Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. September 2001
Aktenzeichen: 24 W (pat) 60/01

(BPatG: Beschluss v. 11.09.2001, Az.: 24 W (pat) 60/01)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 30. Oktober 1996 veröffentlichte Eintragung der Marke 396 10 629 HERKO mit dem im Laufe des patentamtlichen Verfahrens auf die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen beschränkten Verzeichnis

"Filtermaterial (soweit in Klasse 1 enthalten); Reinigungsmittel für Maschinen, nämlich Waschchemikalien; Wasser- und nichtwassermischbare Kühlschmierstoffe, technische Öle, insbesondere Schmier- und Hydrauliköle und Fette, Staubabsorbierungs-, Staubbenetzungs- und Staubbindemittel; rohe und teilweise bearbeitete unedle Metalle und Metallegierungen; Hartmetalle und Hartmetallegierungen; Dauermagnetwerkstoffe, Weichmagnetstoffe; metallische Schneidkörper (maschinell betätigt), Schneidplatten aus Hartmetall und Hartmetallegierungen; maschinelle Werkzeuge, ausgenommen Sägen und Schleifmaschinen für Holz, Metall und Gestein, insbesondere spanabhebende Werkzeuge und deren Teile; Werkzeughalter und aus verschiedenen Bauteilen und Werkzeugen bestehende Werkzeugsysteme für spanende Werkzeugmaschinen; maschinelle Werkzeuge für die Umform- und Stanztechnik; maschinelle Schneidgeräte und Schnittwerkzeuge für die Papier-, Textil- und Kunststoffindustrie; korrosionsbeständige und verschleißbeständige Maschinenbauteile; Lager, Lagerteile und andere mit Gleitflächen versehene bzw dem Verschleiß ausgesetzte Maschinenteile, Filtriermaschinen einschließlich Einsätze dafür; metallische Schneidkörper (handbetätigt), Schneidplatten aus Hartmetall und Hartmetallegierungen; handbetätigte Werkzeuge, ausgenommen solche zur Bearbeitung von Holz, Metall und Gestein, insbesondere spanabhebende Werkzeuge und deren Teile, handbetätigte Werkzeuge für die Umform- und Stanztechnik; handbetätigte Schneidgeräte und Schnittwerkzeuge für die Papier-, Textil- und Kunststoffindustrie; metallische und nichtmetallische Dauermagnete; Bauteile aus Dauermagnetwerkstoffen; Bauteile aus weichmagnetischen Werkstoffen; elektrische und elektronische Meß-, Prüf- und Kontrollgeräte, insbesondere für magnetische Kenngrößen; elektrisch und elektronische Meß-, Prüf- und Kontrollgeräte, zur Identifizierung, Überwachung, Messung und Prüfung und Kennzeichnung von Bearbeitungswerkzeugen und Werkzeugmaschinen sowie Teile dieser Geräte; Entsorgung von Prozeßmaterialien für Maschinen, insbesondere von Kühlschmiermitteln, Ölen, Fetten, Waschchemikalien, Reinigungsmitteln für Maschinen, Korrosionsschutzmitteln, Beizen und von Filtermaterial, durch Sammeln, Recyceln, chemisches Umwandeln, insbesondere Verbrennen, biologische Aufbereitung, Raffination; Entsorgung von Prozeßmaterialien für Maschinen, insbesondere von Kühlschmiermitteln, Ölen, Fetten, Waschchemikalien, Reinigungsmitteln für Maschinen, Korrosionsschutzmitteln, Beizen und von Filtermaterial, durch Transportieren, Deponieren"

ist Widerspruch erhoben worden aufgrund der für die Waren

"Werkzeugmaschinen, insbesondere Stanz-, Präge- und Biegepressen, Fräsmaschinen sowie Schneidemaschinen, insbesondere Tafelscheren; Geräte zum Messen und/oder Abtasten und Justieren von Werkstücken, Rohlingen oder Werkstoff für die genannten Werkzeugmaschinen; elektrische Werkzeugmaschinen, Funkenerosionsmaschinen; Werkzeugmaschinen für die elektrochemische Bearbeitung von Werkstücken, elektronische Steuergeräte für die genannten Werkzeugmaschinen"

am 28. März 1984 eingetragenen Marke 1 061 540 HURCO.

