Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen:
Urteil vom 7. Mai 2013
Aktenzeichen: L 18 R 1038/11
(LSG Nordrhein-Westfalen: Urteil v. 07.05.2013, Az.: L 18 R 1038/11)
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 29.9.2011 geändert und die Klage abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die 1971 geborene Klägerin ist Volljuristin (Erste Juristische Staatsprüfung 1997; Zweite Juristische Staatsprüfung 2000). Sie war ab 2001 bei verschiedenen Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen in Düsseldorf, Essen, Köln und München als Wirtschaftsprüfungs- und Steuerassistentin beschäftigt. Im August 2001 wurde sie von der Rechtsanwaltskammer E. als Rechtsanwältin (mit Kanzlei unter ihrer Wohnanschrift in E.) zugelassen und gleichzeitig Mitglied des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein-Westfalen, des Beigeladenen zu 2. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten - die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte - lehnte ab, sie von der Versicherungspflicht zu befreien, weil die Tätigkeit als Wirtschaftsprüfungs- und Steuerassistentin keine berufsspezifische Tätigkeit einer Rechtsanwältin sei (Bescheid vom 27.2.2002). Ab November 2003 war die Klägerin als (nebenberufliche) Rechtsanwältin Mitglied der Rechtsanwaltskammer L ... Ab dem 1.1.2005 bezog sie Leistungen der Bundesagentur für Arbeit und blieb daneben niedergelassene Rechtsanwältin.
Wegen eines berufsbedingten Umzugs nach N. endete die Mitgliedschaft der Klägerin beim Beigeladenen zu 2 zum 18.4.2007, weil die Klägerin Mitglied der Rechtsanwaltskammer N. und gleichzeitig der Bayerischen Versorgungskammer wurde. Ab dem 7.5.2007 war sie als Seniorberaterin bei der "s.c.x. S1. C. Wirtschaftsprüfer-Steuerberater" beschäftigt. Die Beklagte befreite sie "wegen ihrer Tätigkeit als Rechtsanwältin" von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (Bescheid 5.9.2007).
Seit dem 15.9.2007 ist die Klägerin bei der ARAG Allgemeine Rechtsschutz-Versicherungs-AG, der Beigeladenen zu 1, als "Fachreferentin Steuern" in der Steuerabteilung innerhalb der Hauptabteilung Rechnungswesen/Steuern des Konzerns in E. angestellt (Anstellungsvertrag vom 25.7./2.8.2007). Nach der externen Stellenausschreibung und der internen Stellenbeschreibung handelt es sich um eine Stelle als "Sachbearbeiterin", die eine abgeschlossene Ausbildung zur Steuerfachgehilfin oder -fachwirtin oder eine vergleichbare Ausbildung erfordert. Nachdem die Klägerin nach der Rückkehr aus N. zunächst (wieder) die Zulassung bei der Rechtsanwaltskammer L. beantragt hatte, nahm sie diesen Antrag kurze Zeit später zurück und verzichtete auf die Rechte aus der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (Schreiben vom 24.9.2007). Der Beklagten teilte sie diesen Verzicht mit und führte dazu (begründend) an, dass sie zum 15.9.2007 eine sozial- und rentenversicherungspflichtige Festanstellung in E.übernommen habe (Schreiben vom 26.9.2007). Die Beklagte hob die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung mit dem Ende der Mitgliedschaft in der Bayerischen Versorgungskammer zum 27.9.2007 auf (Bescheid vom 28.11.2007).
Im Oktober 2009 beantragte die Klägerin bei der Rechtsanwaltskammer L., sie (wieder) als Rechtsanwältin mit Kanzlei an ihrem Wohnsitz in L. zuzulassen. Neben dem Rechtsanwaltsberuf übe sie als "sonstige Tätigkeit" die Tätigkeit als Steuerfachreferentin bei der Beigeladenen zu 1 aus (Erklärungen vom 12. und 20.10.2009). Zur näheren Beschreibung ihrer Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1 fügte sie den Anstellungsvertrag in Ablichtung bei. Die Beigeladene zu 1 erklärte gegenüber der Rechtsanwaltskammer L. "unwiderruflich", dass die Klägerin "neben ihrer Tätigkeit als Angestellte den Beruf der Rechtsanwältin ausübt" und berechtigt ist "sich während der Dienststunden zur Wahrnehmung etwaiger gerichtlicher Termine und Besprechungen jederzeit von ihrem Dienstsitz zu entfernen, ohne im Einzelfall eine Erlaubnis hierfür einholen zu müssen, selbst wenn anwaltliche und dienstliche Termine kollidieren" (Schreiben vom 5.10.2009). Am 9.11.2009 wurde die Klägerin (wieder) zur Rechtsanwaltschaft zugelassen und in die Rechtsanwaltskammer L. aufgenommen.
In den Einkommenssteuererklärungen der Klägerin (2007 bis 2011) sind weder positive noch negative Einkünfte aus einer selbständigen anwaltlichen Tätigkeit aufgeführt. Eine Vermögensschaden-Haftpflicht-Versicherung hat sie ausschließlich für ihre "nebenberuflich/geringfügige", "im eigenen Namen und für eigene Rechnung" ausgeübte anwaltliche Tätigkeit bis zu einem Honorarumsatz abzüglich Umsatzsteuer von 7.000,- EUR/Jahr abgeschlossen bei Verpflichtung, Abweichungen von dem so skizzierten anwaltlichem Haftungsrisiko "unverzüglich" dem Haftpflichtversicherer mitzuteilen.
Am 12.11.2009 ging bei der Beigeladenen der noch am 9.11.2009, dem Tag der erneuten Zulassung ausgefüllte Antrag der Klägerin auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für ihre Tätigkeit als "Fachreferentin" bei der Beigeladenen zu 1 ein. Die Beigeladene zu 1, die im Zulassungsverfahren noch bestätigt hatte, die Klägerin dürfe "neben ihrer Tätigkeit als Angestellte den Beruf der Rechtsanwältin ausüben" und im Falle der Kollision "dienstlicher und anwaltlicher Termine" letzteren nachgehen, "bestätigte" nun (ebenfalls unter dem 9.11.2009), dass die Klägerin "bei ihr als Rechtsanwältin" tätig sei. Sie werde rechtsberatend (Aufarbeitung und Analyse konkreter Rechtsfragen von betrieblicher Relevanz für die diversen Konzerntöchter in Bezug auf steuerliche Belange, Erarbeitung von speziellen Lösungsmöglichkeiten und unabhängige Bewertung der Lösungsmöglichkeiten), rechtsentscheidend (wesentliche Teilhabe an Abstimmungs- und Entscheidungsprozessen, außenwirksamer Auftritt als rechtskundiger Entscheidungsträger, Entscheidung über Beauftragung externer Berater und Sachverständiger), rechtsgestaltend (eigenständige Führung von Einigungsverhandlungen und selbstständige Gestaltung von Verträgen) sowie rechtsvermittelnd (Kommunizierung und Erläuterung von Rechtsentscheidungen und rechtlichen Positionen innerhalb der Gesellschaft und nach außen, Prüfung und schriftliche Aufarbeitung komplexer Rechtsfragen, mündliche Darstellung von Neuerungen zB im Rahmen von internen Veranstaltungen) tätig. Sie führe "in Eigenverantwortung die entsprechenden außergerichtlichen und gerichtlichen Verfahren im ersten Rechtszug".
Die Beklagte lehnte die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung ab: Die Klägerin sei bei der Beigeladenen zu 1 nicht anwaltlich beschäftigt, weil sie in einem begrenzten Bereich stets weisungsgebunden sei (Bescheid vom 5.1.2010).
Mit ihrem Widerspruch trug die Klägerin vor, sie sei keine Sachbearbeiterin, sondern eigenverantwortliche Fachreferentin und insofern gegenüber dem Finanzamt, dem Finanzgericht, bei Betriebsprüfungen sowie gegenüber externen Kollegen zeichnungsbefugt. Zu angestellten Rechtsanwaltskollegen in einer Rechtsanwalts-GmbH bestehe kein sachlicher Unterschied.
Die Beklagte wies den Widerspruch zurück: Die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1 werde nach § 4 des Anstellungsvertrages iVm dem Manteltarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe als "qualifizierte Sachbearbeitung" beschrieben und somit durch Weisungsgebundenheit geprägt. Das widerspreche dem Bild der freien Berufsausübung eines Rechtsanwalts. Die Mitgliedschaft beim Beigeladenen zu 2 resultiere aus der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft in L. aufgrund nebenberuflicher, selbstständiger, nicht sozialversicherungspflichtiger anwaltlicher Tätigkeit und sei nicht wegen der abhängigen Beschäftigung in E. erfolgt (Widerspruchsbescheid vom 10.5.2010).
Mit ihrer Klage vom 1.6.2010 hat die Klägerin ihren Befreiungsanspruch weiter verfolgt und vorgetragen, sie werde seit April 2010 nach der (höheren) Tarifgruppe 8 des Manteltarifvertrages für das private Versicherungsgewerbe vom 30.6.2008 bezahlt. Diese Gruppe erfasse nicht (mehr) qualifizierte Sachbearbeitung, sondern bereits Führungsaufgaben. Im Gegensatz zu angestellten Rechtsanwälten in großen Anwaltsfirmen sei sie für ihren Arbeitgeber sogar zeichnungsbefugt. Als Mitarbeiterin in einem Versicherungsunternehmen bleibe sie zwar der zuständigen Leitung unterstellt, dies sei bei angestellten Rechtsanwälten in Anwaltsunternehmen jedoch nicht anders.
Die Klägerin hat hilfsweise einen Anspruch auf Neubescheidung und weiter hilfsweise einen Anspruch auf Feststellung geltend gemacht, dass sie nicht verpflichtet sei, während ihrer Zeit als Rechtsanwältin Pflichtbeiträge an die Beklagte zu zahlen.
Die Beklagte hat eingewandt, die Beschäftigung der Klägerin könne schon deshalb nicht als anwaltliche Tätigkeit qualifiziert werden, weil ihre Ausübung nicht die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft verlange. Es sei keine Ànderung der Arbeit vor und nach der Gehaltserhöhung 2010 zu erkennen.
Der Personalleiter der Beigeladenen zu 1 Dr. N1. G. ist als Zeuge vernommen worden. Auf den Inhalt seiner Aussage wird Bezug genommen.
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte (im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung) verurteilt, die Klägerin für ihre Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien: Für die Befreiung müsse die Pflichtmitgliedschaft gerade wegen der jeweiligen abhängigen Beschäftigung bestehen. Das sei der Fall, weil es sich um eine Beschäftigung handele, die dem Berufsbild des Rechtsanwaltes zuzuordnen sei. § 46 Abs 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) verdeutliche, dass ein Rechtsanwalt auch im Rahmen seiner Tätigkeit für seinen Arbeitgeber grundsätzlich Rechtsanwalt im gesetzlichen Sinne sei; andernfalls wäre das Vertretungsverbot in § 46 Abs 1 BRAO überflüssig. Das Zusammenspiel von § 3 Abs 1 BRAO einerseits und § 46 Abs 1 BRAO andererseits zeige, dass allein eine Unabhängigkeit von Weisungen in der Beurteilung von Rechtsfragen gefordert werde. Deshalb könne grundsätzlich auf die vier Kriterien "Rechtsberatung, Rechtsentscheidung, Rechtsgestaltung und Rechtsvermittlung" zurückgegriffen werden, die die Beklagte im Jahr 2005 zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e.V. (ABV) erarbeitet und in einem Merkblatt niedergelegt habe. Die Tätigkeit der Klägerin erfülle unter Berücksichtigung der Angaben des Zeugen Dr. G. diese Voraussetzungen (Urteil vom 29.9.2011, der Beklagten am 31.10.2011 zugestellt).
