Bundespatentgericht:
Urteil vom 6. Februar 2008
Aktenzeichen: 4 Ni 55/06
(BPatG: Urteil v. 06.02.2008, Az.: 4 Ni 55/06)
Tenor
1. Das europäische Patent 1 140 562 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Ansprüche 1 bis 12 für nichtig erklärt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 1 140 562 (Streitpatent), das am 23. Dezember 1998 angemeldet worden ist. Das Streitpatent ist in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlicht und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nr. 698 19 212 geführt. Auf Antrag der Beklagten ist das Patent mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland mit Beschluss der Patentabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Oktober 2006 beschränkt worden. Das beschränkte Patent ist am 16. August 2007 veröffentlicht worden. Das beschränkte Patent betrifft ein Formteil für Kraftfahrzeugkarosserien sowie ein Verfahren zu dessen Realisierung und umfasst 16 Ansprüche, von denen die Ansprüche 1 bis 12 angegriffen sind.
Anspruch 1 lautet in der erteilten Fassung in der deutschen Übersetzung ohne Bezugszeichen ohne den unterstrichenen Teil wie folgt:
1. Formteil für Kraftfahrzeugkarosserien umfassend:
- ein langförmiges Hauptprofil;
- Kupplungsmittel, die an dem Hauptprofil operativ angeschlossen sind, zur Verbindung eines entsprechenden Ankerungsbereichs von einer Karosserie eines Kraftfahrzeuges, wobei die Kupplungsmittel umfassen:
- ein kontinuierliches Tragelement, das mit dem Hauptprofil verbunden ist, wobei das Tragelement eine vorbestimmte Anzahl von Kupplungssitzen aufweist, die in einem vorbestimmten Abstand voneinander liegen, der zur Verbindung mit den entsprechenden im Ankerungsbereich liegenden Vorsprüngen geeignet ist; und - einen Längssitz, der auf dem Hauptprofil erhalten ist, zum Einfügen des kontinuierlichen Tragelementes, wobei der Längssitz im Querschnitt eine Längsöffnung aufweist, um einen Zugang zu den Kupplungssitzen zu erlauben, und Unterschnitte aufweist, die als Anschlag gegen einen entsprechenden Anschlagsabschnitt des kontinuierlichen Tragelementes wirken;
dadurch gekennzeichnet; dassdie Unterschnitte des Hauptprofils das Herausziehen der Kupplungsmittel durch die Längsöffnung verhindern können, und dass jeder Kupplungssitz mindestens einen Einfügungsbereich zum Einfügen eines Befestigungsvorsprunges und mindestens einen Verriegelungsbereich, um die Bewegung des Formteils in einer Richtung weg von der Karosserie zu blockieren, aufweist.
Wegen der weiter angegriffenen und unmittelbar oder mittelbar auf Anspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 12 sowie wegen der englischen Fassung der Patentansprüche wird auf die Patentschrift EP 1 140 562 B1 Bezug genommen, wegen der beschränkten deutschen Fassung, bei der die oben unterstrichenen Merkmale hinzugefügt wurden, wird auf die Patentschrift DE 698 19 212 C5 Bezug genommen.
Die Klägerin behauptet, der Gegenstand des Streitpatents sei weder neu noch beruhe er auf einer erfinderischen Tätigkeit. Zur Begründung trägt sie vor, im Stand der Technik sei zum Prioritätszeitpunkt ein Formteil für Kraftfahrzeugkarosserien mit den Merkmalen des Streitpatents bereits bekannt gewesen. Insbesondere sei der patentgemäße Gegenstand als Abdeckleiste für die Vordertüre eines Kraftfahrzeuges bereits im Januar 1998 benutzt gewesen. Die Klägerin bietet hierfür Zeugenbeweis an und beruft sich im Übrigen unter anderem auf folgende Druckschriften:
NiK2 DE 42 17 513 A1 NiK5 DE 19 64 575 U1 NiK6 DE 295 02 439 U1 NiK7 DE 7 408 930 U1 Die Klägerin beantragt, das europäische Patent EP 1 140 562 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1 bis 12 für nichtig zu erklären.
