Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. April 2005
Aktenzeichen: 19 W (pat) 326/02
(BPatG: Beschluss v. 25.04.2005, Az.: 19 W (pat) 326/02)
Tenor
Das Patent 199 53 114 wird mit den erteilten Unterlagen aufrechterhalten.
Der Einspruch ist unzulässig.
Gründe
I Für die am 4. November 1999 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Anmeldung ist die Erteilung des Patents am 13. Juni 2002 veröffentlicht worden. Das Patent hat die Bezeichnung
"Markiervorrichtung zum Projizieren einer optischen Hilfsmarkierung".
Gegen das Patent hat die Fa. L... GmbH einen Schriftsatz (20. August 2002) eingereicht, mit dem sie Einspruch erheben will. Zur Begründung hat sie behauptet, das Patent beschreibe die Markiervorrichtung nicht so vollständig, dass ein Fachmann sie alleine mit den Angaben aus den Ansprüchen, der Beschreibung und den Figuren ausführen bzw herstellen könne (PatG § 21 Abs 1 Nr 2), der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe gegenüber dem vorbenutzten LAP CBX-Lichtvisier nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit bzw der Gegenstand der Ansprüche 1 und 2 sei durch die DE 196 50 792 A1 nahegelegt.
Der Patentanspruch 1 lautet unter Verwendung der Gliederung der Einsprechenden:
"M 1 Markiervorrichtung zum Projizieren einer optischen Hilfsmarkierung auf einem Werkstück (7), M 1.1 wobei die Markiervorrichtung (1) zwei seitlich nebeneinander angeordnete Projektionseinrichtungen (2) aufweist, M 1.2 die jeweils mittels einer Halterung (3) mit dem ein Bearbeitungswerkzeug (5) aufweisenden Arbeitskopf einer Materialbearbeitungseinrichtung verbindbar sind, M 1.3 wobei die Projektionseinrichtungen jeweils eine Lichtquelle und eine in deren Strahlengang angeordnete Optik zur Abstrahlung eines im wesentlichen in einer Abstrahlebene (6) befindlichen Lichtbündels aufweisen, M 1.4 wobei die Projektionseinrichtung (2) zur Projektion von auf dem zu bearbeitenden Werkstück (7) sichtbaren, sich auf der Längsmittelachse (8) des Verarbeitungswerkzeugs (5) kreuzenden optischen Linien (9) mit ihren Abstrahlebenen (6) quer zueinander angeordnet sind, M 1.5 derart, daß sich die Schnittlinie dieser Abstrahlebenen (6) in der Längsmittelachse (8) des Bearbeitungswerkzeugs (5) befindet, M 2 wobei die Halterungen (3) als Haltearme ausgebildet sind, M 2.1 die mittels eines Schwenkgelenks klammerartig um eine parallel zu der Schnittlinie der Abstrahlebenen (6) mittig zwischen den Abstrahlebenen angeordnete Schwenkachse (12) relativ zueinander schwenkbar miteinander verbunden sind, M 2.2 wobei jede der Halterungen (3) mindestens drei Auflagepunkte (10) zum Anlegen an einem in einer koaxial zur Längsmittelachse (8) des Bearbeitungswerkzeugs (5) angeordneten Kreiszylindermantelfläche verlaufenden Außenumfangteilbereich (11) des Arbeitskopfs (4) aufweist, M 3 wobei diese Auflagepunkte (10) auf zwei in der Kreiszylindermantelfläche parallel zueinander beabstandeten Geraden angeordnet sind, M 4 wobei die Abstrahlebene (6) der an der Halterung (3) angeordneten Projektionseinrichtung (2) mittig zwischen diesen beiden Geraden angeordnet ist, M5 und wobei die beiden Geraden, auf denen die Auflagepunkte (10) der einen der beiden Halterungen (3) angeordnet sind, den gleichen Abstand zueinander aufweisen, wie die beiden Geraden, auf denen die Anlagepunkte (10) der anderen Halterung (3) angeordnet sind."
