Verwaltungsgericht München:
Urteil vom 8. November 2012
Aktenzeichen: M 17 K 12.386
(VG München: Urteil v. 08.11.2012, Az.: M 17 K 12.386)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kostenschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kostengläubiger vorher Sicherheiten in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand
Gegenstand des Rechtsstreits ist die Einräumung des Status eines Pflichtprogrammes für die analoge Kabelbelegung.
Die Klägerin (früher ... ... ... GmbH) vertritt die ... ... GmbH als Lizenzinhaberin des Programms ... Die beklagte Landeszentrale schrieb in einer Bekanntmachung vom 28. Juli 2011 (Seite 29 der Behördenakte, Ausschreibungsverfahren) gem. Art. 36 Abs. 1 BayMG i.V.m. der Satzung über die Belegung von Kanälen mit in analoger Technik verbreiteten Fernsehprogrammen und Telemedien in Kabelanlagen in Bayern (Kanalbelegungssatzung € KBS) vom 27. Juli 2007, zuletzt geändert durch Satzung vom 21. Juli 2011, aus. Dabei gab die Landeszentrale bekannt, dass allen interessierten Rundfunkanbietern die Möglichkeit eröffnet wird, sich auf das Pflichtkontingent für fünf analoge Kabelkanäle mit folgenden Programmangeboten zu bewerben:
1. deutschsprachiges Fernseh-Spartenprogramm Information/Bildung (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 KBS).
2. deutschsprachiges Fernsehspartenprogramm Sport (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 KBS),
3. deutschsprachiges Fernsehspartenprogramm Unterhaltung (§ 6 Abs. 1 Nr. 6 KBS).
4. deutschsprachiges Fernsehspartenprogramm Unterhaltung mit besonderer Zielgruppenorientierung (§ 6 Abs. 1 Nr. 7 KBS).
5. Teleshoppingprogramm oder ein Telemedienprogramm (§ 6 Abs. 1 Nr. 8 KBS).
Im Folgenden wurde auf die Auswahlkriterien und den notwendigen Inhalt der Bewerbungsunterlagen hingewiesen.
Die Klägerin bewarb sich für das Programm ... um einen analogen Kabelplatz als Pflichtprogramm im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 7 Kabelbelegungssatzung. Der Kabelplatz wurde von der Klägerin bis 31. Dezember 2011 genutzt. Als deutschsprachiges Fernsehspartenprogramm "Unterhaltung mit besonderer Zielgruppe" bewarben sich ferner die Veranstalter
- ...
- ...,
- ...
- ...
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hilfsweise:
- ...
Laut Sitzungsprotokoll vom 24. November 2011 (S. 60 der Behördenakte Gremien) empfahl der Fernsehausschuss dem Medienrat, insgesamt 4 Kabelkanälen zur Belegung in analoger Technik im Frequenzbereich 139 bis 350 MHz ab dem 1.1.2012 für die Dauer von 4 Jahren die Programme
- ...,
- ...
- ...
- ...
zuzuweisen. In der Begründung des Vorschlags hieß es unter anderem: ... TV sei ein Programm mit speziell alpenländischem Lokal- und Themenbezug und besetze mit seiner singulären Programmfarbe ein neues Feld. Das Angebot richte sich an eine bildungsorientierte Zielgruppe. Schwerpunkt sei "moderne Heimat". Es werde ein hoher Anteil an Eigenproduktionen rund um die Themen Kultur, Sport, Freizeit, Wissen und Gesellschaft, Information und Aktuelles geboten. 90% des Programms sei jünger als 5 Jahre, beides sei bei den Angeboten von Das ...und ...nicht zwingend der Fall. Bei ... liege der Wert bei 78%. Die Muttergesellschaft von ... TV gehöre keinem der großen Medienkonzerne an, was zur strukturellen Vielfalt beitrage. Der Wiederholungsanteil bei ... TV sei relativ hoch. Dies werde allerdings durch die formelle, inhaltliche und thematische Vielfalt wieder ausgewogen. Bei ... TV sei positiv der selbstauferlegte Verzicht auf Castingformate, Call-In Shows, Sex-Hotlines, sogenannte Trash-TV, Teleshoppingfenster und ähnliche Programmelemente zu bewerten, während ... weite Programmstrecken mit eingekauften US-amerikanischen Reality-Programmen führte. Zum Programm ... wurde ausgeführt, der Sender gehöre zu ... ..., der seit Jahresbeginn 2011 nicht mehr frei empfangbar sei. ... sei nunmehr ein exklusiver Kanal für Musik und Entertainment für die Zielgruppe der 14- bis 29-jährigen. ... sei seit 1993 auf Sendung und erreiche 38,5 Millionen Zuschauer in Deutschland und Österreich. Das Programm werde 24 Stunden gesendet und zu 95% in deutscher Sprache ausgestrahlt. Größere Konzerte und Live-Events würden weiterhin live übertragen. Eigen- und Gemeinschaftsproduktionen gebe es derzeit bei ... nicht, sie wären jedoch wieder geplant. Der Musikanteil an der Gesamtsendezeit liege bei insgesamt ca. 58%, Kaufproduktionen würden zu 80% aus den USA und zu 20% aus Japan stammen. Das Programm setze sich aus aktuellen Musikvideos, Entertainment-Shows rund um Stars, Live-Fashion, Fashion und Musik, des Weiteren aus Sitcomes, Fiction und Realityformaten zusammen. Im Juli 2011 habe ... einen Marktanteil von 2,7% bei den 17- bis 29-jährigen erreicht, was eine Steigerung gegenüber dem Vormonat um 5%, gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres um 40% bedeute.
