Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. September 2000
Aktenzeichen: 14 W (pat) 47/00

(BPatG: Beschluss v. 07.09.2000, Az.: 14 W (pat) 47/00)

Tenor

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung der Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I Der Anmelder hat am 3. Juni 1998 eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung

"..."

beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht und mit Fax vom 13. Oktober 1998 um Gewährung von Verfahrenskostenhilfe nachgesucht.

Mit Beschluß vom 21. Dezember 1999 hat die Patentabteilung 11 des DPMA den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen und die Verfahrenskostenhilfe verweigert.

Die Verweigerung ist damit begründet, daß die Eingaben des Antragstellers, eingegangen am 1. Oktober 1999 und 15. November 1999 zu keiner anderen Betrachtungsweise führten als die ihm mit Bescheid vom 22. Juni 1999 mitgeteilten Gründe, wonach die Beanspruchung der Verfahrenskostenhilfe nicht sorgfältig und abgewogen, sondern mutwillig erscheine.

Der am 12. Januar 2000 als Einschreiben abgesandte Beschluß vom 21. Dezember 1999 ist dem Anmelder am 13. Januar 2000 zugestellt worden.

Mit Schriftsatz vom 17. April 2000 - eingegangen beim DPMA am 19. April 2000 - hat der Anmelder den Betreff dieses Schreibens in kastenförmiger Umrahmung wie folgt bezeichnet:

wiedereinsetzungs- bzw. beschwerderelevante Eingabe (etwa als)

Nachreichung zur Faxbestätigungseingabe vom (ca) 21. Januar 2000 (daß der Bericht als Beschwerde (mit VHK-Antrag dafür) gegen den Bescheid vom 21. Dezember 1999 angesehen wird, bzw gegebenenfalls als Wiedereinsetzungsantrag in die Beschwerdefrist angesehen wird).

und dazu unter dem mit Sinngemäß ( : )

eingeleiteten Absatz erklärt:

"bitte ich um Abhilfeschaffung meines Beschwers, der durch den Beschluß vom 21. Dezember 1999, eingegangen 13. Januar 2000 eingetreten ist. (Er verschwand hier - wurde umständehalber verlegt - (s. Ablageheftstreifen "I"), und am 3. April 2000, während der Büroumstrukturierungsarbeiten, wieder aufgefunden.)

Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Erklärung des Antragstellers im Betreff (in kastenförmiger Umrahmung beginnend mit "wiedereinsetzungs- bzw beschwerderelevante Eingabe" usw.) seines Schriftsatzes vom 17. April 2000 in Verbindung mit der in diesem Schriftsatz nach dem mit "Sinngemäß( : )" eingeleiteten Absatz enthaltenen Bitte um Abhilfeschaffung seines Beschwers, der durch den Beschluß vom 21. Dezember 1999, eingegangen 13. Januar 2000 eingetreten sei, ist als Beschwerde verbunden mit einem Wiedereinsetzungsantrag in die versäumte Beschwerdefrist auszulegen.

Der Wiedereinsetzungsantrag ist gemäß § 123 Abs 1 und 2 PatG statthaft und zulässig.

Er ist innerhalb der 2-Monatsfrist nach Wegfall des Hindernisses, dem Auffinden des Beschlusses vom 21. Dezember 1999 am 3. April 2000 mit dem Schriftsatz vom 17. April 2000 eingegangen; die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen ergeben sich aus dem zu der Akte ... (...) gereichten Schriftsatz vom 7. April 2000, dessen Text der Antragsteller "der Einfachheit halber als analogen Skript mit Anlagen" auch in vorliegender Sache beachtet wissen will.

Die verspätete Handlung ist ebenfalls durch den "Beschwerde"-Schriftsatz vom 17. April 2000 nachgeholt.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdefrist ist jedoch nicht begründet.

Die vom beschwerdeführenden Anmelder (Antragsteller) vorgetragenen Gründe rechtfertigen keine Wiedereinsetzung.

Nach § 123 Abs 1 PatG ist auf Antrag wieder in den vorigen Stand einzusetzen, wer ohne Verschulden verhindert war, dem Patentamt oder dem Patentgericht gegenüber eine Frist einzuhalten, deren Versäumung nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat.

