Landgericht Duisburg:
Urteil vom 4. August 2000
Aktenzeichen: 10 O 57/98

(LG Duisburg: Urteil v. 04.08.2000, Az.: 10 O 57/98)

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.225,89 DM nebst 4 % Zinsen

seit dem 09.12.1997 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 45 %, die Klägerin zu 55 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in

Höhe von 12.000,00 DM, für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von

4.500,00 DM. Die Sicherheitsleistung kann auch durch Bürgschaft einer Groß-

bank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse mit Sitz in der Europäischen Union

erbracht werden.

Tatbestand

Die Klägerin war Steuerberaterin der Beklagten. Für die Abschlußbilanz 1995 und 1996 stellte sie der Beklagten einen Betrag von insgesamt 23.987,27 DM in Rechnung (Rechnung vom 05.08.1997, Bl. 8 d. GA) und Rechnung vom 18.08.1997, Bl. 9 d. GA.). Sie übersandte je eine mit "Besprechungsexemplar" überschriebene Bilanz und verlangte einen Honorarvorschuß von 17.250,00 DM. Die Beklagte zahlte auf die Honorarrechnung lediglich einen Betrag von 11.993,64 DM. Die Bilanzen, die die Klägerin für die Beklagte erstellte, enthielten die Gewinn- und Verlustrechnung sowie einen Anhang. Lageberichte, die in den Rechnungen mit einem Betrag von 1.672,68 DM abgerechnet wurden, wurden durch die Klägerin noch nicht erstellt, da sie diese nicht anfertigen konnte. Die Beklagte verschob viermal kurzfristig noch geplante Besprechungstermine mit der Klägerin zur Erstellung der Bilanzen und der Lageberichte.

Ende 1997 kündigte die Klägerin das Mandat. Sie forderte die Beklagte zuletzt mit Schreiben vom 01.12.1997 unter Fristsetzung bis zum 08.12.1997 zur Zahlung des noch ausstehenden Betrages von 11.993,63 DM auf.

Die Beklagte beauftragte ihrerseits einen anderen Steuerberater, die Bilanzen für 1995 und 1996 zu erstellen. Hierfür entrichtete sie ein Gesamthonorar in Höhe von 8.121,76 DM. Wegen der Einzelheiten wird auf die Rechnungen der Steuerberatungs GmbH

vom 30.01.1998 (Bl. 41 und 42. d.GA) Bezug genommen.

Mit Beschluß des Amtsgerichts Duisburg vom 23.12.1999 wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter für die Beklagte bestellt und ein Zustimmungsvorbehalt angeordnet. Ein allgemeines Verfügungsverbot gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 2 INSO hat das Amtsgericht nicht angeordnet (AG Duisburg, Az. 60 IN 228/99).

Die Klägerin behauptet, die von ihr für 1995 und 1996 erstellten Bilanzen seien, sowie ihr die erforderliche Information von der Beklagten zur Verfügung gestellt worden seien, fehlerfrei und vollständig erstellt. Sie ist der Auffassung, die Honorarberechnungen seien korrekt erfolgt. Insbesondere die Gebührensätze von 30/10 für die Gewinn- und Verlustrechnungen sowie von 10/10 für die Erstellung des Anhangs entsprächen den Grundsätzen der StBGebV. Insoweit habe sie auch, was zwischen den Parteien unstreitig ist, die Bilanzen der Vorjahre mit denselben Sätzen abgerechnet. Die Gegenstandswerte als Bemessungsgrundlage für weitere Honorarrechnungen habe sie zutreffend berechnet.

Im Schriftsatz vom 08.05.1998 (Bl. 50 d. GA.) erklärte sich die Klägerin bereit, auf die Kosten für die Erstellung der mitabgerechneten Lageberichte in Höhe von brutto 1.672,68 DM zu verzichten.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 11.993,63 DM nebst 4 % Zinsen

seit dem 09.12.1997 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, die Abrechnungen der Bilanzen für 1995 und1996 seien fehlerhaft vorgenommen worden. Sie habe mit der Klägerin einen Gebührensatz von 20/10 vereinbart.

