Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 18. Februar 1998
Aktenzeichen: 26 WF 162/97
(OLG Köln: Beschluss v. 18.02.1998, Az.: 26 WF 162/97)
Ist der Rechtsanwalt im PKH-Prüfungsverfahren nur für den Abschluß eines Vergleichs beigeordnet worden, so hat er keinen Anspruch auf Erstattung einer Erörterungsgebühr aus der Staatskasse
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Klägerin hat zur Durchführung einer beabsichtigten Klage auf
Unterhalt für sich und das gemeinsame Kind der Parteien Antrag auf
Gewährung von Prozeßkostenhilfe gestellt.
Das Gericht hat die Parteien zur mündlichen Erörterung im
Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren geladen. In diesem Termin hat
das Gericht den Parteien nach Erörterung der Sache auf ihre
beiderseitigen Anträge für den Abschluß eines Vergleichs
Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung der jeweiligen Rechtsanwälte
bewilligt. Die Parteien haben sodann einen Vergleich
geschlossen.
Mit Antrag vom 16. September 1997 hat der Beschwerdeführer bei
dem Amtsgericht eine Kostenberechnung eingereicht, die neben einer
5/10 Prozeßgebühr eine 5/10 Erörterungsgebühr sowie eine 10/10
Vergleichsgebühr enthält. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 16.
Oktober 1997 lediglich die 5/10 Prozeßgebühr und die 10/10
Vergleichsgebühr gegen die Staatskasse festgesetzt, den Antrag auf
Festsetzung einer 5/10 Erörterungsgebühr jedoch abgelehnt. Die
dagegen gerichtete Erinnerung des Beschwerdeführers hat der Richter
beim Amtsgericht zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Zur Begründung beruft sich der Beschwerdeführer weiterhin darauf,
daß die vom Amtsgericht vertretene Auffassung dazu führe, daß im
Prozeßkostenhilfeprüfungstermin keine Vergleiche mehr geschlossen
würden, sondern erst nach Bewilligung von Prozeßkostenhilfe im
Hauptsacheverfahren die Anträge gestellt und nach Erörterung
gegebenenfalls ein Vergleich geschlossen werde. Daß hierbei eine
Kostenersparnis für die Staatskasse erreicht werden könne, sei
nicht ersichtlich.
Das Amtsgericht hat die Sache dem Senat zur Entscheidung
vorgelegt. Diese Verfügung ist aufgrund der vorhergehenden
Beschlüsse als Nichtabhilfeentscheidung auszulegen.
Die gemäß § 128 Abs. 4 BRAGO statthafte und auch im übrigen
zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet.
Dem beschwerdeführenden Rechtsanwälte steht für die Wahrnehmung
des Erörterungstermins im Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren am 10.
September 1997 die beantragte 5/10 Erörterungsgebühr nicht zu.
Der Anspruch des Rechtsanwaltes auf Vergütung aus der
Staatskasse bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die die
Prozeßkostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden
ist (§ 122 Abs. 1 BRAGO). Nach dem klaren Wortlaut des
Bewilligungsbeschlusses des Amtsgerichts war die Gewährung von
Prozeßkostenhilfe für beide Parteien zum Abschluß eines Vergleichs
erfolgt. Diese beschränkte Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für
einen im Prozeßkostenhilfeverfahren nach § 118 Abs. 1 S. 3 ZPO
geschlossenen Vergleich ist nach allgemeiner Auffassung zulässig
(vgl. statt aller Zöller/Philippi, ZPO, 29. Aufl., § 118 Rdnr. 8
m.w.N., Senat FamRZ 93, 1472). Hierbei handelt es sich bereits um
eine Durchbrechung des Grundsatzes, daß für das
Prozeßkostenhilfeverfahren als solches keine Prozeßkostenhilfe
gewährt werden kann (Zöller/Philippi, a.a.O., § 114 Rdnr. 3
m.w.N.).
Soweit in Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten
wird, die Gewährung von Prozeßkostenhilfe für einen Vergleich im
Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren sei auch entgegen dem Wortlaut
des Bewilligungsbeschlusses als Bewilligung von Prozeßkostenhilfe
für das gesamte Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren zu verstehen
(vgl. Zöller/Philippi, 20. Aufl., § 118 Rn. 8 und Wax in MüKo ZPO,
§ 118 Rn. 35, jeweils mit Nachweisen zur Rechtsprechung und
Literatur auch zur Gegenmeinung) vermag sich der Senat dem nicht
anzuschließen.
Schon aus Gründen der nötigen Rechtsklarheit kann die
Bewilligung nicht über ihren eindeutigen Wortlaut hinaus auch auf
die Erörterung im Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren erstreckt
werden, die im übrigen zum Zeitpunkt der Bewilligung bereits
beendet war. Welche Gebühren dem im Wege der Prozeßkostenhilfe
beiordneten Rechtsanwalt von der Staatskasse zu erstatten sind,
hängt nicht in erster Linie davon ab, welche Gebührentatbestände
der BRAGO er dabei auslöst. Zwar hat er nach § 121 BRAGO Anspruch
auf die gesetzliche Vergütung, jedoch bestimmt sich der
Erstattungsanspruch unter Umständen enger und zwar gemäß § 122 Abs.
1 BRAGO nach dem Beschluß, durch den Prozeßkostenhilfe bewilligt
worden ist, und dem darin vorgesehenen Umfang der Beiordnung.