Die Beklagte verteidigt ihr Patent nur noch im Umfang des in der mündlichen Verhandlung überreichten Hauptantrages. Dieser lautet (ohne Bezugszeichen):
1. Formteil für Kraftfahrzeugkarosserien umfassend:
- ein langförmiges Hauptprofil;
- Kupplungsmittel, die an dem Hauptprofil operativ angeschlossen sind, zur Verbindung eines entsprechenden Ankerungsbereichs von einer Karosserie eines Kraftfahrzeuges, wobei die Kupplungsmittel umfassen:
- ein kontinuierliches Tragelement, das mit dem Hauptprofil verbunden ist, wobei das Tragelement eine vorbestimmte Anzahl von Kupplungssitzen aufweist, die in einem vorbestimmten Abstand voneinander liegen, der zur Verbindung mit den entsprechenden im Ankerungsbereich liegenden Vorsprüngen geeignet ist; und - einen Längssitz, der auf dem Hauptprofil erhalten ist, zum Einfügen des kontinuierlichen Tragelementes, wobei der Längssitz im Querschnitt eine Längsöffnung aufweist, um einen Zugang zu den Kupplungssitzen zu erlauben, und Unterschnitte aufweist, die als Anschlag gegen einen entsprechenden Anschlagsabschnitt des kontinuierlichen Tragelementes wirken;
- wobei die Unterschnitte des Hauptprofils das Herausziehen der Kupplungsmittel durch die Längsöffnung verhindern können,
- wobei jeder Kupplungssitz mindestens einen Einfügungsbereich zum Einfügen eines an der Karosserie verschweißten Befestigungsvorsprunges und mindestens einen Verriegelungsbereich, um die Bewegung des Formteils in einer Richtung weg von der Karosserie zu blockieren, aufweist,
- und wobei jeder Verriegelungsbereich einen vorspringenden Abschnitt aufweist, dessen Dicke geringer ist als die Gesamtdicke des kontinuierlichen Tragelementes.
Sie beantragt, die Klage insoweit abzuweisen, hilfsweise mit der Maßgabe, dass die vorletzte Merkmalsgruppe des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag folgende Fassung erhält (Hilfsantrag 1):
- wobei jeder Kupplungssitz mindestens einen Einfügungsbereich zum Einfügen eines an der Karosserie verschweißten Befestigungsvorsprunges derart, dass ein Kopf des Befestigungsvorsprunges durch das kontinuierliche Tragelement hindurchgeführt werden kann, und mindestens einen Verriegelungsbereich mit derartigen Abmessungen, dass nur die Durchführung eines Schaftes des Befestigungsvorsprunges erlaubt wird, um die Bewegung des Formteils in einer Richtung weg von der Karosserie zu blockieren, aufweist, weiter hilfsweise mit der Maßgabe, dass vor die letzte Merkmalsgruppe des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 folgende Merkmalsgruppe eingeschoben wird (Hilfsantrag 2):
- wobei Axialsperrungsmittel vorgesehen sind, um eine Gleitbewegung zwischen dem Hauptprofil und der kontinuierlichen Tragelement zu blockieren, weiter hilfsweise mit der Maßgabe, dass vor die letzte Merkmalsgruppe des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 die folgende Merkmalsgruppe eingeschoben wird (Hilfsantrag 3):
- wobei das Hauptprofil eine Fertigkleidung aufweist, die sich über die gesamte, der Karosserie abgewandten Seite des Hauptprofils erstreckt, weiter hilfsweise mit der Maßgabe, dass die letzte Merkmalsgruppe des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 3 folgende Fassung erhält (Hilfsantrag 4):
- und wobei jeder Verriegelungsbereich einen vorspringenden Abschnitt aufweist, dessen Dicke geringer ist als die Gesamtdicke des kontinuierlichen Tragelementes, so dass der Kopf des Befestigungsvorsprunges vollständig innerhalb des kontinuierlichen Tragelements aufgenommen wird.
Sie hält das Streitpatent zumindest im hilfsweisen Umfang für patentfähig und bestreitet im Übrigen die offenkundige Vorbenutzung.
Gründe
I.
Die zulässige Klage ist begründet. Sie führt zur Nichtigerklärung des Streitpatents im angegriffenen Umfang mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland, denn der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist nicht patentfähig (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a), Art. 54, 56 EPÜ).
II.