Mit ihrer Berufung vom 18.11.2011 hat die Beklagte vorgetragen, die Klägerin sei bei der Beigeladenen zu 1 zwar juristisch, nicht aber anwaltlich tätig. Im Jahr 2005 habe sie - die Beklagte - die bisherige Verwaltungspraxis geändert und zur Abgrenzung anwaltlicher Tätigkeit von (lediglich) juristischer Tätigkeit die Kriterien der "Rechtsberatung, Rechtsentscheidung, Rechtsgestaltung und Rechtsvermittlung" eingeführt. Die Kriterien müssten kumulativ erfüllt sein. Dabei sei auf das tatsächliche Gesamtbild der Tätigkeit abzustellen. Die Klägerin erfülle das Kriterium der Rechtsgestaltung nicht. Auch sei das Gesamtbild der Tätigkeit kein anwaltliches. Sie habe ab September 2007 die streitgegenständliche Beschäftigung ausgeübt, ohne als Rechtsanwältin zugelassen zu sein. Bis zu ihrer Zulassung zwei Jahre später habe sich ihre Tätigkeit für die Beigeladene zu 1 nicht geändert. Nach der Rechtsprechung (Landesozialgericht (LSG) NRW, Urteile vom 19.3.2003, Aktenzeichen (Az) L 4 RA 12/03, und vom 22.8.2005, Az L 3 RA 72/04; LSG Schleswig Holstein, Urteil vom 10.12.2003, Az L 8 RA 91/02; Bundesgerichtshof (BGH) AnwZ (8) 20/10) werde ein "Syndikusanwalt" grundsätzlich nicht anwaltlich tätig.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichtes Köln vom 29.9.2011 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, ihr arbeitsvertraglich vereinbartes Entgelt habe sich erneut erhöht, sie werde ab dem 1.1.2012 außertariflich vergütet. Die Beklagte müsse sich an den von ihr selbst in Zusammenarbeit mit der ABV entwickelten vier Kriterien zur Abgrenzung juristischer von anwaltlicher Tätigkeit festhalten lassen. Alles andere verstieße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes (GG). Es komme daher nicht auf formale Kriterien an, wie zB das Führen von Rechtsanwaltsakten, die Einrichtung einer Kanzlei etc. Der Begriff der "berufsspezifischen Tätigkeit" sei weit auszulegen. Sähe man dies anders, würde die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes in grundgesetzwidriger Weise eingeschränkt. Nach ihrem Wechsel zur Beigeladenen zu 1 im September 2007 habe sie die Zulassung zur Anwaltschaft aus "finanziellen Gründen" zurückgegeben. Sie habe die Haftpflichtversicherungsbeiträge sowie Beiträge zur Rechtsanwaltskammer einsparen wollen. Sie habe nur grob gewusst, was an Arbeit auf sie zukomme. Eine Kanzlei habe sie in den Räumen der Beigeladenen zu 1 nicht eingerichtet, es gebe dort auch kein Kanzleischild für sie, die von ihr bearbeiteten Akten seien nicht gesondert als Rechtsanwaltsakten gekennzeichnet.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Der Beigeladene zu 2 meint, die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht sei zu gewähren, wenn der Versicherte in der zu befreienden Tätigkeit rechtsberatend, -entscheidend, -vermittelnd und -gestaltend tätig werde. An diese Kriterien habe sich die Beklagte durch die von ihr erlassenen, norminterpretierenden Verwaltungsvorschriften selbst gebunden. Die Klägerin erfülle diese Voraussetzungen. Dagegen spalte die so genannte "Doppelberufstheorie" die Tätigkeit eines "Syndikusanwalts" in nicht nachvollziehbarer, künstlicher Weise auf in eine nicht anwaltliche für den Arbeitgeber und eine anwaltliche als selbstständiger Rechtsanwalt. Das stelle eine unzulässige Einschränkung der Berufsfreiheit dar und sei mit europäischem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erfolge nicht tätigkeits-, sondern statusbezogen. Wer eine Zulassung als Rechtsanwalt begehre, müsse den generellen Antrag auf Zulassung stellen und die Befähigung zum Richteramt besitzen. Daneben setzte die Zulassung lediglich noch voraus, dass kein Versagungsgrund vorliege.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die Personalakten der Beigeladenen zu 1, die in Ablichtung vorliegenden Auszüge aus der Akte des Beigeladenen zu 2 sowie die in Ablichtung vorliegende Zulassungsakte der Rechtsanwaltskammer E. Bezug genommen. Sämtliche Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Gründe
Die zulässige Berufung ist begründet.
Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, die Klägerin von der Versicherungspflicht zu befreien. Der Bescheid vom 5.1.2010 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.5.2010, § 95 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht, § 54 Abs 2 S 1 SGG. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für die bei der Beigeladenen zu 1 ausgeübte Beschäftigung, § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Die Hilfsanträge sind unzulässig.
I. Nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI werden von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte [ ] für die Beschäftigung [ ], wegen der sie [ ] kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn [ ]. Der Befreiungstatbestand erfordert damit im Kern, dass der Versicherte wegen der Tätigkeit, für die er Befreiung begehrt, Mitglied einer berufsständischen Vereinigung ist und dieser Zusammenhang kraft gesetzlicher Verpflichtung bestehen muss. An beidem fehlt es, da die Klägerin nicht wegen der bei der Beigeladenen zu 1 ausgeübten Beschäftigung Mitglied der Rechtsanwaltskammer L. ist (im Folgenden 1.) und diese Beschäftigung sie auch nicht kraft Gesetzes verpflichtet, Mitglied der Rechtsanwaltskammer L. (oder E.) zu sein oder zu werden (im Folgenden 2.). Der eindeutige Wortlaut des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI kann entgegen der Auffassung der Beteiligten nicht in einem anderen Sinn (weit) ausgelegt werden; insbesondere genügt für einen Anspruch auf Befreiung nicht bereits, dass die Tätigkeit wesentliche Elemente einer rechtsanwaltlichen Tätigkeit aufweist, also rechtsberatend, -entscheidend, -vermittelnd und -gestaltend (sog Vierkriterientheorie) ist (im Folgenden 3.). Ohne Belang ist, dass die Klägerin am 9.11.2009 als selbstständige Rechtsanwältin Mitglied einer berufsständischen Vereinigung geworden ist (im Folgenden 4.). Das steht mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), des Bundesgerichtshofs (BGH) und des Europäischern Gerichtshofs (EuGH) in Einklang (im Folgenden 5.).
1. Als bei der Beigeladenen zu 1 abhängig gegen Arbeitsentgelt beschäftigte (angestellte) "Fachreferentin Steuern" in der Steuerabteilung innerhalb der Hauptabteilung Rechnungswesen Steuern Konzern unterliegt die Klägerin der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, § 1 Nr 1 Var 1 SGB VI. Von dieser Versicherungspflicht werden unter den in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 a bis c SGB VI genannten weiteren Voraussetzungen auf Antrag Angestellte für die Beschäftigung befreit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind (BSG, Urteil vom 22.10.1998, Az B 5/4RA 80/97 Rdnr 19; LSG NRW, Urteil vom 19.3.2004, Az L 4 RA 12/03, Rdnr 28; LSG NRW, Urteil vom 22.8.2005, Az L 3 RA 72/04, Rdnr 31; LSG Hamburg, Urteil vom 20.01.2004, Az L 3 RA 45102, Rdnr 18; Gürtner in KassKomm, 74. Stand 2012, § 6 SGB VI Rdnr 3 mwN; Klattenhoff in Hauck/Haines, Kommentar zum SGB VI§ 6 Rdnr 41).
Die Klägerin ist nicht "wegen" ihrer Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1 Mitglied der Rechtsanwaltskammer L. und damit - gleichzeitig - des Beigeladenen zu 2 geworden. Dabei kann hier offen bleiben, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen positiv festgestellt werden kann, dass jemand wegen einer bestimmten Beschäftigung Mitglied einer berufsständischen Vereinigung wird oder ob es - jedenfalls für Rechtsanwälte - insoweit zunächst einer Harmonisierung zwischen Berufs- und Sozialversicherungsrecht bedarf. Darauf kommt es nicht entscheidend an, weil vorliegend jedenfalls klar erkennbar ist, dass die Klägerin offensichtlich nicht wegen der Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1 Mitglied einer berufsständischen Vereinigung geworden ist.
Bei Aufnahme der Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1 im September 2007 hat die Klägerin aus wirtschaftlichen Gründen bewusst keinen Antrag auf Zulassung als Rechtsanwältin bei der insoweit örtlich zuständigen Rechtsanwaltskammer E.gestellt, §§ 6 iVm 12 Abs 3 und 27 BRAO. Sie hat erst etwa 2 Jahre später ihre (erneute) Zulassung als Rechtsanwältin gerade nicht bei der Rechtsanwaltskammer E., sondern (wieder) bei der Rechtsanwaltskammer L. beantragt und diesen Antrag nicht mit der in E. ausgeübten abhängigen Beschäftigung, sondern mit einer nebenberuflichen selbstständigen anwaltlichen Tätigkeit mit Kanzleisitz bei an ihrem Wohnsitz in L. begründet. Die Tätigkeit als Fachreferentin Steuern hat sie dabei nur wegen § 7 Nr 8 BRAO angegeben ("Tätigkeit [ ...], die mit dem Beruf des Rechtsanwalts, insbesondere seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege nicht vereinbar ist oder das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährden kann"), also um der Rechtsanwaltskammer L. die Prüfung zu ermöglichen, ob diese Tätigkeit einer Zulassung entgegensteht. Passend dazu hat die Beigeladene zu 1 als Arbeitgeberin in diesem Verfahren unwiderruflich erklärt, dass die Klägerin "neben ihrer Tätigkeit als Angestellte den Beruf der Rechtsanwältin ausüben" dürfe und zu diesem Zweck berechtigt sei, "sich während der Dienststunden zur Wahrnehmung etwaiger gerichtlicher Termine und Besprechungen jederzeit von ihrem Dienstsitz zu entfernen, ohne im Einzelfall eine Erlaubnis hierfür einholen zu müssen, selbst wenn anwaltliche und dienstliche Termine kollidieren".
Die Rechtsanwaltskammer L. hat dementsprechend geprüft, ob die Tätigkeit als "Fachreferentin Steuern" in E. der angestrebten Tätigkeit als Rechtsanwältin in L. entgegensteht, dies verneint und die Klägerin am 9.11.2009 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Wäre die Rechtsanwaltskammer L. der Ansicht gewesen, bei der hier strittigen, ihr im Zulassungsverfahren bekannt gemachten Tätigkeit handelte es sich (auch) um eine rechtsanwaltliche, hätte sie auf Zulassung der Klägerin zur Rechtsanwaltschaft in E. oder ggf. zur Einrichtung und Unterhaltung einer Kanzlei oder Zweigstelle in E. sowie zur Anzeige dieses Umstandes an die Rechtsanwaltskammer E. hinwirken müssen/hingewirkt, § 27 Abs. 1 und 2 BRAO.