Eine ausdehnende Auslegung des eindeutig auf den
Vergleichsabschluß beschränkten Bewilligungsbeschlusses ist nach
Auffassung des Senats nicht geboten. Insbesondere veranlaßt der
Grundsatz der Prozeßökonomie, der für die gesetzlich nicht
ausdrücklich vorgesehene Zulässigkeit der Gewährung von
Prozeßkostenhilfe für einen Vergleichsabschluß im
Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren maßgebend war, nicht dazu, in
jeder Gewährung von Prozeßkostenhilfe für einen Vergleichsabschluß
im Prozeßkostenhilfeverfahren eine Gewährung von Prozeßkostenhilfe
für das Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren zu erblicken, auch wenn
die Bewilligung nicht ausdrücklich für das
Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren erfolgt, sondern im Gegenteil
die Bewilligung ausdrücklich auf den Vergleichsabschluß beschränkt
ist. Denn es ist nicht Aufgabe der Gerichte, das Kosteninteresse
des Beschwerdeführers oder seines Mandanten zu wahren. Es geht bei
der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe auch nicht darum, die Partei,
die sich bereits für das Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren eines
Anwaltes bedient, obwohl hierfür angesichts der Möglichkeiten des
Beratungshilfegesetzes und der Gerichtsgebührenfreiheit des
Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahrens keine zwingende Notwendigkeit
besteht (vgl. BGH NJW 1984, 2106), an allen Kosten
freizustellen.
Es kann in diesem Verfahren auch dahinstehen, ob eine
Prozeßkostenhilfebewilligung über den Vergleichsabschluß hinaus für
das Prozeßkostenhilfeverfahren hätte erfolgen können oder müssen.
Jedenfalls kann sich der Beschwerdeführer im Gegensatz zur Partei
nicht auf einen möglicherweise bestehenden Anspruch auf
Prozeßkostenhilfe für das Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren
berufen. Auch besteht keine Veranlassung, seine Beschwerde gegen
die Nichtanerkennung der Erörterungsgebühr im Festsetzungsverfahren
gegen die Staatskasse als Beschwerde gegen die Beschränkung der
Prozeßkostenhilfebewilligung auf den Abschluß des Vergleichs
auszulegen. Dagegen spricht bereits, daß der Beschwerdeführer
selbst als beigeordneter Rechtsanwalt durch eine Einschränkung der
Prozeßkostenhilfebewilligung nicht beschwert ist (vgl.
Zöller/Philippi, a.a.O., § 127 Rdnr. 30).
Es ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht etwa
so, daß nach Ablehnung des Vergleichsschlusses im
Prozeßkostenhilfeverfahren mit Rücksicht auf die fehlende
Erstattungsfähigkeit einer eventuell eingetretenen
Erörterungsgebühr durch die Staatskasse regelmäßig eine geringere
Kostenbelastung des Mandanten eintritt, wenn das Verfahren in das
Hauptsacheverfahren überführt wird. Aus dem Blickwinkel des
Vergleichsabschlusses wäre nämlich der Klägerin Prozeßkostenhilfe
nur zur Durchsetzung eines Unterhaltsanspruchs in Höhe von 147,45
DM gewährt worden. Die Klägerin hätte alsdann voraussichtlich ihren
ursprünglich sehr viel höheren Klageantrag nur im Rahmen der
gewährten Prozeßkostenhilfe weiter verfolgt. Zur Rechtsverteidigung
gegen den Klageanspruch in dieser Höhe wäre dem Mandanten des
Beschwerdeführers mangels Erfolgsaussicht gar keine
Prozeßkostenhilfe gewährt worden. Ein Erstattungsanspruch gegen die
Staatskasse wäre für den Beschwerdeführer sodann ebenfalls nicht
entstanden, und die Partei hätte die im Prozeßkostenhilfeverfahren
und im anschließenden Hauptsacheverfahren entstandenen Kosten
selbst tragen müssen.
Selbst wenn man mit den Befürwortern der Gegenmeinung von der
Möglichkeit der Gewährung von Prozeßkostenhilfe für das
Prozeßkostenhilfebewilligungsverfahren bei Abschluß eines
Vergleichs ausgeht, wäre den Parteien auch für das
Prozeßkostenhilfebewilligungsverfahren Prozeßkostenhilfe nur in dem
Umfang zuzuerkennen, als die beabsichtigte Klage bzw. die
Rechtsverteidigung nach dem Inhalt des Vergleichs hinreichende
Aussicht auf Erfolg gehabt hätte (vgl. OLG Bamberg, JurBüro 95,
423). Denn die Gewährung von Prozeßkostenhilfe ist nur zulässig,
soweit die beabsichtigte Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung
auch ohne Vergleichsabschluß im Prozeßkostenhilfeverfahren in dem
Hauptsacheverfahren zu bewilligen gewesen wäre. Auch diese
Óberlegung zeigt, daß mit der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für
den im Prozeßkostenhilfeverfahren geschlossenen Vergleich
jedenfalls nicht die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für beide
Parteien nach dem vollen Gegenstandswert des
Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahrens gewährt werden kann. Es hat
daher im Kostenfestsetzungsverfahren bei der hier eindeutig vom
Gericht vorgesehenen Gewährung von Prozeßkostenhilfe nur für den
Vergleich zu verbleiben. Eine ausdehnende Auslegung entgegen dem
Wortlaut des Bewilligungsbeschlusses ist nicht vertretbar und führt
bei der gebotenen inhaltlichen Beschränkung auf die jeweilige
Erfolgsaussicht von Klage und Rechtsverteidigung nur zu
Rechtsunsicherheit.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden
nicht erstattet (§ 128 Abs. 5 BRAGO).
OLG Köln:
Beschluss v. 18.02.1998
Az: 26 WF 162/97
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