Die Markiervorrichtung des nebengeordneten Patentanspruchs 2 unterscheidet sich von der vorstehenden Markiervorrichtung dadurch, dass das Merkmal M 2.2 durch folgendes Merkmal M 2.2' ersetzt ist:
"M 2.2' wobei die eine der Halterungen (3) mindestens zwei Auflagepunkte (10) zum Anlegen an einem in einer koaxial zur Längsmittelachse (8) des Bearbeitungswerkzeugs (5) angeordneten Kreiszylindermantelfläche verlaufenden Außenumfangsteilbereich (11) des Arbeitskopfes (4) aufweist."
und das Merkmal M 5 durch folgende Merkmale ersetzt wird:
"M 6 und wobei an der anderen Halterung (3) mindestens ein weiterer Auflagepunkt (10) zum Anlegen an dem Außenumfangsteilbereich (11) des Arbeitskopfes (4) vorgesehen ist, M 6.1 der auf einer in der Kreiszylindermantelfläche verlaufenden Geraden angeordnet ist, deren Spiegelbild bezüglich der durch die Schnittlinie der Abstrahlebene (6) und die Schwenkachse (12) aufgespannte Mittelebene eines der beiden Geraden der anderen Halterung (3) ist."
Es soll die Aufgabe gelöst werden, Markierungsvorrichtungen nach dem Stand der Technik zu schaffen, die eine optische Markierung der Längsmittelachse des Bearbeitungswerkzeugs in unterschiedlichen Arbeitsebenen ermöglicht, die aber dennoch auf einfache Weise in Gebrauchsstellung an der Materialbearbeitungseinrichtung positionierbar ist (Abs 0010).
Die Einsprechende ist der Ansicht, sie habe in ihrem Schriftsatz vom 20. August 2002 den Patentanspruch 1 in zwei Merkmalsgruppen unterteilt. Die erste Gruppe mit den Merkmalen M1.1 bis M1.5 betreffe die Erzeugung eines parallaxenfreien Kreuzes auf dem Gegenstand. Die zweite Merkmalsgruppe betreffe die Halterung der Projektionseinrichtungen am Verarbeitungswerkzeug. Sie habe dann das vorbenutzte LAP CBX Laser-Lichtvisier und die DE 196 50 792 A1 mit beiden Merkmalsgruppen verglichen. Hierbei enthalte die Angabe "Lichtvisier" beim Stand der Technik die anspruchsgemäßen Merkmale M1.1 bis M1.5, da diese Merkmale lediglich die Definition eines Lichtvisiers enthielten, das ein parallaxenfreies Kreuz erzeuge. Die Konstruktion der Halterungen beim Stand der Technik werde ausreichend erörtert. Insbesondere würden in der beigefügten eidesstattlichen Versicherung weitere technische Ausführungen zu dem vorbenutzten LAP CBX Laser-Lichtvisier gemacht. Ferner werde dem Fachmann für die Markiervorrichtung nach Patentanspruch 1 weder eine Lehre an die Hand gegeben, wie die Auflagepunkte bzw die Geraden, auf denen diese angeordnet sein sollen, geschaffen würden, noch wie die Projektionseinrichtung an der Halterung auszurichten sei, was durch das anspruchsgemäße Vorsehen von Auflagepunkte erschwert werde. Dem Fachmann werde lediglich eine Beschreibung der Geometrie in die Hand gegeben, die diese Aspekte offen lasse. Dies treffe auch auf die Lehre des Patentanspruchs 2 zu, denn die bloße geometrische Beschreibung des Ergebnisses mache keine Aussage über den konstruktiven Aufbau der Halterungen und wie das Ergebnis erzielt werde.
Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent 199 53 114 zu widerrufen.
Die Patentinhaberin, die an der mündlichen Verhandlung wie angekündigt nicht teilgenommen hat, hat schriftsätzlich den Antrag gestellt, das Patent 199 53 114 mit den erteilten Unterlagen aufrechtzuerhalten.
