Landgericht Köln:
Urteil vom 21. August 2007
Aktenzeichen: 33 O 74/07
(LG Köln: Urteil v. 21.08.2007, Az.: 33 O 74/07)
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.368,56 € nebst Zin-sen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basis-zinssatz seit dem 25.3.2007 zu zahlen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger ist ein gerichtsbekannter Verband im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.
Die Beklagte gehört zur REWE Handelsgruppe und betreibt einen Baumarkt.
Unter dem 21.9.2000 hatte sich die Beklagte gegenüber dem Kläger verpflichtet, es zu unterlassen mit dem nachfolgenden Hinweis zu werben: "Der billigste Baumarkt in Deutschland..." und hatte für jeden Fall schuldhafter Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe von 10.500,-- DM (5.368,56 €) versprochen. Wegen der Einzelheiten der Unterlassungserklärung wird auf das Schreiben der Abteilung Gewerblicher Rechtschutz der REWE Handelsgruppe vom 21.9.2000 (Bl. 15 f. d.A.) verwiesen.
Am 28.10.2006 warb die Beklagte in dem Werbeträger "Einkauf Aktuell" mit der Aussage "Der wohl billigste Baumarkt Deutschlands!". Wegen der näheren Einzelheiten der Werbung wird auf den als Anlage 5 zur Akte gereichten Originalprospekt (Bl. 18 d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 8.11.2006 erfolglos zur Zahlung der verwirkten Vertragsstrafe auf.
Der Kläger sieht in der neuen Werbung einen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung vom 21.9.2000. Er ist der Auffassung, dass die Werbeaussagen im Kern gleich sind. Durch den Zusatz "wohl" werde die Alleinstellungsbehauptung der Beklagten keineswegs relativiert. Wegen des weiteren Vortrags des Klägers wird auf die S. 5 f. der Klageschrift (Bl. 5 f. d.A.) verwiesen.
Der Kläger beantragt,
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass durch den Zusatz "wohl" die aktuelle Werbeaussage nicht mehr im Kern der Unterlassungsverpflichtung von 2000 liegt. Die Verwendung des bestimmten Artikels "der" und des Superlativs "billigste" in der Werbung 2000 hätten die in Anspruch genommene Alleinstellungsposition bekräftigt. Demgegenüber habe jetzt eine entscheidende Relativierung stattgefunden, weil durch das "wohl" die Unbestimmtheit und das Subjektive der Aussage in den Vordergrund gestellt und dadurch eine deutliche Abkehr von der Einnahme einer Alleinstellungsbehauptung gemacht werde. Wegen der näheren Einzelheiten zum diesbezüglichen Vorbringen der Beklagten wird auf die S. 2-4 des Schriftsatzes vom 23.4.2007 (Bl. 31-33 d.A.) verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung von 5.368,56 € aus dem Unterlassungsverpflichtungsvertrag vom 21.9.2000 zu. Durch die aktuelle Werbeaussage in dem Werbeträger "Einkauf Aktuell" vom 28.10.2006 hat die Beklagte schuldhaft gegen die Unterlassungsverpflichtung vom 21.9.2000 verstoßen, wodurch die geforderte Vertragsstrafe verwirkt ist.
Ob ein Handeln eine solche Zuwiderhandlung darstellt, bestimmt sich nach der durch Auslegung zu ermittelnden Reichweite der Unterlassungserklärung. Dabei ist die Unterlassungserklärung regelmäßig dahingehend zu verstehen, dass davon nicht nur identische Handlungen erfasst werden sollen, sondern auch kerngleiche Handlungen, die das Charakteristische der verletzenden Handlung aufweisen (BGH GRUR 1996, 290, 291 - Wegfall der Wiederholungsgefahr I; BGH GRUR 1997, 379, 380 - Wegfall der Wiederholungsgefahr II; BGH GRUR 1997, 931, 932 - Sekundenschnell; BGH GRUR 1998, 483, 485 - Der M.-Markt packt aus).
Die Frage, ob die Vertragsstrafe verwirkt ist, hängt also davon ab, ob die Aussagen "der billigste Baumarkt..." und "der wohl billigste Baumarkt..." kerngleiche Handlungen darstellen. Diese Frage ist zu bejahen. Denn obwohl die Werbeaussage durch die Verwendung des Begriffs "wohl" einen subjektiveren Einschlag erhält, bleibt der Aussagegehalt beider Aussagen im wesentlichen gleich. Auch bei der ursprünglich zur Unterlassung erklärten Behauptung, versteht der Verbraucher die Aussage in der Art, dass derjenige, der die Behauptung aufstellt, nämlich die Beklagte, sich im Vergleich zu anderen für am billigsten hält. Der Verkehr wird nicht davon ausgehen, dass dieser Behauptung empirische Erhebungen zugrunde liegen , sondern dass der Werbende damit zum Ausdruck bringen will, dass er meint, der Billigste zu sein. Keinen anderen Aussagegehalt weist auch die nunmehr in Rede stehende Behauptung der Beklagten auf. Der Begriff "wohl" wird umgangssprachlich oft als reines Füllwort ohne eigene Bedeutung verwendet wie etwa in Sätzen wie: "Das war der wohl schönste Moment meines Lebens.". In diesem Sinne verwendet kommt dem "wohl" keinerlei eigenständige, relativierende Bedeutung zu, sondern es wird lediglich als Füllwort gebraucht. In diesem Sinne verwendet es auch die Beklagte, da sie sich an diesen in der Umgangssprache genutzten, jedoch grammatisch unzutreffenden Satzbau als Wortspiel anlehnt. Richtigerweise, wenn die Beklagte das "wohl" überhaupt als Einschränkung hätte verstanden wissen wollen, hätte es heißen müssen "Wohl der billigste Baumarkt in Deutschland...".
Dass der alleinige Zusatz von "wohl" den Sinngehalt nicht entscheidend verändert und daher nicht aus dem Verbotsbereich herausführt, hätte die Beklagte bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt auch erkennen können und müssen, da auch ihr die umgangssprachliche Verwendung des "wohl" als reines Füllwort - wie ihre Anlehnung an diese belegt - bekannt war.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1, 2 ZPO
Streitwert: 5.368,56 €
LG Köln:
Urteil v. 21.08.2007
Az: 33 O 74/07
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