1. Das Streitpatent betrifft ein Formteil für Kraftfahrzeugkarosserien und ein Verfahren zu dessen Realisierung. Derartige Formteile sind dazu bestimmt, als Abschluss und/oder Schutz von Kraftfahrzeugkarosserien, beispielsweise Türen, Stoßfänger oder Randbereiche des unteren Umfangs der Karosserie angewandt zu werden. Nach der Beschreibung in der Patentschrift ist aus der DE 42 17 513 A1 ein Formteil bekannt, das aus zwei Teilen besteht, nämlich einem Rahmen, der an der Karosserie mittels Klebebändern und vom Rahmen vorstehenden Zapfen angebracht ist und einer am Rahmen eingeschnappten Abdeckung. Die Montage des komplett vormontierten Formteils an der Fahrzeugkarosserie erfolgt durch verrastendes Einführen der Zapfen in zugehörige Öffnungen an der Fahrzeugkarosserie. Die Nachteile einer solchen Verankerungsart und anderer bekannter Ausführungsarten lägen entweder in der nicht zuverlässigen Verbindung mit der Karosserie oder aber darin, dass z.B. bei der Verwendung von an die Karosserie angeschweißten Nieten für die Montage eines Formelementes zahlreiche Arbeitsschritte notwendig seien.
2. Vor diesem Hintergrund bezeichnet es die Patentschrift als zu lösendes technisches Problem, die Ausführungsform eines Formteils bereitzustellen, das, außer hohe Festigkeitswerte und Dauerzuverlässigkeit aufzuweisen, auch wirtschaftlich in der Herstellung und einfach im Zusammenbau ist, ohne allerdings wesentliche Belastungen im Verbrauch und Materialien zu betragen.
3. Zum Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 3:
Die Gegenstände der Patentansprüche 1 nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 3 umfassen jeweils den Gegenstand des enger gefassten Patentanspruches 1 gemäß Hilfsantrag 4. Nachdem letzterer - wie die nachfolgenden Ausführungen zum Hilfsantrag 4 zeigen - nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, sind auch die Patentansprüche 1 nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1, 2 und 3 nicht rechtsbeständig.
Die Merkmale des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 lassen sich wie folgt gliedern:
a) Formteil für Kraftfahrzeugkarosserien umfassend:
b) ein langförmiges Hauptprofil (2);
c) Kupplungsmittel (6), die an dem Hauptprofil (2) operativ angeschlossen sind, zur Verbindung eines entsprechenden Ankerungsbereichs (5a) von einer Karosserie (5) eines Kraftfahrzeuges, wobei die Kupplungsmittel (6) umfassen:
d) ein kontinuierliches Tragelement (7), das mit dem Hauptprofil (2) verbunden ist, wobei das Tragelement (7) eine vorbestimmte Anzahl von Kupplungssitzen (11) aufweist, die in einem vorbestimmten Abstand voneinander liegen, der zur Verbindung mit den entsprechenden im Ankerungsbereich (5a) liegenden Vorsprüngen geeignet ist; unde) einen Längssitz (8), der auf dem Hauptprofil (2) erhalten ist, zum Einfügen des kontinuierlichen Tragelementes (7), f) wobei der Längssitz (8) im Querschnitt eine Längsöffnung (10) aufweist, um einen Zugang zu den Kupplungssitzen (11) zu erlauben, undg) Unterschnitte (12) aufweist, die als Anschlag gegen einen entsprechenden Anschlagsabschnitt (13) des kontinuierlichen Tragelementes (7) wirken;
h) wobei die Unterschnitte (12) des Hauptprofils (2) das Herausziehen der Kupplungsmittel (6) durch die Längsöffnung verhindern können, i) wobei jeder Kupplungssitz (11) mindestens einen Einfügungsbereich (11a) zum Einfügen eines an der Karosserie verschweißten Befestigungsvorsprunges (9), derart, dass ein Kopf des Befestigungsvorsprunges (9) durch das kontinuierliche Tragelement (7) hindurchgeführt werden kann, j) und mindestens einen Verriegelungsbereich (11b) mit derartigen Abmessungen, dass nur die Durchführung eines Schaftes des Befestigungsvorsprunges (9) erlaubt wird, um die Bewegung des Formteils in einer Richtung weg von der Karosserie zu blockieren, aufweist, k) wobei Axialsperrungsmittel (14) vorgesehen sind, um eine Gleitbewegung zwischen dem Hauptprofil (2) und der kontinuierlichen Tragelement (7) zu blockieren, l) wobei das Hauptprofil (2) eine Fertigkleidung (3) aufweist, die sich über die gesamte, der Karosserie abgewandten Seite des Hauptprofils (2) erstreckt, m) und wobei jeder Verriegelungsbereich (11b) einen vorspringenden Abschnitt (15) aufweist, dessen Dicke geringer ist als die Gesamtdicke des kontinuierlichen Tragelementes (7), so dass der Kopf des Befestigungsvorsprunges vollständig innerhalb des kontinuierlichen Tragelementes (7) aufgenommen wird.