Hilfsweise erklärt die Beklagte die Aufrechnung mit den ihr entstandenen Kosten für die Neuerstellung der Bilanzen für 1995 und 1996 in Höhe von 8.121,76 DM. Weiterhin erklärt sie hilfsweise die Aufrechnung mit von ihr behaupteten Überzahlungsansprüchen aus den Rechnungen für die Buchführung der Jahre 1992, 1993, 1994 und 1996. Hierzu trägt sie vor, der vereinbarte Gebührensatz für die Buchhaltung habe 8/10 betragen, was zwischen den Parteien unstreitig ist. Die Gegenstandswerte seien durch die Klägerin jedoch falsch ermittelt worden. Für das Jahr 1993 sei ein Betrag von 2.112,00 DM zuviel bezahlt worden, was zwischen den Parteien unstreitig ist. Die Klägerin beruft sich gegenüber dem insoweitigen Rückzahlungsverlangen der Beklagten auf die Einrede der Verjährung. Weiterhin ermittelte die Klägerin für die Bilanzbuchhaltung 1996 einen Guthabenbetrag von 347,76 DM. Wegen der Einzelheiten wird auf die Abrechnungen vom 25.10.1997, 25.05.1998 (Bl. 69 d. GA.) verwiesen. Die Beklagte wendet darüber hinaus ein, die von der Klägerin vorgelegten Rechnungskopien seien nicht unterschrieben und entsprächen auch im übrigen nicht den formellen Anforderungen der StBGebV.

Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund des Beweisbeschlusses vom 24. Juli 1998 (Bl. 78 d. GA.) durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Dipl.-Kaufmanns und Steuerberaters . Wegen des Inhaltes der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 01.02.2000 (Anlageheft) Bezug genommen.

Im übrigen wird wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

Die Klage ist in Höhe eines Betrages von 6.225,89 DM begründet, im übrigen unbegründet. Die Klägerin hat ursprünglich einen Vergütungsanspruch aus § 628 Abs. 1 BGB in Höhe von 10.320,95 DM. Dieser Anspruch ist in Höhe eines Betrages von 4.095,06 DM durch die Hilfsaufrechnung der Beklagten gemäß § 389 BGB erloschen.

Soweit die Klägerin zunächst beantragte, die Beklagte zur Zahlung von 11.993,63 DM zu verurteilen, hat sie die Klage in Höhe eines Betrages von 1.672,68 DM gemäß § 269 Abs. 1 ZPO durch Schriftsatz vom 08.05.1998 (Bl. 50 d. GA.) teilweise zurückgenommen. Indem sie sich bereit erklärte, auf die Kosten für die noch nicht erstellten Lageberichte zu verzichten, liegt, auch wenn die Klägerin nicht ausdrücklich eine Teilklagerücknahme erklärt hat, zumindest eine konkludente Erklärung der Rücknahme vor. Diese ist grundsätzlich ausreichend (vgl. Münchener Kommentar zur ZPO zu § 269 Rz. 19). Das Verhalten der Klägerin läßt erkennen, dass sie die Klageforderung um die Rechnungsposten reduzieren will, nachdem sie erklärt hat, die Lageberichte noch nicht erstellt zu haben.

Der danach von der Klägerin noch geltend gemachte Vergütungsanspruch bestand in Höhe eines Betrages von 10.320,96 DM gemäß § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB. Danach kann der Dienstverpflichtete, sofern eine Kündigung des Dienstverhältnisses nach den §§ 626 oder 627 BGB erfolgt ist, nach dem Beginn der Dienstleistung einen an seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen.

Zwischen den Parteien bestand gemäß § 611 BGB ein Dienstleistungsvertrag, der eine Geschäftsbesorgung im Sinne des § 675 BGB zum Inhalt hatte. Die Klägerin hat mit der Beklagten 1992 einen Steuerberatervertrag geschlossen, der die Klägerin verpflichtete, sowohl die Buchführung durchzuführen als auch die Jahresbilanzen zu erstellen. Dem steht nicht entgegen, das einzelne erfolgsbezogene Tätigkeiten wie Buchführung und Bilanzerstellungen geschuldet waren, da es auf eine umfassende Würdigung der Tätigkeit ankommt. Nur bei einem konkreten einmaligen Leistungserfolg liegt ein Werkvertrag gemäß § 631 BGB vor (vgl. BGH, Wertpapiermitteilung 1992, Seite 62/64 m.w.N.).