Sie hält den Einspruch für unzulässig; sie ist der Meinung, der Einspruch sei insgesamt nicht ausreichend substantiiert.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II Gemäß PatG § 147 Abs 3 liegt die Entscheidungsbefugnis bei dem hierfür zuständigen 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat). Dieser hatte - wie in der Entscheidung in der Einspruchssache 19 W (pat) 701/02 (mwN; vgl BPatGE 46,134) ausführlich dargelegt ist - aufgrund öffentlicher mündlicher Verhandlung zu entscheiden.
Die Einsprechende hat ihren Rechtsbehelf zwar in rechter Frist und Form erhoben (PatG § 59 Abs 1, Satz 1 und 2) und zulässigerweise auch auf mangelnde Patentfähigkeit als einen der Widerrufsgründe des PatG § 21 (hier: Abs 1 Nr 1) gestützt (PatG § 59 Abs 1 S 3).
Den weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen wird der Einspruch jedoch nicht gerecht. Er ist somit unzulässig.
1. Einspruchsgründe Nach PatG § 59 Absatz 1 Satz 2 ist der Einspruch gegen ein Patent zu begründen. Nach Satz 4 dieser Vorschrift sind die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, im einzelnen anzugeben. Darunter ist die Gesamtheit der Tatsachen zu verstehen, aus denen die von der Einsprechenden begehrte Rechtsfolge, nämlich der Widerruf des Patents, hergeleitet wird. Die Tatsachenangaben müssen sich auf einen der in PatG § 21 genannten Widerrufsgründe beziehen, da der Einspruch nur auf die Behauptung gestützt werden kann, dass einer dieser Gründe vorliege (PatG § 59 Abs 1 Satz 3).
Der Bundesgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung (vgl ua BlPMZ 1988, 289, 290 - Meßdatenregistrierung) unter Hinweis auf weitere Entscheidungen hervorgehoben, es sei keineswegs in das Belieben des Einsprechenden gestellt, was und in welchem Umfang er zur Stützung seines Einspruchsbegehrens vorträgt. Danach genüge die Begründung des Einspruchs den gesetzlichen Anforderungen nur dann, wenn sie die für die Beurteilung des behaupteten Widerrufsgrundes - hier: mangelnde Patentfähigkeit - maßgeblichen Umstände so vollständig darlegt, dass der Patentinhaber und insbesondere das Patentamt (und dementsprechend nach der Änderung des Einspruchsrechts der Senat) daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ziehen können (vgl BGH - Meßdatenregistrierung, mit Hinweis auf BGH - Streichgarn). Insbesondere genüge eine Einspruchsbegründung den gesetzlichen Anforderungen dann nicht, wenn sie sich nur mit Teilaspekten der patentierten Lehre befasst (vgl BGH BlPMZ 1988, 250 - Epoxidation) und sich etwa mit dem Zusammenwirken der einzelnen Bauelemente der durch das Streitpatent unter Schutz gestellten Vorrichtung nicht im einzelnen auseinandersetzt (vgl BGH - Meßdatenregistrierung).
Als Fachmann ist ein Maschinenbauer mit Fachhochschulabschluss anzusehen, der Erfahrungen in der Konstruktion von lichtoptischen Markiersystemen hat.
1.1 Fehlende erfinderische Tätigkeit Der Einspruchsgrund "fehlende erfinderische Tätigkeit" (PatG § 21 Abs 1 Satz 1) ist zwar zulässig; es fehlt jedoch an ausreichender Substantiierung.
1.1.1 LAP CBX Laser-Lichtvisier In ihrem Schriftsatz vom 20. August 2002 benennt die Einsprechende das vorbenutzte LAP CBX Laser-Lichtvisier, das ebenfalls ein parallaxenfreies Kreuz erzeuge, das dem Verlauf des Zentralstrahls entsprechend auf das zu behandelnde Gewebegebiet falle. Hierzu verweist sie auf die Zeichnung auf Seite 2, links unten auf dem dem Schriftsatz beiliegenden Informationsblatt.
Darauf, inwieweit hier die Merkmale M 1 bis M 1.5 des Patentanspruchs 1 erfüllt sind, geht die Einsprechende nicht ein. Die Einsprechende meint zwar in ihrem Schriftsatz vom 20. August 2002, die Merkmale M 1.1 bis M 1.5 beträfen die Erzeugung eines parallaxenfreien Kreuzes auf dem Gegenstand und sie habe somit mit der Angabe, das bekannte Laser-Lichtvisier erzeuge ebenfalls ein parallaxenfreies Kreuz, den notwendigen Merkmalsvergleich durchgeführt.
