Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen:
Beschluss vom 6. Januar 2012
Aktenzeichen: 6 E 1033/11

(OVG Nordrhein-Westfalen: Beschluss v. 06.01.2012, Az.: 6 E 1033/11)

Der Rechtsanwalt hat bei der Erledigung einer Rechtssache im Sinne von Nr. 1002 VV RVG mitgewirkt, wenn er den Kläger dahin beraten hat, ein nur teilweise materiellrechtlich erledigtes Verfahren in Übereinstimmung mit der Beklagtenseite insgesamt für erledigt zu erklären (wie Beschluss vom 30. August 2011 - 6 E 775/11 -) .

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 1. März 2011 wird dahingehend geändert, dass der Erstattungsbetrag um 758,00 Euro zzgl. 19 % Umsatzsteuer erhöht wird.

Die Kosten des Erinnerungsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens trägt das beklagte Land.

Gründe

Die Beschwerde mit dem sinngemäß gestellten Antrag,

unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und unter Änderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 1. März 2011 eine Einigungsgebühr, hilfsweise eine Erledigungsgebühr in Höhe von 758,00 Euro nebst 19 % Umsatzsteuer in Ansatz zu bringen,

hat Erfolg.

Soweit zur Begründung des Antrags geltend gemacht wird, es sei eine Einigungsgebühr in Höhe von 758,00 Euro nebst 19 % Umsatzsteuer in Ansatz zu bringen, ist dem allerdings nicht zu folgen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass eine Einigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1003 des Vergütungsverzeichnisses - Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG (VV RVG) nicht angefallen ist. Auf die Ausführungen wird verwiesen.

Der Kläger kann jedoch - worauf er sich hilfsweise beruft - beanspruchen, dass eine Erledigungsgebühr nach Nrn. 1002, 1003 VV RVG in Ansatz gebracht wird, die sich ausgehend von dem zu Grunde zu legenden Streitwert von bis 30.000 Euro auf 758,00 Euro beläuft. Daneben fallen 19 % Umsatzsteuer an, Nr. 7008 VV RVG.

Nach Nr. 1002 VV RVG entsteht eine Erledigungsgebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts bzw. durch den Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Damit eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV RVG anfällt, muss eine anwaltliche Mitwirkung an der Erledigung vorliegen. Dies erfordert eine qualifizierte erledigungsgerichtete Mitwirkung des Rechtsanwalts, die über das Maß desjenigen hinausgeht, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im gerichtlichen Verfahren abgegolten wird.

Vgl. nur OVG NRW, Beschlüsse vom 26. April 2011 - 6 E 414/11-, und vom 9. September 2009 - 18 E 111/09 -, jeweils juris.

Eine solche Mitwirkung kann darin liegen, dass der Rechtsanwalt den Kläger dahin beraten hat, ein nur teilweise materiellrechtlich erledigtes Verfahren in Übereinstimmung mit der Beklagtenseite insgesamt für erledigt zu erklären.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 - 6 E 775/11 -, juris; auch OVG NRW, Beschluss vom 25. Februar 1985 - 2 B 2547/84 -, noch zu § 24 BRAGO, RPfleger 1985, 325.

Diese Voraussetzungen sind gegeben. Dem Rechtsstreit lag zugrunde, dass das beklagte Land den Antrag des Klägers auf Aufhebung der ihn betreffenden Altersteilzeitregelung sowie auf rückwirkende Versetzung in den Ruhestand mit Bescheid vom 8. Januar 2010 abgelehnt hat. Der Kläger hat am 27. März 2010 Klage mit vier Anträgen erhoben. Der erste Antrag war darauf gerichtet, das beklagte Land unter Aufhebung der "Altersteilzeitgenehmigung vom 06.06.2007" sowie des genannten Bescheides zu verpflichten, ihn mit Wirkung vom 3. Februar 2010 in den Ruhestand zu versetzen; die weiteren Anträge richteten sich auf die Verurteilung des beklagten Landes zur Nachzahlung von (näher bezeichneten) Bezügen und Sonderzahlungen und zur Vergütung von Mehrarbeit. Das beklagte Land hat im Klageverfahren im Nachgang zu einem mit der Berichterstatterin geführten Gespräch den angefochtenen Bescheid aufgehoben und eine erneute Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Aufhebung der ihn betreffenden Altersteilzeitregelung sowie auf Versetzung in den Ruhestand in Aussicht gestellt, nachdem die Berichterstatterin darauf hingewiesen hatte, dass Bedenken in Bezug auf die Ermessensausübung bestünden. Damit war der Rechtsstreit indessen nur teilweise materiellrechtlich erledigt. Denn das beklagte Land hat sich weder, wie vom Kläger weiter beantragt, verpflichtet, ihn mit Wirkung vom 3. Februar 2010 in den Ruhestand zu versetzen, noch dazu, Bezüge und Sonderzahlungen nachzugewähren oder geleistete Mehr- bzw. Zuvielarbeit zu vergüten. Eine Sachentscheidung des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der von der Klaglosstellung nicht erfassten Begehren ist erst dadurch entbehrlich geworden, dass die Beteiligten den Rechtsstreit insgesamt übereinstimmend für erledigt erklärt haben. An dieser Erledigung der Rechtssache hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Sinne von Nr. 1002 VV RVG mitgewirkt. Er hat hierzu einen nicht unerheblichen Beitrag geleistet, indem er nach dem mit der Berichterstatterin am 24. Januar 2011 geführten Gespräch den Kläger dahin beraten hat, den Rechtsstreit insgesamt - und damit auch hinsichtlich der von der Erklärung des beklagten Landes nicht erfassten Begehren - in der Hauptsache für erledigt zu erklären. Auf die Erfolgsaussichten hinsichtlich jener Klagegegenstände kommt es dabei nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.






OVG Nordrhein-Westfalen:
Beschluss v. 06.01.2012
Az: 6 E 1033/11


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