Landgericht Frankfurt am Main:
Beschluss vom 23. Januar 2012
Aktenzeichen: 3-05 O 142/11, 3-5 O 142/11, 3-05 O 142/11, 3-5 O 142/11
(LG Frankfurt am Main: Beschluss v. 23.01.2012, Az.: 3-05 O 142/11, 3-5 O 142/11, 3-05 O 142/11, 3-5 O 142/11)
Die Bestimmung des § 24 Abs. 2 SchVG 2009 ist wegen der Entstehungsgeschichte der Norm, der Systematik und eines Vertrauensschutzes für Altanleger § 24 Abs.2 Satz 1 SchVG 2009 dahingehend auszulegen, dass diese Option für die Anwendung des Rechts des SchVG 2009 nur dann eröffnet ist, wenn es sich um eine vor dem 5.8.2009 begebene Schuldverschreibung handelt, die bei einem deutschen Emittenten bereits einer Mehrheitsentscheidung nach dem SchVG 1899 zugänglich war bzw. bei der Anleihe eines ausländische Emittenten, die nicht unter das SchVG 1899 fiel, eine derartige Mehrheitsentscheidungen bereits ausdrücklich in den Anleihebedingungen angesprochen war.
Tenor
Der Antrag gemäß § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG i. V. m. § 246a Abs. 1 Satz 1 AktG festzustellen, dass die Erhebung der beim Landgericht Frankfurt am Main unter dem führenden Aktenzeichen 3-05 O 116/11 anhängigen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen der Antragsgegner gegen die Beschlüsse zu TOP 2, 3 und 4 der Gläubigerversammlung der Antragstellerin vom 25.10.2011 dem Vollzug dieser Beschlüsse nicht entgegensteht, und Mängel der Beschlüsse zu TOP 2, 3 und 4 die Wirkung des Vollzugs unberührt lassen, wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Streithelfers; dieser hat seine Kosten selbst zu tragen.
Der Streitwert des Verfahrens wird auf EUR 150.000,-- festgesetzt.
Gründe
Die Antragstellerin ist eine nach niederländischem Recht gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Sie ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Q SE.. Die Antragstellerin betreibt kein eigenes operatives Geschäft und beschäftigt keine Arbeitnehmer. Im Q-Konzern erfüllt sie lediglich die Funktion als Finanzierungsvehikel.
Die Q SE ist eine börsennotierte europäische Aktiengesellschaft mit Sitz in B, Sachsen-Anhalt.. Das Angebot des Q-Konzerns reicht von Solarzellen über kristalline und Dünnschicht-Solarmodule bis hin zu kompletten Photovoltaik-Systemen im privaten und gewerblichen Bereich sowie im Kraftwerks-Maßstab. Die Q SE beschäftigt derzeit ca. 1.244 Mitarbeiter am Standort in Bitterfeld-Wolfen und ca. 2.431 im Q-Konzern weltweit.
Die Antragstellerin hat die Wandelschuldverschreibungen, deren Gläubiger auf der Gläubigerversammlung am 25. Oktober 2011 die im Streit befindlichen Beschlüsse gefasst haben, am 28. Februar 2007 ausgegeben; die Anleihe ist am 28. Februar 2012 zur vollständigen Rückzahlung endfällig. Diese Anleihe (im folgenden Anleihe 2012) hat einen Gesamtnennbetrag von EUR 492.500.000 bei einer Stückelung von EUR 100.000 je Schuldverschreibung. Nach einem im Jahr 2010 vollzogenen teilweisen Rückkauf von nominal EUR 290.800.000 durch die maltesische Q Malta Ltd., eine Tochtergesellschaft der Q SE, sind derzeit noch Schuldverschreibungen mit einem Nominalbetrag von insgesamt EUR 201.700.000 ausstehend. Die Anleihe 2012 wird an der Börse in Luxemburg sowie an verschiedenen deutschen Börsen, insbesondere in Frankfurt am Main, im Freiverkehr unter den Kennnummern ISIN DE xxx.
Die Gläubiger der Anleihe 2012 haben das Recht, ihren Rückzahlungsanspruch in Aktien der Q SE zu wandeln. Der Wandlungspreis für die Gläubiger beträgt -nach den Kapitalmaßnahmen der Q SE im Jahr 2010 - EUR 56,62. Für die Lieferung von Aktien ("Lieferaktien") dieser und anderer von der Antragstellerin bzw. der Q SE begebener Wandelschuldverschreibungen, den sof. Anleihen 2014 und Anleihen 2015 hat die Q SE ein bedingtes Kapital in Höhe von (derzeit) EUR 81.802.183,00 geschaffen (§ 4 Abs. 7 der Satzung). Angesichts des aktuellen Börsenkurses der Aktie der Q SE von unter EUR 0,60 im Januar 2012 ist das Wandlungsrecht für die Gläubiger jedoch wertlos. In den Anleihebedingungen ist ferner eine Aktienrückzahlungsoption vorgesehen ("Aktienrückzahlungsoption"). Danach kann die Q SE innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor Endfälligkeit der Anleihe 2012 unter weiteren Voraussetzungen durch einseitige Erklärung und Bekanntmachung bestimmen, je Schuldverschreibung eine bestimmte Anzahl von Aktien (zum aktuellen Marktwert) zu liefern und die Differenz des Wertes der Aktien zum Nominalbetrag der Schuldverschreibungen in bar zu begleichen.
Zur Sicherung der Wandlungsrechte hat die Q SE in einer Verpflichtungserklärung vom 28. Februar 2007 gegenüber der Hauptzahlstelle, der C-bank N.A., zu Gunsten der Gläubiger gemäß § 328 Abs. 1 BGB jedem Gläubiger unwiderruflich das Recht gewährt, während des Ausübungszeitraums in Übereinstimmung mit den §§ 8 und 9 der Emissionsbedingungen Schuldverschreibungen in Lieferaktien zu wandeln und Ausgleichsbeträge für etwaig entstehende Bruchteile zu zahlen.
Die Antragstellerin hat die anlässlich der Emission der streitgegenständlichen Anleihe 2012 eingenommenen Beträge in Übereinstimmung mit den Anleihebedingungen vollständig im Wege eines unbesicherten Darlehens an die Q SE weitergeleitet, das zeitgleich mit der Anleihe 2012 Ende Februar 2012 zur Rückzahlung fällig wird.
Die Antragstellerin hat die gegenüber der Q SE bestehenden Darlehensrückzahlungsansprüche für Rechnung der jeweiligen Gläubiger an die Hauptzahlstelle, die C-bank N.A., abgetreten.
Die Q SE hat im Gegenzug für die Darlehensgewährung zu Gunsten der jeweiligen Anleihegläubiger (§ 328 Abs. 1 BGB) der Anleihe 2012 gegenüber der Hauptzahlstelle eine abstrakte, unbedingte und unwiderrufliche Garantie für die ordnungsgemäße und pünktliche Zahlung von allen bei Fälligkeit gemäß den Anleihebedingungen von der Antragstellerin zu zahlenden Beträgen abgegeben.
Die sich daraus ergebenden Ansprüche der Gläubiger gegen die Q SE sind nicht besichert.
