Landgericht Hamburg:
Urteil vom 18. November 2008
Aktenzeichen: 407 O 80/08
(LG Hamburg: Urteil v. 18.11.2008, Az.: 407 O 80/08)
Tenor
Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 28. April 2008 wird bestätigt.
Die Antragsgegnerin trägt auch die weiteren Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiete des Angebots von Telekommunikations- und Internetzugangsleistungen. Sie bieten u. a. Endverbrauchern unterschiedliche DSL-Produkte an.
Die Antragsgegnerin bewarb im Rahmen von Print- und Internetwerbung unter der Ankündigung "Das b Wunder" diverse Doppelflatrate-Angebote für Telefon und Internet wie aus Anlagen K 1 und K 2 ersichtlich. Unter anderem heißt es in dieser Werbung "Deutschlands günstigste Doppel-Flat!", "DSL Surfen und telefonieren ohne Limit" sowie "Doppel-Flat 25,€ Euro/Monat".
Bei der "... Dopppel-Flat 1.000" handelt es sich um einen Telefon-/DSL-Anschluss mit einer maximalen Downstream-Bandbreite von 1024 kbit/s. Die Telefonflatrate ist begrenzt auf Anrufe in das deutsche Telefonfestnetz. Die Antragsgegnerin bietet dieses Produkt zum Preis von 25,00 Euro pro Monat an, wobei sie für die ersten sechs Monate der 24monatigen Mindestvertragslaufzeit lediglich eine ermäßigte Grundgebühr in Höhe von 20,00 Euro verlangt.
Ferner bietet die Antragsgegnerin ein Produkt unter der Bezeichnung "... Dopppel-Flat 6.000" Hierbei handelt es sich um einen Telefon-/DSL-Anschluss mit einer maximalen Downstream-Bandbreite von 6.016 kbit/s. Die Telefonflatrate ist begrenzt auf Anrufe in das deutsche Telefonfestnetz. Die Antragsgegnerin bietet dieses Produkt zum Preis von 30,00 Euro pro Monat an, wobei sie für die ersten sechs Monate der 24monatigen Mindestvertragslaufzeit lediglich eine ermäßigte Grundgebühr in Höhe von 25,00 Euro verlangt
Letztlich enthält das Angebot der Antragsgegnerin eine "... Doppel-Flat 16.000". Hierbei handelt es sich um einen Telefon-/DSL-Anschluss mit einer maximalen Downstream-Bandbreite von 16.000 kbit/s. Die Telefonflatrate ist begrenzt auf Anrufe in das deutsche Telefonfestnetz. Die Antragsgegnerin bietet dieses Produkt zum Preis von 35,00 Euro pro Monat an, wobei sie für die ersten sechs Monate der 24monatigen Mindestvertragslaufzeit lediglich eine ermäßigte Grundgebühr in Höhe von 30,00 Euro verlangt.
Die Antragstellerin trägt vor, die Firma L biete unter der Bezeichnung "L Komplett 1000" ein Produkt der Fa. C an, das inklusive einer hinzubuchbaren Telefonflatrate 21,98 Euro koste. Bei diesem Angebot handele es sich auch um einen Telefon/DSL-Anschluss mit einer maximalen Downstreamgeschwindigkeit von 1024 kbit/s und der Möglichkeit, in das deutsche Telefonfestnetz zu telefonieren.
Die Antragstellerin trägt ferner unter Bezugnahme auf die Veröffentlichung in der Internetseite "Teltarif" gemäß Anlage K10 vor, u. a. biete die Firma S AG ein Produkt an mit einer maximalen Downstreambandbreite von bis zu 16000 kbit/s und einer Telefonflatrate für Anrufe in das deutsche Telefonfestnetz sowie in die Telefonfestnetze von sieben europäischen Ländern. Die Grundgebühr für dieses Produkt betrage 24,95 Euro pro Monat.
Die Antragstellerin ist der Ansicht die Werbung der Antragsgegnerin sei wettbewerbswidrig, da sie dem Verkehr durch den Begriff "Das b Wunder" zu Unrecht suggeriere, sie unterbiete das allgemeine Preisniveau deutlich.
Auch die Behauptung "Deutschlands günstigste Doppel-Flat!" sei irreführend, da die Antragsgegnerin tatsächlich keine Spitzenstellung für sich in Anspruch nehmen könne. Im Hinblick auf den permanenten Preiskampf im Bereich der Telekommunikation könne ohnehin kein Anbieter einen dauerhaften deutlichen Abstand zu allen Wettbewerbern halten. Darüber hinaus biete die Antragsgegnerin entgegen dem erweckten Eindruck die Flatrate auch nicht deutschlandweit an.