In der Medienratsitzung vom 8. Dezember 2011 lag die Beschlussempfehlung des Fernsehausschusses vor (S. 137 der Behördenakte Gremien). Der Medienrat beschloss einstimmig in dieser Sitzung die Zuweisung entsprechend dem Vorschlag des Fernsehausschusses.
Mit Bescheid vom 19. Dezember 2011 (Bl. 89 der Behördenakte Ausschreibungsverfahren) wies die Beklagte in Bayerischen Kabelanlagen mit 100 und mehr angeschlossenen Wohneinheiten im Frequenzbereich 139 MHz bis 350 MHz vier Kabelkanäle für die Belegung mit analoger Technik den Programmen N 24, Sport 1, Tele 5, und ... TV zu. Die Zuweisung sollte am 1. Januar 2012 in Kraft treten und bis 31. Dezember 2015 befristet werden.
Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, die Landeszentrale habe unter Berücksichtigung der in Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BayMG i.V.m. 4 und 6 Abs. 2 KBS genannten Gesichtspunkte eine Auswahlentscheidung unter den Bewerbern getroffen. Für die Bewerbergruppe "deutschsprachiges Fernsehspartenprogramm Unterhaltung mit besonderer Zielgruppenorientierung" wurde zur Begründung der Auswahlentscheidung im Wesentlichen die Begründung im Vorschlag des Fersehausschusses wiederholt. Abschließend heißt es: Aufgrund der oben ausgeführten Bewertungen der verschiedenen Anbieter wird dem Programm ... TV der analoge Kabelplatz nach § 6 Abs. 1 Nr. 7 KBS zugewiesen, da es sich hierbei um ein sehr innovatives, unabhängiges und auf hohe Programmqualität achtendes Programmvorhaben handelt. Seine inhaltlich-thematische Vielfalt sowie Ausrichtung auf den lokalen alpenländischen Raum trage in der Gesamtabwägung maßgeblich zur Bereicherung des Gesamtprogrammes im analogen Kabel bei.
Der Bescheid wurde der Klägerin am 23. Dezember 2011, der Beigeladenen am 20. Dezember 2011 zugestellt.
Mit einer Allgemeinverfügung vom 13. Dezember 2011 wurde den Betreibern von Kabelanlagen in Bayern mit hundert und mehr angeschlossenen Wohneinheiten die Zuweisungsentscheidung bekannt gegeben und den Netzbetreibern zur Umsetzung des Beschlusses für den Fall, dass der Austausch von Programmen vorzunehmen ist, eine Übergangsfrist bis längstens 30. April 2012 eingeräumt.
Mit Schriftsatz vom 19. Januar 2012, eingegangen am selben Tag, erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage mit dem Antrag:
1. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 2011 wird aufgehoben, soweit er dem Programm ... TV einen Kabelkanal für die Belegung in analoger Technik als Pflichtprogramm zuweist und den Antrag der Klägerin vom 26. August 2011 auf Zuweisung dieses Kabelkanals für ihr Programm ... ablehnt.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Antrag der Klägerin auf Zuweisung eines Kabelkanals für die Belegung mit ihrem Programm ... als Pflichtprogramm für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Zum Sachverhalt wurde zunächst ausgeführt: Es gelte die Kanalbelegungssatzung in der Änderungsfassung vom 21. Juli 2011. Inhalt der Änderung sei unter anderem gewesen, dass in § 6 Abs. 1 Nr. 7 KBS das "Spartenprogramm Musik" durch ein "Fernsehspartenprogramm Unterhaltung mit besonderer Zielgruppenorientierung" ersetzt wurde. Die Klägerin habe zur geplanten Änderung Stellung genommen und Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit der Änderungsformulierung geäußert. Das Programm ... TV wende sich nach eigener Darstellung an ein breites interessiertes Publikum. Als Zielgruppe seien Personen zwischen 14- und 59 Jahren mit hohem Bildungsniveau angegeben worden. Nach eigenen Angaben handle es sich um ein vielseitiges Programm aus Sport, Kultur, Wissen, Unterhaltung und Information. Dagegen richte sich ... an eine Kernzielgruppe von 14- bis 29-Jährigen mit speziellen Musik- und Entertainmentinteressen. Die Klägerin sei als Adressatin des belastenden Bescheides klagebefugt und jedenfalls in ihrem subjektiven Recht auf chancengleiche Teilhabe an den vorhandenen Kapazitäten berührt. Die Tatbestandsmerkmale des § 6 Abs. 1 Nr. 7 KBS seien, wenngleich es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe handele, gerichtlich voll