Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 22. Juni 2007
Aktenzeichen: 22 S 439/06
(LG Düsseldorf: Urteil v. 22.06.2007, Az.: 22 S 439/06)
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 26. September 2006 verkün-dete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf - 44 C 6778/06 - teilweise ab-geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, die Kläger von einer restlichen Vergütungs-forderung der Rechtsanwälte XXX in Höhe von 497,98 Euro freizustel-len.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die weitergehende Beru-fung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Gründe
I.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Die Kläger stellen in der Berufungsinstanz erstmals den Hilfsantrag, die Beklagte zur Freistellung von der geltend gemachten Forderung gegenüber der Rechtsanwaltskanzlei zu verurteilen. Weitere Ergänzungen sind in der Berufungsinstanz nicht erfolgt.
Mit der Berufung verfolgen die Kläger ihr ihrseinseinerstinstanzliches Klagebegehren insoweit weiter, als sie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 497,98 Euro nebst Zinsen und hilfsweise die Freistellung von dieser Forderung erstreben.
II.
Die durch das Amtsgericht nach § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zugelassene Berufung ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt und formell ordnungsgemäß begründet, § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO.
1.
Die Kläger rügen eine fehlerhafte Auslegung der Nr. 1008 VV RVG durch das Amtsgericht. Das Amtsgericht habe eine Erhöhung sowohl der Geschäfts- als auch der Verfahrensgebühr zu Unrecht abgelehnt. Insoweit habe das Gericht der Änderung des Wortlautes eine zu hohe Bedeutung beigemessen. Mit der Formulierung "oder" sei keine inhaltliche Änderung gegenüber der Vorgängervorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO beabsichtigt gewesen. Nach der früheren Regelung sei unstreitig gewesen, dass sich sowohl die Geschäfts- als auch die Mahnverfahrensgebühr erhöht hätten. Da eine Änderung dieser Erhöhung durch die Einführung des RVG nicht beabsichtigt gewesen sei, müsse der Wortlaut der Nr. 1008 VV RVG vor diesem Hintergrund so verstanden werden, dass eine Erhöhung beider Gebühren zu erfolgen habe. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Gesetzesbegründung zum RVG. Letztlich lasse sich diese Lösung auch dem Wortlaut der Nr. 1008 VV RVG entnehmen. Danach finde die Regelung nur Anwendung, wenn Auftraggeber in derselben Angelegenheit mehrere Personen seien. Bei einer außergerichtlichen Tätigkeit und einem nachfolgenden Rechtsstreit könne es sich bereits nicht um dieselbe Angelegenheit in diesem Sinne handeln. Aus diesem Umstand ergebe sich zwar aufgrund der veränderten Vorschriften zur Anrechnung eine Verbesserung für den Rechtsanwalt, diese Verbesserung sei aber vom Gesetzgeber gewollt und gleiche die eingetretenen Nachteile aus. Dieses Vorbringen stellt insgesamt die Rüge einer Rechtsverletzung i.S.v. § 546 ZPO dar, die - träfe sie zu - entscheidungserheblich wäre, und damit eine formal ordnungsgemäße Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO.
2.
Soweit die Kläger in der Berufungsinstanz erstmals den Hilfsantrag stellen, die Beklagte zur Freistellung zu verurteilen, handelt es sich um eine zulässige Klageänderung in Form der Klageerweiterung, § 533 ZPO. Der Freistellungsanspruch wird auf die gleichen Tatsachen gestützt, welche auch zur Begründung des Zahlungsanspruches vorgetragen wurden und in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen sind, § 533 Nr. 2 ZPO. Die Klageänderung ist auch sachdienlich i.S.v. § 533 Nr. 1 ZPO, da beide Ansprüche auf das gleiche Interesse gerichtet sind und so ein weiteres Verfahren in der gleichen Sache vermieden werden kann.
III.
Die Berufung hat mit dem Hilfsantrag Erfolg. Den Klägern steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Freistellung von der noch offenen Honorarforderung seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 497,98 Euro zu.
