Amtsgericht Konstanz:
Beschluss vom 17. Juli 2008
Aktenzeichen: UR II 90/08

(AG Konstanz: Beschluss v. 17.07.2008, Az.: UR II 90/08)

1. Auch bei nachträglicher Antragstellung muß die Antragstellung (nach § 7 BerHG) bereits vor Tätigwerden durch eine Unterschrift des Ratsuchenden nachgewiesen werden.

2. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen der Beratungshilfe sind nachzuweisen.

3. Bei einer nachträglichen Antragstellung trägt der Rechtsanwalt das Kostenrisiko.

4. Beratungshilfe ist nur dann zu gewähren, wenn auch ein nicht Bedürftiger, der einen Anwalt selbst zu bezahlen hätte, vernünftiger Weise im konkreten Fall den Rat eines Anwalts einholen würde.

5. Beratungshilfe dient nicht dazu, Fallgestaltungen des täglichen Geschäftslebens zu lösen. Zwar kann auch juristischen Personen grundsätzlich Beratungshilfe bewilligt werden. Dies kann jedoch nicht dazu führen, dass ein selbständiger Unternehmer seine Rechtsprobleme über die sozialrechtlichen Bestimmungen der Beratungshilfe auf Kosten der Allgemeinheit löst.

Tenor

Der Antrag auf Erteilung eines Beratungshilfescheines wird zurückgewiesen.

Gründe

In diesem Verfahren kann keine Beratungshilfe (BerH) bewilligt werden, da der Beratungshilfeantrag nicht vor Aufnahme der Beratungstätigkeit datiert und unterzeichnet ist. (LG Hannover, Beschl. 09.07.1999, FamRZ 2000, 1230 f.; Beschl. 16.12.99, NdsRpfl 2000, 293)

Nach der gesetzgeberischen Konzeption setzt die Gewährung von der Beratungshilfe einen Antrag voraus, § 1 Abs. 1 BerHG. Vom zuständigen Amtsgericht wird dem Rechtsuchenden sodann auf diesen Antrag hin ein Berechtigungsschein nach § 6 BerHG ausgestellt, mit dem der Betroffene einen Rechtsanwalt seiner Wahl für die Beratungshilfe aufsuchen kann. Eine Gewährung von Beratungshilfe nach erfolgter Beratung ist gesetzlich insofern nicht vorgesehen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 4 Abs. 2 Satz 4 BerHG. Dort ist zwar vorgesehen, dass der Antrag auch nachträglich gestellt werden kann, wenn sich der Rechtssuchende unmittelbar an einen Rechtsanwalt wendet. Aus § 7 BerHG ergibt sich jedoch unzweifelhaft, dass damit nur die Möglichkeit eröffnet werden sollte, nach gewährter Beratungshilfe gegenüber dem Amtsgericht eine Vergütung gegen die Staatskasse geltend zu machen. Mit dem Begriff nachträglich ist gemeint, dass der Antrag auf Beratungshilfe gestellt werden kann, nachdem "der Rechtsanwalt den Rechtsuchenden auf Grund dessen Angaben Beratungshilfe gewährt hat " (vgl.BT-Druck. 8/3695, 8).

Auch die nachträgliche Antragstellung nach § 4 Abs. 2 BerHG setzt daher voraus, dass sich der Rechtssuchende unmittelbar an einen Rechtsanwalt gewendet und Beratungshilfe diesem gegenüber beantragt hat, was zumindest voraussetzt, dass Übereinstimmung darüber herrscht, dass die Hilfegewährung nach dem Beratungshilfegesetz erfolgen soll. Folgerichtig bestimmt auch § 7 BerHG, der den direkten Zugang zum Rechtsanwalt i. V. m. § 4 Abs. 2 BerHG ermöglicht, dass der Rechtssuchende dem Anwalt gegenüber die Angaben zu machen hat, die er sonst gegenüber dem Amtsgericht im Rahmen der Antragstellung nach § 1 Beratungshilfe hätte tätigen müssen.