überprüfbar. Bei ... TV handele es sich nicht um ein Spartenprogramm mit besonderer Zielgruppenorientierung. Zum einen handele es sich nicht um ein Spartenprogramm. Zur Begriffsbestimmung finde § 2 Rundfunkstaatsvertrag Anwendung. Danach sei ein Spartenprogramm ein Rundfunkprogramm mit im wesentlich gleichartigem Inhalt. Im Gegensatz dazu stehe das "Vollprogramm" im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 3 RStV, ein "Rundfunkprogramm mit vielfältigen Inhalten, in welchem Information, Bildung, Beratung, Unterhaltung einen wesentlichen Teil des Gesamtprogramms bilden". Ein Spartenprogramm zeichne sich hingegen gerade durch seine spezifische Ausrichtung aus und decke nicht den genannten Inhalt eines Vollprogramms ab. Die Zulassungsbescheide der Komm Austria vom 10. November 2008 würden das Programm ... TV noch als Spartenprogramm bezeichnen. Im Bescheid vom 30. Dezember 2010 werde es jedoch als "Programm" bezeichnet. Auch nach dem eigenen Verständnis von ... TV als "privatfinanziertes Fernsehen mit öffentlich-rechtlichem Anspruch" sei ein "Vollprogramm" gegeben. Der Schwerpunkt liege bei den vielseitigen Inhalten und nicht auf einer Programmsparte. ... TV stelle auch kein Spartenprogramm Unterhaltung dar. Unterhaltung werde nach § 2 Abs. 2 Nr. 18 RStV als "Kabarett und Comedy, Filme, Serien, Shows, Talkshows, Spiele, Musik" definiert. Diese grenzen sich von den Begriffen Information, Bildung und Kultur ab. Aufgrund der Untergliederung der sechs Redaktionen von ... TV ergebe sich, dass inhaltlich nicht vorrangig die Unterhaltung im Vordergrund stehe. Zudem sei ... TV auch kein Programm mit "besonderer Zielgruppenorientierung" im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 7 KBS. Dies wäre nur dann der Fall, wenn das Programm für eine spezielle Zielgruppe gemacht würde. Dies sei bei ... TV nicht der Fall, da es sich nach eigener Darstellung an "Personen im Alter zwischen 14 und 59 Jahren mit hohem Bildungsniveau" wendet. Diese Orientierung sei wesentlich unspezifischer als z.B. bei der Zielgruppe von ..., die sich im Kern an musikaffine 14- und 29-Jährige richte. Hilfsweise werde noch vorgetragen, dass auch Abwägungsfehler bei der Auswahlentscheidung gemacht worden seien. So seien die Interessen der Teilnehmer nur unvollständig ermittelt worden. Die "Zuschauerakzeptanz" sei überhaupt nicht berücksichtigt worden, so fehlten Angaben zum Marktanteil und Interessen der Teilnehmer zugunsten von ... TV vollständig. Beurteilungsfehlerhaft seien auch die Überlegungen der Beklagten zur Programmvielfalt. Diese würden aber schon durch die unterschiedlichen Programmsparten beschrieben. Als maßgebliches Kriterium der Entscheidung sei die "inhaltlich-thematische Vielfalt" des Programms ... TV aufgeführt. Als Abwägungskriterien für ein Spartenprogramm sei dies gerade nicht sachgerecht. Nach Angaben der Beklagten betrage der Umfang des Programmfensters ... ... TV mit Schwerpunkt Sport und Event derzeit 2,8 Stunden wöchentlich. Dieser sportlastige Schwerpunkt ... ... TV sei bei der Abwägungsentscheidung nicht gewürdigt worden. Dass sich diese ... ...-spezifische Ausrichtung auch als Form von Produktplacement darstellen kann, zeige die letzte Seite der ... TV Unternehmenspräsentation, auf der ein Foto mit einer ...-Dose platziert sei. Die Beklagte führe dem gegenüber aus, dass ... TV auf "Teleshopping, Fenster oder ähnliche Programmelemente" verzichte. Ein Beurteilungsfehler liege auch in der Berücksichtigung und Gewichtung produktionsbedingter und wirtschaftlicher Aspekte. Der Gesichtspunkt des hohen Anteils an Eigenproduktionen stelle kein Auswahlkriterium nach den Auswahlgrundsätzen der §§ 4, 6 Abs. 2 KBS dar. Sachfremd, weil nicht von §§ 4, 6 KBS gedeckt, erschienen auch die Angaben zum Lokalbezug von ... TV nämlich der besonderen Verbundenheit zum alten Donau-Adria-Raum. Die markt- und medienwirtschaftlichen Aspekte (Ausweitung des Werbevolumens), Schaffung eines Beirats in Deutschland, stellten gegenüber den in § 6 Abs. 2 Nr. 2 KBS gemeinten inhaltlich regionalen Bezügen des Programms sachfremde Gründe dar.