1.
Der Hauptantrag gerichtet auf Zahlung von Anwaltshonorar in Höhe von 497,98 Euro war abzuweisen, da die Kläger auch nach ihrem eigenen Vortrag die noch offene Forderung aus der Kostennote ihres Prozessbevollmächtigten nicht bezahlt haben. Ein Versicherungsnehmer hat aus einem Rechtsschutzversicherungsvertrag grundsätzlich nur einen Anspruch auf Freistellung von Honorarforderungen seines Prozessbevollmächtigten. Ein solcher Freistellungsanspruch wandelt sich erst dann in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Versicherungsnehmer die Honorarforderung tatsächlich ausgeglichen hat (vgl. LG Köln Urteil vom 21.12.2005 - 20 O 184/05; AG Köln Urteil vom 07.06.2006). Da ein tatsächlicher Ausgleich durch die Kläger nicht erfolgt ist, besteht ein Zahlungsanspruch daher nicht.
2.
Den Klägern steht der mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Anspruch auf Freistellung zu.
Zwischen den Parteien ist der Bestand einer Rechtsschutzversicherung zugunsten der Kläger und die grundsätzliche Einstandspflicht der Beklagten unstreitig. Sie streiten allein um die Höhe der zu ersetzenden Gebühren und konkret um die Auslegung der Nr. 1008 VV RVG.
2.1.
Hintergrund dieses Streites sind die verschiedenen Änderungen bei der Neueinführung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes im Vergleich zur Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung und deren Auswirkungen auf den Gebührenanspruch des Rechtsanwaltes. Konkret relevant werden vorliegend die Änderung im Wortlaut der Nr. 1008 VV RVG im Vergleich zum früheren § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO und die Veränderungen bei den Anrechnungsvorschriften zwischen Geschäfts- und Verfahrensgebühr. Während der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO eine Erhöhung bei mehreren Auftraggebern für Geschäfts- und Prozessgebühr vorsah, wird in Nr. 1008 VV RVG formuliert, dass sich die Verfahrens- oder Geschäftsgebühr erhöht. Nach § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO wurde eine Geschäftsgebühr auf die entsprechende Gebühr für ein anschließendes gerichtliches Verfahren in vollem Umfang angerechnet. Nach Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG erfolgt die Anrechnung nur hinsichtlich der hälftigen Geschäftsgebühr und höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75.
Wurde ein Rechtsanwalt von mehreren Auftraggebern mit der außergerichtlichen Interessenswahrnehmung beauftragt und anschließend in derselben Sache mit der Vertretung im Prozess, führten die Regelungen der BRAGO dazu, dass zwar beide Gebühren erhöht entstanden, durch die Verrechnungsvorschrift des § 118 Abs. 2 Satz 1 BRAGO aber letztlich nur eine erhöhte Gebühr von dem Mandanten zu zahlen war. Vor diesem Hintergrund wird an zwei unterschiedlichen Punkten darüber diskutiert, wie ein entsprechender Fall nach den Regelungen des RVG abzurechnen ist.
Dies betrifft zum einen die Frage, ob nur eine der beiden Gebühren erhöht abgerechnet werden darf, und zum anderen die Frage der Anrechnung, wenn beide Gebühren erhöht berechnet werden.
2.2.
Den Klägern steht gemäß Nr. 1008 VV RVG ein Anspruch auf die um 0,3 erhöhte Verfahrensgebühr neben der ebenfalls um 0,3 erhöhten Geschäftsgebühr zu (so auch Enders, JurBüro 05, 449 ff.; Gerold/Schmidt, RVG, 17. Aufl., 2006, S. 902; Hansens/Braun/Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, 2. Aufl., 2007, S. 420; Hartung u.a., RVG, 2006, Vorb. 3 VV, Rn. 86 ff.; Schneider, AGS 06, 528 ff.).
2.2.1.
