Bundesgerichtshof:
Urteil vom 21. Januar 2016
Aktenzeichen: I ZR 274/14
(BGH: Urteil v. 21.01.2016, Az.: I ZR 274/14)
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 20. Februar 2014 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Klägerin ist Versicherungsmaklerin und Inhaberin einer Erlaubnis nach § 34d GewO. Sie hat sich auf die Tarifoptimierung für Versicherungsnehmer privater Krankenversicherungen im Rahmen von Tarifwechseln gemäß § 204 VVG spezialisiert. Der Beklagte ist ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, der privaten Krankenversicherungsschutz anbietet.
Mit Schreiben vom 5. März, vom 4. April und vom 19. November 2012 forderte die Klägerin vom Beklagten für dessen Versicherungsnehmer M. , H. und F. jeweils ein Angebot für eine Tarifumstellung an. In den von der Klägerin dabei vorgelegten Vollmachtsurkunden erklärten die Versicherungsnehmer, dass der gesamte im Rahmen ihres Tarifumstellungswunsches zur Aufnahme oder Abwicklung des Vertrags erforderliche Schriftwechsel vom Beklagten ausnahmslos mit der Klägerin geführt werden sollte und dieser eine umfassende Empfangsvollmacht für die gesamte zur Tarifumstellung erforderliche Antrags- und Vertragskorrespondenz zustand.
Der Beklagte wandte sich auf diese Mitteilungen mit eigenen Schreiben unmittelbar an seine drei Versicherungsnehmer. In den Schreiben verwies er darauf, dass Versicherungsmakler und -berater vom Versicherungsnehmer für ihre Beratungsleistung in der Regel ein Honorar verlangten, während er als Versicherer die laufende Beratung kostenfrei vornehme. Weiter nannte er eine Telefonnummer, unter der die Versicherungsnehmer sich bei ihm direkt über das Thema Tarifwechsel unterrichten konnten. Daran anschließend hieß es in den Schreiben, dass die angeforderten Auskünfte an den vom Versicherungsnehmer beauftragten Versicherungsmakler bzw. -berater übersandt würden, wenn der Versicherungsnehmer keine kostenfreie Beratung durch den Beklagten wünsche und sich bei diesem in den nächsten Tagen nicht melde.
Nach Ansicht der Klägerin verhält sich der Beklagte mit der Versendung solcher Schreiben wettbewerbs- und rechtswidrig.
Die Klägerin hat mit dem Klageantrag zu I beantragt, es dem Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu untersagen, während des gesamten Vorgangs eines beabsichtigten Tarifwechsels oder bis zu einem etwaigen Widerruf der ihr durch den Versicherungsnehmer erteilten Vollmacht Versicherungsnehmer des Beklagten selbst oder durch Dritte im Zusammenhang mit der Tarifumstellung nach § 204 VVG zu kontaktieren, nachdem die Klägerin bereits deren Vertretung angezeigt und für den Versicherungsnehmer Umstellungsangebote angefordert hat.
Darüber hinaus hat die Klägerin, soweit der Rechtsstreit in die Rechtsmittelinstanzen gelangt ist, die Verurteilung des Beklagten zur Auskunftserteilung über den Umfang entsprechender Handlungen seit dem 20. Januar 2012 (Klageantrag zu II), Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten hinsichtlich des der Klägerin aus solchen Handlungen entstandenen oder noch entstehenden Schadens (Klageantrag zu III) sowie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 888,10 € nebst Zinsen begehrt (Klageantrag zu IV).
Das Landgericht hat es dem Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel untersagt, während des gesamten Vorgangs eines beabsichtigten Tarifwechsels oder bis zu einem etwaigen Widerruf der der Klägerin durch den Versicherungsnehmer erteilten Vollmacht Versicherungsnehmer des Beklagten selbst oder durch Dritte im Zusammenhang mit der Tarifumstellung nach § 204 VVG zu kontaktieren, wenn die Klägerin bereits deren Vertretung angezeigt und für den Versicherungsnehmer Umstellungsangebote angefordert hat und der Beklagte die Tätigkeit der Klägerin als Versicherungsmaklerin akzeptiert.
Das Landgericht hat den Beklagten weiterhin verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 487,70 € nebst Zinsen zu bezahlen, und die Klage im Übrigen abgewiesen (LG München II, Urteil vom 16. Mai 2013 - 4 HK O 5253/12, juris).
