Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Oktober 2002
Aktenzeichen: 14 W (pat) 5/01
(BPatG: Beschluss v. 21.10.2002, Az.: 14 W (pat) 5/01)
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Das Patent 195 40 011 wird im vollen Umfang aufrechterhalten.
Gründe
I Mit dem angefochtenen Beschluss vom 26. Oktober 2000 hat die Patentabteilung 45 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent 195 40 011 mit der Bezeichnung
"Verfahren zur galvanischen Abscheidung von blendfreien Nickel- oder Nickellegierungsniederschlägen"
widerrufen.
Dem Beschluss liegen die erteilten Ansprüche 1 bis 10 zugrunde. Die Ansprüche 1 bis 10 lauten:
1. Verfahren zur galvanischen Abscheidung von blendfreien Nickelniederschlägen oder Nickellegierungsniederschlägen auf einer metallischen Oberfläche mit den Merkmalen:
1.1) es wird mit einem Elektrolyten der Gruppe "Watts'scher Elektrolyt, Elektrolyte auf Basis von Sulfamat, Sulfonat, Fluoroborat" oder Mischungen davon gearbeitet, dem ein übliches Grundglanzmittel beigegeben worden ist, 1.2) es werden zum Zwecke der Erzeugung der blendfreien Niederschläge substituierte und/oder unsubstituierte Äthylenoxid-Addukte oder Propylenoxid-Addukte oder Äthylenoxid-Propylenoxid-Addukte verwendet und dem Elektrolyten beigegeben, 1.3) die Konzentration der gemäß 1.2) beigegebenen Addukte wird in einem Bereich von größer Null bis kleiner 5 mg/l gewählt, 1.4) bei der galvanischen Abscheidung wird, der Elektrolyt in einem Temperaturbereich von 40 bis 75¡C betrieben, mit der Maßgabe, daß die Konzentration gemäß 1.3) und die Temperatur gemäß 1.4) so gewählt werden, daß der arbeitende Elektrolyt bei Augeninspektion klar erscheint und bei Lichtdurchfall eine diffuse Streuung praktisch nicht zeigt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei mit einem Watts'schen Elektrolyten gearbeitet wird, der eine Richtanalyse mit 70 bis 140 g/l Nickel, 1 bis 20 g/l Chlorid, 30 bis 50 g/l H3BO3 und im Rest das Grundglanzmittel und die Addukte sowie Wasser aufweist.
3. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 oder 2, wobei als Grundglanzmittel eine Substanz der Gruppe "2-Sulfobenzoesäureimid, 1,3-Benzoldisolfonsäure und Naphthalintrisulfonsäure oder deren Alkalisalze" oder Mischungen davon bzw. "Arylsulfonsäuren, Alkylsulfonsäuren, Sulfonamide und Sulfonimide oder deren Alkalisalze" oder Mischungen davon verwendet werden, und zwar in einer Menge von 0,5 bis 10 g/l.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 oder 2, wobei als Grundglanzmittel eine Substanz der Gruppe "ungesättigte aliphatische Sulfonsäuren oder deren Alkalisalze" oder Mischungen davon verwendet werden.
5. Verfahren nach Anspruch 4, wobei die Konzentration der beigegebenen Grundglanzmittel in einem Bereich von 0,5 bis 10 g/l gewählt wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, wobei bei der galvanischen Abscheidung der Elektrolyt in einem Temperaturbereich von 50 bis 65¡C betrieben wird.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, wobei der Elektrolyt mit einer Stromdichte von 0,1 bis 10 A/dem2 betrieben wird.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, wobei der Elektrolyt mit einer Stromdichte von etwa 4 A/dm2 betrieben wird.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, wobei mit einer Behandlungszeit für die Nickelabscheidung gearbeitet wird, die 1 bis 120 min., vorzugsweise etwa 10 min., beträgt.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, wobei der Elektrolyt nebenkreislauffrei betrieben wird.