Mit Beschluss vom 20. Januar 2012 wurde die ... TV Fernsehgesellschaft mbH zum Verfahren beigeladen.
Der Bevollmächtigte der Beklagten erwiderte mit Schriftsatz vom 22. März 2012, es sei unzutreffend, dass der Beigeladenen mit dem angegriffenen Bescheid ein konkreter Kabelkanal zugewiesen worden sei. Vielmehr seien im Bescheid vom 19. Dezember 2011 lediglich abstrakt vier Kabelkanäle für die Verbreitung ihrer Programme im Frequenzbereich 139 MHz bis 350 MHz in analogen Kabelanlagen zugewiesen worden. Gemäß § 5 KBS handele es sich bei dieser Entscheidung nicht um eine Kabelzuweisung, sondern es werde den betroffenen Programmen ein Sonderstatus nach § 6 Abs. 1 KBS eingeräumt. Diese Programme müssten dann in die von der Satzung betroffenen Kabelanlagen eingespeist werden. Dies schließe jedoch nicht aus, dass auch andere Programme im Einvernehmen mit den Kabelanlagenbetreiber in die Kabelanlage eingebracht werden. Zutreffend sei jedoch, dass der Beigeladenen als Spartenprogramm mit besonderer Zielgruppenorientierung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 7 KBS der Status eines Pflichtprogramms eingeräumt worden sei. Die Klägerin habe richtig ausgeführt, dass die KBS den Begriff des Spartenprogramms nicht definiere. Nach Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayMG würden die Begriffsbestimmungen des § 2 RStV Anwendung finden. Der Rundfunkstaatsvertrag lasse jedoch keine trennscharfe Abgrenzung zwischen Spartenprogramm und Vollprogramm zu. Bei der Definition eines Vollprogramms komme es auf die Funktion an. Dabei seien lediglich Regelbeispiele genannt. Einzelne Programmgenres und Themen könnten mehreren Bereichen zugeordnet werden, so z.B. könne Musik sowohl Unterhaltung als auch Kultur darstellen. Auch Sportübertragungen dienten sowohl der Information, als auch der Unterhaltung. Daraus zeige sich, dass der Rundfunkstaatsvertrag keine trennscharfe Unterscheidung vorgenommen hat, sondern Wertungen erforderlich seien, für welche der Beklagten ein Beurteilungsspielraum zuerkannt werden müsse. Die Zuordnung des Programms der Beigeladenen sei aufgrund einer eingehenden Überprüfung der Sendeformatbeschreibungen in den Bewerbungsunterlagen, weiteren Recherchen auf der Senderhomepage sowie im laufenden Programm bzw. der Mediathek der Beigeladenen erfolgt. Es folgte eine Darstellung der Zuordnung einzelner Programmteile zu bestimmten Bereichen. Daraus ergebe sich eine Zuordnung für den Bereich Information von 7,7%, für den Bereich Bildung ein Sendeanteil von 7,1% und für den Bereich Unterhaltung ein Sendanteil von 85,2%, wobei 17% davon auf das sogenannte ...-Fenster entfallen, dessen Anteil für das Jahr 2012 auf 10% gesenkt werden soll. Damit enthalte das Programm der Beigeladenen überwiegend Sendungen, deren vorrangige Funktion die Unterhaltung sei. Zur Zielgruppenorientierung werde darauf hingewiesen, dass "Kernzielgruppe von ... TV jene Zuschauer seien, die interessiert an ihrer Heimat sind und neuen Entwicklungen gleichsam aufgeschlossen gegenüberstehen". Daraus werde deutlich, dass sich das Programm auf die Alpen-Donau-Adria-Region beziehe, und die Zielgruppe sich nicht lediglich nach soziodemografischen Kriterien (Bildungsniveau und Alter) bestimme. Es sei zu beachten, dass Zielgruppen durchaus unterschiedliche Sozialstrukturen im Hinblick auf Alter, Einkommen und Bildungsniveau aufweisen könnten. Soweit die Klägerin kritisiere, dass das Zielpublikum nicht spezifisch genug bestimmt sei, werde darauf hingewiesen, dass auch für das Programm ... die Kernzielgruppe der 14- bis 29-Jährigen und als erweitere Zielgruppe die 14- bis 49-Jährigen und die sogenannten "Youngminder" benannt seien. Der Einwand der Klägerin, die Beklagte habe bei ihrer Entscheidung nicht ausreichend die Zuschauerakzeptanz berücksichtigt, sei nicht stichhaltig. Der Marktanteil der Beigeladenen, deren Programm bisher nur in digitaler Technik empfangbar war, könne erst ab Oktober 2011 von der GfK ausgewiesen werden. Für das Programm der Beigeladenen seien steigende Werte festzustellen, während das Programm ... im gleichen Zeitpunkt einen Rückgang der Marktanteile zu verzeichnen habe. Bezüglich der Einordnung der Programme stehe der Beklagten ein Beurteilungsspielraum zu. Die Gerichte hätten zwar die Rechtsanwendung grundsätzlich uneingeschränkt für überprüfbar gehalten, jedoch stoße die gerichtliche Kontrolle an eine Funktionsgrenze angesichts der Komplexität der geregelten Materie. Auf entsprechende Rechtsprechung wurde hingewiesen. Die Einordnung der Programme als Pflichtprogramme im Sinne des § 6 KBS sei eine Angelegenheit von grundsätzlicher Bedeutung, die dem Medienrat zur Entscheidung zugewiesen sei. Die Zusammensetzung des Medienrats gewährleiste, dass die Auffassung verschiedenster Gruppen in die wertende Entscheidung des Medienrats einfließe. Die Entscheidung sei daher gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Die Beklagte sei an der Lizenzerteilung durch die Komm Austria nicht gebunden. Vielmehr habe sie eine eigenständige Zuordnung des Programms nach der deutschen Rechtslage vorzunehmen. Eine Fehlgewichtung der wirtschaftlichen Situation sei bei der Beurteilung nicht erfolgt. Dies gelte auch für standortpolitische Ziele. Die Klägerin sei durch die angegriffene Entscheidung nicht in ihren Rechten verletzt. Die Klage sei deshalb zurückzuweisen.