Auch die Behauptung, der Verkehr könne "ohne Limit" telefonieren, sei unzutreffend, da weder Gespräche in Mobilfunknetze, noch Auslandsgespräche innerhalb der Flatrate möglich seien.
Letztlich verstoße die Antragsgegnerin gegen § 4 Nr. 4 UWG, da sie ein Einführungsangebot bewerbe, ohne auf dessen Laufzeit hinzuweisen.
Im Hinblick auf den dargestellten Sachverhalt erging die einstweilige Verfügung der Kammer vom 28. April 2008, mit der der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel und unter Bezugnahme auf die Anlagen K1 und K2 verboten worden ist,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Print- und/oder Internet-Werbungen
1. ein Angebot, das dem Verbraucher Telefongespräche in das inländische Festnetz ohne den Anfall weiterer nutzungsabhängiger Gebühren, einen Internetzugang mit Übertragungsraten von maximal bis zu 16.000 kbit/s und einen Internetzugangstarif bietet, bei dessen Nutzung keine weiteren nutzungsabhängigen Gebühren anfallen, mit der Wendung "Das b Wunder" zu bewerben und/oder bewerben zu lassen;
und/oder
2. ein Angebot, das nicht bundesweit verfügbar ist und dem Verbraucher Telefongespräche in das inländische Festnetz ohne den Anfall weiterer nutzungsabhängiger Gebühren, einen Internetzugang mit Übertragungsraten von maximal bis zu 1.000 kbit/s sowie einen Internetzugangstarif bietet, bei dessen Nutzung keine weiteren nutzungsabhängigen Gebühren anfallen, mit der Angabe "Deutschlands günstigste Doppel-Flat!" zu bewerben und/oder bewerben zu lassen;
und/oder
3. Telefondienstleistungen, bei deren Abnahme nur für inländische Festnetztelefonate keine weiteren nutzungsabhängigen Gebühren anfallen, mit der Angabe "DSL surfen und telefonieren ohne Limit" zu bewerben und/oder bewerben zu lassen;
und/oder
4. Für ein zeitlich befristetes "Einführungsangebot" zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, ohne dabei die zeitliche Befristung anzugeben.
Gegen diese einstweilige Verfügung wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrem Widerspruch.
Sie ist der Ansicht, in der Verwendung des Begriffes "Das b Wunder" liege kein Irreführungspotential. Der Verkehr begreife diese Wendung als Wortspiel mit der Unternehmensfarbe der Antragsgegnerin.
Durch die Aussage "Deutschlands günstigste Doppel-Flat" werde nichts über die Verfügbarkeit von DSL-Anschlüssen gesagt. Im Übrigen treffe die Aussage "günstigste" zu; die Angebote ihrer Konkurrenten seien teurer als das Angebot der Antragsgegnerin
Die Aussage "telefonieren ohne Limit" werde nur in Bezug auf ein zeitliches Limit verstanden.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die einstweilige Verfügung der Kammer vom 28. April 2008 aufzuheben und den zugrunde liegenden Antrag zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die einstweilige Verfügung der Kammer zu bestätigen.
Sie tritt dem Vortrag der Antragsgegnerin entgegen und verteidigt die einstweilige Verfügung mit dem Vortrag, der zu ihrem Erlass geführt hat, und vertieft diesen.
Wegen der Sachdarstellung im Übrigen, wegen der Rechtsausführungen und Glaubhaftmachungsangebote der Parteien wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 28. April 2008 ist zu bestätigen. Sie hat sich auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Parteien im Widerspruchsverfahren als gerechtfertigt erwiesen.
Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 4,5 und 8 UWG zu. Mit der beanstandeten Werbung führt die Antragsgegnerin den Verkehr in relevanter Weise irre und verstößt gegen das Transparenzgebot bei Verkaufsförderungsmaßnahmen.
Die Antragsgegnerin stellt ihrer Werbung voran, es handele sich um "Das b Wunder". Die Kammer neigt nicht dazu anzunehmen, die Antragsgegnerin wolle damit suggerieren, dass der Kunde, der der Anpreisung der Antragsgegnerin Glauben schenkt und sich für zwei Jahre an sie bindet, nach kurzer Zeit sein "b Wunder" erleben werde, etwa dadurch, dass andere Anbieter billiger sind als die Antragsgegnerin. Vielmehr geht die Kammer davon aus, dass die Antragsgegnerin mit dieser Formulierung zum Ausdruck bringen will, dass die Günstigkeit ihres Angebots schon an ein Wunder grenze. Dies beinhaltet u. a. das Versprechen dem Verbraucher gegenüber, das Angebot der Antragsgegnerin hebe sich deutlich von Konkurrenzangeboten ab. Einen solchen Vorsprung vor den Mitbewerbern kann allerdings die Antragsgegnerin tatsächlich nicht für sich in Anspruch nehmen.
