Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Februar 2006
Aktenzeichen: 26 W (pat) 189/04
(BPatG: Beschluss v. 08.02.2006, Az.: 26 W (pat) 189/04)
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die Eintragung der Wortmarke 302 34 952 GOLD für die Waren der Klasse 34
"Tabak, Tabakprodukte, insbesondere Zigaretten; Streichhölzer"
ist Widerspruch eingelegt worden aus der Gemeinschafts(wort)marke 818 740 BE GOLD eingetragen für die Waren der Klasse 34 der Nizzaer Klassifikation
"Zigaretten; Tabak, Tabakprodukte, Raucherartikel, Feuerzeuge, Streichhölzer".
Die Markenstelle für Klasse 34 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 6. Mai 2004 den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, zwischen den in den beiderseitigen Warenverzeichnissen aufgeführten Waren bestehe zwar eine bis zur Identität reichende Ähnlichkeit. Dennoch bestehe keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, da beide Zeichen nach ihrem Gesamteindruck bei Zugrundelegung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft den erforderlichen Abstand voneinander wahrten. Der Wortbestandteil "GOLD" der Widerspruchsmarke stimme zwar mit der angegriffenen Marke überein. Im Fall der Widerspruchsmarke handele es sich jedoch um einen einheitlichen Gesamtbegriff, der einer Imperativform analog "be quiet" oder "be patient" gleichkomme und der sich entgegen der Auffassung der Widersprechenden dem sprachkundigen Teil des inländischen Publikums in seinem Sinngehalt "Seien Sie golden" ohne weiteres erschließen werde und den dieser auch nur in seiner Gesamtheit so wiedergeben werde, ohne analysierende Betrachtungen anzustellen. Die Zusammengehörigkeit der beiden Wortbestandteile werde zudem durch die Verwendung gleicher Schrifttypen und Strichstärke unterstrichen. Eine geradezu willkürliche Aufspaltung von Markenwörtern nehme das Publikum aber nicht vor. Trotz der vorhandenen Übereinstimmungen erhalte die Widerspruchsmarke durch ihren weiteren Bestandteil "be" sowohl in klanglicher als auch in visueller Hinsicht eine völlig von der angegriffenen Marke abweichende Prägung. Die Unterschiede hinsichtlich Markenlänge, Vokal- und Silbenfolge seien so deutlich, dass die angesprochenen Verkehrskreise selbst bei nur flüchtigem Kontakt keine Probleme hätten, die beiden Marken von einander abzugrenzen, zumal Wortanfänge im Allgemeinen besonders beachtet würden. Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr komme nicht in Betracht.
Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie ist der Auffassung, der aufgrund der hohen Ähnlichkeit bzw. Teilidentität der beiderseitigen Warenanmeldungen erforderliche Abstand der Marken sei nicht eingehalten. Die Widerspruchsmarke werde durch den Bestandteil "GOLD" geprägt, der zusätzliche Bestandteil "BE" trete soweit zurück, dass sich identische Marken gegenüberstünden. Es könne nicht überzeugen, dass es sich bei "BE GOLD" um den Imperativ "Seien Sie golden" handele, denn diese Wortzusammenstellung ergebe keinen Sinn. Die Tatsache, dass es sich bei "BE GOLD" um zwei Wörter handele, spreche gegen die Annahme der Markenstelle, es handele sich um einen einheitlichen Gesamtbegriff. Die Existenz zweier Wörter spreche vielmehr für eine Auftrennung der Wörter sowie im weiteren dafür, dass der Verkehr sich sodann allein an dem Bestandteil "GOLD" orientiere. Zudem sei "BE GOLD" schwierig auszusprechen, weil eine Sprechpause zwischen den beiden Wörtern eingelegt werden müsse. Auch deswegen werde der Verkehr die Widerspruchsmarke allein auf den Begriff "GOLD" verkürzen. Selbst wenn es sich aber bei dem Markenwort der Widerspruchsmarke um einen einheitlichen Gesamtbegriff handeln sollte, sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundespatentgerichts eine Verwechslungsgefahr wie in den Fällen "SANA/SCHOSANA", "INTECTA/TECTA", "VITANA/MOVITANA" und "BIBA/HABIBA" zu bejahen.
Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt die Ausführungen der Markenstelle als zutreffend und verweist im Übrigen darauf, dass es sich bei der angegriffenen Marke um ein Kurzwort handele, bei dem die Unterschiede zu der Widerspruchsmarke besonders deutlich zu Tage träten.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Markenstelle hat die Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken i. S. d. §§ 42, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zutreffend verneint.
Nach den genannten Vorschriften ist eine Marke zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Für die Frage der Verwechslungsgefahr ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken, der Warennähe und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2004, 594, 596 - Ferrari-Pferd; GRUR 2005, 427, 428 - Lila-Schokolade; GRUR 2005, 513, 514 - MEY/Ella May).
Nach diesen Grundsätzen ist eine Verwechslungsgefahr nicht zu bejahen. Selbst unter Zugrundelegung einer bis zur Identität reichenden Warenähnlichkeit und einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke genügt der Abstand der Vergleichsmarken zueinander auch bei Anlegung strenger Maßstäbe, um eine Verwechslungsgefahr hinreichend sicher auszuschließen. Die Marken weisen nach ihrem jeweiligen Gesamteindruck weder im Klang, noch im (Schrift-)Bild oder im Bedeutungs- oder Sinngehalt eine hinreichende Ähnlichkeit auf.