Der Bevollmächtigte der Beigeladenen beantragte im Schriftsatz vom 8. Mai 2012,
die Klage abzuweisen.
Das Programm ... TV sei bei der Auswahlentscheidung zutreffend nicht als Voll-, sondern als Spartenprogramm qualifiziert worden. Ziehe man die Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrages zur Einordnung heran, erscheine die Kategorisierung von ... TV als Vollprogramm abwegig. Die Formulierung im Rundfunkstaatsvertrag sei nicht trennscharf. Die Abgrenzung habe nach Sinn und Zweck der jeweiligen Regelung zu erfolgen, da sie nicht unerhebliche Auswirkungen auf den Veranstalter habe. Wie sich aus den Bewerbungsunterlagen ergebe, habe ... TV seinen programmlichen Schwerpunkt unbestritten auf Themen mit regionalem Bezug zur Alpen-Donau-Adria-Region begrenzt. Der Name des Programmes zeige die geographische Verortung des Programmangebots auf dem ältesten gewachsenen Kulturkreis Mitteleuropas. Sämtliche zur inhaltlichen Vielfalt beitragenden Sparten brächten das zum Ausdruck. Soweit die Klägerin auf Unternehmenspräsentationen oder Werbemaßnahmen von ... TV verweise, sei dies wenig hilfreich. Solche Unterlagen dienten ausschließlich zu Marketingzwecken, und es komme ihnen keine rechtlichverbindliche Wirkung zu. Soweit die Klägerin behaupte, dass ein wesentlicher Teil des Programms von ... TV aus ...-TV-Programm bestehe, so zeige ein Blick auf das Programmschema, dass dies unrichtig sei. Das Fensterprogramm ...-TV habe einen Wochenanteil von weniger als 9% am Programmangebot von ... TV. Im Zeitpunkt des Bewerbungsantrags habe der Anteil noch bei 19,5% gelegen. Aus einer unverbindlichen Zielgruppendefinition könne kein Rückschluss auf die Programmsparte gezogen werden. Im folgenden wurde ausgeführt, ein Blick auf das aktuelle Programm von ... zeige, dass sich der einstige innovative Musiksender in den letzten Jahren in ein vielschichtiges themenübergreifendes Unterhaltungsprogramm mit einem äußerst hohen Anteil an Comedy, Zeichentrickprogrammen und musikfremden Angeboten entwickelt habe. Hierzu wurden Programminhalte exemplarisch für den 28. März 2012 aufgezeigt. Bei ... TV handle es sich überwiegend um ein Unterhaltungsprogramm, allerdings um ein anspruchsvolles, da auf bestimmte Formate ganz verzichtet werde. Zur Zielgruppenorientierung wurde ausgeführt, dass tatsächlich nicht das Bildungsniveau das entscheidende Merkmal der Zielgruppe sei. Wesentlich für das Programmverständnis und für die Zielgruppenorientierung sei vielmehr die Interpretation des Senders für die Begriffe Heimat und Tradition, welche ... TV auf zeitgemäße Art neu interpretiere. Verfahrensfehler seien nicht ersichtlich. Entscheidungsbefugt sei der Medienrat, der aufgrund seiner Binnenpluralität eine vielfaltsichernde Rangfolgenentscheidung gewährleiste.
Der Bevollmächtigte der Klägerin führte aus, dass Programm ... TV sei kein Spartenprogramm "Unterhaltung mit besonderer Zielgruppenorientierung" und habe deswegen bei der Auswahlentscheidung gar nicht berücksichtigt werden dürfen. Für die Programmkategorisierung bestehe kein Beurteilungsspielraum seitens der Beklagten. Hier gebe der Gesetzgeber legal definierte Begriffe vor. Erneut wurde unter Hinweis auf das konkrete Programm der Beigeladenen ausgeführt, es handele sich um ein Vollprogramm. Ferner wurde auf Abwägungsfehler bei der Auswahlentscheidung erneut hingewiesen, vor allem habe keine ausreichende Sachverhaltsfeststellung zum Inhalt und Umfang des Fensterprogrammes ...-TV stattgefunden.