Die Einsprechende beschäftigt sich demnach im Einspruchsschriftsatz lediglich kursorisch mit den Merkmalen M 1.1 bis M 1.5. Denn das Bild, auf das die Einsprechende ebenfalls nur pauschal verweist, zeigt lediglich ein Lichtkreuz auf einem Fuß, das sich in einem Zentralstrahl schneidet. Das Merkmal M 1.2 betrifft eine Halterung für die Lichtquellen, die mit einem Arbeitskopf einer Materialbearbeitungseinrichtung verbindbar ist, und nicht die von der Einsprechenden behauptete Erzeugung eines parallaxenfreien Kreuzes mit einem Laser-Lichtvisier. Ob die Merkmale M 1.3 bis M 1.5 erfüllt sind, kann dem Bild nicht eindeutig entnommen werden.
Die Einsprechende verweist zum Nachweis der Vorbenutzung und zu dem Verkauf des LAP CBX Laser-Lichtvisiers auf eine dem Schriftsatz vom 20. August 2002 beiliegende Eidesstattliche Versicherung, die somit als Erklärung zum Beweisantritt zu werten ist. Ihr Inhalt mit einer technischen Beschreibung des LAP CBX Laser-Lichtvisiers kann demnach nicht für den geforderten Merkmalsvergleich herangezogen werden, sondern nur zur Bestätigung der technischen Ausführungen im Schriftsatz vom 20. August 2002.
Die Einsprechende hätte den Inhalt des beiliegenden Informationsblattes bzw die Bauweise des LAP CBX Laser-Lichtvisiers im einzelnen mit dem Gegenstand des Streitpatents (hier Merkmale M 1.1 bis M 1.5) vergleichen müssen, indem sie sämtliche Anspruchsmerkmale M 1.1 bis M 1.5 im Patentanspruch 1 anspricht und im Zusammenhang mit dem Stand der Technik vergleicht, um daraus die Tatsachen herzuleiten, aus denen sich der Widerrufsgrund des PatG § 21 ergibt. Das hat die Einsprechende nicht getan.
Bereits aus diesem Grund sind die Anforderungen an eine ausreichende Substantiierung im Hinblick auf das LAP CBX Laser-Lichtvisier als Stand der Technik im Einspruchsschriftsatz nicht erfüllt.
Im übrigen erfüllt die kursorische Abhandlung der Merkmale M 2.2, M 3, M 4 und M 5 des Patentanspruchs 1 im Schriftsatz vom 20. August 2002, Abschnitt 4.1, 2. Absatz, ebenfalls nicht die Anforderungen an eine ausreichende Substantiierung.
Die Einsprechende beschäftigt sich im Einspruchsschriftsatz somit lediglich mit Teilaspekten der Erfindung.
Eine Einspruchsbegründung, die sich nur mit einem Teilaspekt der unter Schutz gestellten Erfindung, nicht aber mit der gesamten patentierten Lehre befasst, ist formal unvollständig (vgl BGH - Epoxidation).
Bei dieser Sachlage kann es dahingestellt bleiben, ob das LAP CBX Laser-Lichtvisier als Stand der Technik angesehen werden kann.
1.1.2 DE 196 50 792 A1 Als weiteren Stand der Technik nennt die Einsprechende in ihrem Schriftsatz vom 20. August 2002 noch die deutsche Offenlegungsschrift 196 50 792. Sie ist der Meinung, dass hierdurch der Gegenstand der Patentansprüche 1 und 2 nahegelegt werde. Sie führt aus, aus dieser Druckschrift sei ein Lichtvisier für eine Röntgendiagnostikeinrichtung bekannt. Das Lichtvisier sei über einen Ring (14) an dem Röntgenbildverstärker gehalten.
