Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Juli 2005
Aktenzeichen: 28 W (pat) 288/03
(BPatG: Beschluss v. 06.07.2005, Az.: 28 W (pat) 288/03)
Tenor
Auf die Beschwerde der IR-Markeninhaberin werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamtes - Markenstelle für Klasse 8 - vom 7. Februar 2000 und 3. Juni 2003 aufgehoben, soweit der IR-Marke der Schutz auch für die Waren "Outils de percage" versagt worden ist.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die für die Waren und Dienstleistungen
"Outils de percage; construction; Traitement de materiaux"
nachfolgend wiedergegebene international registrierte Marke 699 613 sucht um Schutz in Deutschland nach.
Die Markenstelle für Klasse 8 hat das Schutzbegehren mit der Begründung zurückgewiesen, mit dem beanspruchten Markenwort werde im Sinne einer Bestimmungs- und Qualitätsangabe lediglich zum Ausdruck gebracht, dass die so gekennzeichneten Bohrwerkzeuge besonders zur Bearbeitung härtesten Gesteins wie Blauer Granit geeignet sei bzw. die Dienstleistungen sich mit diesem Gesteinsmaterial befassten.
Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die IR-Markeninhaberin ihr Schutzbegehren weiter und macht geltend, dass das Markenwort im Zusammenhang der beanspruchten Waren und Dienstleistungen weder als Fachbegriff bekannt sei oder verwendet werde, noch das es überhaupt in einem konkreten Sachbezug zu diesen stehe. Im übrigen sei die Marke ohne Beanstandung zB in Großbritannien, Österreich und der Schweiz eingetragen worden, was für ihre Schutzfähigkeit spräche.
Der Senat hat bei verschiedenen Verbänden um Stellungnahme zu der Frage gebeten, ob aus der Sicht der beteiligten Verkehrskreise (Endabnehmer, Händler oder Hersteller) die hier betroffene Wortfolge als bloßer Sachhinweis auf die Härte oder besondere Eignung des Bohrgeräts zum Einsatz in hartem Gestein verstanden würde. Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet. Der begehrten Schutzausdehnung der IR-Marke auf Deutschland steht in Bezug auf die beanspruchten Waren weder das Eintragungshindernis des Freihaltungsbedürfnisses (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) noch das der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) entgegen.
Für den Senat ist nicht feststellbar, dass das beanspruchte Markenwort als konkrete Angabe über wesentliche Eigenschaften der unter dieser Marke angebotenen Waren dienen könnte und deswegen für die Mitbewerber der IR-Markeninhaberin freigehalten werden müsste. Um eine IR-Marke von der Schutzausdehnung auszuschließen (auf die nach §§ 107, 33 Abs 2 S 2 MarkenG ein Anspruch besteht, so dass Zweifel letztlich zugunsten der Marke zu werten sind), bedarf es konkreter Anhaltspunkte dafür, dass sich die Wortfolge ausschließlich und unzweideutig zur Beschreibung der Waren eignet. Die bloße Vermutung oder Möglichkeit, dass eine Marke in einem bestimmten Sinn verstanden wird und sich daraus ein warenbeschreibender Bezug ergeben könnte, genügt nicht.
Zwar hat die Markenstelle durchaus zutreffend festgestellt, dass die beanspruchte Wortkombination die englische Bezeichnung für die Gesteinsart "Blauer Granit" ist. Hieraus bereits auf Eigenschaften der Ware "Bohrer" im Sinne von Härte der Bohrspitze oder Eignung zum Einsatz in Granit zu schließen, setzt indes eine analysierende Betrachtungsweise voraus, die dem Markenregisterrecht fremd ist. Soweit im Internet die Verwendung der Wortkombination Bluegranite im Zusammenhang mit Bohrwerkzeugen nachweisbar ist , handelt es sich nicht zweifelsfrei um beschreibende Verwendungen, sondern es steht hier zumeist der markenmäßige, auf die Anmelderin zurückzuführende Einsatz im Vordergrund, wenn etwa von einem Betonbohrer Bluegranite (Typ) oder Blue Granite Stein- und Betonbohrern (Bosch) die Rede ist. In einem Artikel über Einsatzwerkzeuge zum Bohren in hartem Gestein (www.salestraining.de/verkaufswissen2/stein_9.htm) werden Optik und Kopfkonstruktion von Bohrermodellen wie Blue Granite, Silver Percussion und Impact beschrieben sowie als Einsatzgebiet ausdrücklich auch "Granit" genannt (wie überhaupt bei Bohrern als zu behandelnder Werkstoff neben Beton, Stahl u.ä. häufig das Wort Granit vorkommt), doch lässt sich nicht ausschließen, dass es sich hierbei stets um Produkte der Anmelderin und den von ihr gewählten Markennamen handelt.