Der Sinngehalt der Merkmalsgruppen a) bis k) und m) des Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 4 erschließt sich für den Fachmann, einen Diplom-Ingenieur FH der Fachrichtung allgemeiner Maschinenbau mit langjähriger Erfahrung in der Entwicklung von Zubehörteilen von Fahrzeugkarosserien, allein unter Zuhilfenahme der in den Fig. 1-3 und 8 beispielhaft gezeigten Ausführungsformen. Die Fertigkleidung 3 (Merkmal l)) kann bspw. aus weichen PVC-Verbindungen bestehen, um eventuelle Stöße besser auffangen zu können (Abs. 0052 der EP 1 40 562 B1). Als kontinuierliches Tragelement versteht der Fachmann zwanglos ein einstückig ausgebildetes Tragelement.
Die in das Verfahren eingeführte Druckschrift NiK5 offenbart dem Fachmann ein Formteil für Kraftfahrzeugkarosserien (Anspruch 1: Zierleiste aus stranggepresstem Aluminiumprofil; Merkmal a)). Das Formteil der NiK5 weist ein langförmiges Hauptprofil auf (Anspruch 2 i. V. m. Fig. 1: Zierleiste 1; Merkmal b)), das mit Hilfe von Kupplungsmitteln (Anspruch 2 i. V. m. Fig. 1: Befestigungsplatte 3), die an dem Hauptprofil 1 mittels Bolzen operativ angeschlossen sind, zur Verbindung eines entsprechenden Ankerungsbereichs von einer Karosserie (Anspruch 2 i. V. m. Fig. 1: Karosseriewand 5) eines Kraftfahrzeuges; Merkmal c)) dient. Dabei umfassen die Kupplungsmittel 3 ein kontinuierliches Tragelement (S. 5 Abs. 1: "einer einzigen Befestigungsplatte" 3), das mit dem Hauptprofil (Zierleiste 1) verbunden ist. Das Tragelement (d. h. die einzige Befestigungsplatte 3) weist eine vorbestimmte Anzahl von Kupplungssitzen (Anspruch 3, 4 i. V. m. Fig. 1, 2: Schlitze 12) auf, die in der o. g. einteiligen Ausbildung des Tragelements (Befestigungsplatte 3) zwangsläufig in einem vorbestimmten Abstand voneinander liegen, der zur Verbindung mit den entsprechenden im Ankerungsbereich liegenden Vorsprüngen (Fig. 1: Kopf 6, Bolzen 4) geeignet ist (Merkmal d)). Außerdem ist auf dem Hauptprofil (Zierleiste 1) zum Einfügen des kontinuierlichen Tragelementes (die einzige Befestigungsplatte 3) ein Längssitz (S. 5 le. Abs. i. V. m. Fig. 1: Nuten 2) erhalten (Merkmal e)), wobei der Längssitz (Nuten 2) im Querschnitt eine Längsöffnung (Fig. 1: die den Bolzen 4 zugewandte U-förmige Öffnung des Hauptprofils bzw. der Zierleiste 1) aufweist, um einen Zugang zu den Kupplungssitzen (Ausbeulung 9 und Schlitze 12) zu erlauben (Merkmal f)).