Für den Sachverhalt im Übrigen wird auf die vorgelegten Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakte verwiesen.
Gründe
Die Klage ist zulässig.
Die Klägerin ist in ihren Rechten (§ 42 Abs. 2 VwGO) betroffen, da durch den angefochtenen Bescheid der Beigeladenen und nicht der Klägerin der Status eines Pflichtprogrammes im Sinn der Kanalbelegungssatzung gewährt wurde.
Die Klage ist jedoch unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Nach Art. 36 Abs. 1 BayMG sind in Bayern neben dort ausdrücklich genannten Pflichtprogrammen vier weitere private Fernsehprogramme und ein Telemedium in eine Kabelanlage einzuspeisen. Die Auswahl hat die Beklagte aufgrund der genannten Vorschrift in Verbindung mit der aufgrund der Vorschrift ergangenen Kanalbelegungssatzung € KBS - vom 26. Juli 2007, zuletzt geändert durch Satzung vom 21. Juli 2011, zu treffen. Im vorliegenden Fall bestehen keine Zweifel, dass § 6 der KBS von der Ermächtigungsnorm gedeckt ist. Die Regelung über die Veranstaltung privater Rundfunksendungen zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit bedarf eines Gesetzes. Die wesentlichen Regelungen muss das Parlament selbst bestimmen. Das Gesetz muss die Tätigkeit der Verwaltung inhaltlich normieren; die Gewährleistung der Rundfunkfreiheit darf nicht einer Regelung durch Satzung der Veranstalter anheim gegeben werden (BVerwG v. 11.7.2012 € 6 C 39/11 € juris). Hier hat der Gesetzgeber in Art. 36 Abs. 1 BayMG sowohl die Zahl der einzuspeisenden Fernsehprogramme, wie die Kriterien bereits geregelt. Die Kanalbelegungssatzung dient der Ausführung und hält den vorgegebenen Rahmen ein.
Das Gericht geht davon aus, dass es sich bei den Begriffen "Vollprogramm" bzw. "Spartenprogramm" um unbestimmte Rechtsbegriffe handelt, die der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegen. Bei der Klassifizierung eines Programmes als Vollprogramm oder Spartenprogramm handelt es sich nicht um eine Entscheidung, die wegen ihrer Komplexität der ausschließlichen Beurteilung durch ein plural besetztes Gremium, das über besondere Fachkunde verfügen soll € wie der Medienrat -, vorbehalten bleiben muss. Die Begriffe sind gesetzlich definiert; es besteht kein Anlass, sie der gerichtlichen Überprüfung zu entziehen.
Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei dem Programm der Beigeladenen um ein Spartenprogramm im Sinn des § 6 KBS. Weder die KBS noch das Bayerische Mediengesetz definieren die Begriffe "Vollprogramm" bzw. "Spartenprogramm". Art. 1 Abs. 2 BayMG verweist vielmehr auf die Begriffsbestimmungen in § 2 Rundfunkstaatsvertrag (RStV). In § 2 Abs. 2 Nr. 3 RStV wird ein Vollprogramm als Rundfunkprogramm mit vielfältigen Inhalten, in welchem Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung einen wesentlichen Teil des Gesamtprogrammes bilden und in Nr. 4 ein Spartenprogramm als ein Rundfunkprogramm mit im Wesentlichen gleichartigen Inhalten definiert. Mit den Begriffen "Information", "Bildung", "Beratung" und "Unterhaltung" wird auf die Funktion des klassischen Rundfunkauftrages verwiesen. Jeder dieser Bereiche muss einen erkennbaren Teil des Gesamtprogrammes darstellen, wobei die Festlegung auf prozentteilige Eingruppierung Schwierigkeiten mit sich bringt, daher vielmehr das "Gepräge des Gesamtprogrammes" zugrunde zu legen ist (s. Hahn/Vesting Beckscher Kommentar zum Rundfunkrecht, 2. Aufl., § 2 RStV Rdnr. 58 ff.). In der Literatur wird zurecht ausgeführt, dass der Wortlaut des § 2 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 RStV als nicht glücklich bezeichnet werden kann. Die Formulierung führe dazu, dass eine Reihe von Programmen weder eindeutig unter die Definition des "Spartenprogramms" noch eindeutig unter die Definition des "Vollprogrammes" fallen. Bei der Zuordnung sei daher vom Sinn und Zweck der Vorschriften auszugehen (Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, § 2 Rdnr. 35 ff.). Hierbei ist zu beachten, dass Vollprogramme nach dem Rundfunkstaatsvertrag der Verpflichtung zur Binnenpluralität unterliegen und dass sie zudem zur Verbreitung von Fernsehfenstern verpflichtet sein können. Demgegenüber müssen Spartenprogramme grundsätzlich nicht den Anforderungen an "Pluralität", "Vielfalt" und "Ausgewogenheit" genügen. Generell gilt: Ein Programm, das nicht als "Vollprogramm" zu klassifizieren ist, ist "Spartenprogramm".
