Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. August 2004
Aktenzeichen: 26 W (pat) 150/02
(BPatG: Beschluss v. 11.08.2004, Az.: 26 W (pat) 150/02)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Gegen die nach einer Einschränkung des Warenverzeichnisses noch für die Waren
"Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken"
angemeldete Marke FRU-KO ist Widerspruch erhoben worden aus der älteren Marke 943 404 FRU COLA , die für die Waren
"Alkoholfreie Colagetränke sowie Grundstoffe und Essenzen für die Herstellung solcher Getränke"
im Markenregister eingetragen ist.
Die Markenstelle hat den Widerspruch sowie die Erinnerung der Widersprechenden zurückgewiesen, weil zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr bestehe. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die angemeldete Marke halte den erforderlichen Abstand von der Widerspruchsmarke selbst bei Anlegung strengster Maßstäbe ein. Zwar stimmten beide Marken formal in den Silben "FRU" und "CO"/"KO" überein. Eine solche formale Übereinstimmung allein könne jedoch eine Verwechslungsgefahr nicht begründen. Maßgeblich hierfür sei vielmehr der Gesamteindruck der Marken, in dem sie sich deutlich voneinander unterschieden. Von Bedeutung sei insoweit, dass der beiden Marken gemeinsame Anfangsbestandteil "FRU" ein auf dem Lebensmittelsektor häufig verwendetes, an die beschreibende Angabe "Frucht" angelehntes Markenelement mit nur geringer Kennzeichnungskraft sei. Der Verkehr werde daher diesem Markenelement weniger Aufmerksamkeit schenken als den übrigen Markenteilen. Letztere seien wegen ihrer unterschiedlichen Silbenzahl sowie wegen des Begriffsgehalts des in der Widerspruchsmarke enthaltenen Wortes "COLA" nicht ähnlich.
Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, angesichts der teilweisen Identität und im übrigen hochgradigen Ähnlichkeit der Waren reichten die Übereinstimmungen der Marken aus, um die Gefahr klanglicher und schriftbildlicher Verwechslungen zu begründen. Die Anfangssilben der Marken seien vollkommen identisch. Die Weglassung der Endsilbe "LA" in der angegriffenen Marke falle nicht entscheidend ins Gewicht, weil Wortanfänge im allgemeinen stärker beachtet würden als die übrigen Markenteile und besser in Erinnerung blieben. Bei beiden Marken liege zudem die Betonung übereinstimmend auf den Silben "FRU" und "KO" bzw "CO". Die Aussprache der letztgenannten Silben sei identisch. Die in beiden Marken enthaltene Anfangssilbe "FRU" sei auch kein in der Lebensmittelbranche häufig verwendetes, an "Frucht" angelehntes Markenelement. Während "FRUCT" oder "FRUC" als an den Begriff "Frucht" angelehnt erkannt werden könnten, treffe dies auf "FRU" nicht zu. Keine der Marken verkörpere insgesamt einen geläufigen Begriff. Selbst wenn bezüglich der Widerspruchsmarke ein Begriffsinhalt bejaht werden sollte, könne dies eine Verwechslungsgefahr nicht ausschließen, weil angesichts der erheblichen klanglichen und schriftbildlichen Ähnlichkeit mit einem Verhören oder Verlesen zu rechnen sei. Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und wegen der angemeldeten Marke wegen des Widerspruchs die Eintragung zu versagen.
Die Anmelderin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie macht sich die Begründung des angefochtenen Beschlusses zu eigen.
II Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig. Sie ist insbesondere auch rechtzeitig erhoben worden, weil die Frist für die Einlegung der Beschwerde und die Zahlung der Beschwerdegebühr wegen einer fehlerhaften Zustellung des Erinnerungsbeschlusses nicht in Lauf gesetzt worden ist, da dieser Beschluss nicht der Verfahrensbevollmächtigten der Widersprechenden, sondern einem für sie nicht empfangsberechtigten Mitarbeiter eines Dritten übergeben worden ist.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Zwischen den beiderseitigen Marken besteht nicht die Gefahr von Verwechslungen i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
Die Frage der Verwechslungsgefahr i.S.d. vorgenannten Bestimmung ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/Puma; GRUR 1998, 922, 923 - Canon). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH aaO - Canon).