Die gleiche Finanzierungsstruktur wie bei der streitgegenständlichen Anleihe ist für eine weitere von der Antragstellerin im Jahr 2009 emittierte Wandelschuldverschreibung über nominal EUR 250.000.000 mit Endfälligkeit am 26. Mai 2014 verwendet worden (im folgenden Anleihe 2014). Nach einem teilweisen Rückkauf von EUR 3.000.000,00 durch eine Tochtergesellschaft der Q SE stehen noch Teilschuldverschreibungen im Nennwert von EUR 247.000.000,00 aus. Die Gläubiger der Anleihe 2014 sind berechtigt, die Rückzahlungsansprüche aus der Anleihe 2014 vorzeitig durch Kündigung fällig zu stellen, wenn die Antragstellerin oder die Q SE als Garantin eine andere Finanzmarktverbindlichkeit, wie etwa die Anleihe 2012 bzw. die Garantie, bei Fälligkeit nicht vollständig erfüllen kann (sog. Cross Default-Klausel).
Die Antragstellerin hält als reines Finanzierungsvehikel daher auf der Aktivseite ihrer Bilanz ausschließlich die Darlehensrückzahlungsansprüche bezogen auf die Anleihe 2012 und die Anleihe 2014.
Die Q SE selbst emittierte im Jahr 2010 eine am 21. Oktober 2015 endfällige Wandelschuldverschreibung über nominal EUR 128.747.003,34 (im folgenden Anleihe 2015). Auch die Gläubiger der Anleihe 2015 haben das Recht, die Schuldverschreibungen aus der Anleihe 2015 vorzeitig durch Kündigung fällig zu stellen, wenn die Antragstellerin oder die Q SE als Garantin eine andere Finanzmarktverbindlichkeit, wie etwa die Anleihe 2012 oder die Anleihe 2014 bzw. die jeweilige Garantie, bei Fälligkeit nicht vollständig erfüllen kann (sog. Cross Default-Klausel).
Mit ad hoc Mitteilung vom 14. November 2011 hat die Q SE u.a. bekannt gegeben, dass sie voraussichtlich nicht mehr in der Lage sein wird, die Anleihe 2012 bei Fälligkeit am 28. Februar 2012 vollständig zurückzuzahlen.
§ 19 der Anleihebedingungen der streitgegenständlichen Anleihe 2012 lautete bei der Emission:
(a) Form und Inhalt der Schuldverschreibungen sowie die Rechte und Pflichten der Gläubiger und der Emittentin bestimmen sich in jeder Hinsicht nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland.
(b) Erfüllungsort ist Frankfurt am Main, Bundesrepublik Deutschland.
(c) Gerichtsstand für sämtliche im Zusammenhang mit den Schuldverschreibungen entstehenden Klagen oder sonstigen Verfahren ist, soweit rechtlich zulässig, Frankfurt am Main, Bundesrepublik Deutschland.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Emissionsbedingungen wird auf die von der Antragstellerin vorgelegte Ablichtung (Anlage ASt 1, Sonderband Anlagen AstV) Bezug genommen.
Die Antragstellerin berief auf den 25.10.2011 eine Gläubigerversammlung ein.
Auf dieser Gläubigerversammlung wurden entsprechend den Beschussvorschlägen der Antragstellerin zu den Tagesordnungspunkten 2 - 4 folgende Beschlüsse gefasst:
TOP 2
a) Das Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen vom 31. Juli 2009 in seiner jeweils gültigen Fassung (das "SchVG") findet auf die EUR 492.500.000 1,375 % Wandelschuldverschreibungen fällig 2012 (ISIN: DE000A0LMY64 / WKN A0LMY6 / Common Code: 028696507) (die "Anleihe") Anwendung.
b) Die Emissionsbedingungen der Anleihe werden wie folgt geändert:
aa) Vor "§ 19 (Schlussbestimmungen)" der Emissionsbedingungen der EUR 492.500.000 1,375 % Wandelschuldverschreibungen fällig 2012 wird folgender neuer § 19 eingefügt: " § 19 Anwendbarkeit des Schuldverschreibungsgesetzes 2009; Änderungen der Emissionsbedingungen durch Mehrheitsbeschluss; Gemeinsamer Vertreter; Mehrheitsbeschlüsse
(a) Das Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen vom 31. Juli 2009 in seiner jeweils gültigen Fassung (das "SchVG") ist auf die Schuldverschreibungen anwendbar.
(b) Die Gläubiger können nach Maßgabe der §§ 5 ff. SchVG in seiner jeweiligen gültigen Fassung durch Mehrheitsbeschluss in einer Gläubigerversammlung oder im Wege einer Abstimmung ohne Versammlung Änderungen der Emissionsbedingungen beschließen.
(c) Die Gläubiger können zur Wahrnehmung ihrer Rechte einen gemeinsamen Vertreter für alle Gläubiger bestellen. Der gemeinsame Vertreter hat die Aufgaben und Befugnisse, die ihm durch Gesetz eingeräumt sind. Er hat ferner die Aufgaben und Befugnisse, die ihm von den Gläubigern durch Mehrheitsbeschluss im Einzelfall eingeräumt werden. Die Gläubiger sind befugt, dem gemeinsamen Vertreter im Rahmen des gesetzlich Zulässigen sämtliche ihnen zustehenden Befugnisse im Hinblick auf die Emissionsbedingungen und die Schuldverschreibungen, einschließlich sämtlicher Befugnisse zu Änderungen der Emissionsbedingungen, zur Geltendmachung oder einem Verzicht auf Rechte der Gläubiger und zu den Maßnahmen nach § 5 Abs. (3) SchVG, zu übertragen. Kosten und Aufwendungen (einschließlich einer angemessenen Vergütung) des gemeinsamen Vertreters trägt die Emittentin.
(d) Die Gläubiger beschließen grundsätzlich mit der einfachen Mehrheit der an der Abstimmung teilnehmenden Stimmrechte. Beschlüsse, durch welche der wesentliche Inhalt der Emissionsbedingungen, insbesondere in den Fällen des § 5 Absatz (3) Nummer 1 bis 9 SchVG, geändert wird, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit einer Mehrheit von mindestens 75% der an der Abstimmung teilnehmenden Stimmrechte (eine "qualifizierte Mehrheit"). Der Vorsitzende der Gläubigerversammlung bzw. € im Falle einer Abstimmung ohne Versammlung - der Abstimmungsleiter bestimmen Art und Form der Abgabe und Auszählung der Stimmen.€
bb) Der Paragraph "§ 19 Schlussbestimmungen" bzw. "§ 19 Final Clauses" der Emissionsbedingungen der EUR 492.500.000 1,375 % Wandelschuldverschreibungen fällig 2012 wird in "§ 20 Schlussbestimmungen" bzw. "§ 20 Final Clauses" geändert.
