Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 23. Januar 2007
Aktenzeichen: 4a O 521/05
(LG Düsseldorf: Urteil v. 23.01.2007, Az.: 4a O 521/05)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Widerklage wird abgewiesen.
3. Die Gerichtskosten, die außergerichtlichen Kosten der Klägerin und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) tragen die Klägerin zu 91 % und die Beklagte zu 1) zu 9 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) trägt die Klägerin.
4. Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheit auch durch die unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in Deutschland als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse zu leisten.
Tatbestand
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des deutschen Teils DE X (Klagepatent) des europäischen Patents X auf Unterlassung, Rechnungslegung und Schadensersatz in Anspruch. Das Klagepatent, das am 12.10.1993 angemeldet und dessen Erteilung am 20.12.1995 veröffentlicht wurde, wurde am 22.02.2006 von der Schwestergesellschaft der Klägerin, der X AG, auf die Klägerin umgeschrieben (Anlage K 2.3). Die X AG hat alle Schadensersatzansprüche aus Verletzungen des Klagepatents für die Vergangenheit an die Klägerin abgetreten. Das Patent steht in Kraft.
Das Klagepatent bezieht sich auf ein Walzgerüst, mit dem Stahlprofile gewalzt werden und in dem sowohl Horizontal- als auch Vertikalwalzen gelagert sind.
Der von der Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 1 sowie der "insbesondere" eingeklagte Patentanspruch 2 des Klagepatents, dessen Verfahrenssprache Deutsch ist, lauten wie folgt:
Walzgerüst mit in zwei zueinander parallelen Walzenständern (3, 4), von denen der bedienungsseitige Walzenständer (4) von dem anderen Walzenständer (3) wegbewegbar ist, anstellbar gelagerten Walzen, insbesondere Universal-Walzgerüst (1) mit Horizontalwalzen (5, 6) und in Kassetten (17) angeordneten Vertikalwalzen (7),
dadurch gekennzeichnet, dass ein mit dem bedienungsseitigen Walzenständer (3) wegbewegbarer Wechselrahmen (13) die Walzen (5, 6, 7) aufnimmt.
Walzgerüst nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass der Wechselrahmen (13) mit einem Armaturenträger (16) versehen ist.
Gegen den Rechtsbestand des Klagepatents erhob die Beklagte zu 2) unter dem 08.02.2006 Nichtigkeitsklage beim Bundespatentgericht, über die noch nicht entschieden worden ist.
Nachfolgend abgebildet sind zeichnerische Darstellungen bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung, welche aus der Klagepatentschrift stammen. Figur 1 zeigt ein einen Wechselrahmen aufweisendes Universal-Walzgerüst in der Vorderansicht. In dem Wechselrahmen sind die Walzen enthalten.
Figur 2 zeigt das Universal-Walzgerüst in einer Position, in der der bedienungsseitige Walzenständer weggefahren wurde, damit der Wechselrahmen, der die Walzen aufnimmt, entnommen werden kann. Der hier beschriebene Austausch der Walzen ist in der Praxis regelmäßig erforderlich, weil die Walzen verschleißen oder weil auf der Walzstraße ein anderes Profil hergestellt werden soll und daher anders beschaffene Walzen eingesetzt werden müssen.
Figur 3 zeigt das Universal-Walzgerüst mit dem bedienungsseitigen Walzenständer (4), der in seine Endposition gefahren wurde, und den Wechselrahmen (13), der in einer Zwischenposition abgestellt wurde.