Des Weiteren weist der Längssitz Unterschnitte auf (die in Richtung der Karosseriewand 5 liegenden Anlageflächen zwischen der Befestigungsplatte 3 und den Nuten 2), die als Anschlag gegen einen entsprechenden Anschlagsabschnitt (die in Richtung der Karosseriewand 5 wirkende Anlagefläche der Befestigungsplatte 3 an den Nuten 2) des kontinuierlichen Tragelementes (Befestigungsplatte 3) wirken (Merkmal g)), wobei offensichtlich die Unterschnitte des Hauptprofils 1 das Herausziehen der Kupplungsmittel (Befestigungsplatte 3) durch die Längsöffnung verhindern können (Merkmal h)). Jeder Kupplungssitz ist mit mindestens einem Einfügungsbereich (S. 6 le. Abs. i. V. m. Fig. 2: Ausbeulung 9) zum Einfügen eines an der Karosserie verschweißten Befestigungsvorsprunges ausgebildet (Anspruch 1 i. V. m. Fig. 2: Bolzen 4; Merkmal i)), derart, dass ein Kopf 6 des Befestigungsvorsprunges (Bolzen 4) durch die Ausbeulung 9 des kontinuierlichen Tragelements (Befestigungsplatte 3) hindurchgeführt werden kann (Merkmal j)). Das Hauptprofil weist außerdem eine hier als PVC-Keder 7 ausgebildete Fertigkleidung auf, die sich über die gesamte, der Karosserie abgewandten Seite des Hauptprofils 1 erstreckt (S. 6 Abs. 2 i. V. m. Fig. 1; Merkmal l)).
Bei der Montage der Zierleiste nach der Druckschrift NiK5 wird der Befestigungsvorsprung (Bolzen 4) durch Einklipsen seines endseitig abgeschrägten Bolzenkopfes 6 in eine Öffnung bzw. Ausbeulung 9 der Befestigungsplatte 3 bzw. Tragelements (S. 4 Abs. 3 u. S. 6 Abs. 3 i. V. m. Fig. 2) mit dem Tragelement 3 verriegelt. Nach dem Verriegeln liegt der Befestigungsvorsprung 4 mit seinem Kopf 6 gegen das Tragelement (Befestigungsplatte 3) so an, so dass die Befestigungsplatte 3 und damit auch die Zierleiste gegen die Karosseriewand 5 angedrückt werden (S. 5 le. Abs. bis S. 6 Z. 3). Der Schlitz 12 des Befestigungselements 3 erstreckt sich in axialer Richtung der Befestigungsleiste 3 beidseitig über seine Ausbeulung 9 so weit hinaus, dass ein nachträgliches axiales Ausrichten der Zierleiste (Formteil) noch möglich ist. Beidseitig der Ausbeulung 9 ist der Schlitz 12 so verengt, dass offensichtlich nur die Durchführung des Schaftes des Bolzens 4 erlaubt wird. Beim Ausrichten der Zierleiste 1 wird daher die Befestigungsleiste 3 mit ihrem Schlitz 12 so verschoben, dass der Kopf 6 des Bolzens 4 über einem der seitlich der Ausbeulung 9 liegenden, verengten Bereiche des Schlitzes 12 zu liegen kommt (S. 4 Abs. 2 i. V. m. Fig. 1, 2). In dieser Position blockiert der Bolzenkopf 6 durch seine gegenüber dem Schlitz 12 breiteren Abmessungen die Bewegung der Zierleiste 1 (Formteil) in einer Richtung weg von der Karosserie bzw. Karosseriewand 5 (Merkmal j)). Die für die Verschiebung der Befestigungsleiste 3 unerlässliche Krafteinleitung in die Befestigungsleiste muss zwangsläufig über die Zierleiste 1 erfolgen, da die Befestigungsleiste 3 im eingeklipsten Zustand der Zierleiste 1 von außen nicht mehr zugänglich ist. Der Fachmann liest daher beim Gegenstand der NiK5 Axialsperrungsmittel mit, die eine Gleitbewegung zwischen der Zierleiste 1 und dem kontinuierlichen Befestigungselement 3 zumindest so weit blockieren, dass ein axiales Ausrichten der Zierleiste 1 möglich ist (Merkmal k)).
Dem Fachmann ist klar, dass, wenn nach einer solchen Ausrichtung der Zierleiste der Kopf 6 des Bolzens 4 über dem seitlich der Ausbeulung 9 liegenden, verengten Bereich des Schlitzes 12 liegt, eine zerstörungsfreies Demontage der Zierleiste durch ein bloßes Wegziehen der Zierleiste von der Karosseriewand nicht möglich ist.
Vielmehr erkennt der Fachmann, dass für eine zerstörungsfreie Demontage der Zierleiste 1 die Zierleiste 1 wieder so zu auszurichten ist, dass der Kopf 6 des Bolzens 4 wieder, wie beim Montagevorgang, über der Ausbeulung 9 liegt. Diese notwendige Ausrichtung der Zierleiste 1 ist aber erschwert, weil der Kupplungssitz bei montierter Zierleiste nicht einsehbar ist.
