung bereits feststehe und insbesondere die Gestattung zur Verwendung von Verkehrsdaten bereits vorliege, teilt der Senat diese Auffassung, die auch von der Antragsgegnerin vertreten wird, aus den folgenden Erwägungen nicht:
(4) Der nach § 101 Abs. 9 UrhG normierte Richtervorbehalt bezieht sich alleine auf die Frage der Auskunftserteilung, also die Zulässigkeit der Bekanntgabe/Übermittlung von Verkehrsdaten an Dritte. Dieses Verständnis stützt der Senat auf den Wortlaut der gesetzlichen Regelung. Denn dort heißt es in Satz 1, €Kann die Auskunft nur unter Verwendung von Verkehrsdaten ... erteilt werden, ist für ihre Erteilung ... eine richterliche Anordnung...erforderlich,...€ (Hervorhebung durch den Senat). Nach dem grammatikalischen Aufbau des Satzes bezieht sich €richterliche Anordnung€ auf das Subjekt des ersten Halbsatzes €die Auskunft€ und nicht auf die Umschreibung der Art und Weise, wie die Auskunfterteilung erfolgt, €unter Verwendung von Verkehrsdaten€. Soweit die Antragsgegnerin versucht, ein gegenteiliges Ergebnis unter Berufung auf den in § 101 Abs. 9 UrhG enthaltenen Begriff der Daten - "Verwendung" zu erzielen, vermag der Senat daher dieser Argumentation nicht zu folgen. Der Antragsgegnerin ist zwar zuzustimmen, dass nach der Bestimmung in § 3 Abs. 5 BDSG in dem Begriff der Datenverwendung auch die Datenverarbeitung und damit als Unterfall die hier begehrte weitere Datenspeicherung (§ 3 Abs. 4 Nr. 1 BDSG) umfasst ist. Angesichts der Auslegung nach dem Wortlaut kann jedoch nicht aus der näheren Umschreibung, wie die Auskunft zu erteilen ist, rückgeschlossen werden, dass für die der Auskunfterteilung vorgelagerte (weitere) Datenspeicherung bereits eine richterliche Anordnung erforderlich sein sollte. Für die vom Senat vertretene Auffassung spricht auch die Gesetzesbegründung (BT-Drs.16/5048, S. 40), die zur Parallelvorschrift des § 140b PatentG ausführt, €... erscheint es sachgerecht, den Auskunftsanspruch unter einen Richtervorbehalt zu stellen, wie dies in Absatz 9 vorgesehen ist. ...€.
(5) Der Senat vermag sich daher auch nicht der von der Antragsgegnerin vertretenen Auffassung anzuschließen, wonach eine Speicherpflicht ohne richterliche Anordnung dem Willen des Gesetzgebers diametral entgegenlaufe und dem Diensteanbieter umfangreiche Prüfungspflichten auferlegt werden. Denn schwierige datenschutzrechtliche Überprüfungen im Hinblick auf die Zulässigkeit der Datenspeicherung werden dem Provider damit nicht auferlegt, da er die Daten bereits für eigene Zwecke erhoben und gespeichert hat. Durch die fortdauernde Speicherung, entsteht keine besondere Gefahrensituation für Datenmissbrauch, da die Daten dort verbleiben, wo sie von entsprechend geschultem Personal bereits erhoben wurden. Der Provider muss in dieser Situation aufgrund des vom Rechteinhaber geschilderten Sachverhalts lediglich prüfen, ob dieser schlüssig ist und eine spätere Auskunfterteilung in Frage kommt. Die eingehende Prüfung, ob der Auskunftsanspruch nach § 101 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 9 UrhG (unter Verwendung von Verkehrsdaten) besteht, erfolgt hiernach erst durch das Gericht im Anordnungsverfahren. Eine Verlagerung der Prüfungspflichten wegen der fortdauernden Speicherung mit schwerwiegenden Folgen für Telekommunikationsprovider vermag der Senat hierin nicht zu erkennen.