Die Klägerin hat den Vertrag zwischen den Parteien im Herbst 1998 gemäß § 627 Abs. 1 BGB außerordentlich gekündigt. Die Klägerin war zu einer solchen Kündigung auch berechtigt. Als Steuerberaterin hat sie Dienste höherer Art geleistet, die aufgrund eines besonderen Vertrauens übertragen werden, weil der Mandant dem Steuerberater mit dem Auftrag zur Wahrnehmung seiner steuerlichen Interessen Einblick in seine Berufs-, Geschäfts-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse gewährt (vgl. Erman-Hanau, Palandt § 627 Rn. 2; BGH in NJW-RR 1993, 374). Die Klägerin stand auch in einem dauernden Dienstverhältnis, da der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen war. Hierbei ist es nicht erforderlich, dass die Dienstleistung die Erwerbstätigkeit der Verpflichteten vollständig oder überwiegend in Anspruch nimmt.

Feste Bezüge erhält die Klägerin nicht, sondern nur die aufgrund ihrer geleisteten Arbeit fälligen Gebühren.

Die Kündigung war auch nicht aufgrund § 628 BGB ausgeschlossen, da sie nicht zur Unzeit für die Beklagte erfolgte.

Der Vergütungsanspruch der Klägerin ist nicht dadurch beschränkt, dass diese die Bilanzen für 1995 und 1996 noch nicht fertigstellte. Nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien bedurften die von der Klägerin vorgelegten Bilanzen noch der Besprechung, um abschließende Bewertungen des Anlagevermögens und einiger Forderungen vorzunehmen. Sie wurden auch von der Klägerin lediglich als Besprechungsexemplare überschrieben.

Das Honorar ist gemäß § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB nach einem der bisherigen Tätigkeit entsprechenden Anteil zu bemessen. § 628 BGB wird nicht durch die StBGebV ausgeschlossen. Die StBGebV enthält keine Bestimmung über den Grund des Vergütungsanspruchs. Dessen Voraussetzungen ergeben sich aus den Vorschriften des BGB, die durch die in der StBGebV enthaltenen Regelungen, welche die Höhe des Vergütungsanspruchs bemessen, ergänzt werden (vgl. BGH, NJW 1982, 437/438 zur vergleichbaren Regelung in der BRAGO). Der bisherige Anteil der Vergütung berechnet sich nach den bereits angefallenen Gebühren. Die Gebühren entstehen, sobald der Steuerberater aufgrund eines Auftrages irgendeine Tätigkeit vorgenommen hat (vgl. Eckert/Böttcher zu § 12 StBGebV Anm. 4). Die Klägerin ist bereits für die Gewinn- und Verlustrechnung sowie den Anhang der Bilanzen für 1995 und 1996 tätig geworden. Daher sind jeweils die Gebühren gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 a) und b) StBGebV entstanden, nicht aber solche für die Lageberichte gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 c, da die Klägerin aufgrund der fehlenden Informationen durch die Beklagte nicht tätig werden konnte. Eine Herabsetzung des Honorars aufgrund der vorzeitigen Beendigung und der damit verbundenen Arbeitsersparnis ist durch § 12 Abs. 4 StBGebV ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift ist es für bereits entstandene Gebühren ohne Einfluß, wenn der Auftrag endet, bevor die Angelegenheit erledigt ist. § 12 Abs. 4 StBGebV beruht auf den Besonderheiten des steuerberaterlichen Gebührenrechts. Es ist Ausfluß des Systems der gesetzlichen Verfahrenspauschgebühren, nach dem der Steuerberater für eine Gruppe gleichgearteter Tätigkeiten jeweils eine Gebühr erhält, ohne dass es darauf ankommt, wie oft er die betreffende Tätigkeit ausführt. Der Steuerberater hat diese Gebühr bereits mit der ersten Tätigkeit, die die gesetzlichen Voraussetzungen ihres Entstehungstatbestandes erfülllt, in voller Höhe verdient. Er kann sie weder für eine gleichgeartete Tätigkeit in derselben Angelegenheit ein zweites Mal fordern (§ 12 Abs 2 StBGebV) noch verringert sich diese, wenn er die Tätigkeit zur Durchführung des Auftrages lediglich einmal vornehmen muß (vgl. BGH NJW 1987, 315/316 zum wortgleichen § 13 Abs. 4 BRAGO).