Im vorliegenden Fall stellt sich "... TV" als "Spartenprogramm Unterhaltung" im Sinn des § 6 KBS dar. Diese Einschätzung folgt aus den vorgelegten, wie allgemein verfügbaren Programmübersichten. Aus diesen ergibt sich, dass zwar Nachrichtensendungen vorhanden sind, sich diese aber auf "Aktuelles aus dem ...-Raum" beschränken. Der Informationsanspruch an ein Vollprogramm kann damit nicht erfüllt werden. Im Übrigen finden sich zahlreiche Reiseberichte, Sendungen zu historischen oder regionalen Themen, die sowohl dem Bereich "Bildung" als auch dem Bereich "Unterhaltung" (wegen der oft nur halbstündigen Dauer wohl eher Letzterem) zuzurechnen sind. Zur "Unterhaltung" gehören auch Programminhalte aus dem Bereich "Freizeit und Gesellschaft" sowie "Spielfilme und Serien". Der von der Beklagten festgehaltene Sendeanteil von 85,2% für den Bereich "Unterhaltung" dürfte zutreffend sein. Jedenfalls dominiert der Unterhaltungsanteil das Programmangebot. Soweit ersichtlich, fehlt es gänzlich an Programmpunkten zum Thema "Beratung". Aus der Eigendarstellung des Senders mag sich ein breiteres Bild ergeben, das auch einem gewissen Anspruch genügen soll. Aus der Sicht des Gerichts liegt tatsächlich ein Unterhaltungsprogramm vor, und dies trotz des Verzichts auf gewisse € dem Unterhaltungsbereich zuzurechnende € Formate. Auch die regionale Beschränkung bei gewissen Themen spricht für die Eingruppierung als "Spartenprogramm". Die Unterhaltung wird als wesentlich gleichartiger Inhalt im Sinn des § 2 Abs. 2 Nr. 4 RStV angesehen. Die Bezeichnung des Programms durch die "KommAustria" ist für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich, da auf die Definitionen des deutschen bzw. bayerischen Rundfunkrechts abzustellen ist. Zudem ist durch die "KommAustria" keine Klassifizierung im Sinn von "Vollprogramm" vorgenommen worden.
"... TV" stellt auch ein Fernsehspartenprogramm "Unterhaltung mit besonderer Zielgruppenorientierung" im Sinn des § 6 Abs. 1 Nr. 7 KBS dar. Unter Zielgruppe ist eine Personenmehrheit zu verstehen, die sich durch eine gemeinsame Eigenschaft oder ein gemeinsames Interesse von der Menge der Fernsehzuschauer insgesamt unterscheidet. Nach den eigenen Bewerbungsunterlagen wendet sich "... TV" als anspruchsvolles Unterhaltungsprogramm an die bildungsorientierte Zielgruppe, die im breiten Angebot an TV-Sendern bislang wenig beachtet wird. Bereits im Namen des Senders zeige sich ein Bekenntnis zur Heimat und Kultur. Es folgen Ausführungen zum Heimatbegriff und zur Heimatverbundenheit sowie der "modernen Heimat", die sehr ausführlich beschrieben werden. Der Fernsehausschuss legt in seinem Fazit dar, "... TV" sei ein Programm mit speziell alpenländischem Lokal- und Themenbezug und richte sich an eine bildungsorientierte Zielgruppe. Nach Einschätzung des Gerichts ergibt sich aus der Fokussierung auf den lokalen Bezug zu Österreich, Schweiz, Süddeutschland und Norditalien eine Zielgruppe der Zuschauer, die sich für Fernsehbeiträge aus diesem geographischen Bereich interessieren. Zusätzlich mag die "Bildungsorientierung" des Programms, das durch unterhaltsame Informationen und auch durch den Verzicht € etwa auf "Castingshows" und "Trash-TV" gekennzeichnet ist, eine Zielgruppe kennzeichnen. Zu weitgehend für die Eingrenzung als Zielgruppe dürfte jedoch die Altersangabe der Zuschauer, an die sich das Programm richten soll € nämlich die 19- bis 59-Jährigen, sein. Sie deckt sich weitgehend mit der Menge der Fernsehzuschauer insgesamt.
Dass die Zielgruppeneingrenzung für das von der Klägerin verbreitete Programm wohl wesentlich deutlicher ausfällt, kann in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt werden.