Der Widerruf ist im wesentlichen damit begründet, dass das Verfahren nach Anspruch 1 aufgrund des durch die Druckschriften
(1) DE-OS 16 21 085
(2) Römpp Chemielexikon, 9. Auflage, 1992, Band 6, Seite 4754 zu "Trübungsmessung"
(3) Metalloberfläche 25 (1971) 10, Seiten 345 bis 352 belegten Standes der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. (1) betreffe ein Verfahren zur galvanischen Abscheidung von blendfreien Nickelniederschlägen unter Einsatz eines Watts'schen Grundnickelbades, dem Grundglanzmittel und Äthylenoxid- oder Propylenoxid-Addukte in Mengen von 5 bis 100 mg/l zugegeben würden, und das bei 40 bis 75oC betrieben werde. Die Mengen an Addukten reichten beim Streitpatent an den unteren Wert gemäß (1) heran. Ein Fachmann würde aus Kostengründen die Menge an Addukten so gering wie möglich halten und auch unter dem unteren Grenzwert erproben, wobei er darauf achten werde, dass im Lichte der Erkenntnisse von (3) eine geringe Trübung gerade noch auftrete, und er auch eine Mischung versuchen werde, in der eine Trübung noch nicht wahrnehmbar sei. Damit gelange er direkt zum Verfahren nach Anspruch 1 des Streitpatents, ohne dabei erfinderisch tätig zu werden. Der Anspruch 1 habe daher keine Bestand. Ohne Anspruch 1 hätten auch die Ansprühe 2 bis 10 keinen Bestand.
In der Beschwerdebegründung macht die Patentinhaberin geltend, dass die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Verfügung gestellte Lehre unbestritten neu sei und sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergebe. Das in (1) beschriebene Verfahren, das auch der im Prüfungserfahren berücksichtigten Druckschrift
(4) Galvanotechnik 62 (1971), 4, S. 327-331 und der Druckschrift (3) entspreche, sei als nächstliegender Stand der Technik anzusehen. Der Trübungspunkt werde nach (3) von den gleichen Parametern beeinflusst, wie der Velourseffekt, also die Entblendung, und sei von der Konzentration des Adduktes abhängig. Eine Entblendung könne nach (3) nur dann erzielt werden, wenn der Elektrolyt trüb sei, also sich eine Emulsion ausbilde, was auch wesentlicher Bestandteil des Verfahrens nach (1) sei. Die Konzentration an Addukten müsse gemäß (3) so gewählt werden, dass eine Trübung beobachtet werde, da sonst kein Velourseffekt erzielt werde könne. Somit sei es für den Fachmann nicht naheliegend, wie beim Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents eine Mischung zu versuchen, bei der eine Trübung nicht beobachtet werde. Durch das erfindungsgemäße Verfahren werde das lange vorherrschende Vorurteil gerade überkommen, dass die Konzentration das Addukten so gewählt werden müsse, dass eine sichtbare Trübung des Elektrolyten, also eine Emulsion, auftrete. Die in (1) angegebene Adduktkonzentration von 5 mg/l sei dabei genau die kritische Entmischungskonzentration, die nicht unterschritten werden dürfe, damit sich eine nach dem alten Verfahren nach (1) und (3) unerlässliche feindisperse Emulsion im Elektrolyten bilde. Gerade diese Konzentration müsse aber nach dem erfindungsgemäßen Verfahren unterschritten werden, damit die erfindungsgemäße Vorgabe eingehalten werde, dass der arbeitende Elektrolyt bei Augeninspektion klar erscheine.
Durch das erfindungsgemäße Verfahren werde auch der lange im Stand der Technik bekannte Nachteil überkommen, das es bei dem in (1) offenbarten Verfahren zu einer unerwünschten Konglomeratbildung komme. Nach (4) müsse man sich damit abfinden und diesem mit aufwendigen Maßnahmen entgegenwirken. Aufgrund der erfindungsgemäß niedrigen Adduktmengen sei beim Streitpatent kein aufwendiges Verfahren notwendig und würde durch ein kostengünstiges Verfahren auch dieses Vorurteil überwunden.
Das erfindungsgemäße Verfahren beruhe damit auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent in vollem Umfang aufrecht zu erhalten.
Die Einsprechende hat, nachdem der Senat auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens bis 31. Juli 2002 angeordnet hatte, mit Eingabe vom 10. April 2002 den Einspruch zurückgenommen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II Die Beschwerde der Patentinhaberin ist zulässig (PatG § 73); sie führt auch zum Erfolg.