Die Beklagte zu 2) hat ihren Sitz in X in Italien. Am 09.06.2005 fand in Duisburg bei der X GmbH im Hotel X eine Seminarveranstaltung statt. Die Veranstaltung war vom "Verein Deutscher Eisenhüttenleute e.V." organisiert worden. Teilnehmer der Veranstaltung waren unter anderem Mitarbeiter der Unternehmen Arcelor, Salzgitter Peine, Hoesch Spundwand, EWK Krefeld, Schmolz + Bickenbach und Saarstahl. Herr X, ein Mitarbeiter der Beklagten zu 1), hielt im Rahmen der Veranstaltung eine Power-Point-Präsentation, die in der Anlage K 7 wiedergegeben ist. Darin wird das Walzgerüst "X" (im Folgenden: X) beschrieben, wobei zwischen den Parteien streitig ist, von welchem Unternehmen dieses Gerüst hergestellt wird. Nach dem Vortrag des Herrn X ist das Gerüst bereits seit Mai 2003 bei dem Unternehmen X in X in Italien installiert. Auf Seite 16 der Präsentation werden die wesentlichen Eigenschaften des X beschrieben. Nachfolgend abgebildet sind die Seiten 17 bis 19 der Präsentation und Bl. 212 GA, in denen dargestellt ist, in welchen Arbeitsschritten ein Wechsel der Walzen bei dem X-Gerüst erfolgt.
Zunächst wird das gesamte Walzgerüst einschließlich Wechselrahmen auf eine Austragsstraße gefahren. Dort werden - dies ist unstreitig - der antriebs- und der bedienungsseitige Walzenständer vom ortsfest bleibenden Wechselrahmen wegbewegt. Dann wird der Wechselrahmen ausgetauscht und die Walzenständer wieder in die Walzlinie gebracht.
Die Klägerin ist der Ansicht, das X-Walzgerüst mache von der in den Patentansprüchen 1 und 2 unter Schutz gestellten Lehre wortsinngemäß Gebrauch. Sie behauptet, die Beklagte zu 2) stelle die angegriffenen Walzgerüste her. Dies ergebe sich aus dem Handelsregisterauszug, wonach die Beklagte zu 2) Maschinen aller Art baue und vertreibe (Anlage K 8). Der Einwand der Beklagten, die rechtlich selbstständige "X" sei mit der angegriffenen Ausführungsform in Verbindung zu bringen, greife nicht durch. Vielmehr handele es sich bei der "X" um den Geschäftsbereich der Beklagten zu 2) für Walzwerke für Langprodukte. Die in Schweden ansässige X stelle lediglich Komponenten für Walzwerke her. Die Beklagte zu 2) sei die Muttergesellschaft der Beklagten zu 1).
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu unterlassen,
Walzgerüste mit in zwei zueinander parallelen Walzenständern, von denen der bedienungsseitige Walzenständer von dem anderen Walzenständer wegbewegbar ist, anstellbar gelagerten Walzen, insbesondere Universal-Walzgerüst mit Horizontalwalzen und in Kassetten angeordneten Vertikalwalzen,
herzustellen (nur Beklagte zu 1), anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen, einzuführen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen,
bei denen ein mit dem bedienungsseitigen Walzenständer wegbewegbarer Wechselrahmen die Walzen aufnimmt,
insbesondere wenn
der Wechselrahmen mit einem Armaturenträger versehen ist (Anspruch 2 der europäischen Patentschrift 0 597 265);
der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die zu I 1 bezeichneten Handlungen seit dem 20.01.1996 begangen haben, und zwar unter Angabe,
der Herstellungsmengen und -zeiten sowie Typenbezeichnungen (nur Beklagte zu 1), der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer, der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der jeweiligen Angebotsempfänger, der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;
festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr und der früheren Inhaberin des deutschen Patents X durch die zu I 1 bezeichneten, seit dem 20. Januar 1996 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Widerklagend beantragt die Beklagte zu 1),
die Klägerin zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu vollziehen an ihrem jeweiligen Geschäftsführer, zu unterlassen, graphische Darstellungen gemäß den Abbildungen auf Bl. 71 bis 117 GA
zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten und/oder diese Handlungen durch Dritte ausführen zu lassen;
die Klägerin zu verurteilen, sämtliche Originaldokumente und/oder Kopien gemäß Ziffer I. an die Beklagte zu 1) herauszugeben; festzustellen, dass das Dokument gemäß Anlage K 7 im Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf 4a O 521/05 einem Verwertungsverbot unterliegt; die Klägerin zu verurteilen, Auskunft zu erteilen über die Anzahl der hergestellten, verbreiteten, graphischen Darstellungen gemäß Ziffer I. sowie unter Angabe der Adressen von Empfängern dieser Darstellungen und unter Angabe des Namens und der Adresse des Vorbesitzers dieser Darstellung, von dem die Klägerin diese erhielt; festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gemäß Ziffer I. entstanden ist oder zukünftig entstehen wird.