Gewährung von Beratungshilfe für Tätigkeiten des Rechtsanwaltes, die vor Antragstellung (gegenüber dem Amtsgericht nach § 1 BerHG oder gegenüber den Rechtsanwalt nach § 7 BerHG) entfaltet wurden, ist daher nicht vorgesehen. Insofern setzt auch die "nachträgliche Gewährung von Beratungshilfe nach § 4 Abs. 2 BerHG voraus, dass die Antragstellung vor dem Zeitpunkt des Tätigwerdens liegt. Diese Frage unterliegt über § 5 BerHG den allgemeinen Vorschriften des FGG bezüglich der erforderlichen Nachweise.

Im übrigen würde auch die nach § 7 BerHG erforderliche Versicherung, wonach noch keine Beratungshilfe gewährt worden sein darf, ad absurdum geführt werden. Der Rechtssuchende müsste also gegenüber dem Rechtsanwalt, der für ihn bereits tätig geworden ist und dessen bereits erbrachte Tätigkeit er als Beratungshilfe nachträglich gewertet haben will, zugleich erklären, dass noch keine Beratungshilfe gewährt worden sei. Auch hier zeigt sich in der gesetzgeberischen Konzeption deutlich, dass Tätigkeiten vor Antragstellung nicht von der Beratungshilfe erfasst werden.

Auch eine nur teilweise Gewährung von Beratungshilfe im Falle des Tätigwerdens vor Antragstellung nach § 7 BerHG scheidet aus Gründen der Rechtsklarheit aus. Es wäre für das Amtsgericht im nachhinein nicht mehr feststellbar, wann der zeitliche Zusammenhang mit dem Beratungshilfe fall anfing und endete. Zudem würde dadurch der Tag des Antrags und damit der Tag, indem die Voraussetzungen der Beratungshilfe vorliegen müssen, frei wählbar. Auch wäre es im Rahmen des bestehenden Gebührenrechtes praktisch ausgeschlossen, einen Auftrag in verschiedene Teile aufzuteilen und für jeden Teil ein gesondertes Honorar festzusetzen.

Diese Regelung greift auch nicht unverhältnismäßig in das Recht des Ratsuchenden auf beschleunigte Erlangung von Beratungshilfe, wie es durch § 7 BerHG erreicht werden soll, ein. Denn der Rechtsanwalt ist ohnehin im Rahmen des Erstgespräches auch dazu verpflichtet, einen Rechtssuchenden darüber aufzuklären, dass ihm Beratungshilfe zustehen kann, zumindest dann, wenn aus den in mitgeteilten Tatsachen Anhaltspunkte dafür erfährt. § 7 BerHG machte sogar zur Voraussetzung, dass der Rechtssuchende, der unmittelbar einen Rechtsanwalt auftritt, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gegenüber dem Anwalt glaubhaft macht. Es spricht daher auch aus praktischen Gründen nichts dagegen, zusammen z.B. mit dem niemals unterbleibenden Unterzeichnen der Vollmacht auch das entsprechende Beratungshilfeformular auszufüllen und vom Rechtssuchenden unterzeichnen zu lassen.

Dies ist allein schon aus Gründen der Überprüfbarkeit geboten, da andernfalls nicht ausgeschlossen werden kann, dass in den Fällen, in denen d. Bevollmächtigte die Vergütung nach Nr. 2100 ff. VV RVG aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse des Mandanten diese nicht erfolgreich gegen ihn geltend machen kann, ein Antrag über BerH konstruiert wird. (Kreppel a.a.O.; AG St. Wendel, Beschl. 23.08.2001, Rpfleger 2001, 602 f.; AG Bad Oeynhausen, (richterl.) Beschl. 19.03.2004, 2 II 36/04 (BH), 2 II 98/04 (BH), 23.04.2004, 2 II 59/04 (BH); AG Konstanz, (richterl.) Beschl. 09.02.2006, UR II 500/05) Die BerH ist subsidiär und soll keinen Auffangtatbestand dafür bieten, wenn sich der Rechtsuchende und/oder d. Bevollmächtigte(r) erst im Laufe oder nach Abschluss des Mandats Gedanken zur Begleichung der mit dem Mandat verbundenen Kosten macht.