Top 3
a) Das Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen vom 31. Juli 2009 in seiner jeweils gültigen Fassung (das "SchVG") findet entsprechende Anwendung auf den am 28. Februar 2007 zwischen der Q SE, Bitterfeld-Wolfen, Deutschland, (Garantin) und der Citibank N.A., London, in ihrer Funktion als Hauptzahlstelle zugunsten der Gläubiger abgeschlossenen Garantievertrag.
b) In § 20 (Schlussbestimmungen), neue Fassung, der Emissionsbedingungen der EUR 492.500.000 1,375 % Wandelschuldverschreibungen fällig 2012 wird folgender neuer Absatz (g) eingefügt: "(g) § 19 dieser Emissionsbedingungen gilt entsprechend für eine Zustimmung der Gläubiger zu einer Änderung der Garantie."
c) In Ziffer 2 (Garantie) der Garantie wird Absatz (f) in Absatz (g) geändert und folgender neuer Absatz (f) eingefügt: "(f) Die Garantin übernimmt die unbedingte und unwiderrufliche Garantie für die Verpflichtung der Emittentin zur Übernahme der Kosten und Aufwendungen (einschließlich der Vergütung) eines nach den Emissionsbedingungen bestellten gemeinsamen Vertreters der Gläubiger der Schuldverschreibungen. Abs. (b) und (d) gelten entsprechend für die in diesem Absatz übernommene Garantie. "
d) In Ziffer 5 (Verschiedene Bestimmungen) der Garantie werden folgende neue Absätze (f) und (g) eingefügt:
"(f) Änderungen der Emissionsbedingungen gemäß § 19 der Emissionsbedingungen lassen die Verpflichtungen der Garantin unter dieser Garantie unberührt.
(g) Änderungen dieser Garantie durch Mehrheitsbeschluss der Gläubiger sind nach Maßgabe des § 19 der Emissionsbedingungen zulässig."
Top 4
a) Zum gemeinsamen Vertreter sämtlicher Gläubiger der EUR 492.500.000 1,375 % Wandelschuldverschreibungen fällig 2012 (ISIN: DE000A0LMY64 / WKN A0LMY6 / Common Code: 028696507) wird Herr Dr. Carlos Mack, geb. 18. März 1960, Rechtsanwalt, München, bestellt. Die Bestellung gilt bis zum 31. Dezember 2012 einschließlich. Für den Fall, dass Herr Dr. Mack vor dem Ende der Amtszeit durch Amtsniederlegung oder anderweitig aus dem Amt ausscheidet (außer durch Abberufung durch Mehrheitsbeschluss der Gläubiger), tritt mit sofortiger Wirkung für den Rest der Amtszeit an die Stelle von Herrn Dr.... Herr Dr. ..., geb. 15. August 1967, Rechtsanwalt, Frankfurt am Main, als gemeinsamer Vertreter.
b) Der gemeinsame Vertreter hat die Aufgaben und Befugnisse, welche ihm durch Gesetz eingeräumt werden.
c) Über die Aufgaben und Befugnisse gemäß lit. b) hinaus hat der gemeinsame Vertreter die Befugnisse:
aa) der ein- oder mehrmaligen Änderung der Emissionsbedingungen der EUR 492.500.000 1,375 % Wandelschuldverschreibungen fällig 2012 dahingehend zuzustimmen, dass der "Fälligkeitstermin" (wie in § 1 der Emissionsbedingungen definiert) längstens bis zum 31. Dezember 2012 verschoben wird;
bb) fällige Forderungen aus den EUR 492.500.000 1,375 % Wandelschuldverschreibungen fällig 2012 ein- oder mehrmalig längstens bis zum 31. Dezember 2012 zu stunden;
cc) der ein- oder mehrmaligen Änderung der Garantie der Q SE vom 28. Februar 2007 gegenüber der Citibank, N.A. zugunsten der Gläubiger der EUR 492.500.000 1,375 % Wandelschuldverschreibungen fällig 2012 mit der Folge zuzustimmen, dass Ansprüche aus der Garantie nach einer wirksamen Änderung der Emissionsbedingungen gemäß lit. aa) frühestens an dem jeweils gemäß lit. aa) bestimmten Fälligkeitstermin wegen Nichtzahlung oder nicht ordnungsgemäßer Zahlung trotz Fälligkeit geltend gemacht werden können;
dd) fällige Forderungen aus der Garantie ein- oder mehrmalig längstens bis zum 31. Dezember 2012 zu stunden;
ee) bis zum 31. Dezember 2012 die Forderungen aus den EUR 492.500.000 1,375 % Wandelschuldverschreibungen fällig 2012 gegenüber der Emittentin gerichtlich oder außergerichtlich für Rechnung der Gläubiger geltend zu machen; die Gläubiger sind insoweit von der Geltendmachung ausgeschlossen;
ff) bis zum 31. Dezember 2012 die Forderungen aus der Garantie der Q SE vom 28. Februar 2007 gegenüber der Citibank, N.A. zugunsten der Gläubiger der EUR 492.500.000 1,375 % Wandelschuldverschreibungen fällig 2012 gegenüber der Q SE gerichtlich oder außergerichtlich für Rechnung der Gläubiger geltend zu machen; die Gläubiger sind insoweit von der Geltendmachung ausgeschlossen;
gg) bis zum 31. Dezember 2012 die Kündigungsrechte der Gläubiger der EUR 492.500.000 1,375 % Wandelschuldverschreibungen fällig 2012 gemäß § 12 der Emissionsbedingungen auszuüben; die Gläubiger sind insoweit von der Geltendmachung ausgeschlossen.
d)(1) Der gemeinsame Vertreter kann von den in lit. c) genannten Befugnissen nur Gebrauch machen, wenn entweder
(i) die Gläubiger durch einfachen Mehrheitsbeschluss oder €beschlüsse (§ 5 Abs. 4 S. 1 SchVG) der konkreten Maßnahme zugestimmt haben oder
(ii) die Gläubiger mit Zustimmung der Emittentin durch Mehrheitsbeschluss oder €beschlüsse nach dem 25. Oktober 2011 Änderungen der Emissionsbedingungen zugestimmt haben.
(2) Die Bedingungen gemäß vorstehenden Unterabsätzen (1)(i) und (ii) gelten bereits mit der Beschlussfassung als eingetreten, unabhängig davon, ob der oder die Beschlüsse noch angefochten oder anderweitig gerichtlich angegriffen werden können oder ob der oder die Beschlüsse nach Maßgabe der §§ 5 ff. des SchVG vollziehbar sind.
(3) Die vorstehende Regelung gilt für die in lit. c) aa) bis dd) genannten Befugnisse mit der Maßgabe, dass Verschiebungen des "Fälligkeitstermins" über den 30. April 2012 hinaus bzw. Stundungen mit Wirkung über den 30. April 2012 hinaus nur zulässig sind, nachdem ein Beschluss bis spätestens am 30. April 2012 gemäß vorstehendem Unterabsatz (1)(ii) gefasst worden ist. Die in lit. c) ee) bis gg) genannten Befugnisse stehen dem gemeinsamen Vertreter nach dem 30. April 2012 nur dann zu, wenn zuvor ein Beschluss gemäß vorstehendem Unterabsatz (1)(ii) gefasst worden ist. Andernfalls fallen die gemäß lit. c) ee) bis gg) übertragenen Befugnisse wieder auf die Gläubiger zurück.
e) Die Haftung des gemeinsamen Vertreters wird auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Die Haftung für grobe Fahrlässigkeit ist summenmäßig auf insgesamt EUR 5.000.000 begrenzt.
f) Die Bestellung des gemeinsamen Vertreters sowie die Ermächtigung des gemeinsamen Vertreters mit den in diesem Beschluss vorgesehenen Aufgaben und Befugnissen lässt das Recht der Gläubiger zur Beschlussfassung über sämtliche nach dem SchVG zulässigen Maßnahmen sowie das Recht jedes einzelnen Gläubigers zur individuellen Verfügung über seine Teilschuldverschreibungen einschließlich der damit verbundenen Ansprüche und Rechte (mit Ausnahme der Befugnisse, die dem gemeinsamen Vertreter gemäß lit. c) ee) bis gg) vorbehaltlich der Einschränkung in lit. d)(3) übertragen wurden) unberührt.
g) Die Beschlussfassung in lit. a) bis d) darf erst vollzogen werden, nachdem die zu den Tagesordnungspunkten 2 und 3 vorgeschlagenen Beschlüsse gemäß den Bestimmungen des SchVG wirksam geworden und vollzogen worden sind.