Der angegriffene Beschluß der Patentabteilung 11 vom 21. Dezember 1999 ist an den Antragsteller als Einschreiben am 12. Januar 2000 abgesandt worden. Er gilt somit ausweislich der Rechtsmittelbelehrung mit dem dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn daß das zuzustellende Schriftstück nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (§ 127 PatG, §§ 4 VwZG). Da letzteres nicht der Fall ist (siehe Schriftsatz des Antragstellers vom 17. April 2000), gilt der Beschluß als zugegangen am 15. Januar 2000, so daß die Beschwerdefrist des § 73 PatG am 15. Februar 2000 abgelaufen ist (§ 222 ZPO iVm §§ 187 Abs 1, 188 Abs 2, 1. Alt. BGB). Zugunsten des Zustellungsempfängers gilt die Sendung auch dann als am dritten Tage zugestellt, wenn sie - wie hier vom Antragsteller mit 13. Januar 2000 angegeben - tatsächlich früher zugegangen ist (BVerwGE 22, 11).

Nach seinen Angaben wurde aufgrund besonderer Umstände wie Existenzgründung und Vorbereitung dazu, Modellanfertigungen, Seminarbesuch, Krankheiten, insbesondere seiner Frau, Arbeiten zur Büroumstrukturierung der Brief mit den Patent- und Markenamtsbeschlüssen vom 21. Dezember 1999 (Az ... und ...) in seinem Büro verlegt. Der zunächst verschwundene oder umständehalber verlegte Beschluß ist am 3. April 2000 wieder aufgefunden worden. Die Beschwerdefrist war am Tag des Wiederauffindens des Beschlusses somit längst abgelaufen.

Mit diesem Vorbringen hat der Antragsteller keine ausreichenden Gründe vorgetragen, denen entnommen werden könnte, daß er gehindert war, die Beschwerdefrist einzuhalten.

Darin, daß der Antragsteller sich die in Rede stehende Frist nicht notiert und überwacht hat bzw wegen Verlegens des Beschlusses dies nicht konnte, ist auch unter den als Entschuldungsgründe angegebenen Umständen eine Verletzung der Sorgfaltspflicht zu sehen.

Von einem Anmelder, der wie der Antragsteller überaus zahlreiche Patentanmeldungen tätigt und auf vorliegendem Gebiet auch nicht unerfahren ist, insbesondere mit den Formalien des Patenterteilungsverfahren vertraut ist, kann verlangt werden, auch bei Auftreten besonderer, wie der geschilderten Umstände geeignete Vorkehrungen dafür zu treffen, daß so wichtige Posteingänge, wie zB patentamtliche Beschlüsse nicht verlegt werden oder verloren gehen. Auch in Zeiten einer Büroumstrukturierung hat der Anmelder soweit für die Aufrechterhaltung des Bürobetriebes zu sorgen, daß Notierung und Überwachung üblicher Fristen gewährleistet bleiben. Dieses kann auch erwartet werden, wenn sich durch weitere Umstände eine angespannte Situation einstellt.

Bei Beachtung der dem Antragsteller zumutbaren Sorgfalt ist die von ihm geschilderte Situation auch unter Berücksichtigung und Mitverwertung der Angaben in der von ihm so bezeichneten "Leitakte ...", in der ebenfalls ein Be- schluß der Patentabteilung 11 des DPMA am 21. Dezember 1999 ergangen ist, gegen den der Antragsteller mit Schriftsatz vom 10. Januar 2000 rechtzeitig Beschwerde eingelegt hatte (...), nicht geeignet, ihn hier als an der Beschwerdeeinlegung innerhalb der Monatsfrist verhindert anzusehen.

Es war ihm auch angesichts seiner Büroumstrukturierungsarbeiten zuzumuten, für wichtige Posteingänge sofort eine Frist zu notieren bzw geeignete Maßnahmen zu treffen, diese nicht verstreichen zu lassen.

Somit war der Antrag auf Wiedereinsetzung zurückzuweisen.

Damit ist die Beschwerde wegen verspäteter Einlegung als unzulässig anzusehen (§ 73 Abs 2 S 1 PatG).

Moser Vogel Feuerlein Harrer Pü






BPatG:
Beschluss v. 07.09.2000
Az: 14 W (pat) 47/00


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