Hier geht die Einsprechende somit wiederum nur kursorisch auf die Merkmale M 1.1 bis M 1.5 ein, ohne diesen Stand der Technik, wie er aus der deutschen Offenlegungsschrift 196 50 792 bekannt ist, im einzelnen mit dem Gegenstand des Streitpatents zu vergleichen.
Bereits aus diesem Grund sind die Anforderungen an eine ausreichende Substantiierung im Hinblick auf die deutsche Offenlegungsschrift 196 50 792 als Stand der Technik im Einspruchsschriftsatz hier auch nicht erfüllt (analog zu den entsprechenden Ausführungen in 1.1.1).
1.2 Deutliche und vollständige Offenbarung Der Einspruchsgrund "deutliche und vollständige Offenbarung" (PatG § 21 Abs 1 Satz 2) ist zwar zulässig; es fehlt jedoch an ausreichender Substantiierung.
Im Einspruchsschriftsatz führt die Einsprechende ab Seite 5 Überlegungen zur Aussage des Patentanspruchs 1 durch, und kommt zu dem Ergebnis, dass die beanspruchte Halterung mithin dadurch gekennzeichnet sei, dass die Auflagepunkte entlang von zwei parallel zueinander beabstandeten Geraden in der Kreiszylindermantelfläche verlaufen, die jeweils parallel zur Längsmittelachse ausgerichtet seien.
Dann führt die Einsprechende weiter aus, dass dem Fachmann keine Lehre an die Hand gegeben werde, wie die Auflagepunkte bzw die Geraden, auf denen diese angeordnet sind, geschaffen werden sollten, dem Fachmann werde lediglich eine Beschreibung der Geometrie an die Hand gegeben.
Abschließend fasst die Einsprechende zusammen, dass die Markiervorrichtung nicht so vollständig beschrieben sei, dass ein Fachmann sie allein mit den Angaben aus den Ansprüchen, der Beschreibung und den Figuren ausführen könne.
Im Hinblick auf den Patentanspruch 2 kommt die Einsprechende zu dem gleichen Ergebnis: es werde nur die Geometrie der Geraden beschrieben, auf denen die Auflagepunkte liegen sollen. Wie ein Fachmann diese Geometrie mit den Auflagepunkten ausbilden solle und wie die Projektionseinrichtung an der Halterung angeordnet werde, bleibe im Dunkeln.
Die Behauptung, der Fachmann wisse nicht, wie die Auflagepunkte bzw deren Geraden geschaffen werden sollten, ist vom Senat nicht nachzuvollziehen. Die Einsprechende gibt in ihrem Schriftsatz vom 20. August 2002 keine Begründung an, welche Schwierigkeiten den Fachmann von der Ausführung der patentgemäßen Markierungsvorrichtung abhalten würden. Dem Einspruchsgrund der deutlichen und vollständigen Offenbarung fehlt somit die ausreichende Substantiierung. Mit der Behauptung, der Fachmann kann etwas, was im Patentanspruch beschrieben ist, nicht ausbilden, dh bauen, ohne weitere verständliche und nachvollziehbare Ausführungen zu machen, worin das Problem liegt, werden nicht im einzelnen die Tatsachen angegeben, die den Einspruch rechtfertigen.
In der mündlichen Verhandlung räumte die Einsprechende auch ein, der Fachmann wisse, wie er die Auflagepunkte ausbilden, dh bauen könne, wenn er ihre geometrische Lage kenne; gemeint sei, dass die Funktion der Auflagepunkte in der Patentschrift nicht angegeben sei; denn hierdurch würde die Halterung nicht mehr richtig funktionieren.
1.3. Technische Brauchbarkeit Die Ausführungen im Schriftsatz vom 20. August 2002, dass dem Fachmann keine "Lehre an die Hand gegeben" werde, "wie die Projektionseinrichtung an der Halterung auszurichten" sei, wird vom Senat - wie von der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung bestätigt - in der Weise verstanden, dass hiermit die Funktionsfähigkeit der anspruchsgemäßen Markiervorrichtung in Zweifel gezogen wird bzw die Funktionsfähigkeit als mangelhaft angesehen wird, dh dass die Einsprechende meint, die anspruchsgemäße Markiervorrichtung sei technisch nicht brauchbar.