Hilfsweise beantragen die Beklagten,
den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Widerklage auszusetzen; hilfsweise, die Klage bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die gegen den deutschen Teil des europäischen Patents EP X = DE X erhobenen Nichtigkeitsklage zum Bundespatentgericht auszusetzen; hilfsweise, den Beklagten zu gestatten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Klägerin abzuwenden.
Die Klägerin tritt den Aussetzungsanträgen entgegen und beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagten rügen in Bezug auf die Beklagte zu 2) die internationale Unzuständigkeit des Gerichts. Ferner sei die Beklagte zu 2) nicht passivlegitimiert, denn sie habe die Präsentation auf dem Seminar weder veranlasst noch habe sie davon gewusst. Sie sei auch nicht die Muttergesellschaft der Beklagten zu 1). Das Walzgerüst, das in den Seminarunterlagen präsentiert worden sei, sei mit der X in Verbindung zu bringen, die zwar zum Gesamtkonzern X gehöre, jedoch von den Beklagten rechtlich und wirtschaftlich unabhängig sei.
Die Beklagte zu 1) meint, die Klägerin habe die Seminarunterlagen, die als schöpferisches Werk dem Schutz des Urheberrechts unterstünden, rechtswidrig vervielfältigt und durch das Einreichen bei Gericht auch verbreitet. Die Beklagte zu 2) und die X hätten der Beklagten zu 1) sämtliche Rechte, insbesondere Eigentumsrechte, urheberrechtliche Nutzungsrechte und Herausgabeansprüche abgetreten. Durch das Einreichen der Seminarunterlagen habe die Klägerin außerdem gegen § 4 Nr. 10, 11 UWG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 und gegen § 18 UWG verstoßen. Denn die Beklagte zu 1) werde als Mitbewerberin der Klägerin durch die Einleitung des offensichtlich unbegründeten Verfahrens behindert.
Es fehle bereits an einer Verletzungshandlung im Sinne des § 9 PatG. Das Seminar, im Rahmen dessen die Präsentation gezeigt worden sei, sei keine Verkaufsveranstaltung gewesen. Vielmehr habe ein wissenschaftlicher Meinungsaustausch darüber stattgefunden, was im Bereich von Halbzeug und Profilen aus Stahl gegenwärtig aktuell sei. An dem Seminar hätten auch keine Manager teilgenommen, die für den Einkauf zuständig seien, sondern lediglich Techniker. Es würde auch keinen Sinn machen, die in der Präsentation beschriebene Vorrichtung in Deutschland anzubieten, da sie faktisch nur für Stahlunternehmen interessant sei, die in der Lage seien, ungeschweißte Schienen bis zu 120m Länge zu produzieren. Die österreichische X X GmbH sei aber weltweit das einzige Unternehmen, das hierzu in der Lage sei.
Das Verletzungsverfahren sei jedenfalls auszusetzen, da das Nichtigkeitsverfahren Erfolg haben werde: die im Klagepatent offenbarte Erfindung sei bereits neuheitsschädlich durch die Druckschriften US X und JP-X vorweggenommen. Jedenfalls sei kein erfinderischer Schritt im Vergleich zu den Entgegenhaltungen WO X, JP-A-X und IT X (das dem nachveröffentlichten US X entspricht) erkennbar.
Gründe
A.
Die Klage ist zulässig. In Bezug auf die Beklagte zu 2) ergibt sich die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts aus Art. 5 Nr. 3 EuGVVO. Die Klägerin hat schlüssig dargetan, dass die Beklagte zu 2) eine unerlaubte Handlung im Sinne des Art. 5 Nr. 3 EuGVVO im Gerichtsbezirk des angerufenen Gerichts begangen hat. Denn sie behauptet, dass das das Klagepatent verletzende X-Gerüst in Duisburg angeboten worden und dies der Beklagten zu 2) zurechenbar sei, was nicht von vornherein auszuschließen ist (vgl. zur Begründung der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ bzw. Art. 5 Nr. 3 EuGVVO: BGH GRUR 2005, 431 - Hotel Maritime).