Die Auswahlentscheidung der Beklagten, die dem Bescheid vom 19. Dezember 2011 zugrunde lag, ist nicht zu beanstanden. Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Einspeisungsentscheidung lagen nach dem oben Ausgeführten vor. Für die Auswahlentscheidung selbst, steht der Beklagten ein weites Ermessen zu (s. BayVGH v. 19.5.2003 € 7 BV 02.2014 € juris Rdnr. 34 m.w.N.; VGH Baden-Württemberg v. 14.10.1988 € 10 S 2426/88 € juris). Das Gericht sieht keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Beklagte nicht an die Auswahlkriterien des Art. 36 Abs. 1 BayMG bzw. die des § 6 Abs. 2 KBS gehalten hätte. Legt man den Prüfungsmaßstab wie bei einer planerischen Abwägung zugrunde (so Fehling/Kastner/Wahrendorf, Verwaltungsrecht, § 114 VwGO Rdnr. 65, 72 ff.), so sind keine Abwägungsdefizite oder €fehler erkennbar.
Der Fernsehausschuss hat für seinen Beschlussvorschlag die Bewerbungsunterlagen der Bewerber für das deutschsprachige Fernsehspartenprogramm "Unterhaltung mit besonderer Zielgruppenorientierung" gesichtet, die Inhalte ausführlich beschrieben und bewertet sowie einen Beschlussvorschlag erstellt. Dem Medienrat lagen die erstellten Unterlagen bei seiner Sitzung am 8. Dezember 2011 vor. Den Medienratsmitgliedern wurden die Auswahlkriterien mitgeteilt, für das Programm "... TV" wurde das "... ... TV"-Fenster sowie dessen wöchentlicher Sendeumfang mitgeteilt. Der Medienrat stimmte der Beschlussvorlage des Fernsehausschusses vom 1. Dezember 2011 einstimmig zu. Die Beklagte hat bei der Auswahl die Kriterien berücksichtigt, die in Art. 36 Abs. 1 BayMG genannt und in § 6 Abs. 2 KBS verdeutlicht sind. Für den Stichpunkt "Vielfalt" konnte die Beklagte zugunsten der Beigeladenen darauf hinweisen, dass die Muttergesellschaft keinem der großen Medienkonzerne angehört. Für den lokalen Bezug konnte auf den vom Sender vorgegebenen Schwerpunkt der Berichterstattung aus dem Alpen-Donau-Adria-Raum, der die Region Bayerns mit abdeckt, hingewiesen werden. Der Stichpunkt "Zuschauerakzeptanz" ist € wie die Klägerin zutreffend ausführt € bei der Bewertung im Rahmen der Bescheidsbegründung nicht ausgeführt. Im Rahmen des Klageverfahrens hat die Beklagte hierzu ergänzende Ausführungen gemacht und zurecht darauf hingewiesen, dass für das bisher nur mit digitaler Technik empfangbare Programm der Beigeladenen die Zuschauerzahlen von der GfK erst ab Oktober 2011 berücksichtigt werden konnten. Nach § 6 Abs. 2 Nr. 3 KBS ist die Zuschauerakzeptanz zu berücksichtigen, soweit dies nach der Eigenart des Programms möglich ist. Ein direkter Vergleich von Zuschaueranteilen mit schon länger sendenden Anbietern kann bei der Ausgangssituation nicht gefordert werden, sonst hätten neue Anbieter keine Chancen. Ausnahmsweise konnte von Erwartungen ausgegangen werden. Das Gericht hält letztlich die Zuschauerakzeptanz für sich genommen nicht für ein ausschlaggebendes Auswahlkriterium, da dieses in Art. 36 BayMG im Rahmen der Auswahl nur eines von mehreren ist, die beispielhaft aufgezählt und zudem mit der Einschränkung "insbesondere" versehen sind. Dass die Beklagte bei ihrer Bewertung auch berücksichtigt hat, dass das Programm der Beigeladenen sich vermehrt auf den regionalen Bereich Deutschlands und vor allem Bayerns ausweiten soll, sowie dass der Eigenanteil der produzierten Programme relativ hoch ist, und die ausgestrahlten Angebote zu 90% jünger als 5 Jahre sind, ist nicht zu beanstanden. Solche Hilfskriterien sind angesichts der Formulierung im BayMG € wonach die namentlich genannten Voraussetzungen, insbesondere bei der Auswahl, zu berücksichtigen sind € möglich, da diese Formulierung andere, zusätzliche Kriterien beim Auswahlverfahren für berücksichtigungsfähig hält. Soweit die Klägerin beanstandet, die Beklagte habe sachfremde Kriterien wie "die Beauftragung zahlreicher Produktionsunternehmen und Zulieferer aus Bayern" mit einbezogen, kann der Einwand dahingestellt bleiben. Die zitierten Bemerkungen finden sich nicht in der abschließenden Bewertung im angefochtenen Bescheid, sondern in der Senderbeschreibung. Da die Erwägungen zur "Meinungsvielfalt" und zum "lokalen Bezug" des Programms sowie zur Zuschauerakzeptanz die Entscheidung tragen, hält das Gericht die zusätzlichen Erwägungen bei der Senderbeschreibung jedenfalls für unschädlich.
Aus diesen Gründen war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 350.000,-- festgesetzt
(§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz - GKG -).
VG München:
Urteil v. 08.11.2012
Az: M 17 K 12.386
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