(6) Eine abweichende Auffassung rechtfertigt sich auch nicht aufgrund der ausdrücklich vom Bundesrat geäußerten Befürchtung (BT-Drs. 16/5846, S 86), dass €andere Daten€ (gemeint: die Daten, die der Provider für eigene Zwecke speichert und bei rechtmäßigem Verhalten auch schnell wieder löscht) nicht zur Verfügung stehen, keinen Eingang in die gesetzliche Regelung des § 101 Abs. 9 UrhG gefunden haben, indem dort eine Speicherpflicht für die anderen gesetzlichen Zwecke ausdrücklich aufgenommen worden wäre. Das Fehlen einer ausdrücklichen Speicherpflicht in § 96 TKG für die Zwecke der Auskunfterteilung nach Urheberrecht ist unschädlich, auch wenn in § 113 a TKG ausdrücklich eine Speicherpflicht der Verkehrsdaten vorgesehen ist. Hierbei handelt es sich um solche Verkehrsdaten, die öffentlichen Stellen für mögliche Auskünfte zur Verfügung stehen sollen (sog. Vorratsdaten). Auf die nach § 113 a TKG gespeicherten Daten erhebt die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren keinen Anspruch. Vielmehr verlangt sie die fortdauernde Speicherung der zu eigenen Zwecken erhobenen Verkehrsdaten (§ 96 Abs. 1 TKG). Diese Daten dürfen weitergehend gespeichert werden nach der Gesetzessystematik des § 96 Abs. 2 S. 1 letzter HS iVm § 101 Abs. 2, Abs. 9 UrhG, wie oben (Ziff. 3. c.) bereits dargelegt wurde. Der Umstand, dass sich eine Ermächtigung auch durch gesetzliche Verweise ergibt, gehört zum gesetzgeberischen Instrumentarium. Das Fehlen einer ausdrücklichen Speicherpflicht für Rechteinhaber ist nach Auffassung des Senates daher unschädlich.
(7) Auch die von der Antragsgegnerin in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zu § 90 TKG a.F (BVerwG MMR 04,114 ff.) ist auf die hier zur Entscheidung stehende Rechtslage ersichtlich weder unmittelbar anwendbar noch übertragbar. Zum einen betraf diese Norm - darauf hat das Landgericht zutreffend im Zusammenhang mit §§ 111, 113 a TKG hingewiesen - "Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehörden". Im Übrigen ging es in dieser Vorschrift um die Anlegung von "Kundendateien" und ein daraus resultierendes Gebot, bestimmte Daten zu erheben. Auch darum geht es hier nicht. Denn die Erhebung der Daten ist zwischen den Parteien nicht streitig. Es geht einzig und allein um die Frage, ob die Antragsgegnerin verpflichtet ist, zumindest vorübergehend von der Löschung von ihr zulässigerweise bereits erhobener Daten zunächst abzusehen. Dies ist auch nach Auffassung des Senats der Fall.
(8) Die von der Antragstellerin begehrte befristete Datenspeicherung - jedenfalls bis zur Auskunfterteilung an die Antragstellerin oder bis zur rechtskräftigen Abweisung eines Auskunftsantrages - steht ersichtlich auch mit dem datenschutzrechtlichen Zweckbindungsgebot in Einklang. Aus dem Streitgegenstand des Anordnungsverfahrens folgt, wofür die jeweiligen Daten gespeichert werden sollen. Auch nimmt das in § 101 Abs. 9 UrhG geregelte Verfahren zum Erwirken der richterlichen Anordnung schon deshalb eine gewisse Zeit in Anspruch, weil dem Diensteanbieter vor Erlass der Anordnung rechtliches Gehör zu gewähren (Hans.OLG B. v. 24.11.2008 € Az. 5 W 149/08) und nach § 101 Abs. 9 Satz 6 UrhG gegen die Entscheidung des Landgerichts das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde vorgesehen ist. Bereits wegen dieses zeitlich gestreckten Verfahrensablaufs ist der Senat der Auffassung, dass im Zusammenhang mit der Durchführung eines Anordnungsverfahrens die weitere Speicherung der Verkehrsdaten, mittels derer die Auskunft erteilt werden soll, zulässig ist. Andernfalls liefe das in § 101 Abs. 9 UrhG geregelte Verfahren leer, weil ein Provider € nach Anhörung und ggf. unter Ausschöpfung des Rechtsweges - einige Wochen oder auch einige Monate nach einer mutmaßlichen Rechteverletzung die Daten eines solchen Verbindungsvorganges nicht mehr für eigene Zwecke benötigt und daher in Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung aus § 96 Abs. 1 TKG löscht.
(9) Schon vor diesem Hintergrund liegt keine von der Antragsgegnerin so bezeichnete "Vorratsdatenspeicherung" auf unbestimmte Zeit vor. Art. 15 Abs. 1 S. 2 der Richtlinie 2002/58/EG lässt eine Datenspeicherung für eine "begrenzte Zeit" ausdrücklich zu.