1. Die erteilten und weiterhin geltenden Ansprüche sind zulässig. Der Anspruch 1 geht aus dem ursprünglichen Anspruch 1 sowie S 1 Z 1 bis 6 und S 4 Z 24 bis 26 der ursprünglichen Unterlagen hervor. Die Ansprüche 2 bis 10 sind aus den ursprünglichen Ansprüchen 2 bis 10 und S 5 Abs 2 der ursprünglichen Unterlagen ableitbar.
2. Es bestehen keine Bedenken bezüglich der Ausführbarkeit. Wie im angefochtenen Beschluss der Patentabteilung schon festgestellt, ist das Verfahren nach Anspruch 1 so deutlich offenbart, dass ein Fachmann es ausführen kann. Die Maßgabe, die Konzentration und die Temperatur des Elektrolyten so im Rahmen der Merkmale 1.3 und 1.4 so einzustellen, dass der arbeitende Elektrolyt bei Augeninspektion klar erscheint und bei Lichtdurchfall eine diffuse Streuung praktisch nicht zeigt, wendet sich an einen Chemieingenieur mit Erfahrungen in der Galvanotechnik bzw. einen Galvanotechniker, der ein geübtes Auge für das zu betreibende Galvanisierbad hat. Praktisch bedeutet hier, dass natürlich in Galvanisierbädern eine diffuse Streuung nicht vollständig ausgeschlossen werden kann, da eine solche Lösung auch Partikel von Verunreinigungen enthalten kann, an denen zwangsläufig in geringem Ausmaß eine diffuse Lichtstreuung stattfindet. Eine Trübungsmessung, wie von der Einsprechenden gefordert, ist für den Fachmann hier entbehrlich.
3. Auch die Breite des Anspruchs 1 ist nicht zu beanstanden. Denn durch die Ausführungsbeispiele 1 und 2 sind ausführbare Wege in der Patentschrift zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 nacharbeitbar offenbart. Auch wenn unter den Anspruch fallende Möglichkeiten, dieses Verfahren durchzuführen, versagen, wie die Einsprechende in ihrem Einspruchsschriftsatz vom 9. Dezember 1998 darlegt, kann ein chemisches Verfahren auch allgemein beansprucht werden (BGH Taxol, GRUR 2001, 813).
4. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 ist neu, wie auch im angefochtenen Beschluss festgestellt wurde. Aus keinem der in den Entgegenhaltungen (1) bis (4) beschriebenen Verfahren zur galvanischen Abscheidung von blendfreien Nickelniederschlägen geht hervor, entsprechend dem Verfahren gemäß Anspruch 1 die Konzentration der dem Elektrolyten beigegebenen substituierten und/oder unsubstituierten Äthylenoxid-Addukte oder Propylenoxid-Addukte oder Äthylenoxid-Propylenoxid-Addukte in einem Bereich von größer Null bis kleiner 5 mg/l zu wählen und das Verfahren mit der Maßgabe auszuführen, dass diese Konzentration und die Temperatur des Elektrolyten bei der galvanischen Abscheidung in dem vorgeschriebenen Temperaturbereich von 40 bis 75oC so gewählt werden, dass der arbeitende Elektrolyt bei Augeninspektion klar erscheint und bei Lichtdurchfall eine diffuse Streuung praktisch nicht zeigt. Auch den weiteren im Prüfungs- und Einspruchsverfahren genannten Druckschriften
(5) DE 23 27 881 C3
(6) LPW "Handbuch der Galvanotechnik", Band 1, 13. Ausgabe, 1988, S. 173-177
(7) R. Brugger: Die galvanische Vernickelung, 2. Aufl., Schriftenreihe Galvanotechnik, Eugen G. Leuze Verlag, Saulgau, 1984, S. 15-19
(8) Galvanotechnik 80, 1989, 11 S. 3800 sind diese Maßnahmen nicht zu entnehmen.
5. Das Verfahren gemäß Anspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit, denn der durch die Entgegenhaltungen vermittelte Stand der Technik legt die beanspruchte Lösung der anmeldungsgemäßen Aufgabe nicht nahe.
Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist vom zugrundeliegenden Problem auszugehen, das darin zu sehen ist, ein Verfahren zur galvanischen Abscheidung von blendfreien Nickelniederschlägen auf einer metallischen Oberfläche so zu führen, dass reproduzierbar eine wesentlich verbesserte definierte Blendfreiheit erreicht wird, vgl Streitpatentschrift Sp 2 Z 17 - 21.