Die Klage ist aber unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz und Rechnungslegung aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. §§ 139 Abs. 1, 2, 9 Nr. 1 PatG nicht zu, weil die angegriffene Ausführungsform die in Patentanspruch 1 des Klagepatents benannte Lehre nicht verwirklicht.
I.
Das Klagepatent schützt in Patentanspruch 1 ein Walzgerüst, mit dem auf einer Walzstraße Stahlprofile gewalzt werden können. Das Walzgerüst besteht aus zwei zueinander parallelen Walzenständern und einem zwischen den Walzständern angebrachten Wechselrahmen, in dem die Walzen eingesetzt sind. Die Walzen, die im Wechselrahmen zwischen die Walzenständer eingesetzt werden, müssen regelmäßig ausgewechselt werden. Ein solcher Austausch der Walzen ist zum einen bei Wartungsarbeiten (Verschleiß) erforderlich und zum anderen dann, wenn auf der Walzstraße Stahlprofile in einem anderen Format gewalzt werden sollen.
In der Beschreibung des Klagepatents wird ausgeführt, dass der Walzenwechsel möglichst vereinfacht und beschleunigt werden soll.
Ein Walzgerüst der im Klagepatent beschriebenen Gattung sei - so wird ausgeführt - bereits aus der WO-A-X bekannt.
Die Horizontal- und Vertikalwalzen bekannter Gerüste seien mit Einbaustücken in Fensterausnehmungen der Walzenständer angeordnet. Die DE-C-X beschreibe ein Universalgerüst, in dem das obere Querjoch zweigeteilt sei. Wenn die Walzen ausgewechselt werden müssen, ließen sich die einzelnen Teile des Querjochs jeweils nach außen ausschwenken. Dadurch seien die Walzen, die sich in den Einbaustücken befänden, frei zugänglich und ließen sich über die Fensterausnehmungen aus dem Gerüst entfernen. Aufwändig sei an dieser Ausführung, dass zum einen Einbaustücke und zum anderen zusätzliche Schwenkmechanismen, z.B. in Form von hydraulischen Schwenkmechanismen, erforderlich seien.
Weiter wird eine "ältere Anmeldung" beschrieben, bei der die horizontalen Walzen einbaustücklos direkt in Lager eingefügt würden, die sich in den Walzenständern befänden. Die in Kassetten gelagerten Vertikalwalzen seien in fest mit den Walzenständern verbundene Führungen eingeschoben. Bei einem Walzenwechsel werde der bedienungsseitige Walzenständer von dem anderen Walzenständer wegbewegt. Dann seien die Horizontal- und die Vertikalwalzen vom Inneren des auseinandergezogenen Walzgerüstes zugänglich. Horizontal- und Vertikalwalzen seien allerdings separat auszutauschen.
Dem Klagepatent liegt vor diesem Hintergrund das Problem zu Grunde, den Walzenwechsel bei einem Walzgerüst weiter zu vereinfachen und die Stillstandszeiten der Walzstraße beim Walzenwechsel zu verringern.
Dies soll nach dem Patentanspruch 1 durch die folgende Merkmalskombination erreicht werden:
Walzgerüst (insbesondere Universalwalzgerüst (1) mit Horizontalwalzen (5, 6) und in Kassetten (17) angeordneten Vertikalwalzen (7)), mit Walzen
anstellbar gelagert in zwei zueinander parallelen Walzenständern
der bedienungsseitige Walzenständer (4) ist von dem anderen Walzenständer (3) wegbewegbar ein mit dem bedienungsseitigen Walzenständer (4) wegbewegbarer Wechselrahmen (13) nimmt die Walzen (5, 6, 7) auf.
II.