Eine - hier allein in Betracht kommende - Verwechslungsgefahr aufgrund einer von der Widersprechenden behaupteten klanglichen Übereinstimmung der Marken ist entgegen ihrer Auffassung nicht zu bejahen, weil die Widerspruchsmarke vom Verkehr nicht in gleicher Weise wie die angegriffene Marke benannt wird. Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, sind keine beachtlichen Gründe dafür ersichtlich, warum das Wort "BE" bei der Benennung der Widerspruchsmarke vom Verkehr weggelassen werden sollte. Nach Auffassung des Senats bestehen keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die Widerspruchsmarke von den angesprochenen Verkehrskreisen vielmehr in ihrem vollem Wortlaut "BE GOLD" benannt wird und danach mangels klanglicher Ähnlichkeit nicht mit der angegriffenen Marke "GOLD" verwechselbar ist. Wie die Widersprechende selbst einräumt, kommt der isolierte Schutz einzelner Elemente einer Marke nicht in Betracht. Der Widersprechenden ist zwar zuzugeben, dass der Verkehr zur Verkürzung von Markenworten neigt, dies allerdings nur, soweit es sich um schwer aussprechbare oder längere Kennzeichen handelt. Um ein derartiges Kennzeichen handelt es sich aber bei der Widerspruchsmarke nicht. Es kann nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden, dass der Verkehr wegen der "Schwierigkeit", die zwei Wörter "BE" und "GOLD" hintereinander auszusprechen, die Widerspruchsmarke auf ihren Bestandteil "GOLD" verkürzt. Einer solchen Annahme steht, wie die Markenstelle bereits zutreffend ausgeführt hat, entgegen, dass die Wortkombination "BE GOLD" einen einheitlichen Gesamtbegriff darstellt, den der Verkehr als solchen erkennt, weil er an derartige Appelle aus der täglichen (Tabak-)Werbung gewöhnt ist ("Be a drummer" (DRUM), "Be one of a kind" (PHILIPP MORRIS), "Join the team. Be a champ" (ADIDAS), "Be yourself" (ALLEGRA), "Be alive!" (Naomi Campbell Kosmetik), "Be young, have fun" (Nivea hair cosmetics), "Be free" (TOM TAILOR) (aus: www.slogans.de).
Soweit die Widersprechende meint, ihre Wortkombination zeichne sich wegen der Tatsache, dass ihr kein eindeutiger Sinngehalt zu entnehmen sei, durch einen besonderen Fantasiegehalt aus, rechtfertigt dies keine für sie günstigere Beurteilung. Selbst wenn der Verkehr dem Imperativ "SEI GOLD" oder "SEI GOLDEN" keinen greifbaren Sinngehalt zuordnen kann, erkennt er jedenfalls eine nach dem Schema eines englischen Imperativs gebildete Wortverbindung in Form eines Appells. Dabei kommt jedem Wort das gleiche Gewicht zu und kann ohne Sinnentstellung weder auf den einen noch den anderen Wortbestandteil verkürzt werden. Gerade bei sehr kurzen Slogans wie hier besteht für den Verkehr auch wegen der "besseren" Aussprechbarkeit keine Veranlassung, ihn auf ein einziges, noch kürzeres Schlagwort verkürzen. Daher kann nicht angenommen werden, dass die Widerspruchsmarke durch den Bestandteil "GOLD" in einer Weise geprägt wird, dass ihr weiterer, zudem am Beginn des Wortkombination stehender und gleichartig ausgestalteter Bestandteil "BE" für den Verkehr zurücktreten und vernachlässigt werden könnte.
Auch die von der Widersprechenden zitierte Rechtsprechung rechtfertigt keine anderweitige Entscheidung. Die genannten Entscheidungen des Bundespatentgerichts sind für den vorliegenden Fall nicht präjudiziell, weil es in keinem der zitierten Fälle um erkennbar einheitliche Gesamtbegriffe in Form eines Slogans wie hier geht, sondern allein um die Frage der klanglichen Ähnlichkeit der Zeichen als solche. Auch bei der Entscheidung des Bundesgerichtshofs GRUR 1993, 472 - Sana/Schosana geht es nicht wie hier um die Frage, ob der Verkehr Veranlassung sieht, einen Slogan auf ein Schlagwort zu verkürzen.
Der Senat sieht sich an seiner Entscheidung auch nicht durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 6. Oktober 2005 (C-120/04 Tz. 38 - LIFE/THOMSON LIFE) gehindert. Danach kann bei Waren-/Dienstleistungsidentität eine Verwechslungsgefahr für das Publikum bestehen, wenn das streitige Zeichen durch die Aneinanderreihung der Unternehmensbezeichnung eines Dritten zum einen und einer normal kennzeichnungskräftigen eingetragenen Marke zum anderen gebildet wurde und letztere in dem zusammengesetzten Zeichen, ohne allein seinen Gesamteindruck zu prägen, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält. Das Urteil ist für den vorliegenden Fall ebenfalls nicht einschlägig, denn eine solche Konstellation liegt hier erkennbar nicht vor.
Dies gilt im Ergebnis ebenso für das von der Widersprechenden angeführte Urteil des EuG vom 26. Januar 2006 - T-317/03 - Derbivariant/Variant. Ungeachtet der Frage, ob der Senat die dort geäußerte Rechtsauffassung im Einzelfall teilt, kann die Widersprechende schon deswegen nichts daraus für sich herleiten, weil nach der Auffassung des EuG die ältere Marke von dem mit der angegriffenen Marke identischen Bestandteil dominiert wird (a. a. O., Tz. 58, 59), was vorliegend, wie oben ausgeführt, nicht der Fall ist.
Für das Vorliegen einer mittelbaren Verwechslungsgefahr ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich.
III.
Es sind keine Gründe ersichtlich, von dem Grundsatz des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG abzuweichen, nach dem jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt.
BPatG:
Beschluss v. 08.02.2006
Az: 26 W (pat) 189/04
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