Der Anspruchsgrund ist auch nicht durch § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB entfallen. Es kann dahinstehen, inwieweit die Beklagte noch Interesse an den Leistungen der Klägerin hatte, denn die Beklagte hat durch ein vertragswidriges Verhalten die Kündigung veranlaßt. Zum einen ergeben sich aus dem Beratervertrag umfassende gegenseitige Informationspflichten. Der Steuerberater kann die Bilanzen nur dann sachgerecht erstellen, wenn er hierbei von seinem Mandanten unterstützt wird, insbesondere durch zur Verfügungsstellen der erforderlichen Informationen und Teilnahme an Besprechungen. Diese noch notwendigen Besprechungen hatte die Beklagte viermal kurzfristig verschoben. Unter diesen Voraussetzungen war es der Klägerin nicht möglich, die Bilanzen abschließend zu erstellen. Die Beklagte verletzte damit zumindest ihre vertraglichen Obliegenheiten gegenüber der Klägerin. Unabhängig davon, ob es zugleich eine Nebenpflichtverletzung ist, stellt es ein vertragswidriges Verhalten der Beklagten dar, da es die sachgerechte Durchführung des Steuerberatervertrages durch die Klägerin unmöglich machte.

Zum anderen hatte die Beklagte trotz mehrfacher Aufforderung den von der Klägerin verlangten Vorschuß nicht in voller Höhe bezahlt. Nach § 8 StBGebV war die Klägerin berechtigt, entgegen der Regelung des § 614 Abs. 1 Satz 1 BGB einen Vorschuß zu verlangen. Die Vorschußanforderung ist in Höhe von 17.250,00 DM erfolgt und war auch angemessen. Zum einen waren die Gebühren bereits entstanden, zum anderen hatte die Klägerin ein erhöhtes Sicherungsinteresse hinsichtlich ihrer Gebührenforderung, da bereits eine nominelle Überschuldung der Beklagten aus den Bilanzen zu ersehen war. Der Vorschuß überschritt auch nicht das von ihr beabsichtigte Honorar.

Das Honorar besteht für die Gewinn- und Verlustrechnungen und den Anhang auch in der berechneten Höhe. Der Gebührensatz war durch die Klägerin innerhalb des Gebührenrahmen des § 35 Abs. 1 Nr. 1 StBGebV nach billigem Ermessen gemäß § 11 StBGebV zu bestimmen.

Soweit die Beklagte behauptet, es sei ein Gebührensatz von 20/10 für die Gewinn- und Verlustrechnung vereinbart gewesen, ist dies unbeachtlich. Die Beklagte, die für eine solche Vereinbarung darlegungs- und beweispflichtig ist, hat für ihre Behauptung insoweit keinen Beweis angetreten. Aufgrund der Beweisaufnahme steht fest, dass die von der Klägerin in Ansatz gebrachten Gebührensätze von 30/10 für die Gewinn- und Verlustrechnung und 10/10 für den Anhang billigem Ermessen entsprechen.