Der Senat ist in Anbetracht des Gesetzeswortlauts "wegen [ ...] sind" jedenfalls im vorliegenden Fall nicht verpflichtet, hypothetisch zu prüfen, ob die Klägerin auch für die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1 zur Rechtsanwaltschaft hätte zugelassen werden müssen, um auf diese Weise Mitglied der Rechtsanwaltskammer E. und des Beigeladenen zu 2 zu werden und so zumindest diese Voraussetzungen (Mitglied einer berufsständischen Kammer und eines berufsständischen Versorgungswerkes) der Befreiungsvorschrift des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI erfüllen zu können.
Die Befreiungstatbestände des § 6 SGB VI enthalten Ausnahmeregelungen, die nach allgemeiner Rechtsmethodik weder einer erweiternden Auslegung noch einer entsprechenden Anwendung zugänglich sind (Berchtold in: Komm zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, SGB VI, § 6 Rdnr 3 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 30.4.1997, Az 12 RK 34/96; Dankelmann in Juris-PK-SGB VI, 2. Aufl 2013, § 6 Rdnr 28 mit Verweis auf BSG, Urteil vom 29.1.1981, Az 11 RA 22/80 und vom 26.9.1990, Az 5 RJ 11/89). Es fehlt in der vorliegenden Fallkonstellation bereits an einer Regelungslücke, die durch erweiternde Auslegung oder analoge Anwendung der Befreiungsnorm zu schließen wäre. Im Gegenteil hätte die Klägerin seit Aufnahme der Tätigkeit als "Fachreferentin Steuern" bei der Beigeladenen zu 1 im September 2007 jederzeit für eben diese Tätigkeit die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft beantragen und dadurch die gesetzlich ausdrücklich normierten Voraussetzungen für eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht schaffen können. Eine solche Befreiung war erkennbar der Haupt-, wenn nicht der einzige Zweck der von der Klägerin (erst) 2009 betriebenen (erneuten) Zulassung als Rechtsanwältin. Dies zeigt sich darin, dass sie noch am Tag der Aushändigung ihrer Zulassungsurkunde - möglicherweise ihre erste Handlung als Rechtsanwältin - die Befreiung von der Pflichtversicherung bei der Beklagten beantragt hat. Offenbar ist die Klägerin von 2009 bis heute nicht - wie im Zulassungsverfahren behauptet - als selbständige Rechtsanwältin tätig geworden. Sie hat nämlich bis einschließlich 2011 steuerlich keine negativen oder positiven Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit deklariert, keine Kanzlei oder Zweigstelle bei der Rechtsanwaltskammer E. angezeigt, ja nicht einmal ein eigenes Kanzleischild am angegebenen Kanzleisitz in L. angebracht.
Daran muss sie sich festhalten lassen. Beantragt ein Versicherter bewusst nicht das, was er eigentlich anstrebt und was ihm bereits seit Jahren möglich ist - die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft für die angestellte Tätigkeit (hier als "Fachreferentin Steuern"), für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht begehrt wird -, und umgeht er damit eine Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen wegen der zu befreienden Tätigkeit, muss er dieses bewusst gewählte Vorgehen gegen sich gelten lassen. Die Klägerin hat den direkten, vom Gesetz verlangten Weg - wie viele andere in Unternehmen, Verbänden und Vereinen juristisch tätige Volljuristen - bewusst nicht beschritten. Grund dafür ist offensichtlich die Zulassungspraxis der Rechtsanwaltskammern; sie orientiert sich an der ständigen Rechtsprechung des Anwaltssenates des BGH (BGH, Beschluss vom 7.2.2011, Az AnwZ (B) 20/10, Rdnr 6; BGH, Beschluss vom 18.6.2001, Az AnwZ (B) 41/00, NJW 2001, 3130; Beschluss vom 4.11.2009, Az AnwZ (B) 16/09, NJW 2010, 377, Rdnr 17; BGH, Beschluss vom 14.7.2003; BGH, Urteil vom 25.2.1999, Az IX ZR 384/97). Danach musste die Klägerin a priori damit rechnen, als nicht bei einem Rechtsanwalt abhängig Beschäftigte nicht zur Rechtsanwaltschaft zugelassen zu werden. Hielte sie dieses Ergebnis für unzutreffend, so hätte ihr der Rechtsweg zu ordentlichen Gerichten und gegebenenfalls zum Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und/oder zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) offen gestanden. Es ist nicht möglich, auf dem Umweg über das Befreiungsverfahren diesen Rechtsweg zu umgehen und die für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht notwendige Zulassung zur Rechtsanwaltschaft durch (scheinbare) Aufnahme einer (nebenberuflichen) selbständigen anwaltlichen Tätigkeit zu "bewirken". Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit können nicht dazu verpflichtet sein, bei der Prüfung der Befreiungsvoraussetzungen nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI - quasi am vorgesehenen Rechtsweg vorbei - zu prüfen, ob die Versicherte nicht nur für die tatsächlich im Zulassungsverfahren angegebene (nebenberufliche) selbstständige anwaltliche Tätigkeit zur Rechtsanwaltschaft zugelassen werden durfte, sondern auch für die im Befreiungsverfahren strittige abhängige Beschäftigung bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber hätte zugelassen werden können.
In der von der Klägerin gewählten Vorgehensweise liegt de facto der Versuch, die Zulassungsentscheidung der Rechtsanwaltskammern und der - restriktiven - zivilgerichtlichen Rechtsprechung auf die Beklagte und die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zu verlagern (vgl zu dem allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanenten Prinzip von Treu und Glauben, seine Systematik und Fallgruppen: Grüneberg in: Palandt, 72. Aufl 2013, BGB, § 242 Rdnr 38, 40 ff, 55; zum Grundsatz "venire contra factum proprium" allgemein im Sozialrecht und speziell auf die Vorgängervorschrift des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI, auf den § 7 AVG: BSG, Urteil vom 9.12.1982, Az 12 RK 15/80). Ein solches Vorgehen erfordert ein einvernehmliches Zusammenwirken zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. Beide haben im Befreiungsverfahren gegenüber der Beklagten andere Angaben gemacht als zuvor im Verfahren auf Zulassung gegenüber der Rechtsanwaltskammer. So hat die Klägerin unmittelbar im Anschluss an ihre Zulassung bei der Beklagten beantragt, sie für die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1 von der Versicherungspflicht zu befreien. War diese Angestelltentätigkeit aus Sicht der Klägerin jahrelang keine anwaltliche und hat sie dies sogar noch wenige Tage vor dem hier streitigen Befreiungsantrag selbst gegenüber der Rechtsanwaltskammer L. bestätigt, so behauptet sie hier - ohne erkennbare Begründung - das Gegenteil. Dabei teilt sie der Beklagten weder ihre anderslautenden Angaben im Zulassungsverfahren mit, noch gibt sie an, nicht für die (strittige) Angestelltentätigkeit, sondern ausschließlich für die (unstreitige) Tätigkeit als selbstständige Rechtsanwältin zur Anwaltschaft zugelassen worden zu sein. Weiter verschweigt die Klägerin, dass sie die angestellte Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1 nicht entsprechend den Regelungen der BRAO ausübt, sie insbesondere dort keine Kanzlei oder Zweigstelle eingerichtet hat (§ 27 BRAO), keine Anwaltsakten führt (§ 50 BRAO), keine Maßnahmen zur Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht ergreift (§ 43a BRAO) und die Tätigkeit nicht haftpflichtversichert hat (§ 51 Abs 1 BRAO). Berücksichtigt man schließlich, dass die Klägerin mit der als selbständige Rechtsanwältin ausgeübten Tätigkeit offenbar keine Einnahmen erzielt, so liegt die Annahme nahe, dass der Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht auf eine Pro forma - Zulassung gestützt wird (vgl zum Verschulden im Rahmen von rechtsmissbräuchlichem Verhalten: Grüneberg in: Palandt, 72. Aufl 2013, BGB, § 242 Rdnr 40). Das gilt gleichermaßen für die von der Klägerin im Zulassungs- und Befreiungsverfahren in Anspruch genommene "Hilfe" der Beigeladenen zu 1. Diese hat im Verfahren auf Zulassung zur Anwaltschaft gegenüber der zuständigen Rechtsanwaltskammer unwiderruflich erklärt, die Klägerin werde nur außerhalb der angestellten Tätigkeit anwaltlich tätig und dürfe daher jederzeit ohne Zustimmung ihre gut bezahlte Arbeit als Angestellte vernachlässigen, um nebenberuflich selbstständig anwaltlich tätig zu werden. Nur einige Wochen später hat die Beigeladene zu 1 im Verfahren auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht gegenüber der Beklagten das Gegenteil behauptet, gerade diese angestellte Tätigkeit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 1 sollte eine anwaltliche Tätigkeit sein. Die Klägerin hat die jeweiligen Erklärungen in den Verfahren auf Zulassung als Rechtsanwältin und im Verfahren auf Befreiung von der Versicherungspflicht getrennt vorgelegt, ohne die jeweils andere zu erwähnen. Diese offenbar häufig anzutreffende Praxis von Unternehmens-/Verbands-/Betriebsjuristen, sich als selbstständige Rechtsanwälte zuzulassen, obwohl diese Tätigkeit eigentlich nicht ausgeübt werden soll und faktisch auch kaum/gar nicht ausgeübt wird, und dabei sogar wahrheitswidrige Erklärungen ihrer Arbeitgeber über die angebliche jederzeitige Freistellung für Rechtsanwaltsaufgaben vorzulegen, wird zu Recht auch in der Anwaltschaft heftig kritisiert (vgl Kleine-Cosack, Der Syndikusanwalt - ein lebendiges Nullum,www.anwaltsblattkarriere.anwaltsverein.de/nachrichtendetails/items/dersyndikusanwaltein-Iebendigesnullum.html; der "den Umweg über die Zulassung als gewöhnlicher Rechtsanwalt" als "Mogelpackung" bezeichnet und die falsche Erklärung der Arbeitgeber als "Top" der "Zulassungsmongolei"; Röthemeyer, aaO sieht sich genötigt, seine Kollegen darauf hinzuweisen, dass keine "Phantasieerklärugen" abgegeben werden dürfen).
2. Selbst wenn man eine durch erweiternde Auslegung zu schließende Regelungslücke bejahte, weil die Klägerin bereits als Rechtsanwältin zugelassen ist und daher für die strittige Tätigkeit nicht mehr erneut zugelassen werden kann, wäre die Klägerin nicht von der Versicherungspflicht zu befreien. Erforderlich für eine Befreiung ist nämlich außerdem, dass die Klägerin "wegen der" abhängigen Beschäftigung "kraft gesetzlicher Verpflichtung" Mitglied einer berufsständischen Kammer ist (oder hätte werden müssen, wenn sie nicht bereits deren Mitglied wäre).
Mit diesem zum 1.1.1995 eingeführten zusätzlichen Erfordernis der gesetzlich vorgeschriebenen Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer soll für den Regelfall vermieden werden, dass das Befreiungsrecht auf eine freiwillige Zugehörigkeit zur Berufskammer zurückgeht, die doppelte Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und der berufsständischen Versorgungseinrichtung mithin Folge einer freien Disposition sein kann (BT-Drucks 13/2590 S 18, 22; Gürtner in: KassKomm, Stand 2013, SGB VI § 6 Rdnr 8). Deshalb genügt nicht die Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer auf Grund einer von einem formellen Gesetz abgeleiteten Norm (Verordnung (VO) oder Satzung), es bedarf vielmehr der entsprechenden Verpflichtung aufgrund eines Gesetzes im formellen Sinne (Gürtner, aaO).