Die Waren, für die die beiderseitigen Marken eingetragen sind bzw eingetragen werden sollen, sind in höchstem Maße ähnlich bis hin zur Identität, weil die mit der angemeldeten Marke beanspruchten alkoholfreien Getränke auch alkoholfreie Cola-Getränke umfassen, für die die Widerspruchsmarke eingetragen ist, und Grundstoffe und Essenzen für die Herstellung alkoholfreier Cola-Getränke von dem Oberbegriff "Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken" eingeschlossen werden. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke insgesamt ist als normal zu bewerten. Ob der beiden Marken gemeinsame Anfangsbestandteil "FRU" wegen seiner Nähe zu dem für Fruchtsäfte und Fruchtsaftgetränke warenbeschreibenden Begriff "Frucht" nur eine verminderte Kennzeichnungskraft aufweist, bedarf im vorliegenden Fall keiner abschließenden Entscheidung, da selbst dann, wenn zugunsten der Widersprechenden von einer normalen Kennzeichnungskraft dieses Markenteils und von beiderseits identischen Waren ausgegangen wird, zwischen den Marken wegen ihrer nur sehr geringen Ähnlichkeit keine Verwechslungsgefahr besteht.
In schriftbildlicher Hinsicht unterscheiden sich die Marken in ihrer eingetragenen Form durch die zusätzlichen Buchstaben "LA" am Ende der Widerspruchsmarke und durch die unterschiedlichen Buchstaben "C" und "K" der jeweils zweiten Silbe deutlich voneinander. Die Gefahr eines Verlesens, wie von der Widersprechenden behauptet, erscheint angesichts dieser Unterschiede bei der eher nur geringen Wortlänge beider Marken auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Verkehr Wortanfänge in der Regel besser wahrnimmt als die übrigen Markenteile, als ausgeschlossen. Eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr aufgrund des prinzipiell eher unsicheren Erinnerungsbildes wird im vorliegenden Fall durch den sofort erfassbaren Begriffsinhalt des Markenteils "COLA" der Widerspruchsmarke entscheidungserheblich reduziert. Auch wenn angesichts des rein warenbeschreibenden Charakters dieses Markenteils von einer Prägung der Widerspruchsmarke allein durch deren Anfangsbestandteil "FRU" ausgegangen wird, stehen sich mit den Bezeichnungen "FRU" und "FRU-KO" Wörter aus drei bzw aus fünf Buchstaben gegenüber, die unter Berücksichtigung ihrer nur geringen Gesamtlängen schriftbildlich deutliche und sofort ins Auge fallende Unterschiede aufweisen.
Auch in klanglicher Hinsicht unterscheiden sich die beiderseitigen Marken aufgrund der zusätzlichen Silbe "LA" der Widerspruchsmarke, die ein Verhören ausschließt, und des sofort erfassbaren Begriffsinhalts des Wortes "COLA" deutlich voneinander. Soweit zugunsten der Widersprechenden wegen des warenbeschreibenden Charakters des Markenelements "COLA" eine Prägung der Widerspruchsmarke allein durch deren Anfangssilbe "FRU" unterstellt wird, sind die angegriffene Bezeichnung "FRU-KO" sowie der Bestandteil "FRU" der Widerspruchsmarke aufgrund ihrer unterschiedlichen Silbenzahl und Vokalfolge unter Berücksichtigung ihrer nur sehr geringen Gesamtlänge ebenfalls als nicht ähnlich zu bewerten.
Für eine Verwechslungsgefahr in anderen Richtungen, die auch von der Widersprechenden nicht behauptet wird, fehlt es an tatsächlichen Anhaltspunkten. Deshalb musste der Beschwerde der Widersprechenden der Erfolg versagt bleiben.
Umstände, die eine Kostenauferlegung gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG rechtfertigen könnten, liegen nicht vor.
Albert Richter Kraft kann wegen Urlaubs nicht unterschreiben.
Albert Reker Ko
BPatG:
Beschluss v. 11.08.2004
Az: 26 W (pat) 150/02
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