Landesarbeitsgericht Hamm:
Beschluss vom 10. Januar 2005
Aktenzeichen: 13 TaBV 100/04
(LAG Hamm: Beschluss v. 10.01.2005, Az.: 13 TaBV 100/04)
Bei mehreren personellen Einzelmaßnahmen, die auf einer einheitlichen unternehmerischen Entscheidung beruhen und keine Besonderheiten aufweisen, ist bei der Festsetzung des Gegenstandswertes ab der zweiten Maßnahme ein prozentualer Abschlag wie folgt vorzunehmen:
Maßnahmen 2 - 20 = 75 % Abschlag;
Maßnahmen 21 - 50 = 87,5 % Abschlag;
Maßnahmen 51 - 100 = 90 % Abschlag;
Maßnahmen 101 - 200 = 92,5 % Abschlag;
Maßnahmen 201 - 400 = 95 % Abschlag.
Tenor
Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsra-tes - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen - wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 03.08.2004 - 3 BV 34/02 - teilweise abgeändert.
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 9.500,44 festgesetzt.
Gründe
Im Ausgangsverfahren hat der Betriebsrat mit seinem Antrag zu 1) von der Arbeitgeberin, einem Zustellgroßhandelsbetrieb mit ca. 250 Beschäftigten, verlangt, hinsichtlich der Umgruppierung von acht namentlich genannten Arbeitnehmern das Beteiligungsverfahren nach § 99 BetrVG einzuleiten. Mit dem Antrag zu 2) begehrte er die Untersagung von Umgruppierungen ohne vorherige Durchführung des Verfahrens nach § 99 BetrVG.
Das Beschlussverfahren wurde durch Abschluss eines Vergleichs erledigt.
Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 03.08.2004 - im Anschluss an die Ausführungen der Arbeitgeberin mit Schriftsatz vom 26.07.2004 - den Gegenstandswert auf 8.000,00 (doppelter Hilfswert) festgesetzt.
Dagegen wenden sich die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates mit ihrer Beschwerde vom 12.08.2004. Sie sind der Auffassung, für den Antrag zu 1) sei ein Wert in Höhe von 22.862,00 in Ansatz zu bringen. Auszugehen sei dabei von monatlichen Vergütungsdifferenzen beim Tarifgehalt in Höhe von 160,13 bei dem Arbeitnehmer R4xxxxxx, von 130,06 bei dem Arbeitnehmer P4xx und von jeweils 251,85 bei den Arbeitnehmern O5xxxxxxx und O4xxxxx. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Hamm, wonach der dreifache Jahresbetrag abzüglich 20 % maßgeblich sei, ergebe sich ein Streitwert von 22.862,00 . Daneben sei für den Antrag zu 2) der doppelte Hilfswert zu berücksichtigen.
II
Die gemäß § 10 BRAGO (jetzt § 33 RVG) zulässige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates ist zum Teil begründet.
Was den Antrag zu 1) angeht, wurde dadurch ein vorgeschaltetes Verfahren in Gang gesetzt, das dazu dienen sollte, die Arbeitgeberin anzuhalten, das eigentliche Beteiligungsverfahren nach § 99 BetrVG einzuleiten. Wegen dieses Charakters eines "bloßen" Vorverfahrens ist es nach der ständigen Rechtsprechung der beiden Beschwerdekammern des Landesarbeitsgerichts Hamm angemessen, eine Bewertung mit 20 % des Wertes des entspre-
chenden Verfahrens nach § 99 BetrVG vorzunehmen (z.B. LAG Hamm LAGE § 3 ZPO Nr. 3; Beschluss v. 06.06.2002 - 10 TaBV 43/02 -; Beschluss v. 04.09.2003 - 13 TaBV 110/03 -).
In Beschlussverfahren, in denen um die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zur Umgruppierung eines Arbeitnehmers nach § 99 BetrVG gestritten wird, ist als Gegenstandswert der dreifache Jahresbetrag der Entgeltdifferenz abzüglich 40 % (20 % Abzug; vom danach verbleibenden Betrag weitere 25 % Abzug) anzusetzen (LAG Hamm, a.a.O.).
Allerdings ist eine weitere Herabsetzung dieses Wertes regelmäßig dann geboten, wenn wie hier mehrere personelle Einzelmaßnahmen auf eine einheitliche unternehmerische Entscheidung zurückzuführen sind und die Einzelfälle, soweit ersichtlich, keine Besonderheiten aufweisen. Hinzu kommt, dass die Bedeutung jeder einzelnen Maßnahme umso mehr abnimmt, je mehr Arbeitnehmer von der Gesamtmaßnahme betroffen sind (hier und im Folgenden: LAG Berlin NZA-RR 2003, 437). Vor diesem Hintergrund ist es in Fällen wie vorliegend gerechtfertigt, in Anlehnung an die Staffelung der Arbeitnehmerzahlen in § 9 BetrVG den Wert jeder einzelnen Umgruppierung typisierend festzulegen, um auf diese Weise zu einer gleichförmigen und damit den Gleichbehandlungsgrundsatz wahrenden Rechtsanwendung zu gelangen. Dabei ist die erste personelle Maßnahme mit dem vollen Wert und die weiteren Maßnahmen mit prozentualen Anteilen des Ausgangswertes nach folgender Staffel zu berücksichtigen:
Maßnahmen 2 - 20 = jeweils 25 % des Ausgangswertes;
Maßnahmen 21 - 50 = jeweils 12,5 % des Ausgangswertes;
Maßnahmen 51 - 100 = jeweils 10 % des Ausgangswertes;
Maßnahmen 101 - 200 = jeweils 7,5 % des Ausgangswertes;
Maßnahmen 201 - 400 = jeweils 5 % des Ausgangswertes.
Für die Bewertung des Antrages zu 1) im vorliegenden Fall folgt daraus:
Es ist von der monatlichen Gesamtentgeltdifferenz für die vier Arbeitnehmer in Höhe von 793,89 (160,13 + 130,06 sowie jeweils 251,85 ) auszugehen, woraus sich ein durchschnittlicher Unterschiedsbetrag pro Mitarbeiter von 198,47 errechnet.
Für 36 Monate resultiert daraus ein Betrag in Höhe von 7.144,92 abzüglich 40 % = 4.286,95 . Davon sind für den ersten betroffenen Arbeitnehmer 20 %, also 857,39 , zu berücksichtigen. Für die weiteren drei Arbeitnehmer sind jeweils 25 % des letztgenannten Wertes, also insgesamt 643,05 , in Ansatz zu bringen. Daraus resultiert für den Antrag zu 1) ein Gesamtgegenstandswert in Höhe von 1.500,44 .
Was den Antrag zu 2) betrifft, der abstrakt auf die Einhaltung des § 99 BetrVG in einem Betrieb mit ca. 250 Arbeitnehmern abzielte, hält die Kammer es angesichts der Bedeutung für sachgerecht, insoweit den doppelten Hilfswert des § 8 Abs. 2 Satz 2 2. Halbs. BRAGO in Ansatz zu bringen.
Nach alledem ergibt sich insgesamt ein Gegenstandswert in Höhe von 9.500,44 .
Dr. Müller
Ri/Bu.
LAG Hamm:
Beschluss v. 10.01.2005
Az: 13 TaBV 100/04
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