Mit ihren Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklagen zum Landgericht Frankfurt am Main haben sich die Antragsgegner gegen die vorbenannten Beschlüsse gewandt.
Mit Beschluss vom 2.12.2011 sind diese Klagen zum führenden Verfahren 3-05 O 116/11 verbunden worden.
Termin zur mündlichen Verhandlung in der Hauptsache vor der Kammer ist auf den 20.3.2012 bestimmt.
Nach Zustellung der Klage der Antragsgegner zu 1)-3) hat die Antragstellerin mit Antragsschrift vom 14.12.2011 das vorliegende Freigabeverfahren eingeleitet.
Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass dem Antrag schon deswegen stattzugeben sei, weil die Antragsgegnerin ihre Gläubiggestellung nicht fristgerecht durch Urkunden nachgewiesen hätten. Die Antragstellerin macht geltend, sie sei nur in der Lage die am 28.2.2012 fällig werdende streitgegenständliche Anleihe zu bedienen, wenn die Q SE in der Lage sei, den entsprechenden Darlehensrückzahlungsanspruch zu begleichen. Davon dürfte aber nicht auszugehen sein. Für den Q Konzern habe sich im wesentlichen seit Beginn des Jahres 2011 dramatisch das Marktumfeld insbesondere durch wachsende asiatische Konkurrenz und weltweite Überkapazitäten sowie den erheblichen Preisverfall für die von Q hergestellten Produkte verschlechtert.
Das Marktumfeld, die aktuelle Situation des Q-Konzerns und der Geschäftsplan ließen auch keine kurzfristige Refinanzierung der Anleihe 2012 zu. Daraus folge: Wenn es der Q SE nicht gelinge, mit den Gläubigern der Anleihe 2012 bis Ende Februar 2012 eine Restrukturierung der Anleihe 2012 zu verhandeln und eine entsprechende Änderung der Anleihebedingungen der Anleihe 2012 herbeizuführen, die rechtssicher vollzogen werden kann, bestehe ein hohes Risiko der Insolvenz, zumal bei einer Nichtzahlung auch die Anleihen 2014 und 2015 dann kurzfristig vorzeitig kündbar seien. Mittlerweile habe der Vorstand der Q SE die Aktualisierung und Überarbeitung des mittelfristigen Geschäftsplans des Q-Konzerns abgeschlossen und von einer namhaften Unternehmensberatung validieren lassen. Der Geschäftsplan belege, dass die Q SE selbst bei Inanspruchnahme sämtlicher Reserven und trotz laufender Verkaufsbemühungen für nichtbetriebsnotwendige Vermögensgegenstände voraussichtlich nicht die ausreichende Liquidität haben werde, die Ende Februar 2012 fällig werdenden Rückzahlungsverpflichtungen aus der Anleihe 2012 vollständig zu begleichen. Diese drohende Insolvenz sei nur durch die Restrukturierung der streitgegenständlichen Anleihe 2012 abwendbar. Nur durch die sich aus dem SchVG 2009 ergebende Möglichkeit über einen opt-in Beschluss nach § 24 Abs. 2 SchVG 2009 der Gläubiger die Anwendbarkeit dieses Gesetzes auf die streitgegenständliche Anleihe zu beschließen und anschießend daran über den dann von der Gläubigerversammlung durch weiteren Beschluss eingesetzten Vertreter eine Verhandlung über eine Fälligkeitsverlängerung vorzunehmen. Für das vorrangige Vollzugsinteresse könnten nicht die Beschlüsse über die Anwendbarkeit des SchVG 2009 und die weiter beschlossene Maßnahme isoliert betrachtet, vielmehr sei hier eine Gesamtbetrachtung geboten., da erst ein opt-in Beschluss die Beschlussfassung über die weitre Maßnahme eröffnet habe.
Im Übrigen seien die Klagen unbegründet. Die Bestimmungen des neuen Schuldverschreibungsgesetzes 2009 SchVG seien anwendbar. Die streitgegenständliche Anleihe stelle eine Anleihe i.S.d. § 1 SchVG 2009 dar. Die Anleihe sei auch nach deutschem Recht begeben worden. Es sei möglich, insgesamt für die Anwendbarkeit des SchVG 2009 zu optieren.
Die in Frankfurt am Main stattgefunden Gläubigerversammlung sei statthaft gewesen. Ladung und übrigen Vorschriften für die Durchführung der Versammlung hätten sich zu Recht bereits nach den Bestimmungen des SchVG 2009 gerichtet. Auch der Versammlungsort sei nicht zu beanstanden. Es könnten auch in der gleichen Versammlung der Beschluss über die Anwendbarkeit des SchVG 2009 und auch dann die Beschlüsse aufgrund dieses Gesetzes gefasst werden.
Wegen der weitren Einzelheiten wird auf die Antragschrift vom 14.12.2011 (Bl. 1 ff d. A.) Bezug genommen.
Die Antragsstellerin beantragt,
gemäß § 20 Abs. 3 Satz 4 SchVG i. V. m. § 246a Abs. 1 Satz 1 AktG festzustellen, dass die Erhebung der beim Landgericht Frankfurt am Main unter dem führenden Aktenzeichen 3-05 O 116/11 anhängigen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen der Antragsgegner zu 1. bis 3 gegen die Beschlüsse zu TOP 2,3 und 4 der Gläubigerversammlung der Antragstellerin vom 25.10. 2011 dem Vollzug dieser Beschlüsse nicht entgegensteht, und Mängel der Beschlüsse zu TOP 2, 3, und 4 die Wirkung des Vollzugs unberührt lassen,
Die Antragsgegner und ihr Streithelferbeantragen,
den Antrag zurückzuweisen.
Die Antragsgegner sind der Auffassung, dass ihre Klagen nicht offensichtlich unbegründet seien.
Alle oder einzelne Antragsgegner machen geltend, für die vorliegende Anleihe könnten die Bedingungen des SchVG 2009 nicht durch Beschluss der Gläubigerversammlung vereinbart werden. Eine derartige Möglichkeit für Anleihen, die vor Inkrafttreten des SchVG 2009 begeben worden seien, bestehe nur für Anleihen, die unter das SchVG 1899 fielen. Dies ist - insoweit unstreitig - bei der streitgegenständlichen Anleihe nicht gegeben, da Emittent eine ausländische Gesellschaft ist.
Jedenfalls sei nicht möglich für die generelle Anwendbarkeit des SchVG 2009 zu optieren, sondern nur für einzelne Maßnahmen.
Zudem könne die Einberufung der Gläubigerversammlung nicht nach den Bestimmungen des SchVG 2009 erfolgen, sondern hätte nach den Regelungen des SchVG 1899 erfolgen müssen, was unstreitig nicht erfolgt ist.
Es sähen § 14 der Anleihebedingungen spezifische Bekanntmachungen vor, deren Vorliegen bestritten werde.