Der angesetzte Gebührensatz von 30/10 für die Gewinn- und Verlustrechnung liegt innerhalb des zulässigen Gebührenrahmens des § 35 Abs. 1 Nr. 1 a StBGebV. Der Gutachter hält einen Gebührensatz von 28/10 für angemessen. Der Sachverständige führt insofern nachvollziehbar und anhand der ihm vorliegenden Unterlagen verständlich aus, dass eine Einordnung in diesem Gebührenrahmen zu erfolgen hat. Der von der Klägerin festgelegte Gebührensatz erfüllt die Anforderungen des § 11 StBGebV. Soweit es insoweit auf die Bedeutung der Sache ankommt, bestimmt sich diese nach den Auswirkungen in wirtschaftlicher Sicht der Stellung und das Ansehen des Auftraggebers und die Auswirkungen der Tätigkeit auf weitere Angelegenheiten (vgl. Eckert/Böttcher, § 11 StBGebV, Anm. 2.1.). Die Jahresabschlußbilanz ist Voraussetzung für die Steuererklärung der Beklagten und wichtig für deren Kreditwürdigkeit und daher von hoher Bedeutung. Beim Umfang der zu erstellenden Arbeiten ist auch der zeitliche Aufwand zu berücksichtigen. Auch wenn die Auftragsdurchführung durch die Klägerin vorzeitig endete, sind sowohl die Gewinn- und Verlustrechnung als auch der Anhang bis auf abschließende Bewertungen fertiggestellt. Die zeitlich aufwendige Zusammenstellung und Verarbeitung der Daten sind damit erbracht. Der Sachverständige ermittelt daher nachvollziehbar die Schwierigkeit der Tätigkeit mit einem gehobenen bis höheren Schwierigkeitsgrad. Ausweislich der Umsätze der Bilanzen betreibt die Beklagte zumindest eine mittelgroße Spedition. Ein gehobener Schwierigkeitsgrad wird bei Abschlußerstellung für kleine und mittlere Handelsbetriebe angenommen, ein höher Schwierigkeitsgrad bei größeren Handelsunternehmen (vgl. Eckert/Böttcher, § 11 StBGebV, Anm. 2.3). Zusätzlich erschwerend war zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen, dass durch die mehrfach verschobenen Besprechungstermine deren zeitliche Planung und Vorbereitung auf die Besprechung wesentlich erschwert wurden.

Der vom Gutachten abweichende Gebührensatz der Klägerin von 30/10 liegt noch innerhalb des billigen Ermessens. Durch die Bestimmung nach billigem Ermessen ergibt sich ein gerichtlich nur auf Ermessensfehler überprüfbarer Ermessensspielraum. Eine Überschreitung des von dem Sachverständigen ermittelten Wertes von 20 % durch die Klägerin führt noch nicht zur Unbilligkeit (vgl. Eckert/Böttcher, § 11 Anm. 9.9. und 9.10). Diese Abweichungen liegen noch innerhalb des Ermessens der Klägerin (vgl. zum wortgleichen § 12 Abs. 1 BRAGO Gerold/Schmidt (v. Eicken, § 12 BRAGO Rz. 9 m.w.N.). Desweiteren hatte die Beklagte auch in den Vorjahren ausweislich der Rechnungen vom 20.04.1995 und 08.02.1996 für die Erstellung der Gewinn- und Verlustrechnungen sowie der Anhänge der Jahre 1993 und 1994 jeweils denselben Gebührensatz akzeptiert. Dem steht nicht entgegen, dass für 1992 geringere Gebührensätze veranlagt wurden. Das Jahr ist das Jahr der Aufnahme der Geschäftstätigkeit und als solche mit den Folgejahren nicht vergleichbar. Insoweit war der Arbeitsaufwand der Klägerin für die Beklagte geringer, da sie nur 9 Monate tätig war.

Auch der Gebührensatz von 10/10 für die Erstellung der Anhänge entspricht der Bestimmung nach billigen Ermessen. Dabei kann den Ausführungen des Gutachtens nur eingeschränkt gefolgt werden. Der Sachverständige hält eine Reduzierung des Gebührensatzes um 3/10 auf 7/10 als angemessene Gebühr für erforderlich. Dem schließt sich das Gericht nicht an. Das Gutachten ist in diesem Punkt widersprüchlich. Der Sachverständige ermittelt den Wert aufgrund seiner langjährigen Erfahrung und hält ihn als Ansatz oberhalb des Mittelwertes für berechtigt. Der Gebührenrahmen beträgt § 35 Nr. 1 b) 2/10 bis 12/10. Der Mittelwert ist somit 7/10. Nach den eigenen Ausführungen des Sachverständigen ergibt sich beim Ansatz oberhalb eines Mittelwertes ein Gebührensatz von zumindest 8/10. Unterstellt man diesen Gebührensatz als angemessen überschreitet der Ansatz der Klägerin den Wert somit ebenfalls um nicht mehr als 20 %, was noch billigem Ermessen entspricht.