Zunächst einmal ist davon auszugehen, dass das Angebot von L/C weniger kostet als das als günstigste Doppel-Flat beworbene Angebot der Antragsgegnerin. Beworben werden monatliche Entgelte, nicht Kosten für Hardware, die im Einzelfall anfallen können. Die Behauptung "Deutschlands günstigste Doppel-Flat!" trifft daher nicht zu und ist irreführend. Auch bei den leistungsstärkeren Anschlüssen ist die Antragsgegnerin nicht billiger oder günstiger als die Konkurrenz, so dass auch insoweit von einem Wunder nicht die Rede sein kann. Die Kammer ist im Übrigen der Ansicht, mit Aussagen wie "Die günstigste Doppel-Flat" dürfe im Telekommunikationsbereich nur dann geworben werden, wenn mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass das Angebot auch über die Laufzeit des Vertrages das günstigste bleiben werde. Angesichts der gerichtsbekannt schnelllebigen Preisentwicklung im Telekommunikationsbereich kann von einer solchen Wahrscheinlichkeit nicht ausgegangen werden, so dass Spitzenstellungsberühmungen in diesem Bereich mangels anzunehmender Beständigkeit in der Regel nicht als zulässig erachtet werden können.
Die Antragsgegnerin bietet ihre DSL-basierten Anschlüsse einschränkungslos für ganz Deutschland an. Nicht anders versteht es der Verkehr, wenn von "DSL... ohne Limit" die Rede ist unter der Ankündigung als "Blaues Wunder" und "Deutschlands günstigste Doppel-Flat!". Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin kann nicht davon ausgegangen werden, es sei überwiegend bekannt, dass DSL nicht in allen Teilen Deutschlands erhältlich ist. Zumindest in der konkreten Verletzungsform, auf die das Verbot abstellt, erweckt die Antragsgegnerin im Blickfang, an dem auch die Aussage "DSL Surfen und telefonieren ohne Limit" teilnimmt, den unzutreffenden Eindruck einer uneingeschränkten Verfügbarkeit, der auch durch den kleingedruckten Hinweis auf die Verfügbarkeit "in den meisten Anschlussbereichen" nicht in einer aus der Verletzung führenden Weise richtiggestellt wird.
Soweit die Antragsgegnerin meint, der Verbraucher verstehe unter "...telefonieren ohne Limit" nur eine zeitliche Komponente, kann dem jedenfalls vorliegend nicht gefolgt werden. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass die Aussage unter der Vorankündigung des blauen Wunders steht, wodurch eine Besonderheit gegenüber dem Normalfall suggeriert wird. Gegen einen gedanklichen Bezug nur zur zeitlichen Komponente spricht im Übrigen, dass sich die Aussage "ohne Limit" auch auf das Surfen bezieht und es hier nicht nur auf zeitliche Beschränkungen ankommt, sondern auch auf Volumenbegrenzungen. Da aber € wie von der Antragstellerin dargelegt € Wettbewerber ihre Telefon-Flatrate auf diverse europäische Staaten ausdehnen, ist mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass relevante Verkehrskreise die Ankündigung "ohne Limit", zumal im Zusammenhang mit "Das Blaue Wunder" und "Deutschlands günstigste Doppel-Flat!", dahin verstehen, dass auch die Antragsgegnerin eine Flatrate anbietet, die ein Telefonieren in europäische Festnetze ohne weitere Gebühren gestattet. Da sie dies nicht tut, ist ihr die Aussage in der konkreten Form zu untersagen.
Der Antragsgegnerin ist nicht nur ein Verstoß gegen das Verbot der irreführenden Werbung vorzuwerfen. Sie verstößt auch gegen das Transparenzgebot des § 4 Nr. 4 UWG. Dieses gebietet es, bei Einführungsangeboten, die mit einer Preisersparnis einhergehen und ihrer Natur nach zeitlich begrenzt sind, anzugeben, wie lange ein solches Angebot gilt (BGH GRUR 1966, 214 € Einführungsangebot; 1985, 929). Diese Information kann für die Entscheidung der Verbraucher von Relevanz sein. Beim Fehlen der Angabe ist der werbende jederzeit in der Lage, den Preis heraufzusetzen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
LG Hamburg:
Urteil v. 18.11.2008
Az: 407 O 80/08
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