Der Fachmann hat somit Veranlassung, beim Gegenstand der NiK5 den in der Befestigungsplatte 3 (Tragelement) ausgebildeten Kupplungssitz für die an der Karosserie angeschweißten Bolzen so zu verbessern, dass eine, bspw. im Rahmen von Reparaturarbeiten erforderliche, Demontage vereinfacht wird und die abmontierte Zierleiste zur Kosteneinsparung komplett wieder verwendbar ist.
Neben dem schlitzförmig ausgebildeten Kupplungssitz der NiK5 kennt der Fachmann aufgrund seines Fachwissens auch andere Arten Kupplungssitzen. So beschreibt die Druckschrift NiK6 ein Formteil für Kraftfahrzeugkarosserien (S. 4 Abs. 2 i. V. m. Fig. 1, 3, 4) mit einem langförmigen Hauptprofil (S. 4 Abs. 2 i. V. m. Fig. 2, 4: Tragrahmen 18) und Kupplungsmittel (Fig. 3, 4: Grundkörper 2), die an dem Hauptprofil 18 operativ angeschlossen sind, zur Verbindung eines entsprechenden Ankerungsbereichs von einer Karosserie eines Kraftfahrzeuges (S. 4 Abs. 1 i. V. m. Fig. 4: Karosserieblech 15). Die Kupplungsmittel 2 umfassen ein kontinuierliches Tragelement (Grundkörper 2), das mit dem Hauptprofil 18 verbunden ist (S. 5 Z. 2, 3), wobei das Tragelement Kupplungssitze aufweist (S. 4 Z. 2 i. V. m. Fig. 3: Befestigungsöffnungen 10). Der aus der NiK6 bekannte Kupplungssitz 10 weist einen Einfügungsbereich (Fig. 3: kreisförmiger Teil der Befestigungsöffnung 10) zum Einfügen eines Befestigungsvorsprunges (S. 5 Z. 4-8 i. V. m. Fig. 3: Befestigungsknopf 12) auf derart, dass ein Kopf 11 des Befestigungsvorsprunges 12 durch das kontinuierliche Tragelement 2 hindurchgeführt werden kann (Merkmal i)). Zudem weist jeder Kupplungssitz 10 einen Verriegelungsbereich (Fig. 3: langlochartiger Teil der Befestigungsöffnung 10) auf mit derartigen Abmessungen, dass nur die Durchführung des sich unmittelbar unterhalb des Kopfes 11 befindlichen Schaftes des Befestigungsvorsprunges 12 erlaubt wird, um offensichtlich die Bewegung des Formteils in einer Richtung weg von der Karosserie zu blockieren (Merkmal j)). Jeder Verriegelungsbereich (Fig. 3: langlochartiger Teil der Befestigungsöffnung 10) ist beim Gegenstand der NiK6 mit einem vorspringenden Abschnitt ausgebildet (Fig. 4: der unmittelbar unterhalb des Befestigungskopfes 12 liegende abgeschwächte Bereich des Grundkörpers bzw. Tragelementes 2). Wie aus der Fig. 4 der Zeichnung ohne weiteres zu entnehmen, ist dessen Dicke geringer als die Gesamtdicke (nicht abgeschwächter Bereich) des kontinuierlichen Tragelementes 2, so dass der Kopf 11 des Befestigungsvorsprunges 12 vollständig innerhalb des kontinuierlichen Tragelementes 3 aufgenommen wird (Fig. 4; Merkmal m)).
Mehr fordert der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 nicht.
Damit ist der Fachmann ohne erfinderische Tätigkeit beim Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 4 angelangt.
Auch ein Anspruchsbegehren, das einen nach Ansicht der Patentinhaberin aus Fig. 2 des Streitpatents ersichtlichen Luftspalt zwischen dem Tragelement und der Karosseriewand 5 umfassen würde, könnte nicht zum Erfolg führen, da der Fachmann bereits durch die Fig. 1 der NiK5 die Anregung erhält, das Tragelement 3 so auszubilden, dass es auch im montierten Zustand der Zierleiste zur Karosseriewand 5 beabstandet ist.
Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob das Merkmal m) in den ursprünglichen Anmeldungsunterlagen als zur Erfindung gehörend offenbart ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. §§ 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
Voit Schwarz-Angele Dr. Hartung Höppler Gottstein Pr
BPatG:
Urteil v. 06.02.2008
Az: 4 Ni 55/06
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