Mitglied einer Rechtsanwaltskammer wird ein Volljurist nicht kraft Gesetzes wegen einer von ihm ausgeübten Tätigkeit, sondern auf seinen Antrag hin mit seiner Zulassung zur Anwaltschaft und Aushändigung der Zulassungsurkunde bei Vorliegen der weiteren Zulassungsvoraussetzungen, § 12 Abs 1 und 3 BRAO. Zwar gibt es keine gesetzliche Pflicht im engeren Sinn, bei Ausübung bestimmter Tätigkeiten einen entsprechenden Antrag zu stellen. Das führt indes nicht zu dem weder vom historischen Gesetzgeber noch nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes gewollten Ergebnis, dass grundsätzlich kein abhängig beschäftigter Rechtsanwalt mehr von der Versicherungspflicht bei der Beklagten zu befreien ist (siehe für alle: Mann: Die "Friedensgrenze" zwischen Anwaltsversorgung und gesetzlicher Rentenversicherung, NJW 1996, 1315). Denn die Pflicht auf Stellung eines Antrags auf Zulassung zur Anwaltschaft und die daraus resultierende Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer muss in einem weiteren Sinn verstanden werden: Es muss eine Tätigkeit ausgeübt werden, deren rechtmäßige Ausübung gesetzlich zwingend die Zulassung zur Anwaltschaft und damit zugleich zwingend die Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer nach sich zieht. Das ist bei der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeit offensichtlich nicht der Fall.
Die Klägerin ist bei der Beigeladenen zu 1 als "Fachreferentin Steuern" für eine andere Beschäftigte eingestellt worden, die selbst keine Rechtanwältin, ja nicht einmal Volljuristin war. Für diese Position hat die Beigeladene zu 1 ausweislich der "Personalanforderung" in der Personalakte auch keine Anwältin oder Volljuristen gesucht, sondern eine Steuerfachgehilfin bzw -fachwirtin oder jemanden mit vergleichbarer Ausbildung. Zur Stellenbeschreibung heißt es insoweit: "Erstellen Steuererklärungen Kapitalgesellschaften. Mitwirkung bei Betriebsprüfungen. Schwerpunktbearbeitung aller Umsatzsteuerfragen/Organschaft. Mitwirkung bei Jahresabschlüssen Handels-/Steuerrecht. Bearbeitung einzelner steuerrechtlicher Sachverhalte." Sowohl das so skizzierte Anforderungsprofil als auch die zu erledigenden Arbeiten sind in den sich zeitlich anschließenden internen und externen Stellenausschreibungen wiederholt worden. Wer als Steuerfachgehilfe oder Steuerfachwirt für seinen Arbeitgeber tätig wird, bedarf keiner Zulassung zur Anwaltschaft, um diese Arbeit recht- und gesetzmäßig auszuüben. Nichts anders gilt, wenn man die Tätigkeit der Klägerin als die einer Steuerberaterin qualifizierte.
Bei dieser Betrachtung geht der Senat davon aus, dass sich die Tätigkeit der Klägerin inhaltlich seit 2007 trotz Ausweitung der Befugnisse und (mehrfacher) Anhebung der Bezahlung nicht substantiell geändert hat, sondern es sich - entsprechend ihren eigenen Angaben - im Kern durchgehend um eine Tätigkeit als "Fachreferentin Steuern" auf der Basis des ursprünglichen Anstellungsvertrags von 2007 handelt. Dazu hat die Klägerin ausgeführt, sie vertrete als "Fachreferentin Steuern" Tochterunternehmen des Konzerns gegenüber dem Finanzamt, dem Finanzgericht, bei Betriebsprüfungen sowie gegenüber externen Kollegen. Sie entscheide sowohl im Rahmen der Gespräche mit Betriebsprüfern als auch in gerichtlichen Verfahren nach außen hin eigenständig über das Vorgehen der Beigeladenen zu 1 ohne insoweit generell oder ab einer bestimmten wirtschaftlichen Relevanz von Vorgaben vorgesetzter Mitarbeiter, insbesondere des Abteilungsleiters Steuern, abhängig zu sein. Weiter führe sie eigenständig Vertrags- und Einigungsverhandlungen. Für alle diese Tätigkeiten fordert kein Gesetz im formellen Sinn, dass sie nur von Rechtsanwälten ausgeübt werden dürfen. Weder nach dem 2007 noch geltenden Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) noch nach dem seit 2008 geltenden Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) war oder ist die Klägerin gesetzlich verpflichtet, sich wegen ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 1 zur Rechtsanwaltschaft zuzulassen. Die von Ihr verrichteten Arbeiten darf - auch soweit sie (steuer-) rechtliche Fragen betreffen - jeder Beschäftigte für seinen Arbeitgeber verrichten; sie bedürfen keiner besonderen Zulassung im Sinne von § 3 RDG. Es handelt sich um keine "fremden Angelegenheiten" im Sinne von § 2 Abs 1 RDG (Dreyer/Müller in: Dreyer/Lamm/Müller, RDG, 1. Aufl 2009, § 2 Rdnr 34; Krenzler, RDG, 1. Aufl 2010, § 2 Rdnr 50). Für die Zeit bis einschließlich 2007 regelte § 6 RBerG: "Die Vorschriften dieses Gesetzes stehen ferner dem nicht entgegen, dass Angestellte Rechtsangelegenheiten ihres Dienstherrn erledigen." Nichts anderes galt und gilt, soweit die Klägerin (steuer-) rechtliche Fragen nicht nur für ihren Arbeitgeber, sondern auch für andere Konzerntöchter bearbeitet. Per gesetzlicher Definition ist nämlich keine Rechtsdienstleistung, "die Erledigung von Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen (§ 15 des Aktiengesetz)", § 2 Abs 3 Nr 6 RDG (Entsprechendes galt bereits nach dem RBerG: Krenzler, aaO, § 2 Rdnr 50; Chemnitz/Johnigk, Art 1 § 1 RBerG, Rdnr 78). Auch aus der Wahrnehmung von Terminen vor Finanzgerichten folgt keine Pflicht, sich zur Anwaltschaft zuzulassen; dort ist kein Anwaltszwang vorgeschrieben. An der Wahrnehmung von Terminen als Rechtsanwältin im Rahmen der strittigen Beschäftigung für die Beigeladene zu 1 ist die Klägerin im Óbrigen selbst in Verfahren, bei denen Anwaltszwang herrscht, kraft Gesetzes gehindert. Denn ein Rechtsanwalt darf für einen Auftraggeber, dem er aufgrund eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und -kraft zur Verfügung stellen muss, vor Gerichten nicht in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt tätig werden, § 46 Abs 1 BRAO. Ein Verstoß gegen dieses gesetzliche Verbot führt zur Unwirksamkeit der vorgenommenen (Rechts-) Handlungen, § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB; BGH, Urteil vom 25.2.1999, Az IX ZR 384/97). Offen bleiben kann, ob die Klägerin rechtlich unmittelbar für die Beigeladene zu 1 oder für deren Konzerntöchter tätig wird. Die Beschränkungen eines bei einem Unternehmen angestellten Volljuristen, der (nebenberuflich) als Rechtsanwalt zugelassen ist, hängen hinsichtlich seines Auftretens vor Gericht nämlich nicht davon ab, ob er für die Konzernmutter oder für ein verbundenes Unternehmen tätig wird (Munte, Der Syndikusanwalt im Konzernunternehmen, AnwBI 1998, S 500, 506f unter I. 3.c). Die meisten größeren Konzerne - so auch die Beigeladene zu 1 - verfügen über zentrale Rechtsabteilungen und/oder Steuerabteilungen, die organisatorisch und arbeitsrechtlich bei der Muttergesellschaft angesiedelt sind, sich jedoch typischerweise auch um die (steuer-) rechtlichen Belange einer oder mehrerer Tochtergesellschaften umfassend kümmern, da es nicht sinnvoll ist, für jede (kleinere) Konzerntochter eine eigene Steuer-/Rechtsabteilung vorzuhalten. Bei einer solchen Konstellation bestehen zwischen dem angestellten Volljuristen und zugelassenen Anwalt einerseits sowie der von ihm betreuten Tochtergesellschaft andererseits keine dienstvertraglichen Bindungen. Die wörtliche Auslegung von § 46 Abs 1 BRAO hätte zur Folge, dass der (nebenberuflich) als Anwalt zugelassene, bei der Konzernmutter angestellte Volljurist für die Konzerntochter uneingeschränkt tätig werden könnte. Ein solches Verständnis der Vorschrift, das die Anwendung der Norm von der eher zufälligen und allein durch innerbetriebliche Bedürfnisse bedingten arbeitsrechtlichen Zuordnung eines angestellten Volljuristen/Rechtsanwalts zu einem bestimmten Konzernunternehmen abhängig machte, ergibt wenig Sinn und hat dem Gesetzgeber erkennbar nicht vorgeschwebt (LG Berlin, Beschluss vom 30.11.2005, Az 505 Qs 185/05, Rdnr 6; Munte, Der Syndikusanwalt im Konzernunternehmen, AnwBI 1998, S 500, 506f unter I. 3.c; Feuerich/Weyland, BRAO, 7. Aufl 2008, § 46 Rdnr 14; Henssler in: Henssler/Prütting, BRAO, 3. Aufl 2010, § 46 Rdnr 36). Dem entspricht, dass die Klägerin die Tätigkeit als "Fachreferentin Steuern" über zwei Jahre ohne Einschränkung vollwertig ausüben konnte, ohne zur Rechtsanwaltschaft zugelassen zu sein.
Selbst die Klägerin ist offenbar der Ansicht, ihre Tätigkeit begründe keine Verpflichtung zur Zulassung als Rechtsanwältin. Trotz ausdrücklichen Hinweises des Gerichts auf die für anwaltliches Handeln bestehenden Pflichten (Einrichtung einer Kanzlei oder Zweigstelle bei der Beigeladenen zu 1, entsprechende Mitteilung an die Rechtsanwaltskammer E., § 27 BRAO, Führen von Anwaltsakten, § 50 BRAO, Maßnahmen zur Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht, § 43a BRAO, Haftpflichtversicherung für die hauptberufliche Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1, § 51 Abs 1 BRAO) sieht sie offenbar bis heute keine Veranlassung, die Vorschriften der BRAO in Bezug auf die strittige Tätigkeit einzuhalten (vgl zu den Mindestanforderungen: Dahns, Die Kanzleipflicht, NJW-SpeziaI2009, 654; LSG NRW, Urteil vom 19.3.2004, Az L 4 RA 12103, juris-Rdnr 38; Prütting, Anwaltliche Tätigkeit und berufsständische Versorgung, Rechtsgutachten 6/2003, S 33, 37). Im Merkblatt für sog "Syndikusanwälte" des Deutschen Anwaltsvereins (DAV) heißt es unter I 4 Berufspflichten: "Seinem Status und Selbstverständnis als Rechtsanwalt im Unternehmen entsprechend hat der Syndikusanwalt auch bei seiner Tätigkeit für einen Arbeitgeber die anwaltlichen Grundpflichten zu beachten (vgl BGH NJW 1991, 218), wie namentlich die Pflichten zur Verschwiegenheit, zur Sorgfalt, zur Fortbildung oder auch das Sachlichkeitsgebot. Schließlich findet das anwaltliche Standesrecht grundsätzlich auch auf die anwaltliche Tätigkeit im Unternehmen Anwendung". Unter "IV Rahmenbedingungen" heißt es im o.g. Merkblatt weiter: "Der Syndikusanwalt soll seine berufliche Qualifikation als Rechtsanwalt auf Schildern und Papieren dokumentieren, seine Akten als Anwaltsakten und als vertraulich eindeutig kennzeichnen, sie klar von anderen Akten, die er überarbeitet, trennen, den Zugang zu den Anwaltsakten für nichtanwaltliche Mitarbeiter des Unternehmens versperren und seine Mitarbeiter auf Verschwiegenheit verpflichten". Alle diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor.