Die Einsprechende hält das Streitpatent nicht für technisch brauchbar, weil unmittelbar einsichtig sei, dass allein die Ausrichtung der Halterung an dem Arbeitskopf noch nicht sicherstelle, dass die Projektionseinrichtungen ein parallaxenfreies Kreuz erzeugten. Vielmehr müsse auch die Lage der Projektionseinrichtung und nicht nur deren Halterung beansprucht und beschrieben sein. So werde dem Fachmann für die Markiervorrichtung des Patentanspruchs 1 keine Lehre an die Hand gegeben, wie die Projektionseinrichtung an der Halterung auszurichten sei. Bei der Lösung dieser Frage, insbesondere im Fall von drei Auflagepunkten erhalte der Fachmann keinen Hinweis aus der Beschreibung oder den Figuren, auch nicht warum derartige Auflagepunkte vorgesehen seien, wie die Einsprechende in der mündlichen Verhandlung ergänzte. Die Einsprechende meint somit, dass die im Streitpatent angegebene Vorrichtung nicht richtig funktioniere.
Der Einspruchsgrund "Zweifel an der Funktionsfähigkeit", "mangelhafte Funktionsfähigkeit" bzw "technische Brauchbarkeit" oder "die Qualität der Funktion einer Vorrichtung" ist aber von den in PatG § 21 angegebenen Einspruchsgründen nicht umfasst und somit kein zulässiger Einspruchsgrund nach PatG § 21.
2. Unzulässigkeit des Einspruchs Damit hat die Einsprechende innerhalb der Einspruchsfrist die tatsächlichen Voraussetzungen eines der in PatG § 21 genannten Widerrufsgründe nicht ausreichend dargetan, so dass die Unzulässigkeit des Einspruchs festzustellen war.
III Lag somit kein zulässiger Einspruch vor, war das Patent ohne weitere Sachprüfung unverändert aufrechtzuerhalten.
Ist der einzige Einspruch - oder sind alle Einsprüche - gegen ein Patent unzulässig, ist die Aufrechterhaltung des Patents (ohne weitere Sachprüfung) auszusprechen. Ein alleiniger Ausspruch über die Verwerfung des Einspruchs - oder der Einsprüche - kommt nicht in Betracht.
Wie der 20. Senat des Bundespatentgerichts in der Entscheidung 20 W (pat) 344/02 ausführlich dargelegt hat, bleibt auch dann, wenn der einzige oder alle Einsprüche unzulässig sind und folglich eine sachliche Überprüfung der Bestandskraft des Patents aufgrund vorgebrachter Widerrufsgründe ausscheidet, nur der Ausspruch über die unveränderte Aufrechterhaltung des Patents. Denn in § 61 Abs 1 Satz 1 PatG ist abschließend geregelt, durch welche Art der Entscheidung das Einspruchsverfahren zu beenden ist. Es ist durch Beschluss zu entscheiden, ob und in welchem Umfang das Patent aufrechterhalten oder widerrufen wird. Die bloße Verwerfung des Einspruchs als unzulässig ist nicht vorgesehen.
Sie kann nun, angesichts der Neuregelung des Einspruchsrechts (PatG § 147), nicht mehr mit einer planwidrigen Unvollständigkeit und einer daher sachgerecht erforderten Ergänzungsbedürftigkeit des Einspruchsrechts begründet werden, wie dies auf der Grundlage der Entscheidung des Juristischen Beschwerdesenats vom 23. März 1984 (BPatGE 26, 143) bisher durchgängige Auffassung war. Wenn, wie der Senat bereits herausgestellt hat (vgl BPatGE 46, 134, 136), Gegenstand des gerichtlichen Einspruchsverfahrens das Patent ist, dann kann - mangels einer abweichenden gesetzlichen Regelung - auch im Falle eines oder mehrerer unzulässiger Einsprüche nichts anderes gelten.
Dr. Kellerer Schmöger Dr. Mayer Dipl.-Ing. Groß
Pr
BPatG:
Beschluss v. 25.04.2005
Az: 19 W (pat) 326/02
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