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien jeweils im Umfang ihres Unterliegens Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts zurückgewiesen und auf die Berufung des Beklagten die Klage insgesamt abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren im vollen Umfang weiter.
Gründe
I. Das Berufungsgericht hat die Klageansprüche als unbegründet angesehen. Dazu hat es ausgeführt:
Der Beklagte habe nicht dadurch eine Korrespondenzpflicht verletzt, dass er seine Versicherungsnehmer unmittelbar angeschrieben habe. Es erscheine schon fraglich, woraus sich die Pflicht eines Versicherers ergeben sollte, mit einem Versicherungsmakler zu korrespondieren. Eine vertragliche Beziehung, aus der sich eine entsprechende vertragliche Nebenpflicht ergeben könnte, bestehe zwischen dem Makler und dem Versicherer nicht. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass der zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer bestehende Versicherungsvertrag insoweit eine Regelung zugunsten eines Maklers enthalten könnte. Den Vollmachten, die die Klägerin von den Versicherungsnehmern erhalten habe, sei nicht zu entnehmen, dass die Versicherungsnehmer ihre eigenen Ansprüche an die Klägerin abtreten wollten. Eine gesetzliche Grundlage für eine Verpflichtung des Beklagten sei ebenfalls nicht ersichtlich.
Unabhängig davon bestehe ein derartiger Anspruch jedenfalls deshalb nicht, weil die Vollmachten auf den zur Aufnahme oder Abwicklung der Tarifumstellung erforderlichen Schriftwechsel beschränkt gewesen seien und unter dem Vorbehalt der Erforderlichkeit gestanden hätten. Diese Beschränkungen hätten bei jedem Schreiben eine Prüfung des jeweiligen Einzelfalls erfordert, die dem Beklagten nicht zuzumuten sei.
Der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer gezielten Mitbewerberbehinderung zu. Der Beklagte habe das Verlangen der Klägerin nach Angeboten zur Tarifumstellung zwar zum Anlass genommen, seinerseits seinen Versicherungsnehmern eine Beratung anzubieten. Er habe dabei aber zugleich darauf hingewiesen, dass er die geforderten Auskünfte an die Klägerin übersenden würde, wenn die Versicherungsnehmer keine Beratung durch seine Mitarbeiter wünschten. Erst recht stelle nicht jede Kontaktaufnahme des Beklagten bei einem Tarifwechsel mit den Kunden der Klägerin eine Behinderung dar.
Die angegriffenen Schreiben seien ferner nicht irreführend und enthielten im Übrigen auch keinen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin. Den Interessen der Klägerin komme bei Abwägung der gegenläufigen Belange der Parteien kein Vorrang zu.
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat mit Recht sowohl Ansprüche der Klägerin wegen Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht gemäß § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 1 BGB (dazu unter II 1) als auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche der Klägerin (dazu unter II 2) sowie Ansprüche der Klägerin wegen rechtswidrigen Eingriffs in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verneint (dazu unter II 3).
1. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass ein Anspruch auf Korrespondenz und Auskunftserteilung, den die Klägerin möglicherweise aus einem vertraglichen oder gesetzlichen Schuldverhältnis gegenüber dem Beklagten habe, jedenfalls nicht weiter reichen kann als ein entsprechender Anspruch des Versicherungsnehmers selbst. Keinen Rechtsfehler lässt auch seine Beurteilung erkennen, ein solcher Anspruch sei im Streitfall wegen Unzumutbarkeit der Korrespondenzpflicht und Auskunftserteilung ausgeschlossen.