Wendet sich ein Rechtsuchender unmittelbar an eine(n) Bevollmächtigte(n), so haben beide zunächst zu entscheiden, ob das Mandat auf der Basis von BerH geführt werden soll oder nicht Dies setzt voraus, dass sich beide eine Meinung darüber bilden müssen, ob zum Zeitpunkt der Mandatsaufnahme die Voraussetzungen des § 1 BerHG vorliegen oder nicht. Dies setzt im Interesse klarer Rechtsbeziehungen zwischen allen Beteiligten (hierzu zählt auch die Staatskasse) weiter voraus, dass zu diesem Zeitpunkt abgeklärt wird, ob die gewünschte Tätigkeit im Rahmen der BerH stattfindet, oder ob ein Mandatsvertrag über die regulären Gebühren geschlossen werden soll.

Dies bedingt die Aufnahme eines Beratungshilfeantrages zu Beginn der anwaltlichen Tätigkeit und eine Glaubhaftmachung, dass die finanziellen Voraussetzungen für die Gewährung von BerH zum Zeitpunkt des Mandatsbeginns vorgelegen haben. (AG Hannover, Beschl. 20.04.1999, NdsRpfl. 1999, 293) Die Glaubhaftmachung, dass ein Mandatsverhältnis im Rahmen der BerH geschlossen wurde, kann für das Gericht nur aus der Unterzeichnung und Datierung des nachträglichen Antrags entnommen werden, da alle Verhältnisse außerhalb des amtlich vorgeschriebenen Vordrucks (vgl. BerHVV) von Seiten des Gerichts einer Überprüfung nicht zugänglich sind, und das Gericht auch nicht verpflichtet ist den Sachverhalt zu ermitteln. Vielmehr müssen und können sich alle für das Verfahren relevanten Daten und Angaben nur aus dem Vordruck ergeben.

Würde man eine Datierung und Unterzeichnung des sog. nachträglichen Antrags zeitlich nach der ersten Tätigkeit d. Bevollmächtigten zulassen, so würde dies auch bedeuten, dass die Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen sich auf das angegebene Datum, und nicht auf den maßgeblichen Zeitpunkt der ersten Tätigkeit durch d. Bevollmächtigte(n) beziehen (AG Witzenhausen, Beschl. 16.01.1989, 290; AG Eschweiler, Beschl. 24.05.1991, Rpfleger 1991, 322; Schoreit/Dehn, 8. Aufl. § 1 Rn. 29, § 4 Rn. 11) , da das gesetzlich vorgeschriebene Antragsformular keine Möglichkeit vorsieht, Angaben für die Vergangenheit zu machen.

Das Gesetz hat auch keinen Automatismus geschaffen, nach dem Rechtsuchende mit geringerem Einkommen ausschließlich im Wege der BerH beraten werden können. Auch kann der Rechtsuchende durchaus gute Gründe dafür haben, selbst beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BerHG ein Mandatsverhältnis über die regulären Gebührensätze begründen zu wollen. (Derleder a.a.O.)

Das Amtsgericht Konstanz hält insofern an seiner ständigen, richterlichen Rechtsprechung fest, dass nachträglich Beratungshilfe auch bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen grundsätzlich nur gewährt wird, wenn Antragstellung (nach § 7 BerHG) bereits vor Tätigwerden durch eine Unterschrift des Ratsuchenden nachgewiesen wird. Dies ist überdies in Literatur und Rechtsprechung h.M. (Kreppel, Rpfleger 1986, 86;LG Hannover, NJW -RR 2000, 1370 ; NdsRpfl 2000,293; AG Hannover NdsRpfl 1999, 293 ; LG Hannover, Beschluss vom 09.07.1999 - 2 T 1223/99 -Nds.RPfl.1999, 345; AG Konstanz Beschluss v. 20.10.2006 - UR II 231/06 LSK 2007, 020207 = BeckRS 2006, 12261- juris; UR II 131/05 ; FamRZ 2001, 558; AG Bad Kissingen, Beschluss vom 27.03.2000; Klein, JurBüro 2001,172ff; AG Minden, Urteil vom 13.12.1983, AnwBl. 1984, 516 ; AG St. Wendel, Beschl. 23.08.2001, Rpfleger 2001, 602 f.; AG Bad Oeynhausen, (richterl.) Beschl. 19.03.2004, 2 II 36/04 (BH), 2 II 98/04 (BH), 23.04.2004, 2 II 59/04 (BH); AG Konstanz, (richterl.) Beschl. 09.02.2006, UR II 500/05 ; AG Rahden 2 II 240/06 (BH), 09.11.06 und 2 II 244/06 (BH), 10.11.06 .); AG Braunschweig JurBüro 87, 609; AG Rockenhausen v. 21.06.2007 UR II a 177/07 und 27.06.07 UR II a 180/07); AG Bautzen, richterl. Beschluss vom 12.12.2006 0 UR II 0650/06; AG Tostedt richterl. Beschluss vom 28.12.2004 4 II 424/04 unter juris; AG Bitburg, richterl. Beschluss vom 12.07.2007 10 IIa 184/07; AG Tempelhof-Kreutzberg Beschlüsse vom 15.06.2007 ( Rpfleger) und 19.07.2007( Richter) 70 a II 5486/06 JurBüro 2007, 541; AG Paderborn Beschluss vom 05.04.06 AGS 2006 395 ( juris); Lissner Rpfleger 2007,448 ).