Die Aufgabe wird durch ein Verfahren zur galvanischen Abscheidung von blendfreien Nickelniederschlägen oder Nickellegierungsniederschlägen auf einer metallischen Oberfläche mit folgenden Merkmalen gelöst:
a) Einem Elektrolyten der Gruppe "Watts'scher Elektrolyt, Elektrolyte auf Basis von Sulfamat, Sulfonat, Fluoroborat" oder Mischungen davon wird ein übliches Grundglanzmittel beigegeben;
b) dem Elektrolyten werden zum Zwecke der Erzeugung der blendfreien Niederschläge substituierte und/oder unsubstituierte Äthylenoxid-Addukte oder Propylenoxid-Addukte oder Äthylenoxid-Propylenoxid-Addukte beigegeben;
c) die Konzentration dieser Addukte wird in einem Bereich von größer 0 bis kleiner 5 mg/l gewählt;
d) der Elektrolyt wird bei der galvanischen Abscheidung in einem Temperaturbereich von 40 bis 75oC betrieben;
e) die Konzentration gemäß c) und die Temperatur gemäß d) werden so gewählt, dass der arbeitende Elektrolyt bei Augeninspektion klar erscheint und bei Lichtdurchfall eine diffuse Streuung praktisch nicht zeigt.
Zur Lösung der Aufgabe konnte der Fachmann, ein Chemieingenieur mit Erfahrungen in der Galvanotechnik oder ein Galvanotechniker, von dem aus (1) bekannten Verfahren ausgehen. Bei diesem Verfahren zur galvanischen Abscheidung von blendfreien Nickelniederschlägen auf metallischen Oberflächen wird einem Grundnickelbad ein Grundglanzmittel zugesetzt (Anspruch 1, maschinenschr. S 1 Abs 2, S 12 le. Abs). Wie ein Vergleich der Zusammensetzung dieses Grundnickelbades mit den Angaben in (6) S 173 zeigt, handelt es sich dabei um ein Bad auf der Basis eines Watts'schen Elektrolyten. Dem Elektrolyten werden 5 bis 100 mg/l substituierte oder unsubstituierte Äthylenoxid- oder Propylenoxid- bzw. Äthylenoxid-Propylenoxidaddukte zugesetzt und der Elektrolyt wird bei der galvanischen Abscheidung in einem Temperaturbereich von 40 bis 75oC betrieben. Damit sind aus (1) die Verfahrensschritte a), b) und d) bekannt.
Bei (1) ist nach Anspruch 1 zwingend vorgeschrieben, dass nur solche Addukte eingesetzt werden sollen, die bei der Betriebstemperatur des Badelektrolyten von 40 bis 75oC eine feindisperse Emulsion bilden, die sich als Trübung äußert (S 8 Abs. 3). Das Verfahren nach (1) muss also in einem durch diese feindisperse Emulsion eine Trübung aufweisenden Elektrolyten durchgeführt werden. Das Zitat auf S 8 Abs 3 ist nur so zu verstehen, dass einige Addukte bei Zimmertemperatur klar löslich sind, bei der Betriebstemperatur dann eine feine Emulsion bilden und deshalb beim Verfahren nach (1) eingesetzt werden können. Das Zitat kann aber nicht, wie im angefochtenen Beschluss der Patentabteilung, dahingehend interpretiert werden, dass nur manche der Addukte bei der Betriebstemperatur eine feine Emulsion bilden. Es wird also bei (1) eine feindisperse Emulsion im Elektrolyten für zwingend erforderlich gehalten, um zu blendfreien Nickelniederschlägen mit Satineffekt zu gelangen.