Zudem sei die streitgegenständliche Anleihe nicht uneingeschränkt nach deutschem Recht begeben. Zwar sei in § 19 der Anleihebedingungen ausgeführt, dass sich Form und Inhalt der Anleihe sowie die Rechte und Pflichten der Emittentin und der Gläubiger nach deutschem Recht bestimmen sollen, doch enthielten die Anleihebedingungen auch ausdrücklich Regelungen, nach denen ausländisches Recht gelte. In § 12 a) (viii) sei für die Berechtigung zur Kündigung neben gesetzlichen oder behördlichen Anordnungen in der Bundesrepublik Deutschland auch auf entsprechende Regelung in den Niederlanden abgestellt worden. Zudem gelte auch das Recht des Staates Luxemburg, da die Anleihe über die Börse in Luxemburg gehandelt werde.
Zudem hätte zunächst in einer Versammlung die Anwendung des SchVG 2009 beschlossen werden müssen, bevor nach Vollziehung dieses Beschlusses in einer weiteren Versammlung die Bestellung des gemeinsamen Vertreters hätte beschlossen werden können. Der in TOP 4 d) (2) beschlossene sofortige Vollzug, sei nicht mit § 20 Abs. 3 SchVG 2009 vereinbar. Zudem sei die Rückkopplung unzulässig, da hier entgegen dem Gesetz bereits der sofortige Vollzug eines Gläubigerversammlungsbeschlusses angeordnet werde. Weiter verstoße die Beschlussfassung, dass eine einfache Mehrheit ausreichen soll, gegen § 5 Abs. 1 SchVG, wonach eine Mehrheit von 75 % erforderlich sei. Durch 4 d (1) i(i) werde das Zustimmungserfordernis umgangen.
Die Gläubiger hätten sich durch die Beschlussfassung zu 4 c) ee) - gg) ihres Kündigungsrechts begeben, ohne das feststehe, dass der Fälligkeitstermin verschoben werde. Dies sei nicht erläutert worden und erhalte als versteckte Rechtsfolge nicht einer Inhaltskontrolle stand. Die Übertragung dieser Befugnisse auf den gemeinsamen Vertreter sei zudem unzulässig. Zudem führe die Übertragung zu einer ungerechtfertigen Gleichbehandlung verschiedener Forderungen, da auch ein nach § 11 der Anleihebedingungen kündigender Gläubiger seine Forderung auch erst nach dem 31.12.210 geltend machen könne.
Zudem würden die Gläubiger durch den Ausschluss der Geltendmachung von Forderungen aus der Anleihe bis 31.12.2012 von ihrem Wandlungsrecht ausgeschlossen, dass fest nur bis zum 20.2.2012 ausgeübt werden könne.
Unzulässigerweise werde hier auch die Kündigung aus wichtigem Grund, die in § 12 der Anleihebedingungen überwiegend angesprochen sei, ausgeschlossen, was gegen § 314 BGB verstoße. Über die Änderung der Garantievereinbarung die zwischen der Garantin und der C-bank N. A. geschlossen worden sei, könne die Gläubigerversammlung mangels Kompetenz nicht Beschluss fassen.
Es seien nicht alle Gläubiger gleich behandelt worden, da bestimmte Gläubiger Sonderkenntnisse erlangt hätten und damit die Beschlussfassung zu einem Sondervorteil für diese Gläubiger führe.
Jedenfalls hätten die ursprünglichen Anleihebedingungen überhaupt eine Änderung durch eine Gläubigerversammlung vorsehen müssen. Die Anleger hätten beim Erwerb darauf vertraut, dass eine Änderung der Bedingungen nut mit Zustimmung eines jeden Anlegers hätte erfolgen können. Zudem sei fraglich, ob die streitgegenständliche Anleihe überhaupt dem SchVG 2009 unterfalle. Wegen des in § 5 der Anleihebedingungen der Emittentin eingeräumten die Rückzahlung der Aktien der Garantin vornehmen zu können, handle es sich um eine Aktienanleihe mit Eigenkapitalcharakter, während unter das SchVG nur Anleihen mit Fremdkapitalcharakter fielen. Mit Ausübung des Wandlungsrechts ändere sich die Schuldnerin, die Garantin werde anstelle der Emittentin unmittelbarer Schuldner.
Die Ausgabe von Aktien durch die Garantin sei aber aktienrechtlich unzulässig. Es bestehe auch die Gefahr, dass im Falle einer Insolvenz der Garantin der von den Gläubigern geleistete Anleihebetrag, dann nicht als Befreiung von der Einlageverbindlichkeit anerkannt werde. Zudem habe die Hauptversammlung der Garantin weder der Garantievereinbarung noch deren Änderung zugestimmt.
Die in § 8 (b) (iv) der Anleihebedingungen vereinbarte Pflicht zur Aktienlieferung der Garantin bei Ausübung des Wandlungsrecht durch Gläubiger entspreche nicht der Verpflichtungserklärung der Garantin, da eine solche Pflicht dort nicht enthalten sei, im Gegensatz zur Ausübung des Wandlungsrechts durch die Beklagte. Es liege daher hier ein unzulässiger Vertrag zu Lasten eines Dritten vor.
Die zu Top 2 und 3 gefassten Beschlüsse seien zudem wegen Unbestimmtheit der Wahlmöglichkeiten unzulässig, da nur auf Maßgaben nach §§ 5 ff SchVG 2009 abgestellt werde, ohne jedoch einzelne Regelungen zu spezifizieren.
Der Versammlungsort Frankfurt sei unzulässig gewesen.
Die zu TOP 5 angekündigte Zustimmung der Emittentin sei nicht erfolgt.
Ein vorrangiges Vollzugsinteresse sei nicht gegeben. Die Antragstellerin - bzw. die Garantin verfüge über genügend Mittel um die Anleihe 2012 zum Fälligkeitszeitpunkt zurück zu zahlen, wie sich aus dem Quartalsbericht ergebe. Eine Insolvenzgefahr sei auf der Gläubigerversammlung nicht problematisiert worden. Es fehle auch eine entsprechende Meldung nach § 15 WpHG. Zudem komme es bei der Interessenabwägung nur auf die der Gläubiger der Anleihe 2012 an und nicht auf die von Gläubigern später fällig werdender Anleihen. Im Übrigen hätten die streitgegenständlichen Beschlüsse noch keine wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Anleihe.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Akte LG Frankfurt am Main 3-5 O 116/11 war beigezogen.
Der Streithelfer ist mit Schriftsatz vom 18.1.2012 dem Verfahren auf Seiten der Antragsgegner beigetreten.
II.
Das Landgericht Frankfurt ist ungeachtet der Frage der Anwendbarkeit des § 20 Abs. 3 SchVG zuständig aufgrund der in § 19 c der (ursprünglichen) Emissionsbedingungen getroffenen Gerichtsstandsregelung für Frankfurt am Main.
Über den Antrag war ohne mündliche Verhandlung nach Zustimmung der Parteien gem. § 349 Abs. 3 ZPO durch den Vorsitzenden alleine zu entscheiden. Da § 20 Abs. 3 SchVG 2009 nicht auf § 246a Abs. 3 Satz 1 AktG verweist, ist § 349 Abs. 3 ZPO als eine im ersten Rechtszug vor dem Landgericht geltende Vorschrift hier nicht ausgeschlossen.
Die Dringlichkeit des Anliegens ergibt sich dabei bereits aus der Natur des Freigabeverfahrens als €spezielles Eilverfahren€ (so Regierungsbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG), Bt-Drs. 15/5092, S. 28; vgl. auch BGH NZG 2006, 553).