Schließlich weist das Gerichte daraufhin, dass es auch für den Ratsuchenden und den Anwalt eigentlich unabdingbar sein müsste, vor Tätigwerden darüber Klarheit zu erlangen, ob ein Beratungshilfefall vorliegt und damit zwar nur Gebühren nach dem BerHG berechnet werden können, diese jedoch von der Staatskasse getragen werden, oder ob ein normaler Rechtsberatungs- bzw. Rechtsbesorgungsvertrag nach dem BGB zu Stande kommt.

Der Antrag war abzulehnen

Da der Unterschriftszeitpunkt nicht geheilt werden kann, war der Antrag ohne Zwischenverfügung abzulehnen.

II.

Der Antragsteller darf die erforderlichen Mittel nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht selbst aufbringen können. Bei den wirtschaftlichen Verhältnissen und den Angaben haben Belege vorzuliegen. Die Darlegung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat dabei im amtlichen Vordruck zu erfolgen hat, wobei die Angaben zu belegen sind. Dies bedeutet, dass der Vordruck nicht nur sorgfältig und verständlich ausgefüllt werden, sondern auch aus sich heraus verständlich sein muss. Die beigefügten Belege sollen, was sich ohne weiteres aus der Bedeutung dieses Begriffs erschließt, die im Vordruck enthaltenen Angaben nicht ersetzen, sondern "belegen" und ihre Überprüfung ermöglichen. (OLG Frankfurt, Beschl. 26.08.1996, FamRZ 1997, 682) Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Das AG Konstanz lässt sich hierzu die Kontoauszüge der letzten 2-3 Monate, die Einkommensnachweise sowie einen gültigen Mietvertrag vorlegen. Dieser ist notwendig, da z.B. nicht alle Nebenkosten bei der BerH/PKH abzugsfähig sind. Zudem ist zu prüfen, wieviele Personen im Mietvertrag stehen ( ggf. kopfteilige Aufteilung der Mietkosten) . Einkommensnachweise ( des Astellers sowie der weiteren Familienangehörigen ) fehlen ganz.

Weiter fehlen Angaben zu Sparguthaben , Schonvermögen etc. Unter Bankguthaben wurde im Vordruck versichert, dass ein solches nicht zur Verfügung stünde. Es ist schwerlich anzunehmen, dass der Antragsteller als Selbständiger über kein (Firmen-) Konto verfügt. Zum Einkommen zählen Geld oder Sachleistungen ( = Geldeswert ) unabhängig davon, woher sie stammen, ob sie pfändbar oder zu versteuern sind. Hierunter fallen auch freiwillige regelmäßige Zahlungen Dritter (z.B. des Lebensgefährten) egal, ob ein Rechtsanspruch hierauf besteht oder nicht. Weiter zählen zum Einkommen auch Wertvorteile, Krankengeld, Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe, sonstige Sozialleistungen, Kindergeld, Wohngeld, BAFÖG , Steuerrückerstattungen (OLG Bremen FamRZ 1998,1180.) , Abfindungen (OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1196) etc.. Sonderzahlungen wie Urlaubs - und Weihnachtsgeld, sind auf den Monat umzulegen und ebenfalls zu berücksichtigen. Neben den Einkünften ist das bereits vorhandene Vermögen zu berücksichtigen, soweit es den sogenannten Schonbetrag (§ 115 Abs. 2 Satz 1 und 2 ZPO, § 90 SGB XII zählt hier abschließend auf; Geldbeträge bis 2600,- Euro gelten als Schonbetrag; 1600 Euro nach dem LSG Sachsen FamRZ 2007, 156.) übersteigt. Ersparte Mittel sind einzusetzen, da sonst jeder Sparer den Einsatz seiner Mittel mit dem Hinweis auf die künftige Alterssicherung verweigern könnte. Eine Einsetzung des Vermögens ist auch erforderlich, da Beratungshilfe eine Sozialleistung auf dem Gebiet der Rechtspflege ist (AG Pforzheim FamRZ 2005, 467 f.) und den Zugang zu der außergerichtlichen anwaltlichen Hilfe erleichtern soll, die jedoch nicht zur Aufgabe hat, begüterten Parteien den ungeschmälerten Erhalt ihres Vermögens zu ermöglichen. (OLG Frankfurt/M FamRZ 2005, 466.) Sparguthaben oberhalb des Schonvermögens ist selbst dann einzusetzen, wenn z.B. wegen einer vorzeitigen Kündigung ein Zinsverlust eintritt. (OLG Celle FamRZ 2005, 992.)