Soweit die Beklagte die Gegenstandswerte der Bilanzen 1995 und 1996 bestreitet, ist ihr Vortrag unsubstantiiert und widersprüchlich und daher unbeachtlich. Die Beklagte hat in ihrem Schriftsatz lediglich pauschal die falsche Berechnung der Gegenstandswerte angeführt. Demgegenüber hat die Klägerin die ermittelten Gegenstandswerte im einzelnen erläutert. Die Beklagte hat auch weiterhin die Rechnungen der Steuerberater

GmbH beigefügt. Deren berechnete Gegenstandswerte weichen jedoch nur geringfügig von den Berechnungen der Klägerin ab. Sie liegen in denselben Gebührenstufen. Diese Berechnungen der Steuerberater GmbH hat die Beklagte jedoch hingenommen, indem sie die Rechnungen in voller Höhe bezahlte. Unter diesen Umständen hätte die Beklagte ihr widersprüchliches Verhalten im einzelnen erklären und erläutern müssen, inwieweit die Gegenstandswertberechnungen der Klägerin unzutreffend waren. Soweit der Sachverständige daher abweichende Gegenstandswerte ermittelt, können seine Ausführungen dahingestellt bleiben. Im übrigen sind die Berechnungen seiner Gegenstandswerte im Gutachten auch unzureichend, da nicht nachvollziehbar. Der Sachverständige teilt insoweit nicht mit, aus welchen Faktoren er die Gegenstandswerte gemäß § 35 Abs. 2 Nr. 1 StBGebV bildet. Er teilt lediglich die errechnete Summe mit. Gerade aber die Zusammensetzung der berichtigten Bilanzsumme und der betrieblichen Jahresleistung, aus denen sich der Gegenstandswert berechnet, sind die tatsächlichen Grundlagen der Ermittlung und hätten vom Sachverständigen mitgeteilt werden müssen. Die Vergütung ist auch gemäß § 7 StBGebV fällig. Die Klägerin hat die Angelegenheit erledigt, indem sie das Mandat im Herbst 1997 kündigte. Das Honorar ist auch fällig im Sinne des § 9 StBGebV. Die Rechnungen entsprechen den formellen Erfordernissen des § 9 StBGebV. Soweit die Beklagte insoweit rügt, dass die von der Klägerin eingereichten Rechnungen nicht unterzeichnet sind und der Form des § 9 Abs. 1 StBGebV nicht genügen, ist dies unbeachtlich. Unbestritten durch die Beklagte ist geblieben, dass die an sie übersandten Rechnungen mit den Anforderungen des § 9 Abs. 1 StBGebV genügten.

Die danach gegebene Forderung der Klägerin in Höhe von 10.320,95 DM ist durch die Aufrechnungserklärung der Beklagten in Höhe eines Betrages von 4.095,06 DM gemäß § 389 BGB erloschen. Weitergehende aufrechenbare Ansprüche stehen der Beklagten nicht zu. Die Forderungen der Beklagten setzen sich wie folgt zusammen:

Guthaben aus der Abrechnung für 1996 347,66 DM,

unstreitige Überzahlung für das Jahr 1993 2.112,00 DM

Zuvielforderung aus dem Jahr 1992 1.635,30 DM

Hierzu im einzelnen:

Die Beklagte hatte gegen die Klägerin aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB aufgrund einer überhöht gezahlten Gebührenrechnung vom 08.10.1994 für die Buchführung des Jahres 1993 einen Anspruch in Höhe von 2.112,00 DM. die Beklagte hat 2.112,00 DM ohne Rechtsgrund an die Klägerin geleistet, da die Forderung nur in Höhe von 15.945,60 DM bestand, die Beklagte jedoch 18.057,60 DM an die Klägerin bezahlte. Soweit die Klägerin sich auf eine Verjährung dieses Anspruchs beruht, ist dies unbeachtlich. Selbst wenn eine Verjährung des Anspruchs eingetreten sein sollte, kann auch mit einer verjährten Forderung gemäß § 389 BGB aufgerechnet werden.