c) Auch der von der Antragsgegnerin eingewandte Verstoß gegen höherrangiges Recht liegt nicht vor. Art. 8 der Enforcement-Richtlinie (RL 2004/48/EG), der in § 101 UrhG 1 : 1 umgesetzt wurde, mag zwar keine Verpflichtung zur Auskunftserteilung von personenbezogenen Daten beinhalten. Allerdings hat der EuGH im Beschluss C € 557/07 (= MR 2009, 40), dem eine Vorlage auf Vorabentscheidung des Obersten Gerichtshofs von Österreich voran gegangen war, ausdrücklich festgestellt, dass die Mitgliedstaaten nicht daran gehindert sind, eine Verpflichtung zur Weitergabe personenbezogener Verkehrsdaten an private Dritte zum Zweck der zivilgerichtlichen Verfolgung von Urheberrechtsverstößen aufzustellen (s. Anl. BK 2, Entscheidung des OGH). Auch einen Verstoß gegen die Richtlinie 2002/58/EG sieht der Senat als nicht gegeben an. Die Antragsgegnerin bezweifelt ohne sachliche Berechtigung, dass es sich bei der sich aus § 101 Abs. 2 und Abs. 9 UrhG i.V.m. § 96 Abs. 2 S. 1 TKG ergebenden Speicherungsbefugnis nicht um eine (hinreichend klare) "Rechtsvorschrift" im Sinne von Art. 15 Absatz 1 Satz 2 der Richtlinie 2002/58/EG handele. Diese Bedenken teilt der Senat aus den bereits dargelegten Gründen nicht. Allein die Tatsache, dass eine rechtliche Folge einer Vorschrift im Wege der Verweisung zu entnehmen ist, nimmt der Bestimmung nicht die Qualität einer "Rechtsvorschrift". Hier geht es nicht um eine "implizite Erlaubnisvorschrift", sondern um eine ausdrücklich geregelte. Die Antragsgegnerin weist unter Bezugnahme auf die Entscheidung des EuGH "Promusicae" zutreffend darauf hin, dass gemäß Art. 15 der RL 2002/58/EG, der auf Art. 13 der RL 95/46/EG verweist, eine weitergehende Aufbewahrung von Daten unter anderem zulässig ist, um die Rechte und Freiheiten anderer Personen zu gewährleisten (Art. 13 Abs. 1 lit. g RL 2002/58/EG). Von dieser Befugnis hat der Gesetzgeber in § 101 UrhG Gebrauch gemacht.
d) Die in diesem Zusammenhang von der Antragsgegnerin geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken sind ebenfalls unbegründet. Zwar berührt auch das durch die einstweilige Verfügung angeordnete Gebot zum weiteren Vorhalten der Daten den Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses. Nach Auffassung des Senates ist dieser Eingriff jedoch gerechtfertigt. § 101 Abs. 2, Abs. 9 UrhG sieht eine grundsätzliche Erlaubnis für die Verwendung, damit auch für eine Speicherung, von Verkehrsdaten vor. Derartige Beschränkungen des Fernmeldegeheimnisses dürfen nach Art. 10 Abs. 2 S. 1 GG nur aufgrund eines Gesetzes angeordnet werden. § 101 Abs. 2 iVm Abs. 9 UrhG ist eine derartige Ermächtigungsnorm. Dies geht ausdrücklich aus § 101 Abs. 10 UrhG hervor. Gegen die Verfassungsgemäßheit dieser Norm bestehen nach Auffassung des Senates keine Bedenken. Denn § 101 Abs. 2 iVm Abs. 9 UrhG ermöglicht die Durchsetzung von ebenfalls mit Verfassungsrang nach Art. 14 GG geschützten Rechtspositionen von Urhebern und sonstigen Rechteinhabern von Rechtspositionen aus dem UrhG. Vor dem Hintergrund der durch die Möglichkeiten des Internets geschaffenen Ausgangsvoraussetzung zur Begehung von massenhaften Urheberrechtsverletzungen wäre die Durchsetzung der Rechte von Rechtsinhabern gegen Verletzer ohne die in § 101 UrhG zugelassene Beschränkung des Fernmeldegeheimnisses nur schwer möglich. Diese Kenntnis besitzt der mit Urheberrechtsstreitigkeiten befasste Senat aufgrund zahlreicher Verfahren im Zusammenhang mit €Filesharing€ nach alter Rechtslage. Seinerzeit konnten Rechteinhaber ausschließlich durch Einleitung eines Strafverfahrens und Einsichtnahme in die Akte die erforderlichen Daten der Verletzer in Erfahrung bringen. Angesichts der Praxis der Generalstaatsanwaltschaften derartige Ermittlungsverfahren nur bei sehr schwerwiegenden Verletzungen einzuleiten, stand den Rechteinhabern nur eine sehr eingeschränkte Verfolgungsmöglichkeit zur Seite. Um diese nicht berechtigte €Besserstellung€ von Rechtsverletzern zu beseitigen, wurden ausweislich der Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 16/5048, S. 39 f) die gesetzlichen Änderungen des § 101 UrhG n.F. eingeführt. Da die hier durch Verfügung angeordnete weitere Speicherung der Daten nicht dazu dient, heimlich Inhalte geführter Telekommunikation im Kernbereich privater Lebensgestaltung zu erfassen, sondern lediglich der Veranlasser eines bestimmten Telekommunikationsvorgangs festgestellt werden soll, dessen Verbindungsdaten und IP-Adresse der Antragstellerin ohnehin bereits bekannt sind, liegt nur ein Eingriff mit geringfügiger Auswirkung auf den Schutzbereich des Fernmeldegeheimnisses vor, der angesichts der ansonsten drohenden Rechtsverluste auf Seiten der Rechteinhaber gerechtfertigt ist.