Diese Auslegung ist nicht durch den Wortlaut der Vorschrift ausgeschlossen. Gemäß Nr. 1008 VV RVG erhöht sich die Verfahrens- oder Geschäftsgebühr für jede weitere Person, wenn in derselben Angelegenheit mehrere Personen Auftraggeber sind. Der Wahl der Formulierung "oder" kann nicht entnommen werden, dass bei einer Folgebeauftragung nur eine der beiden Gebühren erhöht berechnet werden darf. Es handelt sich bei einer Beauftragung zur Vertretung im gerichtlichen Verfahren nach einer vorangegangenen außergerichtlichen Tätigkeit bereits nicht um dieselbe Angelegenheit im Sinne des RVG. Der Begriff der Angelegenheit wird im RVG an verschiedenen Stellen verwendet und dient der gebührenrechtlichen Abgrenzung der anwaltlichen Tätigkeitsbereiche, da gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 in derselben Angelegenheit Gebühren nur einmal gefordert werden dürfen (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 17. Aufl., 2006, § 15 RVG Rn. 5) Da es an einer Definition des Begriffs der Angelegenheit im RVG fehlt, hat die Abgrenzung anhand des konkreten Lebenssachverhaltes und des dem Rechtsanwalt erteilten Auftrages zu erfolgen. Gegen das Vorliegen derselben Angelegenheit spricht dabei, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwaltes nicht in einem einheitlichen Rahmen erfolgt (vgl. Gerold/Schmidt a.a.O., Rn. 8).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze und der in den §§ 16, 17 RVG aufgezählten Beispiele kann es sich bei den die Gebühren nach Nr. 2100 VV RVG und Nr. 3100 VV RVG auslösenden Tatbeständen nicht um dieselbe Angelegenheit in diesem Sinne handeln, da diese beiden Gebühren unstreitig nebeneinander anfallen können. Dies wird durch die Anrechnungsvorschrift der Vorb. 3 Abs. 4 Satz 1 VV RVG vorausgesetzt. Für das Vorliegen von zwei unterschiedlichen Angelegenheiten spricht darüber hinaus, dass die vom Rechtsanwalt entfaltete Tätigkeit auf zwei unterschiedliche Aufträge zurückzuführen ist. So wird der Rechtsanwalt in aller Regel zunächst mit der außergerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen beauftragt und erst bei Erfolglosigkeit dieser Versuche mit der Vertretung im gerichtlichen Verfahren. Durch den Übergang ins gerichtliche Verfahren ändert sich auch die Art der anwaltlichen Tätigkeit, so dass auch aus diesem Grund von zwei unterschiedlichen Angelegenheiten auszugehen ist. Für eine solche Differenzierung spricht letztlich ein Vergleich mit § 17 Nr. 2 RVG. Nach dieser Vorschrift handelt es sich bei dem Mahnverfahren und einem anschließenden streitigen Verfahren um verschiedene Angelegenheiten. Wenn bereits zwischen diesen Verfahren differenziert wird, ist auch die außergerichtliche Tätigkeit als eigenständige Angelegenheit zu werten.
Dieses Ergebnis entspricht dem Sinn und Zweck der Regelung der Nr. 1008 VV RVG. Die Erhöhung der Gebühr soll dem Umstand Rechnung tragen, dass einem Rechtsanwalt bei mehreren Auftraggebern typischer Weise ein erhöhter Arbeitsaufwand sowie ein höheres Haftungsrisiko entstehen, was bei der Berechnung der normalen Gebühr nicht berücksichtigt werden könnte. Diese Gründe für eine Erhöhung lassen sich aber nicht auf einen Tätigkeitsbereich des Rechtsanwaltes beschränken. So kann nicht davon ausgegangen werden, dass die außergerichtliche Beratung mehrerer Auftraggeber den Rechtsanwalt im gerichtlichen Verfahren vor weiterem Mehraufwand bewahrt. Vielmehr besteht hinreichend Anlass, die erhöhte Gebühr für beide Bereiche der anwaltlichen Tätigkeit zu berechnen.
2.2.2.