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft den Versicherer grundsätzlich eine vertragliche Nebenpflicht, auf Verlangen des Versicherungsnehmers mit einem von diesem bevollmächtigten Vertreter im Rahmen des Versicherungsverhältnisses Schriftwechsel zu führen und dem Vertreter in dem Umfang Auskünfte zu erteilen, in dem er dem Versicherungsnehmer gegenüber auskunftspflichtig ist (BGH, Urteil vom 29. Mai 2013 - IV ZR 165/12, NJW 2013, 2354 Rn. 10 bis 13 und 20 = VersR 2013, 841). Kein Anspruch des Versicherungsnehmers auf Korrespondenz mit und Auskunftserteilung gegenüber einem von ihm eingeschalteten Vertreter besteht allerdings dann, wenn sich dies für den Versicherer im Einzelfall als unzumutbar darstellt (BGH, NJW 2013, 2354 Rn. 14 bis 18). Die Korrespondenzpflicht mit einem vom Versicherungsnehmer eingeschalteten Vertreter kann insbesondere unzumutbar sein, wenn sie für den Versicherer mit einem unzumutbaren Mehraufwand verbunden ist. Ein unzumutbarer Mehraufwand kann entstehen, wenn der Versicherungsnehmer seinem Vertreter keine umfassende, sondern lediglich eine begrenzte Vollmacht erteilt hat. Da es sich bei Versicherungsverträgen um Massengeschäfte handelt, ist es dem Versicherer nicht zuzumuten, Vollmachten in jedem Einzelfall darauf zu untersuchen, wie weit sie reichen und ob sie die jeweils zu führende Korrespondenz und die zu erteilende Auskunft betreffen (BGH, NJW 2013, 2354 Rn. 17). Dem insoweit bestehenden berechtigten Interesse des Versicherers ist zum einen dadurch Rechnung zu tragen, dass der Versicherungsnehmer den Vertreter umfassend bevollmächtigt, ihn in allen bestehenden Versicherungsangelegenheiten zu vertreten und die Korrespondenz hinsichtlich bestehender Versicherungsverträge allein mit ihm zu führen; zum anderen ist die entsprechende Vollmacht dem Versicherer entweder unmittelbar durch den Versicherungsnehmer oder durch den Vertreter in eindeutiger und unmissverständlicher Weise unter Vorlage einer entsprechenden Vollmachtsurkunde bekanntzugeben (BGH, NJW 2013, 2354 Rn. 18).
b) Die nach diesen Maßstäben für die Annahme einer Korrespondenzpflicht erforderlichen Voraussetzungen lagen im Streitfall nicht vor. Die der Klägerin von den Versicherungsnehmern des Beklagten erteilten Vollmachten erstreckten sich nicht auf alle das jeweilige Versicherungsverhältnis betreffenden Angelegenheiten, sondern waren auf die mit einer Tarifumstellung gemäß § 204 VVG verbundenen Fragen beschränkt. Ihr Umfang war mit einem allgemeinen Abstellen auf einen "Tarifumstellungswunsch" nur sehr pauschal beschrieben, so dass sich für den Beklagten im Einzelfall schwierige Abgrenzungsfragen stellen konnten.
Der Annahme, der Beklagte habe mit seinem Verhalten gegenüber seinen Versicherungsnehmern eine in diesem Verhältnis bestehende Korrespondenz- und Auskunftspflicht verletzt, steht weiterhin entgegen, dass der Beklagte - anders als der Beklagte in dem dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. Mai 2013 (IV ZR 165/12) zugrundeliegenden Sachverhalt - nicht jeden Kontakt mit der Klägerin abgelehnt hat. Der Beklagte hat mit seinen Schreiben gegenüber seinen Versicherungsnehmern vielmehr erklärt, er werde, falls diese sich nicht in den nächsten Tagen bei ihm meldeten, die angeforderten Auskünfte an die Klägerin übersenden.
Unter diesen Umständen kommt es nicht mehr darauf an, ob dann, wenn ein Versicherer seine Korrespondenzpflicht verletzt, nicht nur Ansprüche des Versicherungsnehmers, sondern auch Ansprüche des betroffenen Versicherungsmaklers in Betracht kommen. Dasselbe gilt für die Frage, ob sich aus einer im Hinblick auf einen beabsichtigten Tarifwechsel bestehenden Korrespondenzpflicht eines Versicherers für diesen ein Verbot ergibt, mit seinem Versicherungsnehmer in dieser Angelegenheit direkt Kontakt aufzunehmen. In der vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 8. Februar 2011 entschiedenen Sache VI ZR 311/09 ist ein entsprechendes Verbot in einem Fall verneint worden, in dem die eine Seite, die einen vertraglichen Anspruch geltend gemacht hatte, sich über das Verlangen eines von der anderen Seite beauftragten Rechtsanwalts hinweggesetzt hatte, in dieser Angelegenheit ausschließlich mit ihm direkt zu korrespondieren (BGH, NJW 2011, 1005 Rn. 10 ff.).
2. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche sind auch nicht gemäß §§ 8, 9, 3 UWG in Verbindung mit § 4 Nr. 10 UWG aF, § 242 BGB, § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG unter dem Gesichtspunkt einer unlauteren gezielten Mitbewerberbehinderung durch Abfangen von Kunden begründet.
a) Nach § 4 Nr. 10 UWG aF, der nach der Novellierung durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unerlaubten Wettbewerb (BGBl. I, S. 2158) nunmehr inhaltsgleich in § 4 Nr. 4 UWG enthalten ist, handelt unlauter, wer Mitwerber gezielt behindert. Das Eindringen in einen fremden Kundenkreis und das Ausspannen von Kunden ist, da solche Verhaltensweisen im Wesen des Wettbewerbs liegen, selbst wenn es zielbewusst und systematisch erfolgt, nur unlauter, wenn besondere Umstände hinzutreten, die die Unlauterkeit des Verhaltens begründen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 - I ZR 30/07, GRUR 2009, 500 Rn. 23 = WRP 2009, 435 - Beta Layout). Das Abfangen und das Ausspannen von Kunden stellen sich daher nur als unlauter dar, wenn auf Kunden, die bereits dem Wettbewerber zuzurechnen sind, in unangemessener Weise eingewirkt wird, um sie als eigene Kunden zu gewinnen oder zu erhalten. Eine Einwirkung auf den Kunden ist dabei als unangemessen anzusehen, wenn sich der Abfangende gewissermaßen zwischen den Mitbewerber und dessen Kunden stellt, um diesem eine Änderung seines Entschlusses, das Angebot des Mitbewerbers in Anspruch zu nehmen, aufzudrängen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 24. November 2011 - I ZR 154/10, GRUR 2012, 645 Rn. 17 = WRP 2012, 817 - Mietwagenwerbung; Urteil vom 22. Januar 2014 - I ZR 164/12, GRUR 2014, 393 Rn. 35 = WRP 2014, 424 - wetteronline.de, jeweils mwN).
b) Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe, soweit es ein im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 10 UWG aF unlauteres Verhalten verneint habe, Vortrag der Klägerin unberücksichtigt gelassen, aus dem sich die Unlauterkeit des Verhaltens des Beklagten ergebe.
aa) Die Revision trägt hierzu vor, die Klägerin habe geltend gemacht, dass der Beklagte nicht nur das Verlangen nach Angeboten zur Tarifumstellung durch die Klägerin zum Anlass nehme, seinerseits den Versicherungsnehmern eine Beratung anzubieten, sondern sich auch weigere, deren Anfragen sofort zu beantworten, und den Versicherungsnehmern stattdessen mitteile, er warte erst einmal ab, ob diese sich meldeten. Dies führe auf jeden Fall zu einer ohne weiteres ersichtlichen Verzögerung bei der Beantwortung der Tarifwechselanfragen. Da der Beklagte in den Antwortschreiben zudem zwar ankündige, sich bei Ausbleiben einer Rückmeldung des Versicherungsnehmers an den von diesem eingeschalteten Versicherungsmakler zu wenden, aber offenlasse, wann er das tun werde, veranlasse er ungeduldige Versicherungsnehmer, sich an ihn zu wenden, obwohl diese ein solches Vorgehen mit der umfassenden Beauftragung der Klägerin eigentlich nicht gewollt hätten.
Die Klägerin habe mit der Beauftragung durch ihren Kunden überdies dem Grunde nach bereits einen Maklerlohnanspruch nach § 652 BGB erlangt, der zwar erst fällig werde, wenn und soweit ihre Tätigkeit zu einer Tarifänderung führe, wofür aber jeglicher Zusammenhang zwischen dieser Tätigkeit und der Tarifänderung ausreiche. Die beanstandeten Schreiben des Beklagten könnten die für die Realisierung dieses Anspruchs erforderliche Kenntniserlangung der Klägerin von dem Briefwechsel deshalb vereiteln, weil der Beklagte dort ausdrücklich auf die Kostenlosigkeit seiner Beratung verweise. Der durchschnittliche Adressat eines entsprechenden Schreibens werde daher irrig annehmen, er müsse bei einer Beratung durch den Beklagten auch an die bereits beauftragte und für ihn tätig gewordene Klägerin nichts bezahlen, und werde möglicherweise davon abgehalten, weiterhin Kontakt zur Klägerin zu suchen, was ihr die Realisierung ihres Vergütungsanspruchs erschweren werde. Die Klägerin könne der Praxis des Beklagten mangels Unterrichtung über den weiteren Verlauf der Verhandlungen zwischen ihrem Kunden und dem Beklagten auch keine Abwehrmaßnahmen entgegensetzen.