Nach § 20 Abs. 3 SchVG 2009, § 246a Abs. 3 S. 2 AktG kann das Gericht in dringlichen Fällen auch ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Der Zustimmung der Parteien bedarf es dazu, anders als in den in § 128 Abs. 2 ZPO geregelten Fällen, nicht. Ob ein dringlicher Fall vorliegt, entscheidet das Gericht nach seinem pflichtgemäßen Ermessen (vgl. OLG Nürnberg AG 1996, 229; OLG Frankfurt am Main ZIP 2003, 1654).
Diese Dringlichkeit ist vorliegend gegeben.
Durch die von der Antragstellerin dargelegte alsbaldige Notwendigkeit festzustellen, ob eine Fälligkeit der streitgegenständlichen Anleihe zum 28.2.2012 ohne Möglichkeit einer Verhandlung durch einen gemeinsamen Vertreter der Gläubiger über eine Änderung der Fälligkeitsregelung eintritt, rechtfertigt es ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Es ist geboten, bereits Mitte Januar 2012 über den Freigabeantrag zu entscheiden, damit unter Berücksichtigung der Zustellungsdauer der Kammerentscheidung, der Beschwerdefrist von 2 Wochen und eines ggf. durchzuführenden Beschwerdeverfahrens - in dem ggf. zunächst noch die Frage der Abhilfe zu prüfen ist - noch vor dem 28.2.2012 eine abschließende Entscheidung des Beschwerdegerichts ergehen kann. Das rechtliche Gehör der Antragsgegner wird gewahrt. Diesen wurde eine Erwiderungsfrist bis 6.1.2012 bzw. verlängert bis 10.1.2012 gesetzt und die diese wahrgenommen haben. Es ist nicht ersichtlich inwieweit noch eine mündliche Verhandlung zu einer eine weitere Aufklärung der Sach- und Rechtslage für das Gericht führen soll. Zudem wird die Akte des Hauptsacheverfahrens zur Entscheidungsfindung beigezogen. Streitgegenstand des Freigabeverfahrens ist die Frage, ob die Anfechtungs- /Nichtigkeitsklage einer Vollziehung der Beschlüsse entgegen stehen. Es kommt daher darauf an, ob in der Hauptsache ein Anfechtungsgrund in der Anfechtungsfrist bzw. ein Nichtigkeitsgrund vorgebracht worden ist, bzw. die Antragsgegnerin fristgerecht nachweisen, dass sie seit Bekanntmachung er Einberufung zur Gläubigerversammlung einen anteiligen Betrag am Nennwert der streitgegenständlichen Schuldverschreibung von mindestens EUR 1000,-- halten. Die Entscheidung des Gerichts im Freigabeverfahren hinsichtlich der sachlichen Angriffe gegen die streitgegenständliche Beschlussfassung kann sich nur auf diesen Streitgegenstand beziehen, d.h. die Frage der offensichtlichen Unbegründetheit oder Unzulässigkeit der Hauptsacheklage im Zeitpunkt der Entscheidung im Freigabeverfahren, bzw. das vorrangige Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin; eine Ergänzung oder Vertiefung der sachlichen Angriffe gegen die Beschlussfassungen im Freigabeverfahren ist daher nicht möglich.
Der Antrag ist jedoch unstatthaft, so dass es nicht darauf ankommt, ob ein Nachweis der Gläubigerstellung der Antragsgegner erforderlich ist, bzw. fristgerecht erfolgt ist.
Zwar fehlt dem Antrag nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtsschutzbedürfnis der Antragsstellerin ergibt sich bereits aus dem Interesse, vor rechtskräftigen Abschluss der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen feststellen zu lassen, dass die Vollziehung der in der Gläubigerversammlung vom 25.10.2011 gefassten Beschlüsse ungeachtet der dagegen erhobenen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen statthaft ist und damit Rechtssicherheit zu haben hinsichtlich der Frage der Zahlungsverpflichtung, bzw. der Möglichkeit eines besonderen Vertreters über den Aufschub der Fälligkeit zu verhandeln bei der am 28.2.2012 nach den Emissionsbedingungen fälligen Anleihe 2012.
Der Antrag ist jedoch nicht statthaft, weil es für ihn an einer Rechtsgrundlage fehlt.
Das von der Antragstellerin gegenüber den Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen hinsichtlich der Beschlussfassung der Gläubigerversammlung vom 25.10.2011 zu TOP 2, 3 und 4 mit Antrag vom 14.12.2012 beantragte Freigabeverfahren nach § 20 Abs. 3 S. 4 SchVG 2009 i.V.m. § 246a AktG ist hier nicht möglich.
Der Anwendungsbereich für Beschlüsse einer Gläubigerversammlung nach dem SchVG 2009 ist hier nicht eröffnet.
Zwar kann den Antragsgegnern nicht darin gefolgt werden, dass der Gesetzgeber Wandelanleihen wie die streitgegenständliche Anleihe 2012 aus dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes ausnehmen wollte. Auch bei derartigen Wandelanleihen handelt es sich um inhaltsgleiche Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen. Auch bei einer wie der hier gegebenen Wandelanleihe liegt ein verbrieftes Schuldversprechen i.S.d. § 793 BGB vor, d.h. es wird eine Leistung des Ausstellers versprochen. Es geht hier nicht um die reine Geldleistung, sondern es wird daher auch die Leistung anderer Art (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 70. Aufl. § 793 Rz. 2) d.h. auch in Aktien erfasst (vgl. Tetzlaff in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl. 2011, § 88 Rz. 47). Dass die Art und Weise der Leistung ggf. nach Wahl des Schuldners oder Gläubigers erfolgen kann, ist hier unerheblich.
Die streitgegenständliche Anleihe wurde auch nach deutschem Recht begeben, wobei es nicht auf das Recht des schuldrechtlich-dinglichen Begebungsvertrags ankommt, sondern auf das Recht welches in den Anleihebedingungen gewählt wurde (vgl. Kammerurteil vom 15.11.2011 - 3-05 O 45/11- BeckRS 2011, 26939). Hier wurde in den Anleihebedingungen in § 19 a uneingeschränkt die Rechtswahl für deutsches Recht getroffen, so dass diese Anleihe unter den in § 1 SchVG 2009 definierten Anwendungsbereichfallen würde. Der Hinweis in § 12 viii der Anleihebedingungen auf ggf. zu beachtendes niederländisches Recht ändert daran nichts, da dies nur die Antragstellerin mit Sitz in den Niederlanden betreffen kann. Entscheidend für das hier maßgebliche Verhältnis zwischen den Gläubigern und der Schuldnerin ist jedoch nur das in den Anleihebedingungen zwischen diesen vereinbarte Recht. Der Gesetzgeber wollte ausdrücklich in den Anwendungsbereich des SchVG 2009 auch im Ausland ansässige Schuldner einbeziehen, wenn die Anleihe selbst dem deutschen Recht unterliegt (vgl. Begr. RegE, BT-Drucks. 16/12814 S. 13, 16), obwohl diese Schuldner naturgemäß wegen ihres Sitzes in vielen Rechtsfragen zwingend dem Recht des Sitzstaates unterworfen sind.
Auch dass die streitgegenständliche Anleihe über die Börse in Luxemburg gehandelt wird, ändert daher nichts daran, dass für die Anleihe deutsches Recht maßgebend ist, da der Handel an der Luxemburger Börse keinen Einfluss auf die in den Anleihebedingungen geregelte Rechtswahl für deutsches Recht hat.