Was die bloße Farbbezeichnung betrifft, hat der Senat zwar feststellen können, das Bohrerspitzen häufig in gelb oder rot eingefärbt sind, ohne dass sich hieraus jedoch ein besonderes Farbsystem oder ein Farbcode etwa für die Härte des Werkzeugs oder seine Eigenschaften für bestimmte Einsatzbereiche (zB lange Standzeit in Gestein, besonders widerstandsfähig usw.) nachweisen lässt.
Gegen eine freihaltungsbedürftige Angabe sprechen schließlich auch die Stellungnahmen auf die vom Senat eingeleitete Verbandsanfrage: So gebe es zwar Bohrer, die speziell für den Einsatz in Hartgestein optimiert seien und zum Teil auch als Granitbohrer bezeichnet würden, doch bestehe bei den Verbandsmitgliedern an der beanspruchten speziellen Wortkombination kein Bedürfnis, vielmehr handele es sich hierbei eher um die Bezeichnung einer Produktreihe ohne spezifischen Sachbezug. Dementsprechend wird einhellig ein Interesse der Verbände oder ihrer Mitglieder an der freien Verwendung der Wortfolge - auch für die Zukunft - verneint.
Ein Freihaltungsbedürfnis scheidet unter diesen Umständen aus, zumal vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen letztlich zweifelhaft ist, ob ein beschreibender Sinngehalt vom Verkehr überhaupt erkannt wird. Dass sich der mögliche warenbeschreibende Sinn einer Marke aber erst nach mehreren Überlegungen und gedanklichen Konstruktionen erschließt, genügt nicht den Erfordernissen einer unzweideutigen und unmittelbar beschreibenden Angabe, zumal wenn diese nicht als Fachwort nachweisbar ist. Auch den Voreintragungen in insbesondere englischsprachigen Ländern kommt insoweit eine gewisse, das Freihaltebedürfnis ausschließende Indizwirkung zu.
Für eine Verneinung der Unterscheidungskraft fehlt es ebenfalls an entsprechenden Feststellungen, zumal jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen Anhalt dafür, dass ihr die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt.
Anders ist die Sach- und Rechtslage hingegen bezüglich der beanspruchten Dienstleistungen, da hier ein die Dienstleistungen thematisierender Sachhinweis im Vordergrund steht. Blauer Granit wird im Bauwesen vor allem im Innenausbau als hochwertiges Material gerne benutzt (von Fußböden bis hin zu Küchenarbeitsplatten), so dass es Firmen, die sich auf die Verwendung dieses Baustoffes spezialisiert haben, unbenommen bleiben muss, mit der Bezeichnung dieses Materials auch in herausgestellter Form auf sich aufmerksam zu machen. Gleiches gilt für den Sektor der Materialbearbeitung, da auch hier die Gesteinsart eine dominierende Rolle spielen kann. Die Fachbezeichnung eines so wichtigen Baustoffes kann auf den entsprechenden Dienstleistungsgebieten daher nicht monopolisiert werden. Auch die völlig werbeübliche grafische Gestaltung des Markenwortes vermag insoweit die erforderliche Schutzfähigkeit nicht herbeizuführen.
Nach alledem konnte die Beschwerde der IR-Markeninhaberin nur teilweise Erfolg haben.
Stoppel Schwarz-Angele Paetzold Bb
BPatG:
Beschluss v. 06.07.2005
Az: 28 W (pat) 288/03
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