Angaben zum Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit fehlen ganz. Dieses kann durch die Vorlage einer Einnahmenüberschussrechnung für das Vorjahr nachgewiesen werden. (BGH JurBüro 1993, 105.)

Insoweit kann eine Überprüfung anhand der dürftigen Belege nicht erfolgen. Was Werbungskosten betrifft sind diese ebenfalls nachzuweisen. Bei Geltendmachung können diese jedoch dann nicht mehr im Wege eines Lohnsteuerjahresausgleiches geltend gemacht werden.

III.

Bei nachträglicher Antragsteller trägt der Rechtsanwalt das Kostenrisiko. Auf das Gebührenrisiko des Rechtsanwaltes wird vielerorts hingewiesen. (Bt-Drs. 8/3695 zu § 7; AG Witzenhausen Rpfleger 1989, 290; Lindemann/Trenk-Hinterberger, BerHG § 7 Rn 4; Feuerich/Braun, BRAO , 4.Auflage zu § 49a Rn.11f; Klinge § 7 Rn.2; Mümmler in Anm. zu JurBüro 1987, 609; OLG Hamm JurBüro 1984, 1746; LG Paderborn 5 T 92/86; AG Bamberg JurBüro 1982, 71; Schaich AnwBl 1981, 3; Krahmer ZfSH 1980, 300; Nöcker Rpfleger 1981, 3; Finger MDR 1982, 361; Klein JurBüro 2001, 172; Eckert FamRZ 2001, 536.) Tritt der Rechtsanwalt damit in eine Vorwegleistung, so tut er dies auf sein eigenes Risiko und hat insoweit kein Vertrauensschutz auf eine gerichtliche Bewilligung.

IV.

Für den Antrag des RA auf Festsetzung der Beratungshilfevergütung besteht Formularzwang. Aufgrund der Ermächtigung in § 11 ( ehem. § 13 ) BerhG hat der Bundesjustizminister einen entsprechenden Vordruck eingeführt und dessen Verwendung vorgeschrieben, vgl. BeratungshilfevordruckVO vom 17.12.94 (BGBl. I S. 3839), geändert durch Art. 6 G vom 13.12.2001 (BGBl. I S 3574). Das entsprechende Formular wurde nicht verwendet.

V.

Ausschlaggebend für die Bewilligung von Beratungshilfe und die Erteilung eines Berechtigungsscheines nach dem Beratungshilfegesetz ist, dass das Gesuch des Antragstellers die rechtlichen Kompetenzen und Möglichkeiten des Ratsuchenden selbst und nicht allein seine finanzielle Situation betreffen. (AG Saarbrücken AnwBl 1994,146; Schoreit/Dehn, BerHG, 8.Aufl., § 1 Rn. 11.) Beratungshilfe soll dazu dienen, wirtschaftlich hilfebedürftigen Rechtsuchenden anwaltliche Beratung zu ermöglichen, sofern es sich um Probleme handelt, bei denen juristischer Rat unumgänglich ist. Sinn und Zweck ist es jedoch nicht, auf Kosten der Staatskasse dem Antragsteller jegliche Arbeit - noch dazu zumutbare- abzunehmen oder gar der vermögenslosen Partei eine eigene Rechtsabteilung zur Seite zu stellen. Auch darf es durch das Beratungshilfegesetz nicht zu einer Besserstellung der bedürftigen Partei kommen. Beratungshilfe ist daher nur dann zu gewähren, wenn auch ein nicht Bedürftiger, der einen Anwalt selbst zu bezahlen hätte, vernünftiger Weise im konkreten Fall den Rat eines Anwalts einholen würde. (Nöcker Rpfleger 1981,2ff.)