Die Markeninhaberin hat die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch zurückgewiesen. Die zum Vergleich stehenden Marken seien nicht verwechselbar. Obgleich die beiderseitigen Waren und Dienstleistungen zumindest teilweise als ähnlich anzusehen seien, halte die angegriffene Marke selbst bei Anlegung strengster Maßstäbe den erforderlichen Abstand ein, um Verwechslungen auszuschließen. Angesichts der Kürze beider Markenwörter werde dem angesprochenen Publikum die Abweichung im zweiten Buchstaben der Wörter nicht verborgen bleiben. "E" unterscheide sich von "U" in klanglicher wie in schriftbildlicher Hinsicht auf prägnante Weise.

Die Widersprechende hat Beschwerde eingelegt und unter Vorlage von Glaubhaftmachungsunterlagen die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für sogenannte Bearbeitungszentren, insbesondere für elektrische Werkzeugmaschinen und elektronische Steuergeräte für diese Maschinen geltend gemacht. Für diese Bearbeitungszentren einschließlich der vorgenannten Waren hat daraufhin die Markeninhaberin die Nichtbenutzungseinrede fallen gelassen.

Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat die Widersprechende den Widerspruch beschränkt. Er richtet sich nicht mehr gegen die Waren und Dienstleistungen der Klassen 1, 3, 4, 6, 39 und 42 insgesamt sowie gegen die Waren der Klasse 8 "handbetätigte Schneidgeräte und Schnittwerkzeuge für die Papier-, Textil- und Kunststoffindustrie". Die Markeninhaberin hat sodann selbst die Löschung der angegriffenen Marke für die Waren der Klasse 9 beantragt.

Die Widersprechende bejaht auch in dem noch streitgegenständlichen Warenumfang eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken. Die verbliebenen Waren der angegriffenen Marke seien mit den infolge unstreitiger Benutzung maßgeblichen Waren der Widerspruchsmarke ähnlich; zum Teil bestehe sogar eine ausgesprochen große Warennähe. Hiervon ausgehend liege die angegriffene Marke im Ähnlichkeitsbereich der Widerspruchsmarke. Klanglich könne die eine Marke für die andere gehalten werden. Die nicht zu den Kurzzeichen gehörenden Markenwörter seien gleich lang und in ihrem einzigen klanglichen Unterschied nicht auffallend genug, um die Marken ihrem Gesamteindruck nach hinreichend gegeneinander abzugrenzen.

Die Widersprechende beantragt (sinngemäß), den angefochtenen Beschluß aufzuheben, soweit der Widerspruch bezüglich der noch streitgegenständlichen Waren zurückgewiesen worden ist, und die Löschung der angegriffenen Marke im Umfang dieser Waren anzuordnen.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichsmarken für ausgeschlossen, nachdem weder die jetzt sich gegenüberstehenden Waren noch die Markenwörter einander ähnlich seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Widersprechenden ist unbegründet. Die angegriffene Marke ist nach Begrenzung des Widerspruchs und beantragter teilweiser Löschung im Streit nur noch bezüglich der Waren

"metallische Schneidkörper (maschinell betätigt), Schneidplatten aus Hartmetall und Hartmetallegierungen; maschinelle Werkzeuge, ausgenommen Sägen und Schleifmaschinen für Holz, Metall und Gestein, insbesondere spanabhebende Werkzeuge und deren Teile; Werkzeughalter und aus verschiedenen Bauteilen und Werkzeugen bestehende Werkzeugsysteme für spanende Werkzeugmaschinen; maschinelle Werkzeuge für die Umform- und Stanztechnik; maschinelle Schneidgeräte und Schnittwerkzeuge für die Papier-, Textil- und Kunststoffindustrie; korrosionsbeständige und verschleißbeständige Maschinenbauteile; Lager, Lagerteile und andere mit Gleitflächen versehene bzw dem Verschleiß ausgesetzte Maschinenteile, Filtriermaschinen einschließlich Einsätze dafür; metallische Schneidkörper (handbetätigt), Schneidplatten aus Hartmetall und Hartmetallegierungen; handbetätigte Werkzeuge, ausgenommen solche zur Bearbeitung von Holz, Metall und Gestein, insbesondere spanabhebende Werkzeuge und deren Teile, handbetätigte Werkzeuge für die Umform- und Stanztechnik".

Insoweit kommt die angegriffene Marke der Widerspruchsmarke nicht verwechselbar nahe iSv §§ 9 Abs 1 Nr 2, 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG, so daß es in diesem Warenumfang bei der Zurückweisung des Widerspruchs gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG bleibt.