Das Berufungsgericht habe im Übrigen nicht - wie geboten - die Interessen der Verbraucher berücksichtigt und daher nicht die sich zwischen dem Beklagten und seinen Versicherungsnehmern ergebende Interessenkollision in seine Erwägungen einbezogen. Anders als beim Versicherer, der bei einem Tarifwechsel nach § 204 VVG möglicherweise gegen seine eigenen Interessen beraten müsse, komme im Falle der Einschaltung eines Versicherungsmaklers eine Tarifermäßigung nicht dem Makler, der seine Vergütung unabhängig davon verdiene, bei welchem Versicherer der Kunde künftig versichert sei, sondern dem Kunden zugute. Die Klägerin habe darauf hingewiesen, dass die beanstandeten Schreiben des Beklagten darauf abzielten, seine Versicherungsnehmer zu veranlassen, sich entgegen ihren Interessen bei ihm selbst statt bei der neutralen Klägerin beraten zu lassen, weil deren Tätigkeit als Tarifoptimierer auf die Reduzierung der Prämienaufwendungen der Kunden und damit auch des Prämienaufkommens des Beklagten abzielte.
bb) Dieses Vorbringen konnte dem von der Klägerin gestellten, abstrakt gefassten und auf ein generelles Kontaktverbot gerichteten Unterlassungsantrag nicht zum Erfolg verhelfen. Die Umstände, die das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung nach Ansicht der Revision hätte berücksichtigen müssen, sind in diesem Antrag weder enthalten noch auch nur angesprochen. So wird mit dem Unterlassungsantrag der Inhalt der Schreiben der Parteien, auf die die Revision abstellt, nicht aufgegriffen. Der von der Klägerin gestellte Unterlassungsantrag erfasst daher Verhaltensweisen, die nach deren eigenem Vortrag nicht unzulässig sind. Dasselbe gilt für den Unterlassungsanspruch, den das Landgericht als begründet angesehen hat (vgl. LG München II, Urteil vom 16. Mai 2013 - 4 H O 5253/12, juris Rn. 68 bis 72).
c) Es besteht im Streitfall kein Anlass, die Sache unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes und des Fairnessgebots an die Vorinstanz zurückzuverweisen, um der Klägerin eine Neufassung ihres Unterlassungsantrags - etwa unter Einbeziehung ihrer an den Beklagten gerichteten Mitteilungen und der von diesem daraufhin an seine Versicherungsnehmer versandten Schreiben - zu ermöglichen, die den Ausführungen zu vorstehend II 2 b bb Rechnung trägt (vgl. dazu BGH, GRUR 2014, 393 Rn. 49 - wetteronline.de, mwN). Der Beklagte hat entgegen der Ansicht der Revision - auch unter Berücksichtigung der vorstehend unter II 2 b aa dargestellten Umstände, deren Außerachtlassung die Revision rügt - die Klägerin mit seinen beanstandeten Schreiben nicht im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG aF in unlauterer Weise gezielt behindert. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die beanstandete Verhaltensweise des Beklagten die Reaktion auf ein - wie vorstehend unter II 1 ausgeführt - unzumutbares und damit unzulässiges Korrespondenzverlangen darstellte. Der Beklagte hätte dieses Verlangen daher entweder zurückweisen oder unbeantwortet lassen können. Im Vergleich zu diesen beiden - jeweils rechtmäßigen - Verhaltensweisen stellte sein von der Klägerin vorliegend beanstandetes Verhalten keine unlautere Behinderung der Klägerin dar. Der Beklagte wehrt lediglich ein ihn unzumutbar belastendes Verhalten der Klägerin und eine Abwerbung seines Versicherungsnehmers ab.
3. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die beanstandeten Schreiben des Beklagten enthielten keine irreführenden Angaben im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG aF in Bezug auf mögliche Ansprüche der Klägerin auf Maklerlohn, lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird auch von der Revision nicht angegriffen. Das Berufungsgericht hat unter Berücksichtigung der Ausführungen zu vorstehend II 2 c ferner mit Recht angenommen, dass diese Schreiben deren Adressaten nicht über den Umfang von Verpflichtungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UWG täuschten.
4. Nach den Ausführungen zu vorstehend II 2 c stellte das beanstandete Verhalten des Beklagten schließlich auch keinen unzulässigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin dar.
III. Nach allem ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Büscher Schaffert Kirchhoff Löffler Schwonke Vorinstanzen:
LG München II, Entscheidung vom 16.05.2013 - 4 HKO 5253/12 -
OLG München, Entscheidung vom 20.02.2014 - 29 U 2652/13 -
BGH:
Urteil v. 21.01.2016
Az: I ZR 274/14
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