Die Beklagte kann weiterhin einen Betrag von 347,76 DM zur Abrechnung stellen, der sich nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin aus der Rechnung für die Bilanzerstellung für 1996 ergibt. Insofern hat die Klägerin in ihrer Rechnung vom 15.10.1997 bzw. 25.05.1998 ein Guthabensbetrag zugunsten der Beklagten von 347,76 DM ermittelt.

Die Beklagte hat weiterhin einen Zahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB beruhend auf einer Überzahlung der Gebührenforderung für die Buchhaltung aus dem Jahr 1992 in Höhe von 1.635,30 DM. Für die Buchführung der Jahre 1994 und 1995 besteht ein Rechtsgrund für das von der Klägerin erhaltene Honorar. Die Beklagte hat ihre Behauptung nicht bewiesen, dass die Klägerin für die entsprechenden Tätigkeiten überhöht abgerechnet hat. Der Gebührensatz war zwischen den Parteien unstreitig mit 8/10 vereinbart. Die Beklagte hat ihre Behauptung jedoch nicht bewiesen, dass die Klägerin den Jahresumsatz als Gegenstandswert gemäß § 33 Abs. 4 StBGebV falsch ermittelt hat. Soweit die Beklagte meint, der Jahresumsatz sei lediglich der Umsatzerlös der jeweiligen Jahre kann dem nicht gefolgt werden. Dieses wird schon durch den Sachverständigen widerlegt, der in die Berechnung auch Zinsen und sonstige Erträge einbezieht. Die Klägerin hat demgegenüber sämtliche Erlöse und Erträge in den Jahresumsatz eingerechnet. Das Sachverständigengutachten weicht insofern hiervon ab, indem es in Gegensatz zur Klägerin jeweils die Erlöse aus Anlageverkäufen, die Erträge aus pauschalen Wertberichtigungen und Versicherungsentschädigungen in den Jahresumsatz nicht einbezieht. Dem folgt das Gericht jedoch nicht. Der Gutachter benennt weder die einzelnen Faktoren, aus denen sich der Jahresumsatz gemäß § 33 Abs. 6 StBGebV ergibt, noch erläutert er seinen Ansatz. Er stellt auch nicht dar, warum der Ansatz der Klägerin fehlerhaft sein soll. Insbesondere im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen zu den Buchhaltungsgebühren des Jahres 1992 ergeben sich Bedenken gegen seine Begutachtung. Zwar stimmt das Gericht dem Sachverständigen insoweit zu, als dieser einer Hochrechnung des Umsatzes auf 12 Monate, wie ihn die Klägerin vorgenommen hat, widerspricht. Der Sachverständige läßt bei seinen Ausführungen allerdings beispielsweise unerwähnt, dass diese Berechnungsmethode der Klägerin durchaus einer verbreiteten Ansicht entspricht, falls die Buchhaltung nur für einen verkürzten Zeitraum vorgenommen wird. Diese Berechnungsmethode der Klägerin wird insbesondere vom Verband der steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe in Berlin e.V. vertreten. Insgesamt kann den nicht nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen zum Gebührensatz nicht gefolgt werden, so dass die Beklagte eine entsprechende Falschberechnung der Ermittlung der maßgeblichen Gegenstandswerte nicht bewiesen hat. Dies geht zu Lasten der Beklagten, die einsoweit die Darlegungs- und Beweislast trägt. Im Hinblick auf den von der Beklagten geltend gemachten Bereicherungsanspruch ist diese dafür darlegungs- und beweispflichtig, dass der Klägerin kein Rechtsgrund zur Einbehaltung der Leistung zustand.