3. Die genannten Kriterien des § 6 Abs 1 S 1 SGB VI können nicht im Sinne einer weiten Auslegung durch andere Kriterien ersetzt werden, insbesondere nicht durch die vom SG und - zumindest in der Vergangenheit - auch von den Beteiligten angewandten sog. Vierkriterientheorie. Es genügt gerade nicht, wenn neben einer Zulassung als Rechtsanwalt eine Beschäftigung vorliegt, die inhaltlich im Wesentlichen der Tätigkeit eines Rechtsanwalts gleichkommt.
Gesetzessystematisch folgt das zunächst daraus, dass es sich bei den Befreiungstatbeständen des § 6 SGB VI um eng begrenzte Ausnahmefälle handelt (s.o. und im Óbrigen: Berchtold in: Komm zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, SGB VI, § 6 Rdnr 3 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 30.4.1997, Az 12 RK 34/96; Dankelmann in Juris-PK-SGB VI, 2. Aufl 2013, § 6 Rdnr 28 mit Verweis auf BSG, Urteil vom 29.1.1981, Az 11 RA 22/80 und vom 26.9.1990, Az 5 RJ 11/89). Ein Abstellen auf andere, weiter gefasste Befreiungskriterien als den nach dem Gesetzeswortlaut vorgesehenen führte zwangsläufig zu einer Vergrößerung des von der Versicherungspflicht zu befreienden Personenkreises. Dass dies - selbst für den Fall einer Erweiterung des Pflichtmitgliederkreises berufsständischer Kammern durch formelle, nach dem 31.12.1994 in Kraft getretene Gesetze - nicht gewollt ist, steht ausdrücklich in § 6 Abs 5 S 3 SGB VI. Damit ist gleichzeitig dem Argument der Boden entzogen, das Berufsbild des Rechtsanwalts habe sich seit den 90-er Jahren fortentwickelt, der zu befreiende Personenkreis habe ich entsprechend erweitert (zB SG München, NJW 2012, 1023).
Dennoch wird bei der Frage, für welche Beschäftigung ein als Anwalt zugelassener Versicherter von der Pflicht zur Versicherung bei der Beklagten zu befreien ist (§ 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI), regelmäßig noch darauf abgestellt, ob die zu befreiende Tätigkeit kumulativ rechtberatende, -entscheidende, -vermittelnde und -gestaltende Elemente enthält (Prütting, Anwaltliche Tätigkeit und berufsständische Versorgung, Rechtsgutachten 6/2003; Horn, Die sozialgerichtliche Rechtsprechung zur Befreiung der Syndikusanwälte von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht, NJW 2012, 966, 968; Kilger, AnwBI 1992, 438; AnwBI 1999, 571). Dabei wird - so auch das SG im angefochtenen Urteil - behauptet, es genüge die Ausübung einer berufsspezifischen anwaltlichen Tätigkeit. Begründet wird dieser Ansatz nur selten. Zum Teil wird - wie vorliegend vom Beigeladenen zu 2 - darauf hingewiesen, dass die Zulassung zur Anwaltschaft - anders als in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI gefordert - nicht tätigkeits-, sondern personenbezogen erfolge. Damit die Vorschrift dennoch auf die Befreiung von angestellten Anwälten anwendbar bleibe, müsse auf Kriterien abgestellt werden, die für anwaltliches Tätigwerden typisch sind. Eine solche dogmatische Herleitung der Vierkriterientheorie überzeugt ebenso wenig wie andere Versuche erweiternder Auslegung der Befreiungsvoraussetzungen des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI.
Die Ungeeignetheit der vom SG und den Beteiligten angewandten vier Kriterien - sie gehen auf einen Abgrenzungsvorschlag von Prütting (aaO) zurück und wurden 2005 nach Verhandlungen zwischen der ABV und der Beklagten von letzterer in ihre Verwaltungsrichtlinien übernommen - zeigt sich an Folgendem: Wären diese Kriterien ausreichend, um anwaltliche Tätigkeit festzustellen, so wären auch viele Steuerberater, Rentenberater, Mitarbeiter von Inkassodiensten etc berufsspezifisch anwaltlich tätig und zwar unabhängig davon, ob sie kein, ein oder zwei juristische Staatsexamina abgelegt haben. Allerdings könnten trotz identischer Tätigkeiten nur diejenigen unter ihnen, die - aus welchem Gründen auch immer - (zusätzlich) beide juristische Staatsexamen abgelegt haben, sich von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen.
Dass dies nicht richtig sein kann, zeigt sich auch im konkreten Fall. Die Klägerin hat auf der Position einer "Fachreferentin Steuern" in der Steuerabteilung innerhalb der Hauptabteilung Rechnungswesen/Steuern des Konzerns eine Beschäftigte ersetzt, die keine Rechtsanwältin war. Gesucht wurde von der Beigeladenen zu 1 dementsprechend auch keine Anwältin oder zumindest Juristin, sondern jemand mit steuerrechtlicher und wirtschaftswissenschaftlicher Ausbildung. Alle Tätigkeiten für die Beigeladene zu 1 konnten von der Vorgängerin der Klägerin und später auch der Klägerin selbst ausgeübt werden, ohne dass die Zulassung zur Anwaltschaft notwendig wurde. Dennoch ist es ausweislich der Bescheinigung der Beigeladenen zu 1 und des Urteils des SG bei großzügiger Auslegung der Kriterien und geschickter Formulierung möglich, die eindeutig auf einen Steuerfachwirt/Steuerfachgehilfen/Steuerberater zugeschnittene Tätigkeit zu einer anwaltlichen im Sinne der Vierkriterientheorie zu machen.
Den vorliegenden Rechtsstreit hat diese von beiden Beteiligten praktizierte Theorie genauso wenig vermeiden können, wie zahlreiche derzeit anhängige Parallelverfahren zu dieser Problematik. Die ganz unterschiedlichen Maßstäbe bei den Versuchen, Tätigkeiten unter die gesetzlich nicht definierten, unbestimmten Rechtsbegriffe der Rechtsvermittlung, -entscheidung, -beratung und -gestaltung zu subsumieren, führen selbst bei rechtlich vergleichbaren Sachverhalten zu unvorhersehbaren Entscheidungen der Beklagten und der Gerichte (Óbersicht bei: Horn, Die sozialgerichtliche Rechtsprechung zur Befreiung der Syndikusanwälte von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht, NJW 2012, 966). Sie zeigen die Praxisuntauglichkeit der Vierkriterientheorie. Es leuchtet bereits nicht ein, warum ihr zufolge die vier Kriterien für eine Befreiung stets kumulativ vorliegen müssen. Das ist nämlich nach allgemeiner Ansicht selbst bei von Rechtsanwälten anwaltlich beschäftigten Versicherten nicht regelhaft der Fall. Nach der Vierkriterientheorie dürften auch sie häufig nicht von der Versicherungspflicht befreit werden. Tatsächlich erfolgt ihre Befreiung durch die Beklagte zu Recht unproblematisch. Bei ihnen handelt es sich gerade um eine der Personengruppen, deren Befreiungsmöglichkeit der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 6 Abs 1 SGB VI zum 1.1.1996 im Auge hatte (BT-Drucks 13/2590, 18; Kilger, Freie Advokatur, Versorgungswerke für Rechtsanwälte, AnwBl 2011, 908; Prütting, Das Anstellungsverhältnis des Syndikusanwalts, AnwBl 2001, 313; Prütting, Die Unabhängigkeit des Syndikusanwalts, AnwBl 2009, 402 ff). Sie erfüllen auch die vom Gesetzeswortlaut und folglich auch dem erkennenden Senat zugrunde gelegten Befreiungsvoraussetzungen. Auch das BSG weist auf die bei Abweichen vom Gesetzeswortlaut drohenden "erheblichen Abgrenzungs- und Definitionsprobleme" hin (Urteil vom 31.10.2012, Az B 12 R 5/10 R, Rdnr 29 ff).
Der 11. Senat des LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 19.2.2013, Az L 11 R 2182/11, Rdnr 37) betont zwar ebenfalls die Unvorhersehbarkeit von Entscheidungen auf Basis der unbestimmten Begriffe der Vierkriterientheorie, zieht daraus aber die im Gesetz nicht vorgesehene Konsequenz, ganz darauf zu verzichten, bestimmte Merkmale/Kriterien positiv festzustellen. Es soll vielmehr genügen, dass die Beschäftigung eines Rechtsanwalts bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber keinen Tatbestand erfülle, der eine Versagung der Zulassung nach § 7 Nr 8 BRAO, die Rücknahme der Zulassung oder ihren Widerruf nach § 14 Abs 1, Abs 2 Nr 8 BRAO rechtfertige (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.2.2013, Az L 11 R 2182/11, Rdnr 38). Das steht aber erkennbar im Widerspruch zum Wortlaut des Gesetzes (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.2.2013, Az L 11 R 2182/11, Rdnr 36) und - worauf das LSG nicht eingeht - zum Verbot der erweiternden Auslegung des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI. Soweit er sich auf den Sinn und Zweck des Gesetzes beruft und insoweit auf die Rechtsprechung des 4. Senats des LSG NRW verweist (Urteil vom 19.3.2004, Az L 4 RA 12/03) ist anzumerken, dass das LSG NRW genau zum entgegengesetzten Ergebnis gelangt (grds keine Befreiung sog "Syndikusanwälte" von der Rentenversicherungspflicht bei der Beklagten). Dass die Vermeidung einer Doppelversicherung (Beitragspflicht zugleich zur gesetzlichen Rentenversicherung und einem berufsständischen Versorgungswerk) nicht das primäre Ziel des Gesetzes ist und des historischen Gesetzgebers war, folgt bereits aus § 6 Abs 1 S 3 SGB VI. Danach müssen selbst Versicherte, die kraft eines nach dem 31.12.1994 in Kraft getretenen Gesetzes Pflichtmitglied einer berufsständischen Kammer und damit idR zugleich eines berufsständischen Versorgungswerks werden, zu beiden Sicherungssystemen Beiträge zahlen. Dies ist - in der konkreten gesetzlichen Ausformung - verfassungsrechtlich unproblematisch und entspricht im Óbrigen dem tatsächlichen, für eine enge Auslegung des § 6 SGB VI sprechenden Zweck des Gesetzes und der Vorstellung des Gesetzgebers, Versicherte mit typischerweise günstigen Risiken in der Versichertengemeinschaft der gesetzlichen Rentenversicherung zu halten (BT-Drucks 13/2590, 18; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 5.5.2008, Az 1 BvR 1060/05, 1 BvR 1753/05, Rdnr 17-19). Das vom 11. Senat des LSG Baden-Württemberg anhand des Presseberichts zitierte Urteil des BSG vom 31.10.2012, Az B 12 R 3/11 R enthielt auch nicht die vom LSG vermuteten Schlussfolgerungen zu § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI, dass nämlich Pharmaberater iSv § 75 Arzneimittelgesetz (AMG) für ihre abhängige Beschäftigung als Pharmaberater - obwohl diese keine ärztliche Approbation erfordert - als Mitglied der Àrztekammer und eines Versorgungswerks der Àrzte von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit werden können. Im Gegenteil stellt das BSG fest, dass allein aus der Verwendung des Begriffs "Pharmaberater" noch nicht folge, dass die konkreten Umstände der Beschäftigung tatsächlich der Legaldefinition des § 75 Abs 1 AMG entsprechen. Hinzu komme, dass es sich bei dem Begriff des Pharmaberaters, anders als bei dem des in § 75 Abs 2 Nr 3 AMG genannten (geprüften) Pharmareferenten, nicht um eine geschützte Berufsbezeichnung, sondern um eine Tätigkeitsbeschreibung handele.