Diese Wertung wird auch durch den in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers bestätigt. Nach der Gesetzesbegründung soll die Regelung der Nr. 1008 VV RVG den Grundgedanken des § 6 Abs. 1 BRAGO übernehmen (BT-Drs. 15/1971, Seite 205). Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO wurden beide Gebühren erhöht, wenn der Rechtsanwalt von mehreren Auftraggebern in derselben Angelegenheit beauftragt wurde. Hätte der Gesetzgeber in dieser Frage eine inhaltliche Änderung vornehmen wollen, hätte er dies in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebracht. So geht er in der weiteren Begründung auf andere Punkte, wie die veränderte Berechnungsweise zur Erhöhung sowie die Klarstellung zum Anwendungsbereich der Regelung, näher ein. Zur Frage, ob nach der Gesetzesänderung eine Ausschließlichkeit der Gebührenerhöhung begründet seien soll, äußert er sich dagegen nicht. Es kann daher auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber mit dieser Formulierung eine Veränderung der Gebührenerhöhung bewirken wollte.
2.2.3.
Weiter spricht auch die Gesetzessystematik gegen eine Regelung des Verhältnisses zwischen Geschäfts- und Verfahrensgebühr innerhalb der Vorschrift der Nr. 1008 VV RVG. Die Nr. 1008 VV RVG gehört zu dem Abschnitt "Allgemeine Gebühren" und findet auf alle im Folgenden aufgeführten Gebühren grundsätzlich Anwendung. Es handelt sich bei der Bezeichnung der Geschäfts- und Verfahrensgebühr daher nicht nur um die Gebühren nach Nr. 2400 VV RVG a.F. und Nr. 3100 VV RVG, sondern um alle diesen Gebührenarten zuzuordnenden Gebühren des Vergütungsverzeichnisses. Es würde daher der Systematik des Gesetzes widersprechen, wenn der Gesetzgeber die Frage, welche Gebührenerhöhungen andere Gebührenerhöhungen ausschließen, bereits im Allgemeinen Teil regeln würde. So hat er die Fragen, welche Gebühren auf andere Gebühren verrechnet werden, stets bei den konkreten Gebühren selbst in den zugehörigen Anmerkungen geregelt und so eine eindeutige Zuordnung ermöglicht. Auch den Fall, dass eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV RVG nicht erfolgen soll, hat der Gesetzgeber in der Nr. 3308 VV RVG ausdrücklich formuliert. Danach ist die Nr. 1008 VV RVG auf die Gebühr der Nr. 3308 VV RVG nur dann anzuwenden, wenn zuvor eine Erhöhung der Gebühr nach Nr. 3305 VV RVG noch nicht erfolgt war. Dadurch wird deutlich, dass der Gesetzgeber den Fall der Erhöhung bei zwei aufeinander aufbauenden Verfahrenschritten durchaus gesehen und diesen im konkreten Fall ausdrücklich als Ausschluss geregelt hatte. Hätte er eine doppelte Gebührenerhöhung auch im Verhältnis zwischen den Gebühren der Nr. 2400 VV RVG a.F. und Nr. 3100 VV RVG ausschließen wollen, hätte er dies zusammen mit der Anrechnung in den Vorb. 3 VV RVG geregelt (vgl. Hartung a.a.O. Rn. 89).
2.2.4.