Unter Berücksichtigung der von der Klägerin ermittelten Gegenstandswerte ergibt sich jedoch eine Überzahlung der Rechnung für Buchhaltungsarbeiten aus 1992. Insofern ist die von der Klägerin vorgenommene Hochrechnung des Gegenstandswertes auf 12 Monate nicht zu folgen. Maßgeblich für die Tätigkeit des Steuerberaters ist insofern nur der tatsächliche Gegenstandswert, wie auch der Sachverständige ausführt (vgl.

Eckert/Böttcher, §§ 32, 33 Anm. 6).

Ausgehend von dem von der Klägerin ermittelten Gegenstandswert von 2.214.986,00 DM ergab sich daher eine 8/10 Gebühr ein monatlicher Gebührenwert von 1.196,80 DM. Bezogen auf 9 Monate errechnete sich eine Honorarforderung von 10.771,20 DM. Zuzüglich der weiteren Forderung von unstreitig 1.350,00 DM ergab sich eine Honorarforderung von 12.120,00 DM netto für das Jahr 1992. Die Klägerin machte insofern eine Honorarforderung von 13.543,20 DM geltend, die die Beklagte zahlte. Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Honorarforderung ergibt sich danach eine überzogene Honorarforderung in Höhe von 1.422,00 DM netto. Zuzüglich Mehrwertsteuer errechnet sich der insoweit geltend gemachte Anspruch der Beklagten aus § 812 BGB in Höhe von 1.635,30 DM.

Die Beklagte hat auch keinen aufrechenbaren Anspruch aus einer positiven Vertragsverletzung gegen die Klägerin. Insofern kann sie die von ihre geltend gemachten Steuerberatungskosten für die Bilanzen 1995 und 1996 gemäß den Rechnungen der Steuerberatergesellschaft GmbH nicht geltend machen. Die Klägerin hat keine Pflichtverletzung begangen, die einen solchen Schadensersatzanspruch rechtfertigen würde. Die von der Klägerin vorgenommenen Bilanzarbeiten entsprechen nach dem insoweit überzeugenden Sachverständigengutachten den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin die Lage der Beklagten hätte besser berücksichtigen können, wie der Sachverständige ausführt. Bei den Bilanzen handelt es sich lediglich um vorläufige Besprechungsbilanzen. Die Änderungen gegenüber den Bilanzen, welche die Steuerberatergesellschaft GmbH erstellte, sind maßgeblich durch die Änderung der Bilanzierungsmethode für die Europaletten in das Anlagevermögen und die Auflösung pauschaler Wertberichtigungen zustandegekommen. Eine solche Änderung konnte die Klägerin ohne vorherige Besprechung mit der Beklagten nicht vornehmen. Nach dem Grundsatz der Kontinuität der Bilanz gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 6 Abs. 2 HGB darf nur in Ausnahmefällen die Bewertungsmethode des Vorjahres geändert werden. Diese Ausnahme muß schon aufgrund der Begründungs- und Ausweisungspflicht im Anhang gemäß § 284 Abs. 2 Nr. 3 HGB mit dem Mandanten besprochen werden, bevor der Steuerberater eine solche weitreichenden Änderung vornehmen darf. Daher ist es nicht fehlerhaft seitens der Klägerin, dass diese die Besprechungsbilanz zunächst anhand der Bewertungsmethode der Vorjahre erstellt hat. Insoweit beabsichtigte die Klägerin unstreitig eine Besprechung über die Bewertung des Anlagevermögens und der Wertberichtigung noch vorzunehmen, welche jedoch aufgrund der Verzögerung der Beklagten letztlich nicht durchgeführt wurde.

Die Zinsforderung ergibt sich aus §§ 284, 286, 288 BGB.

Die Beklagte ist durch das Schreiben der Klägerin vom 01.12.1997 seit dem 09.12.1997 in Zahlungsverzug.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 92 Abs. 1 ZPO, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.

Der Streitwert beträgt 33.721,79 DM (§§ 19 Abs. 3 GKG, 322 Abs. 2 ZPO).






LG Duisburg:
Urteil v. 04.08.2000
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