Beratungshilfe dient nicht dazu, Fallgestaltungen des Geschäftslebens zu lösen. Zwar kann auch juristischen Personen grundsätzlich Beratungshilfe bewilligt werden. Dies kann jedoch nicht dazu führen, dass ein selbständiger Unternehmer seine Rechtsprobleme über die sozialrechtlichen Bestimmungen der Beratungshilfe auf Kosten der Allgemeinheit löst. Hier ist ein Vergleich zu einem Unternehmer zu ziehen, der nicht in den Genuss der Beratungshilfe kommen würde. Da der rechtliche Aspekt grundsätzlicher Art beim Betrieb eines Unternehmens ist, sind solche damit einhergehenden Fragen keine, welche über die Beratungshilfe liquidiert werden können. Insoweit ist die Inanspruchnahme auch als mutwillig einzustufen. Daneben ist unklar, welche Eigenbemühungen die Partei zunächst selbst unternommen hat. Die unmittelbare Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes ohne vorherige Eigeninitiative gilt ebenfalls als mutwillig.

VI.

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG dürfen keine anderweitigen Hilfsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, welche dem Rechtsuchenden zuzumuten sind. Denn generell soll die Beratungshilfe nicht die von anderen, meist über besondere Sachkunde verfügenden Einrichtungen kostenfrei geleistete Beratung ersetzen, sondern diese ergänzen (BR-Drucks. 404/79, S.14).

Aufgrund der Subsidiarität der Beratungshilfe gegenüber anderen zumutbaren Auskunftsmöglichkeiten kann der Rechtsuchende im Einzelfall nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG auch auf die Beratung durch andere Stellen verwiesen werden, wie z.B. Sozialverwaltung mit den familien- und sozialrechtlichen Informationsstellen, Arbeitsagentur, Jugendamt, Erziehungsberatungsstellen, Amt für Ausbildungsförderung, Ausländerbehörde, Beratungszentren für Flüchtlinge, Notariat, Caritas, Diakonie, Deutscher Kinderschutzbund, amtlich bestellte Betreuer, Leitungen von Pflege- und Übergangsheimen, Beratungsstellen der gesetzlichen Krankenkassen, Berufs- und Interessenvertretungen u. a..

Auf das Vorhandensein von solch anderweitigen Hilfsmöglichkeiten auf diesem Gebiet müßte im Zweifelsfalle näher eingegangen werden.

Bei diesem Sachverhalt hätte beispielsweise auf jeden Fall auch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der kostenlosen Rechtsberatung durch den Anwaltsverein bestanden. Hierbei bestimmt § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG, dass Beratungshilfe nicht gewährt wird, sofern anderen Möglichkeiten für eine Hilfe zur Verfügung stehen, deren Inanspruchnahme dem Rechtsuchenden zuzumuten ist. Da aber die kostenlose Rechtsberatung durch Rechtsanwälte beim Amtsgericht Konstanz (jeden 1. Mittwoch im Monat) eine andere Möglichkeit i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG darstellt, ist diese grundsätzlich der Beratungshilfe vorzuziehen. (AG Waldshut-Tiengen, AGS 1999, 189.)

Es ist nicht nachvollziehbar wieso der Antragsteller - nach Schriftsatz vom 09.06.2008 hat die Partei die wesentlichen Feststellungen selbst getroffen - ein entsprechendes Schreiben nicht selbst aufgesetzt hat. Da er Einzelunternehmer ist und sein Geschäft führt, fällt dies insoweit nach der getroffenen Feststellung in seinen originären Zuständigkeitsbereich.

Abgesehen davon ist in Wettbewerbs- und markenrechtlichen Verfahren die Inanspruchnahme von Beratungshilfe an sich fraglich.






AG Konstanz:
Beschluss v. 17.07.2008
Az: UR II 90/08


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