Letztlich sprechen auch praktische Erwägungen für die Berechnung der erhöhten Gebühr. So würde die Ansicht der Beklagten zu schwer begründbaren Ergebnissen führen. Folgt man ihrer Auffassung, bestünde eine Ausschließlichkeit im Verhältnis zwischen Geschäfts- und Verfahrensgebühr. Es könnte daher nur für eine der beiden Gebührenarten eine Erhöhung berechnet werden. Der typische Fall dürfte dann der sein, dass bei Beauftragung des Rechtsanwaltes mit der außergerichtlichen Tätigkeit der Übergang ins Klageverfahren nicht absehbar ist. Der Rechtsanwalt wird die Erhöhung daher zunächst bei der Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG berücksichtigen und wäre damit für jede danach entstehende Verfahrensgebühr im Folgeprozess hinsichtlich der Erhöhung ausgeschlossen. Würde er vor diesem Hintergrund zunächst auf die Berechnung einer erhöhten Geschäftsgebühr verzichten und im Fall eines Übergangs ins Klageverfahren die Verfahrensgebühr für die erste Instanz und eine eventuell folgende zweite Instanz berechnen, würde er allein durch die gewählte Art der Berechnung mehr verdienen. Die Regelungen des RVG können aber nicht dazu führen, dass der Rechtsanwalt durch sein Abrechnungsverhalten auf die Höhe der ihm zustehenden Forderung ohne zugrundeliegende sachliche Erwägungen Einfluss nehmen kann. Darüber hinaus wäre nicht zu begründen, warum eine erhöhte Geschäftsgebühr die Erhöhung der Verfahrensgebühr für die erste Instanz ausschließen soll, die erhöhte Verfahrensgebühr für die erste Instanz aber nicht die Erhöhung der Verfahrensgebühr für die zweite Instanz.
2.3.
Die erhöhte Geschäftsgebühr ist auch bei der Anrechnung nach Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG nicht über einen Satz von 0,75 hinaus zu berücksichtigen.
2.3.1.
Bei der erhöhten Gebühr nach Nr. 1008 VV RVG handelt es sich zunächst nicht um eine eigenständige Gebühr in dem Sinne, dass für sie eine eigenständige Anrechnung zu erfolgen hätte (a.A. Schneider a.a.O.). Es handelt sich vielmehr um eine einheitliche um 0,3 erhöhte Geschäftsgebühr (vgl. Enders a.a.O.; Gerold/Schmidt a.a.O.), wie sich der Formulierung der Nr. 1008 VV RVG entnehmen lässt. Danach kommt es zur Erhöhung der jeweiligen Gebühr und nicht zur Begründung einer neuen, eigenständig zu behandelnden Gebühr.
2.3.2.
Diese einheitliche Gebühr ist nach den Vorgaben der Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG auf die ebenfalls erhöhte Verfahrensgebühr anzurechnen. Die erhöhte Gebühr ist daher zur Hälfte, jedoch höchstens mit 0,75 zu berücksichtigen (vgl. Enders a.a.O.; Gerold Schmidt a.a.O.). Auch wenn dies bei einer üblichen Geschäftsgebühr nach Nr. 2400 VV RVG a.F. von 1,3 regelmäßig dazu führt, dass die Erhöhung bei der Anrechnung nicht oder nicht vollständig berücksichtigt und damit im Ergebnis zweimal gewährt wird, entspricht dies der gesetzlich vorgeschriebenen Anrechnung.
Für die in der Literatur teilweise vertretene Ansicht, die Höhe des nach Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG höchstens anzurechnenden Teils der Geschäftsgebühr von 0,75 sei im Fall einer erhöhten Geschäftsgebühr je zusätzlichem Auftraggeber um 0,15 nach oben anzupassen oder die Erhöhung eigenständig zu betrachten, findet im Gesetz keine Stütze. Wie bereits dargelegt, handelt es sich bei der Erhöhung nicht um eine eigenständige Gebühr, so dass auch eine isolierte Anrechnung ausgeschlossen ist. Für eine Erhöhung der maximal anzurechnenden Gebühr lässt das Gesetz keinen Raum. Die Regelung der Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG bestimmt insoweit eine eindeutige Höchstgrenze, welche einer Auslegung nicht zugänglich ist.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Da aufgrund des gleichen Gegenstandes durch den Hilfsantrag keine zusätzlichen Kosten verursacht wurden und der Anspruch auf Freistellung wertmäßig wie ein Zahlungsanspruch zu behandeln ist, waren die Kosten insgesamt der Beklagten aufzuerlegen.
Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass i.S.v. § 543 Abs. 2 ZPO.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 497,98 Euro festgesetzt.
LG Düsseldorf:
Urteil v. 22.06.2007
Az: 22 S 439/06
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