e) Soweit sich die Antragsgegnerin weiter auf die Verletzung des Grundrechts auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme gem. Artikel 2 Abs. 1 i.V.m. Artikel 1 Abs. 1 GG beruft und ferner auf das Recht zur informationellen Selbstbestimmung, geht der Senat angesichts der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 16.06.2009 (BVerfG NJW 2009, 2431, 2433) davon aus, dass diese Grundrechte nur subsidiär gegenüber Artikel 10 GG vor Eingriffen in informationstechnische Systeme schützen (vgl. BVerfGE NJW 2009, 2431, so auch OLG Karlsruhe GRUR-RR 09, 379, 380 - Datensicherung zur Auskunftserteilung m.w.N.).
f) Das Speicherungsverlangen der Antragstellerin belastet die Antragsgegnerin auch nicht im Sinne von § 101 Abs. 4 UrhG unzumutbar. Dies gilt selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich die Antragsgegnerin möglicherweise einer Vielzahl gleichgerichteter Verlangen sowohl der Antragstellerin als auch anderer Rechteinhaber ausgesetzt sehen wird. Auch hierzu hat das Landgericht bereits die erforderlichen und zutreffenden Ausführungen gemacht. Dem Geschäftsmodell der Antragsgegnerin als Access-Provider ist es immanent, dass über ihren Dienst in großem Umfang Rechtsverletzungen begangen werden können. Sie muss sich deshalb personell in die Lage versetzen, zumindest im Rahmen zwingender gesetzlicher Vorschriften hiergegen auch wirkungsvoll vorgehen zu können (so auch OLG Karlsruhe GRUR-RR 09, 379, 382 - Datensicherung zur Auskunftserteilung). Art und Umfang des von der Antragsgegnerin betriebenen Geschäftsmodells als solches ist nicht beanstandungswürdig. Sofern es im Internet - auch durch Vermittlung des Dienstes der Antragsgegnerin - massenhaft zu Urheberrechtsverletzungen von erheblichem Ausmaß und Schwere kommt, müssen die Rechtsinhaber aber auch - gegebenenfalls unter Einschaltung der Antragsgegnerin - in der Lage sein, derartige Verletzung massenhaft zu verfolgen. Andernfalls würde der den Inhabern von Schutzrechten kraft Gesetzes zustehende Schutz letztlich aus rein wirtschaftlichen Interessen der Provider außer Kraft gesetzt.
Soweit die Antragsgegnerin weiter anführt, dass einige Anordnungsverfahren bereits an dem Nachweis der Aktivlegitimation gescheitert sind, rechtfertigt dies ebenfalls nicht die Annahme, die weitere Speicherung der Daten bis zur Auskunfterteilung an die Antragstellerin oder bis zur rechtskräftigen Abweisung eines Auskunftsantrages sei generell unverhältnismäßig. Die materielle Prüfung, ob dem Antragsteller tatsächlich ein Auskunftsanspruch zusteht, soll gerade Gegenstand des Anordnungsverfahrens sein. Sie kann deshalb nicht bereits zur Voraussetzung für eine vorläufige Speicherung zur Sicherung dieses Verfahrens gemacht werden. Angesichts dieses Umstandes ergibt sich im vorliegenden Einzelfall auch keine Unverhältnismäßigkeit der Speicherung wegen einer unberechtigten Inanspruchnahme der Antragsgegnerin durch andere Antragsteller in anderen Anordnungsverfahren. Allenfalls dann, wenn ein (und derselbe) Rechteinhaber wiederholt € zu Unrecht € die Speicherung verlangt hat, kann ihm unter Umständen eine Unzumutbarkeit der weiteren Speicherung in einem neuen mutmaßlichen Verletzungsfall entgegengehalten werden. Diese Umstände treffen auf die Antragstellerin nicht zu, auch wenn ihr erster Antrag auf Erlass einer Anordnung (308 O 497/08) vom Landgericht aus verfahrensrechtlichen Gründen abgelehnt worden ist. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig geworden. Vielmehr hat das Landgericht nach Aufhebung des Beschlusses durch den Senat, am 03.06.2009 die begehrte Anordnung erlassen.
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen ist ein Anspruch der Antragstellerin auf weiteres Vorhalten der Daten nach §§ 101 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 9 S. 1 UrhG iVm § 96 Abs. 2 S. 1 letzter HS TKG, § 242 BGB begründet.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO
OLG Hamburg:
Urteil v. 17.02.2010
Az: 5 U 60/09
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