Dabei kann davon ausgegangen werden, daß die verbliebenen vorgenannten Waren der angegriffenen Marke - im wesentlichen (maschinelle und handbetätigte) Werkzeuge, Halter, Systeme, Maschinenteile - im Ähnlichkeitsbereich der unstreitig benutzten elektrischen Werkzeugmaschinen der Widerspruchsmarke liegen (vgl Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 11. Aufl, S 358 f). Denn Werkzeugmaschinen und die dazugehörenden (maschinellen) Werkzeuge sind einander ergänzende Produkte; Werkzeugmaschinen und (handbetätigte) Werkzeuge fallweise miteinander konkurrierende Geräte, so daß die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein können, den beiderseitigen Waren sei der betriebliche Verantwortungsbereich gemeinsam (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG 6. Aufl, § 9 Rdn 41, 55).

Nachdem sich aber andererseits die beiderseitigen Waren in ihrer Beschaffenheit und wirtschaftlichen Bedeutung nicht besonders nahe stehen, ist der Grad der Warenähnlichkeit insgesamt als allenfalls durchschnittlich einzustufen. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist der Widerspruchsmarke auch nur eine normale Kennzeichnungskraft zuzusprechen.

Unter diesen Voraussetzungen hält die angegriffene Marke "HERKO" von der Widerspruchsmarke "HURCO" einen die Gefahr von Markenverwechslungen ausschließenden Abstand ein. Allerdings sind die beiden Marken als zweisilbige Wörter mit fünf Buchstaben nicht mehr typische Kurzmarken (vgl Althammer/Ströbele, aaO, Rdn 101); sie sind aber doch noch den kürzeren Zeichen zuzuordnen, bei denen einzelne Abweichungen deutlicher als bei Wörtern mit durchschnittlicher Länge in Erscheinung treten.

Dem Schriftbild nach scheitert die Ähnlichkeit der Markenwörter ohne weiteres an den beiden Buchstaben "E/U" und "K/C", deren Konture selbst in Kleinschreibung auffallend verschieden sind und die fast die Hälfte der Wörter ausmachen.

Auch in klanglicher Hinsicht können die Wörter nicht als ähnlich angesehen werden ungeachtet der üblichen Artikulation des "c" als "k" in der Widerspruchsmarke. "Herko" unterscheidet sich von - gesprochen - "Hurko" zwar nur an einer Lautstelle. Dieser Unterschied beeinflußt aber das Gesamtklanggefüge der beiden Wörter in nachhaltiger Weise. Demgegenüber sind deren sonstige Übereinstimmungen, obgleich in ihrer Gesamtheit von einigem Gewicht, doch mehr formaler Natur und insoweit nicht geeignet, die Klangverschiedenheit der Vokale "e" und "u" auszugleichen.

Diese Selbstlaute befinden sich an den Anfängen der Wörter, die vom Verkehr schon im allgemeinen stärker beachtet werden (vgl Althammer/Ströbele, aaO, Rdn 97) und denen vorliegend ein besonderes Gewicht beizumessen ist. Denn die lautgleichen Endsilben "ko" und "co" kommen in der Umgangssprache, aber auch bei der Bildung von Firmennamen bzw Markenbezeichnungen häufig vor (vgl Muthmann, Rückläufiges deutsches Wörterbuch, 1988, S 734, 736; Heil, Verwechslunsgefahr 1976-1984, S 189 "Anhang Wortendungen") und sind daher als eher verbrauchte Wortendungen in ihrer Bedeutung für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr reduziert. Außerdem befinden sich die Vokale "e" und "u" jeweils in den betonten Wortsilben und stellen daher die klangtragenden Laute dar. Sie sind durch auffallend unterschiedliche Klangwerte gekennzeichnet. So kommt dem "e" als Vordergaumenlaut eine helle Klangcharakteristik zu, während das "u" als Hintergaumenlaut eine deutlich hörbare dunklere Klangwirkung entfaltet (vgl Althammer/Ströbele, aaO, Rdn 95).

Nachdem Anhaltspunkte für eine anderweitige Verwechslungsgefahr weder vorgetragen noch ersichtlich sind, ist die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß, gem. § 71 Abs 1 MarkenG aus Gründen der Billigkeit einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Dr. Ströbele Werner Dr. Schmitt Bb






BPatG:
Beschluss v. 11.09.2001
Az: 24 W (pat) 60/01


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