Auch Versuche der Vertreter der Vierkriterientheorie, ihre über den Gesetzeswortlaut hinausgehende Anwendung der Befreiungsvorschrift des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI zu rechtfertigen, überzeugen nicht.
Mit der einem Mitglied der berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI eingeräumten Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht koordiniert das SGB VI die selbständig nebeneinander stehenden, sich partiell überschneidenden Systeme der berufsständischen Altersversorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese Koordinationsregel soll den Berufsangehörigen idR die Verpflichtung nehmen, Beiträge zu zwei weitgehend funktionsgleichen Sicherungssystemen zahlen zu müssen (LSG NRW, Urteil vom 19.3.2004, Az L 4 RA 12/03, Rdnr 28; LSG NRW, Urteil vom 22.8.2005, Az L 3 RA 72104, Rdnr 32; Klattenhoff, in: Hauck/Haines, aaO, § 6 Rdnr 9, 14, 35; Dankelmann in Juris-PK-SGB VI, 2. Aufl 2013, § 6 Rdnr 35). Sie setzt daher einen inneren Zusammenhang zwischen der Tätigkeit des Berufsangehörigen, für die Versicherungsbefreiung in Anspruch genommen wird, und dem Versorgungsschutz durch die berufsständische Versorgungseinrichtung voraus (LSG NRW, Urteil vom 19.3.2004, Az L 4 RA 12103, Rdnr 28; LSG NRW, Urteil vom 22.8.2005, Az L 3 RA 72/04, Rdnr 32). Ein solcher innerer Zusammenhang besteht indes nur dann, wenn sich die jeweils zu beurteilende Tätigkeit des Mitglieds der Versorgungseinrichtung, die von der Versicherungspflicht befreit werden soll, als berufsspezifisch darstellt (BSG, Urteil vom 22.10.1998, aaO; Klattenhoff, in Hauck/Haines, aaO, § 6 Rdnr 41, § 5 Rdnr 70 f; Dankelmann in Juris-PK-SGB VI, 2. Aufl 2013, § 6 Rdnr 45 ff).
Aus der Notwendigkeit einer "berufsspezifischen Tätigkeit" folgt aber nicht im Umkehrschluss, dass jede "berufsspezifische" Tätigkeit für sich allein genommen bereits für die Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI genügt (so aber der überwiegende Teil der Literatur und ein großer Teil der Rspr, zuletzt obergerichtlich: Hess LSG 29.10.2009, aaO; LSG Baden-Württemberg 23.01.2013, L 2 R 2671/12). Vielmehr hat es - wegen des klaren Wortlauts der Vorschrift und des Verbots der erweiternden Auslegung der Ausnahmevorschrift - dabei zu bleiben, dass nur wegen der Tätigkeiten von der Pflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung befreit werden kann, wegen der eine gesetzliche Pflicht zur Begründung der Mitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer besteht (BSG, Urteil vom 31.10.2012, Az B 12 R 5/10 R, Rdnr 29 ff zur parallel gelagerten Problematik der Erstreckung einer ausgesprochenen Befreiung auf andere Beschäftigungen und Tätigkeiten, für die nicht befreit wurde, § 6 Abs 5 SGB VI; das BSG verweist insofern auf den Wortlaut des Gesetzes, auf teleologische Gesichtspunkte (Verwaltungsvereinfachung) und die ansonsten drohenden "erheblichen Abgrenzungs- und Definitionsprobleme").
Diese Konsequenz wollen einige Stimmen in Rechtsprechung und Literatur jedoch nicht ziehen. Sie sind der Auffassung, § 4 BRAO regele ausschließlich personen- und nicht tätigkeitsbezogen, wer zur Anwaltschaft zuzulassen sei, nämlich Personen, die einerseits zum Richteramt qualifiziert seien und bei denen andererseits keine Ausschlussgründe nach § 7 BRAO vorlägen (Prossliner, AnwBI 2009, 133, Syndikusanwälte und die gesetzliche Rentenversicherung; Prütting, Anwaltliche Tätigkeit und berufsständische Versorgung, Rechtsgutachten 6/2003, S 6; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.2.2013, Az L 11 R 2182/11 Rdnr 36). Das kann jedoch bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zutreffen. Die anwaltliche Berufsausübung unterliegt nach der Verfassung der freien und unreglementierten Selbstbestimmung des Einzelnen, soweit sie nicht durch verfassungskonforme Regelungen im Sinne des Grundrechts der Berufsfreiheit (Art 12 GG) beschränkt ist (BVerfGE 50, 16, 29; 66, 266, 282; BVerfG, NJW 1983, 1535, 1536). Als subjektive Berufsausübungsregelung darf die personenbezogene, statusbegründende Voraussetzung der Befähigung zum Richteramt daher nicht außer Verhältnis zum angestrebten Zweck stehen (BVerfGE 7, 377, 405 f; 25, 1, 11; 44, 105, 117; 59, 302, 315f; Henssler/Prütting, BRAO, 3. Aufl 2010, § 4 Rdnr 6). Es darf also nicht die Befähigung zum Richteramt und damit der Abschluss von zwei juristischen Staatsexamen verlangt werden, wenn die auszuübende Tätigkeit dies von ihrer Art nicht erfordert. Das ist bei der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeit als "Fachreferentin Steuern" offensichtlich nicht der Fall.
4. Die angestrebte Befreiung kommt auch nicht unter dem Aspekt in Betracht, dass die abhängige Beschäftigung der Klägerin für die Beigeladene zu 1 zusammen mit einer etwaigen nebenberuflichen selbständigen anwaltlichen Tätigkeit eine einheitliche anwaltliche Berufsausübung darstellt.
Die Klägerin ist durch die Zulassung als Rechtsanwältin mit Wirkung vom 9.11.2009 nach § 60 Abs 1 BRAO Mitglied der Rechtsanwaltskammer L. und damit nach § 2 Abs 1 RAVG NW iVm § 10 Nr 2 der Satzung der Beigeladenen zu 2) Pflichtmitglied des Versorgungswerks der Rechtsanwälte geworden. Allerdings begründete ihre Tätigkeit als selbständige Rechtsanwältin am Kanzleisitz in L., für die sie die Zulassung beanspruchte, selbst wenn sie tatsächlich ausgeübt würde, keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Als selbständige Tätigkeit ist sie nicht im Katalog des § 2 SGB VI aufgeführt; die Klägerin hat auch keinen Antrag auf Pflichtmitgliedschaft nach § 4 Abs 2 SGB VI gestellt. Für diese Tätigkeit bedarf es keiner - hier allein strittigen - Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Sie kann folglich im Rahmen eines Befreiungsanspruchs nicht auf die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1 ausstrahlen.
Die von der Klägerin hauptberuflich ausgeübte Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1 als "Fachreferentin Steuern" verschmilzt auch nicht durch die Anmeldung der nebenberuflichen Tätigkeit als Rechtsanwältin mit letzterer zu einem einheitlichen Anwaltsberuf, der insgesamt zu einer Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI führte. Es handelt sich bei der nebenberuflichen selbstständigen Tätigkeit als Rechtsanwältin und der Tätigkeit als angestellte Fachreferentin Steuern bei der Beigeladenen zu 1 vielmehr um zwei zeitlich, inhaltlich und funktional abgrenzbare Tätigkeiten, die voneinander unabhängig sind und eine getrennte Betrachtung erfordern (BSG, Urteil vom 10.09.1975, Az 3/12 RK 6/74, BSGE 40, 208; LSG NRW, Urteil vom 19.3.2004, Az L 4 RA 12/03, Rdnr 28; LSG NRW, Urteil vom 22.8.2005, Az L 3 RA 72/04, Rdnr 31; Klattenhoff, in Hauck/Haines, Kommentar zum SGB VI, § 5 Rdnr 71; Gürtner in KassKomm, 74. Erglief, 2012, SGB VI, § 6 Rdnr 3). Das ergibt sich auch aus § 6 Abs 5 SGB VI. Danach beschränkt sich die Befreiung auf die jeweilige abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, für die sie ausgesprochen worden ist; eine Erstreckung kommt nur im Ausnahmefall bei im Voraus zeitlich begrenzten anderen Tätigkeiten in Betracht, wenn der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.
Im Óbrigen hatte die Klägerin die strittige Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1 bereits zwei Jahre lang vollwertig und rechtmäßig ausgeübt, bevor sie ihre Zulassung zur Anwaltschaft wegen der (angeblichen) Tätigkeit als selbstständige Rechtsanwältin beantragt hat.
Auch steuerrechtlich waren und sind die Tätigkeiten voneinander abgrenzbar (Einkünfte aus abhängiger Beschäftigung einerseits und aus selbstständiger Erwerbstätigkeit andererseits). Als selbstständige Rechtsanwältin wäre die Klägerin - bei tatsächlicher Berufsausübung - die berufene unabhängige Vertreterin ihrer Mandanten in allen Rechtsangelegenheiten, § 3 Abs 1 BRAO; sie übte ihre Tätigkeit von ihrem Wohnsitz in L. aus (Kanzleisitz). Als "Fachreferentin Steuern" der Beigeladenen zu 1 ist sie innerhalb eines festen Beschäftigungsverhältnisses lediglich für einen Arbeitgeber in einem fachlich auf das Steuerrecht begrenzten Bereich überwiegend in dessen Räumlichkeiten tätig. Beide Tätigkeitsbereiche sind dabei insbesondere durch das Berufsausübungsrecht - die BRAO auf der einen und arbeitsrechtliche Vorschriften auf der anderen Seite - mit unterschiedlichen Rechten und Pflichten ausgestattet. Beide Tätigkeitsbereiche haben - wie dargelegt - unterschiedliche Eingangsvoraussetzungen, denn nur die Tätigkeit als selbstständige Rechtsanwältin setzt die Befähigung zum Richteramt voraus. Für die Ausübung der Tätigkeit als Fachreferentin Steuern bedarf es nicht der Zulassung als Rechtsanwältin, die die Klägerin für diese Tätigkeit auch nie beantragt hat.
Der Charakter der abhängigen Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1 hat sich schließlich nach und durch die Zulassung zur Anwaltschaft nicht verändert. Die sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Rechte und Pflichten waren bzw sind - wie bereits ausgeführt - die gleichen geblieben. Auch die tatsächliche Ausübung der Beschäftigung erfolgt nach wie vor ohne Beachtung der für anwaltliches Handeln rechtlich zwingenden Vorgaben der BRAO.