Im Gegensatz zu (1) werden beim Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents die Addukte nur in einer Konzentration von größer 0 bis kleiner 5, also unterhalb der in (1) vorgeschriebenen Konzentration, eingesetzt und die Konzentration gemäß Merkmal c) und die Temperatur gemäß Merkmal d) werden so gewählt, dass der arbeitende Elektrolyt bei Augeninspektion klar erscheint und bei Lichtdurchfall eine diffuse Streuung praktisch nicht zeigt. In Abkehrung von der aus (1) bekannten Lehre werden gemäß Anspruch 1 des Streitpatents Nickelniederschläge durch Galvanisieren in einem keine feine Emulsion und damit keine Trübung aufweisenden Elektrolyten erhalten, die, wie der Vergleich des Beispiels 1 mit dem Vergleichsbeispiel in der Streitpatentschrift zeigt, eine deutlich verbesserte Blendfreiheit aufweisen. Auch wenn der Fachmann ausgehend von (1) die Konzentration der Addukte aus Kostengründen gemäß dem Anspruch 1 des Streitpatents herabsetzen würde, so würde er es doch für erforderlich halten, in einem bei Betriebstemperatur eine feine Emulsion und eine Trübung aufweisenden Elektrolyten zu arbeiten. Auch unter Hinzuziehen der Entgegenhaltung (3), die Verfahren zur Abscheidung von Nickelüberzügen zum Thema hat, käme er nur zu der Erkenntnis, dass im Elektrolyten ein Veloursbildner erforderlich ist, der oberhalb seines Trübungspunktes eine durch Emulsionsbildung bedingte Trübung im Elektrolyten entstehen lässt, da ansonsten keine seidenmatten sondern glänzende, versprödende bzw. dunkelwerdenden Nickelüberzüge gebildet würden, siehe in (3) die Ausführungen zum Verfahrensprinzip unter 2.1 S 345-346.
Das Verfahren nach Anspruch 1 des Streitpatents wird damit von (1) auch unter Hinzuziehen von (3) nicht nahegelegt. Die Ausführungen im angefochtenen Beschluss, dass der Fachmann ausgehend von (1) direkt zum Verfahren nach Anspruch 1 gelange, können daher nicht nachvollzogen werden.
Auch aus den weiteren Druckschriften erhält der Fachmann keine Hinweise entsprechend dem Verfahren nach Anspruch 1 des Streitpatents zu verfahren.
Im Bericht (4), der sich mit der Praxis des Velours-Nickel-Verfahrens beschäftigt und Schwächen dieses Verfahrens beschreibt, wird vorgeschlagen, zu groß gewordenen Tröpfchen, die für die Veloursvernickelung nicht mehr geeignet sind, durch einen Überlauf zu entfernen (S 327 li Sp le Abs und re Sp Abs 5), nicht jedoch gemäß Streitpatent in einem klaren Elektrolyten zu arbeiten. In (8) wird über das Verfahren gemäß (1) und der Zusatzanmeldanmeldung zu (1), der DE 16 21 087 B, berichtet und darauf hingewiesen, dass nicht jedes beliebige nichtionogene Tensid der Aufgabenstellung entsprechen könne, da der Trübungspunkt von der chemischen Struktur und der Konzentration der Substanz im Elektrolyten abhänge (S 3800 re Sp 3. Abs).
Beim Verfahren zur galvanischen Abscheidung mattglänzender Nickel-Niederschläge nach (5) werden, wie in der Streitpatentschrift (Sp 1 le Abs - Sp 2 Abs 1) erläutert, Elektrolyte mit ausfallenden Fremdstoffen eingesetzt, die durch Reaktion von kationaktiven oder amphoteren Substanzen mit organischen Anionen gebildet werden.
(6) und (7) befassen sich mit den Grundlagen der Nickelabscheidung und enthalten Angaben über die Zusammensetzung des Watts'schen Elektrolyten ((6) S 173 und (7) S 17 Mitte, S 19). In (2) wird die Trübungsmessung erläutert.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 wird also von den Entgegenhaltungen nicht nahegelegt und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der erteilte und weiterhin gültige Anspruch 1 hat damit Bestand.
Die auf den Anspruch rückbezogenen Ansprüche 2 bis 10, die besondere Ausgestaltungen des Verfahrens betreffen, sind mit diesem ebenfalls beständig.
Nachdem die Einsprechende ihren Einspruch zurückgenommen hat und im Sinne der Beschwerdeführerin zu entscheiden war, ist bei der gegebenen Sachlage vom Senat eine mündliche Verhandlung nicht für sachdienlich erachtet worden. Die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Aufrechterhaltung des Patents war daher im schriftlichen Verfahren zu beschließen.
Moser Wagner Harrer Gerster Ko
BPatG:
Beschluss v. 21.10.2002
Az: 14 W (pat) 5/01
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