Eine dem Freigabeantrag stattgebende Entscheidung für die streitgegenständlichen Beschlüsse scheitert hier jedoch daran, dass bei der vorliegenden Sachverhaltsgestaltung eine sog. opt-in Beschlussfassung nach § 24 Abs. 2 SchVG 2009 (Beschlüsse zu TOP 2 und 3) ausscheidet und damit mangels Anwendbarkeit der Bestimmungen des SchVG 2009, mithin auch die Bestimmung des § 20 Abs. 3 S. 4 SchVG 2009, der durch die Verweisung auf die aktienrechtliche Bestimmung des § 246a AktG ein Freigabeverfahren eröffnen würde.
Zwar ist angesichts der gesetzlichen Regelung des § 24 Abs. 2 SchVG 2009 der von den Antragsgegnern zu 2) und 3) erhobene Einwand, es sei nicht möglich gem. § 24 Abs. 2 SchVG 2009 das SchVG 2009 generell für anwendbar zu erklären, sondern es könnten nur einzelne Wahlmöglichkeiten in die Anleihebedingungen aufgenommen werden, nicht nachvollziehbar. Warum das neue Gesetz nicht in seiner Gesamtheit als rechtliche Grundlage für die Anleihe gewählt werden sollen kann, erschließt sich dem Gericht nicht, zumal es in § 24 Abs. 2 Satz 1 letzter Hs. SchVG 2009 heißt, €um von den in diesem Gesetz gewährten Wahlmöglichkeiten Gebrauch machen zu können€. Der Gesetzgeber hat in der Begründung zum Regierungsentwurf (RegE zu § 24 SchVG, BT-Drucks. 16/12814, S. 27) ausgeführt, dass durch diese Bestimmung die Möglichkeit geschaffen wird, durch Mehrheitsbeschluss für die Anwendung des neuen SchVG zu optieren, d. h. auch für die Gesamtheit der Vorschriften.
Allerdings ist die Bestimmung des § 24 Abs. 2 SchVG 2009 wegen der Entstehungsgeschichte der Norm, der Systematik und eines Vertrauensschutzes für Altanleger § 24 Abs.2 Satz 1 SchVG 2009 dahingehend auszulegen, dass diese Option für die Anwendung des Rechts des SchVG 2009 nur dann eröffnet ist, wenn es sich um eine vor dem 5.8.2009 begebene Schuldverschreibung handelt, die bei einem deutschen Emittenten bereits einer Mehrheitsentscheidung nach dem SchVG 1899 zugänglich war bzw. - soweit man die in§ 24 Abs. 2 SchVG eröffnete Option nicht nur für die in § 24 Abs. 1 SchVG angesprochenen Schuldverschreibungen nach dem SchVG 1899 eröffnet sehen will - bei der Anleihe eines ausländische Emittenten, die nicht unter das SchVG 1899 fiel, eine derartige Mehrheitsentscheidungen bereits ausdrücklich in den Anleihebedingungen angesprochen war.
Der Gesetzgeber ging bei Schaffung des SchVG 2009 erkennbar davon aus, dass es international üblich sei, dass Anleihebedingungen Klauseln für eine Mehrheitsentscheidung in einer Gläubigerversammlung enthalten (vgl. Begr. Regierungsentwurf, Allgemeiner Teil Ziff. 8, BT- Drucks. 16/12814). Es bestand daher für ihn keine Veranlassung in § 24 Abs. 2 SchVG für Anleihen die nicht unter das SchVG 1899 fallen, d.h. z.B. von ausländischen Schuldnern begeben wurden, für den opt-in Beschluss ausdrücklich zu regeln, dass dies nur möglich sei, wenn die Anleihebedingungen eine Beschlussfassung der Gläubiger vorsehen.
Aber auch die Gesetzessystematik des SchVG 2009 spricht dafür, dass bei Anleihen ausländischer Emittenten die vor dem 5.8.2009 begeben wurden und keine Regelungen in den Anleihebedingungen über Änderung durch Mehrheitsbeschluss einer Gläubigerversammlung enthalten, kein opt-in Beschluss nach § 24 Abs. 2 SchVG 2009 gefasst werden kann.
Der Gesetzgeber hat in § 4 SchVG 2009 während der Laufzeit der Anleihe, die unter das SchVG 2009 fallen, zwei Wege eröffnet, damit während der Laufzeit der Anleihe die Anleihebedingungen geändert werden können; entweder durch einen gleichlautenden Vertrag des Schuldners mit sämtlichen Gläubigern oder mittels eines Mehrheitsbeschlusses der Gläubiger, der der Zustimmung des Schuldners bedarf.
Nach § 5 Abs. 1 SchVG 2009 kommt aber ein derartiger Mehrheitsbeschluss nur in Betracht, wenn dies bereits in den Anleihebedingungen vorgesehen ist.
Der Regierungsbegründung (BT-Drucks. 16/12814) führt hierzu im allgemeinten Teil in Ziff 1 aus:
€Anders als das SchVG von 1899 - das mit seinem engen Anwendungsbereich zwingend, d. h. auch ohne Regelungen in den Anleihebedingungen gilt - soll es künftig den Regelungen in den Anleihebedingungen überlassen bleiben, ob und in welchem Umfang der Schuldner von der Möglichkeit Gebrauch machen kann, eine Änderung der Anleihebedingungen durch Mehrheitsbeschluss anzustreben.€
Dieser Gesetzessystematik widerspricht es, das bei Altanleihen, die in den Anleihebedingungen keine Möglichkeit der Beschlussfassung enthalten, eine Beschlussfassung einer Gläubigerversammlung nach § 24 Abs. 2 SchVG 2009 gefasst werden kann. Altanleihen würden hier anders behandelt werden, als Anleihen, die unmittelbar unter das SchVG 2009 fallen (vgl. auch Kammerurteil vom 15.11.2011 - 3-05 O 45/11 -).
Die fehlende Regelung in den Anleihebedingungen ist nicht nur eine Frage, die bei den Beschlüssen über die materielle Änderung der Bedingungen relevant ist, sondern bereits bei der Frage, ob durch Beschluss der Gläubiger mit Zustimmung des Schuldners für die Anleihe das SchVG 2009 gelten soll. Ein solcher Beschluss ändert die rechtlichen Grundlagen für die Anleihe.
Auch der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) folgenden Vertrauensgrundsatz gebietet die oben dargelegte Beschränkung des § 24 Abs. 2 SchVG 2009.