Die Klägerin ist auch entgegen der Rechtsauffassung des SG nicht etwa seit ihrer Zulassung als Rechtsanwältin ein sogenannter "Syndikusanwalt" im Sinne des § 46 BRAO und als solcher etwa per se von der Versicherungspflicht bei der Beklagten zu befreien.
Zwar wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass die Tätigkeit eines sog "Syndikusanwalts", der zugleich Angestellter eines Unternehmens und selbstständig tätiger Rechtsanwalt ist, als einheitlicher - anwaltlicher - Beruf anzusehen ist (vgl für viele: Hamacher, Der Syndikusanwalt, Der DAV-Ratgeber, 2008, BI 198; Kilger, Freie Advokatur: Versorgungswerk für Rechtsanwälte, AnwBl 2011, 908 ff; Prütting, AnwBI 2001, 313 mwN; Kilger, AnwBI 1999, 571) - mit der Folge, dass sich die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI auf dessen Beschäftigung als Angestellter erstrecken soll. Dies solle jedenfalls dann gelten, wenn der sog "Syndikusanwalt" im Rahmen seiner Tätigkeit als Angestellter zumindest überwiegend rechtsberatend, -entscheidend, -anwendend und -vermittelnd tätig wird. Dies überzeugt schon deshalb nicht, weil nicht feststeht und wohl auch nicht feststellbar ist, was unter dem (operationalen) Begriff "Syndikusanwalt" überhaupt zu verstehen ist. Der (Bundes-) Gesetzgeber hat dies nicht definiert; er verwendet den Begriff nicht einmal (verwendet, nicht aber definiert wird der Begriff lediglich in Landesvorschriften: § 29 Abs 3 Hessisches Juristenausbildungsgesetz (JAG); §§ 30 und 31 der Rheinland- Pfälzische Juristische Ausbildungs- und Prüfungsordnung (JAPO)). Auch in der Literatur fehlt es an einer einheitlichen Definition (instruktive Óbersicht über die bestehenden Definitionsversuche: Offermann-Burckart, Systemrelevanz von Syndikusanwälten, http://anwaltsblatt.anwaltverein.delrechtsprechungdetails/items/syndikusanwalt.htm; dies übersehend und allein auf die Definition in Hans-Jochem Mayer in Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 5. Aufl 2012, § 1 Rdnr. 64 abstellend: LSG Baden- Württemberg, Urteil vom 23.01.2013, Az L 2 R 2671/12, juris-Rdnr 31).
Óbereinstimmung besteht allenfalls dahingehend, dass der Gesetzgeber das Vorhandensein von "Syndikusanwälten" in der BRAO voraussetzt und in § 46 Abs 1 BRAO zumindest teilweise regelt (Offermann-Burckart, aaO; Prütting, Das Anstellungsverhältnis des Syndikusanwalts, AnwBI 2001, 315; LSG NRW, Urteil vom 19.3.2004, AZ L 4 RA 12/03, Rdnr 33 ff; LSG NRW, Urteil vom 22.8.2005, Az L 3 RA 72/04, Rdnr 38). Die Klägerin ist nicht "Syndikusanwältin" im Sinne dieser Vorschrift. Gem § 46 Abs 1 BRAO darf ein Rechtsanwalt für einen Auftraggeber, dem er aufgrund eines ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnisses seine Arbeitszeit und -kraft zur Verfügung stellen muss, vor Gerichten oder Schiedsgerichten nicht in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt tätig werden. Von der Regelung des § 46 BRAO und auch der BRAO insgesamt erfasst werden also lediglich Personen, die für ihren "Auftraggeber" als Rechtsanwälte tätig sind. Die Klägerin ist bei der Beigeladenen zu 1 aber schon deshalb nicht als Rechtsanwältin tätig, weil die dort ausgeübte Tätigkeit - wie bereits dargelegt - nicht die Befähigung zum Richteramt voraussetzt und von ihr bis heute zudem nicht entsprechend den zwingenden Formvorschriften der BRAO ausgeübt wird. Folgerichtig hat die Beigeladene zu 1 die Stelle der Klägerin zuvor nicht stets an Rechtsanwälte oder zumindest an (Voll-) Juristen vergeben.
Die Klägerin wäre wegen ihrer Tätigkeit als "Fachreferentin Steuern" aber auch dann nicht von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs 1 SGB VI zu befreien, wenn man zu ihren Gunsten unterstellte, sie wäre als "Syndikusanwältin" anzusehen bzw einer solchen zumindest vergleichbar und entsprechend zu behandeln.
Nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI (BSG, Urteil vom 31.10.2012, Az B 12 R 5/10 R, juris-Rdnr 29 ff zur parallel gelagerten Problematik in § 6 Abs 5 SGB VI) gibt es nämlich keine Befreiungsmöglichkeit für einen (wie auch immer bestimmbaren) einheitlichen Beruf als Rechtsanwalt, sondern nur für (einzelne) "Tätigkeiten, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlichrechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind".
Im Óbrigen ist die Tätigkeit eines "Syndikusanwalts" - ohne dass es darauf nach der Gesetzeslage noch ankommt - entgegen der oben genannten Literaturmeinung kein anwaltlicher Einheitsberuf. Dieser Auffassung ist bereits die Klägerin selbst, denn sie hat ihre Zulassung zur Anwaltschaft im Jahre 2007 zurückgegeben, nachdem sie die streitige Angestelltentätigkeit bei der Beigeladenen zu 1 aufgenommen hatte. Sie hat auch später nie die Zulassung als Rechtsanwältin für die Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) beantragt.
Gerade weil - wie hier bei der Klägerin - nach der derzeit geltenden Rechtslage die abhängige Beschäftigung von nebenberuflich tätigen Rechtsanwälten von ihrer freiberuflichen anwaltlichen Tätigkeit getrennt betrachtet werden muss und weil die Aufnahme der freiberuflichen Anwaltstätigkeit keinen Einfluss auf die rechtliche Bewertung der abhängigen Beschäftigung iSd § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI hat, (und damit aus abhängigen - mehr oder weniger juristische Kenntnisse erfordernden Tätigkeiten - keine anwaltlichen Tätigkeiten werden) strebt der DAV einer Ànderung und Ergänzung des § 46 BRAO an. Dabei soll ua § 46 BRAO um einen vierten Absatz mit folgendem Inhalt erweitert werden:
"Wer in einem ständigen Dienst- oder ähnlichen Beschäftigungsverhältnis nach Abs 1 steht, übt in ihm seinen anwaltlichen Beruf aus, wenn er Berater und Vertreter in Rechtsangelegenheiten seiner Dienstherren ist oder wenn der Dienstherr Rechtsanwalt ist."
Zur Begründung führt der DAV aus, dass dies vor dem Hintergrund des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI notwendig sei, "denn dort werde nicht ein abstraktes Berufsbild im Sinne eines Status vorausgesetzt, sondern auf die konkret ausgeübte Tätigkeit abgestellt". Dieser aktuell gültige Gesetzeszustand soll künftig nach dem Wunsch der Anwälte also dadurch geändert werden, dass eine "anwaltliche" Tätigkeit fingiert wird ("wer [ ...] , übt in ihm seinen anwaltlichen Beruf aus, [ ...] "), wenn (mehr oder weniger) juristische Arbeiten verrichtet werden, nämlich "beratende" und "vertretende" Tätigkeiten in "Rechtsangelegenheiten" der "Dienstherren". Dies soll auch gelten, wenn diese Arbeiten keinen Anwalt oder eine Person mit zumindest einem oder zwei juristischen Staatsexamina erfordern. Wenn der Dienstherr Anwalt ist, soll nicht einmal die "Beratung oder Vertretung in Rechtsangelegenheiten" erforderlich sein, um die abhängige Beschäftigung eines als Rechtsanwalts zugelassenen Beschäftigten als "anwaltlich" zu fingieren und so die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung zu erreichen. Dass es selbst nach Auffassung des DAV und der in ihm organisierten "Syndikusanwälte" einer Gesetzesänderung des § 46 BRAO und sogar der Fiktion einer anwaltlichen Tätigkeit im Rahmen der Beschäftigung bei einem (nichtanwaltlichen) Arbeitgeber bedarf, um eine Befreiung von der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI zu erreichen, ist umso bemerkenswerter, als in zahlreichen Veröffentlichungen gerade Mitglieder des DAV und (zT) der "Arbeitsgemeinschaft der Syndikusanwälte" die Auffassung vertreten, dass eine Befreiungsmöglichkeit bereits nach derzeitigem Recht besteht (Huff, Berufsstatus des Syndikus: Schon die freie Rechtsberatung macht den Anwalt. In: Legal Tribune ONLlNE, 02.02.2012, http://www./to.de/persistantla id/5474/; Kilger, Hartmut, Freie Advokatur: Versorgungswerke für Rechtsanwälte, AnwBI 12/2011, 901 - 912; Dahns, Christian, Die Befreiung des Syndikusanwalts von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht, NJW- Spezial 2007, 237 - 238 etc; vgl zur umfangreichen Literatur die Internetseite "Syndikusanwälte versus Deutsch Rentenversicherung Bund" http://syndikusund- rentenversicherung.de/literaturbeitr%C3%A4geundsonstigenachweise/ sowie die Internetseiten der Rechtsanwaltskammern und Versorgungswerke der Rechtsanwälte).
Selbst wenn § 46 BRAO dem Wunsch der Anwaltschaft entsprechend geändert würde, bedeutete dies nicht, dass damit alle zugelassenen Rechtsanwälte, die auch bei einem Nichtanwalt einer Angestelltentätigkeit nachgehen, wegen letzterer automatisch von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien sind. Das beruht auf dem Umstand, dass die Frage der Befreiung von der Versicherungspflicht nicht in § 46 BRAO geregelt ist, sondern in § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI. Dieser enthält (bisher) keine Blankettverweisung auf das Berufsrecht der BRAO. Eine Neuregelung des § 46 BRAO würde daher an den vorstehenden Schlussfolgerungen nichts ändern, die eine Befreiung für juristische Tätigkeiten in Anstellungsverhältnissen bei nichtanwaltlichen Arbeitgebern ausschließen. Im Óbrigen bleibt beim Vorschlag des DAV unklar, was unter dem Begriff "Rechtsangelegenheiten", in denen beratende und vertretende Tätigkeiten zu erfolgen haben, gemeint ist. Das ist umso misslicher, als sich die Beklagte und zahlreiche Unternehmensjuristen/Verbandsjuristen hierüber bereits streiten. Unklar bliebe weiter, in welchem qualitativen und quantitativen Umfang eine solche Tätigkeit ausgeübt werden soll/muss.
Zudem fragt sich, wie eine Vertretung iSv § 46 Abs 4 BRAO möglich sein soll, wenn § 46 Abs 1 BRAO weiterhin vorsieht, dass ein Rechtsanwalt seinen Dienstherren vor Gericht nicht vertreten kann. Natürlich kann er ihn dann außergerichtlich in Rechtsangelegenheiten vertreten. Das darf - im Umkehrschluss aus § 3 RDG - aber auch jeder (Nichtjurist). Schließlich wird nicht das Problem gelöst, wie bei einem Nichtanwalt angestellte, fingierte Rechtsanwälte die nach § 46 Abs 4 BRAO dann einzuhaltenden Vorschriften der BRAO (Verschwiegenheitspflicht, Aktenführung, Kanzleipflicht etc) einhalten wollen und sollen, und was geschähe, wenn solchen fingierten Rechtsanwälten die Zulassung entzogen wird, zB wegen Vermögensverfalls, § 14 Abs 2 Nr 7 BRAO.
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass § 6 Abs 1 S 3 SGB VI bereits jetzt die Erweiterung des Personenkreises der von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht zu befreienden Beschäftigten verhindert, wie sie dem DAV offenbar vorschwebt. Dort heißt es: "Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind."
5. Dass die abhängige Beschäftigung eines (wegen einer anderen Tätigkeit) zugelassenen Anwalts bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber - vorliegend aber auch generell - keine anwaltliche Tätigkeit ist, entspricht der Rechtsprechung des EuGH, des BVerfG sowie des BGH.
Das Bundesverfassungsgericht war mit der Frage befasst, ob die Tätigkeit als "Syndikus in abhängiger Stellung" (konkret ging es um Rechtsberatung von Vereinsmitgliedern, die so auch durch einen Rechtsanwalt hätte erbracht werden können), der daneben in selbstständiger Stellung ausgeübten Tätigkeit als Rechtsanwalt entgegensteht. Dies hat es unter anderem unter dem Gesichtspunkt geprüft, ob und gegebenenfalls wie der Gesetzgeber vermeiden wollte und durfte, dass die zu beratenden Personen (Vereinsmitglieder) sich darüber irren, ob sie von einem Rechtsanwalt oder "nur" von einem "Syndikus" beraten werden. Dazu hat das BVerfG eine Berufszulassungsregelung für verfassungswidrig angesehen, weil eine (weniger belastende) Berufsausübungsregelung genüge. Es hat damit aber zugleich festgestellt, dass eine durch einen Rechtsanwalt in der Funktion als angestellter "Syndikus" vorgenommene Rechtsberatung (konkret: von Vereinsmitgliedern) grundsätzlich keine anwaltliche Tätigkeit ist. Ansonsten hätte ein einfacher Hinweis darauf genügt, dass der "Syndikusanwalt" auch als solcher anwaltlich tätig wird. Eine Berufsausübungsregelung wäre nicht erforderlich gewesen. In weiteren Fällen hat das BVerfG die "Doppelberufe als Rechtsanwälte und Vertreter gewerblicher Unternehmen" hervorgehoben und dabei eine sorgfältige Prüfung von Interessenkollisionen und Berufspflichtverletzungen betont. Auch dies wäre nicht notwendig gewesen, wenn "Syndikusanwälte" auch als "Syndikus" anwaltlich tätig würden (Entscheidungen vom 4.11.1992, Az 1 BvR 79/85, 1 BvR 643/87, 1 BvR 442/89, 1 BvR 239/90, 1 BvR 1258/90, 1 BvR 772/91, 1 BvR 91, 1 BvR 909/91, Rdnr 128f).
Damit spricht das BVerfG - anders als manche Stimmen in der Literatur es verstehen (so ua: Stellungnahme des DAV für eine Ànderung von § 46 BRAO "zur KlarsteIlung und Konkretisierung des Berufsbilds von Syndikusanwälten", http://www.anwaltverein.de/downloads/Stellungnahmen-11/SN-42-12.pdf) - deutlich aus, dass ein "Syndikusanwalt" als "Syndikus" keine anwaltliche Tätigkeit ausübt und daher wegen dieser Tätigkeit auch nicht zur Anwaltschaft zugelassen werden kann. Vor diesem Hintergrund ist es aus Sicht des Senats irreführend, von "Syndikusanwälten" zu sprechen, weil der Begriff zu der Annahme verleitet, der "Syndikus" sei (auch) in dieser Funktion Anwalt und nicht - was er tatsächlich ist - Unternehmens-, Betriebs- oder Verbandsjurist. Es besteht auch nicht etwa Anlass zur Annahme, das BVerfG könnte seine 1992 geäußerte Rechtsauffassung zum "Syndikusanwalt" inzwischen geändert haben. Das BVerfG hat noch unter dem 30.6.2009 (Az 1 BvR 893/09) die Nichtannahme einer Verfassungsbeschwerde ausdrücklich damit begründet, dass durch die Entscheidung des Jahres 1992 (weiterhin) geklärt sei, "unter welchen Voraussetzungen Tätigkeiten von Rechtsanwälten in einem Zweitberuf aufgrund der Unvereinbarkeit mit dem Anwaltsberuf zu einer Beschränkung der Berufswahlfreiheit führen können", also nicht nur keine anwaltliche Tätigkeit darstellen, was vorliegend bereits genügen würde, sondern einer solchen Tätigkeit sogar entgegenstehen.
Vor diesem Hintergrund erscheint auch die von Anwälten und dem DAV geforderte Gesetzesänderung verfassungsrechtlich problematisch. Sie berücksichtigt nicht die vom BVerfG in seinen Entscheidungen betonte und durch §§ 1, 3 Abs 1, 7 Nr 8 sowie 14 Abs 2 Nr 8 BRAO ausdrücklich geforderte und geschützte (generell abstrakte) Unabhängigkeit des einzelnen Anwalts. Diese stellt zur Óberzeugung des BVerfG die notwendige Vertrauensgrundlage in die Rechtsanwaltschaft insgesamt dar; die wiederum wesentlicher Teil der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege sei, also eines der wichtigsten Verfassungsgüter überhaupt (BVerfG, Az 1 BvR 79/85, 1 BvR 643/87, 1 BvR 442/89, 1 BvR 239/90, 1 BvR 1258/90, 1 BvR 772191, 1 BvR 91, 1 BvR 909/91, insbes juris-Rdnr 111, 112).
Der Rechtsprechung des BVerfG folgend lässt der BGH in ständiger Rechtsprechung für nichtanwaltliche Arbeitgeber tätige Volljuristen (Unternehmensjurist/Betriebs-Verbandsjurist) ausschließlich für und wegen ihrer Zweittätigkeit als (selbstständige) Anwälte zur Anwaltschaft zu, nicht aber für und wegen ihrer juristischen (aber nichtanwaltlichen) Tätigkeit für einen nichtanwaltlichen Arbeitgeber. Trotz abhängiger Beschäftigung anwaltlich tätig werden können nach zutreffender Auffassung des BGH nur bei Rechtsanwälten angestellte, für diese Tätigkeit zur Anwaltschaft zugelassene Volljuristen (BGH, Urteil vom 10.10.2011, Az AnwZ (Brfg) 7/10 Rdnr 18; BGH, Beschluss vom 4.11.2009, Az AnwZ (B) 16/09; BGH, Beschluss vom 7.2.2011, Az AnwZ (B) 20/10, juris-Rdnr 6 mzwN; so ausdrücklich auch das LSG NRW, Urteile vom 19.3.2004 und 22.8.2005, Az L 4 RA 12/03 und L 3 RA 72104, sowie im Umkehrschluss aus dem Ausschluss anwaltlicher Tätigkeit von Juristen bei nichtanwaltlichen Arbeitgebern das BVerfG aaO und der EuGH, Urteil vom 14.9.2010 Rdnr 46 ff).
Nur in dieser Konstellation unterliegen die Arbeitgeber ebenfalls dem anwaltlichen Berufsrecht, dessen Einhaltung sie auch für die Tätigkeit der angestellten Rechtsanwälte sicherstellen müssen. Eine Interessenkollision besteht nicht: Die Tätigkeit des angestellten Anwalts erfordert unproblematisch die Befähigung zum Richteramt, § 4 BRAO. Auch die weiteren Vorschriften der BRAO betreffend das anwaltliche Tätigwerden (Verschwiegenheit, Kanzleipflicht, Führen von Anwaltsakten, Haftpflichtversicherung etc) können und werden regelhaft ohne Weiteres von angestellten Anwälten mit anwaltlichen Arbeitgebern erfüllt. Die anwaltliche Tätigkeit der angestellten Anwälte erfolgt auch nicht maßgeblich für den anwaltlichen Arbeitgeber, sondern für den jeweiligen Mandanten (BGH, Urteil vom 10.10.2011, Az AnwZ (Brfg) 7/10 Rdnr 18; BGH, Beschluss vom 4.11.2009, Az AnwZ (B) 16/09; BGH, Beschluss vom 7.2.2011, Az AnwZ (B) 20/10, Rdnr 6 mzwN).
Zu berücksichtigen ist endlich, dass auch der EuGH einen für ein Unternehmen tätigen Juristen/"Syndikusanwalt" nach niederländischem Recht nicht als (Voll-) Anwalt bzw "externen Anwalt" ansieht und ihm daher nicht die für einen solchen (Voll-) Anwalt/externen Anwalt geltenden Rechte zugesteht (Urteil vom 14.9.2010, C-550107 P, Rdnr 46 ff). Dabei entsprechen die tragenden Argumentationslinien denjenigen des BVerfG, des BGH und des Gesetzgebers bei Schaffung des §§ 1, 3 Abs 1 und 46 Abs. 2 BRAO: Besondere Rechte als Organ der Rechtspflege können nur externen Anwälten zustehen. Nur sie verfügen über die notwendige Unabhängigkeit, die die Gewährung solcher Rechte rechtfertigt.
II. Einen Anspruch auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung, kann die Klägerin schließlich nicht aus den Verwaltungsrichtlinien der Beklagten iVm Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) herleiten. Selbst wenn zahlreiche andere Versicherte bei vergleichbarer Sach- und Rechtslage von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung - rechtswidrig - befreit worden sind, ergibt sich daraus kein Anspruch auf Gleichbehandlung. Denn es gibt keine Gleichbehandlung im Unrecht (BVerfGE 50, 142, 166; BVerfG Beschluss vom 12.7.2007, Az 1 BvR 1616/03; BSG, Beschluss vom 9.12.1999, Az B 9 V 61/99 B). Dem Gesetz widersprechende Verwaltungsvorschriften sind rechtswidrig, haben schon deshalb keine normative (Außen-)Wirkung und können folglich Ansprüche praeter bzw contra legem nicht begründen.
III. Die Hilfsanträge sind unzulässig, weil die Klägerin - entsprechend ihrem Hauptantrag - unmittelbar auf Verpflichtung der Beklagten, sie von der Versicherungspflicht zu befreien, klagen kann. Nach § 6 Abs 1 SGB VI "werden" Versicherungspflichtige von der Versicherungspflicht "befreit" (= zwingende Rechtsfolge, kein Ermessen; Berchtold in: Komm zu Sozialrecht, 3. Aufl 2013, SGB VI, § 6 Rdnr 3), wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. In einem solchen Fall ist kein Raum für eine "Neubescheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts"; eine auf dasselbe Ziel gerichtete Feststellungsklage ist wegen deren Subsidiarität nicht statthaft (zum Vorrang von Gestaltungsklagen gegenüber Feststellungsklagen: BSG SozR 3-2500 § 124 Nr 1; BSGE 58, 150; 90, 215, 220; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 55 Rndr 16; zur Zulässigkeit einer Bescheidungsklage nur bei Beurteilungs- oder Ermessensspielraum der Behörde: Keller, aaO, § 54 Rdnr 6a).
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183 S 1, 193 Abs 1 S 1 SGG.
Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit zugelassen, § 160 Abs 2 SGG.
LSG Nordrhein-Westfalen:
Urteil v. 07.05.2013
Az: L 18 R 1038/11
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/a9edef08fc62/LSG-Nordrhein-Westfalen_Urteil_vom_7-Mai-2013_Az_L-18-R-1038-11