Würde man § 24 Abs. 2 SchVG 2009 dahingehend auslegen, dass in auch in den Fällen von Anleihen die vor dem 5.8.2009 nach deutschen Recht begeben, aber weder unter das SchVG 1899 fielen noch in den Anleihebedingungen die Möglichkeit der Änderung durch Beschlussfassung einer Gläubigerversammlung enthalten, stellte dies eine Rückbewirkung von Rechtsfolgen (sog. echte Rückwirkung) dar, weil der Beginn des zeitlichen Anwendungsbereichs einer Norm und der Eintritt ihrer Rechtsfolgen auf einen Zeitpunkt festgelegt werden kann, der vor demjenigen liegt, zu dem die Norm durch ihre Verkündung gültig geworden ist und es würde dann nachträglich ändernd in einen abgeschlossenen Sachverhalt eingegriffen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 14. Mai 1986 a.a.O. S. 242, vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256, 346 f. und vom 3. Dezember 1997 - 2 BvL 882/97 - BVerfGE 97, 67, 78 f; Urteile vom 21. Oktober 2003 - 2 BvR 2029/01 - BVerfGE 109, 133, 180; Beschlüsse vom 8. September 2008 - 2 BvL 6/03 und vom 21. Juli 2010 - 1 BvL 11/06). Dies ist grundsätzlich unzulässig. Abgesehen von einer Bagatellgrenze (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 23. März 1971 - 2 BvL 2/66 u.a. - BVerfGE 30, 367, 389, vom 15. Oktober 1996 - 1 BvL 44/92 u a. - BVerfGE 95, 64, 86 f) tritt das Rückwirkungsverbot nur dann ausnahmsweise zurück, wenn sich kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 27. Juni 1961 - 1 BvL 26/58 - BVerfGE 13, 39, 45 f; Urteil vom 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 - BVerfGE 101, 239, 263). Entscheidend ist dabei, ob die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe auf ihren Fortbestand zu begründen (vgl. BVerfG Beschluss vom 20. Oktober 1971 - 1 BvR 757/66 - BVerfGE 32, 111, 123; BVerwG, Urteil vom 3. Juli 2003 - 2 C 36.02 - BVerwGE 118, 277, 288; Beschluss vom 19.08.2010 - 2 C 34/09 - ZBR 2011, 249).
Vor In-Kraft-Treten des SchvG 2009 konnten jedoch die Gläubiger der streitgegenständlichen Anleihe mangels anderer Regelung in den Anleihebedingungen darauf vertrauen, dass keine Änderung durch eine Gläubigerversammlung stattfinden wird. Hinzu kommt, dass bei Anleihen, die bereits unmittelbar unter das SchVG 2009 fallen, der Gläubiger auch darauf vertrauen kann, dass bei Fehlen einer entsprechenden Regelungen über Änderungen durch Mehrheitsbeschluss in den Anleihebedingungen während der Laufzeit eine Änderung nur mit Zustimmung aller Gläubiger möglich ist.
Es ist nicht statthaft, hier eine Differenzierung bei Vertrauensschutz vorzunehmen, je nachdem, ob die Anleihe vor dem 5.8.2009 begeben wurde oder danach.
Eine Vorlage gem. Art. 100 Abs. 1 GG an das Bundesverfassungsgericht kommt nicht in Betracht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht besteht die in Art. 100 Abs. 1 GG und § 80 BVerfGG geregelte Vorlagepflicht nur dann, wenn das Gericht eine entscheidungserhebliche Gesetzesvorschrift für verfassungswidrig erachtet. Wie eine Norm des einfachen Rechts auszulegen ist, ist jedoch zunächst grundsätzlich Sache des dafür allgemein zuständigen Gerichts (vgl. BVerfGE 18, 85, 92f. = NJW 1964, 1715). Ist es der Auffassung, eine Vorschrift, über deren Auslegung Streit besteht, sei nur bei einer bestimmten Auslegung mit der Verfassung vereinbar, muss es seiner Entscheidung diese Auslegung zu Grunde legen und darf nicht das Bundesverfassungsgericht anrufen (vgl. BVerfG NJW-RR 2000, 1309 m. w. Nachw., abgesehen davon, dass im Freigabeverfahren als einem Eilverfahren eine Vorlage regelmäßig nicht stattfindet (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 2.12.2010 - 5 Sch 3/10 -)
Die nicht gegeben Möglichkeit die Anwendung des SchVG steht dann auch einer stattgebenden Freigabeentscheidung für die Beschlussfassung zu Top 4 entgegen.
Sind mehrere Beschlüsse einer Gläubigerversammlung Gegenstand eines Freigabeverfahrens sind diese Beschlüsse zwar grundsätzlich jeder für sich zu betrachten, d.h. hinsichtlich jeder Beschlussfassung ist zu prüfen, ob für ihn die Voraussetzungen des vorrangigen Vollzugsinteresses bzw. der offensichtlichen Unbegründetheit/Unzulässigkeit der Beschlussmängelklage vorliegt (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschlüsse vom 23.02.2010 - 5 Sch 2/09 - und 2.10.2010 - 5 Sch 3/10 - beide abrufbar im Internet in der Landesrechtsprechungsdatenbank Hessen). Nur wenn ein Beschluss auf der Wirksamkeit eines in der gleichen Versammlung gefassten Beschlusses aufbaut, kommt eine Freigabe dann nicht mehr nicht in Betracht, wenn für den zu Grunde liegenden Beschluss die Voraussetzungen für eine Freigabe nicht gegeben sind.
Dies gilt insbesondere, wenn zunächst ein sog. sog. opt-in Beschluss nach § 24 Abs. 2 SchVG 2009 gefasst wurde und anschließend auf dessen Grundlage Beschlüsse nach § 5 SchVG 2009.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Dabei war keine Kostenerstattung zugunsten des Nebenintervenienten anzuordnen. Zwar ist er den obsiegenden Antragsgegnern beigetreten, doch sind die Voraussetzungen des § 66 ZPO nicht gegeben. Zwar konnte wegen des Beitritts erst kurz vor Ende der Schriftsatzfrist per FAX am 18.1.2012 und der nicht möglichen Zustellung des Beitritts vor Ende der Schriftsatzfrist an die Antragstellerin ein Verfahren nach § 71 ZPO in dieser Instanz nicht mehr stattfinden - eine Verlängerung der Schriftsatzfrist wegen des Beitritt war wegen der oben dargelegten Eilbedürftigkeit nicht tunlich - doch muss die mangelnde Interventionsberechtigung gleichwohl in der Kostenentscheidung ihre Berücksichtigung finden.
Dem Nebenintervenienten fehlt das rechtliche Interesse für eine Nebenintervention. Da § 20 SchVG nicht auf 248 Abs, 1, S. 1 AktG verweist, findet eine Rechtskrafterstreckung der Entscheidung auf andere Anleihegläubiger weder im Hauptsacheverfahren noch im Freigabeverfahren statt, so dass schon deswegen ein rechtliches Interesse des Nebenintervenienten nicht bejaht werden kann.
Sinn und Zweck der Nebenintervention ist es zudem, solchen Personen, die wegen einer gesetzlichen Beschränkung des Kreises der Beteiligten oder fehlender materieller Beteiligung selbst nicht unmittelbar am Verfahren beteiligt sein können, die Möglichkeit zur Verfahrensteilnahme einzuräumen, wenn sie ein anerkennenswertes Interesse am Verfahrensausgang haben (vgl. OLG Frankfurt AG 2006, 295; OLG Stuttgart AG 2007, 130). Dies trifft auf Gläubiger mit eigener Klageberechtigung im Verfahren gegen Beschlüsse einer Gläubigerversammlung nicht zu. Diese können ihr Interesse an der Beeinflussung des Verfahrensausgangs durch eine eigene Klage wahrnehmen.
Der Wert für das Verfahren war auf den Wert der Hauptsache für die Antragstellerin anzusetzen, wobei in der Hauptsache die Kammer angesichts des Volumens der Emission EUR 150.000,-- für angemessen erachtet.
LG Frankfurt am Main:
Beschluss v. 23.01.2012
Az: 3-05 O 142/11, 3-5 O 142/11, 3-05 O 142/11, 3-5 O 142/11
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