Es kann an dieser Stelle dahinstehen, ob die Klägerin berechtigt ist, zum Beweis einer behaupteten Patentverletzung die Power-Point-Präsentation des Herrn X vorzulegen und zu verwerten. Denn jedenfalls ist der Präsentation eine Patentverletzung nicht zu entnehmen. Die angegriffene Ausführungsform verwirklicht den Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Klagepatents nicht wortsinngemäß. Es fehlt an einer Verwirklichung des Merkmals 4.
Nach Ansicht der Klägerin enthält die angegriffene Ausführungsform einen Wechselrahmen, der mit dem bedienungsseitigen Walzenständer wegbewegbar ist. Bei der angegriffenen Ausführungsform werde der Wechselrahmen, der bei Betrieb der Walzlinie an beiden Seiten jeweils an den Walzenständern befestigt sei, nämlich dann, wenn er ausgetauscht werden solle, zusammen mit dem bedienungsseitigen Walzenständer wegbewegt, indem er auf eine Austragsstraße gefahren werde. Zwar werde bei dieser Bewegung auf die Austragsstraße gleichzeitig der antriebsseitige Walzenständer mitgenommen, da das gesamte Walzgerüst auf die Austragsstraße gebracht werde. Dies sei jedoch unerheblich. Entscheidend sei nur, dass der Wechselrahmen zusammen mit dem bedienungsseitigen Walzenständer bewegbar sei. Das Klagepatent setze nicht voraus, dass bei diesem Vorgang der antriebsseitige Walzenständer seine Position beibehalte. Denn der technische Sinngehalt des Merkmals 4 bestehe darin, dass der Wechselrahmen aus der Walzlinie herausgebracht werden müsse, damit er an der richtigen Position freigesetzt und zum Zwecke des Austausches gegen einen anderen Wechselrahmen herausgenommen werden könne.
Der Klägerin kann nicht gefolgt werden. Das Merkmal 4 versteht der Fachmann dahingehend, dass der bedienungsseitige Walzenständer zusammen mit dem Wechselrahmen von dem anderen Walzenständer wegbewegbar sein muss. Dies ergibt sich aus einer funktionsorientierten Auslegung des Merkmals 4 im Kontext der Gesamtlehre des Patents. Merkmale und Begriffe des Patentanspruchs sind so zu deuten, wie dies angesichts der ihnen nach dem offenbarten Erfindungsgedanken zugedachten technischen Funktion angemessen ist (Kühnen/Geschke, Die Durchsetzung von Patenten in der Praxis, 2. Aufl. 2005, Rn. 21). Merkmal 3 sieht vor, das der bedienungsseitige Walzenständer von dem anderen Walzenständer wegbewegbar ist. Auf diese Bewegung weg von dem anderen Walzenständer nimmt das Merkmal 4 Bezug, wenn es verlangt, dass der die Walzen aufnehmende Wechselrahmen mit dem bedienungsseitigen Walzenständer wegbewegbar sein soll.
Das Klagepatent führt nämlich in der Beschreibung aus, die Wegbewegbarkeit des bedienungsseitigen Walzenständers habe die Funktion, eine Stellung herbeizuführen, die eine unmittelbare Entnahme des Wechselrahmens ermöglicht. So wird als Lösung des im Stand der Technik bestehenden Problems des zu großen Aufwands und Zeitverlusts beim Walzenwechsel ausgeführt, dass sich nach der patentgemäßen Erfindung unmittelbar nach dem Wegfahren des bedienungsseitigen Walzenständers der Wechselrahmen austauschen lasse (Spalte 2, Zeilen 16-24). Weiter wird klargestellt, dass durch das Verfahren des bedienungsseitigen Walzenständers in seine Endposition der Wechselrahmen mit den Walzen bereits völlig freiliege (Spalte 2, Zeilen 25-29). Dadurch wird deutlich, dass die Wegbewegung des bedienungsseitigen Walzenständers derart erfolgen soll, dass sich nur der bedienungsseitige Walzenständer und der Wechselrahmen bewegen sollen, dass also der antriebsseitige Walzenständer in seiner Position verbleibt, so dass der Wechselrahmen freigegeben wird.
In diesem Verständnis wird der Fachmann bestärkt, wenn er den Stand der Technik berücksichtigt, der in der Patentschrift erwähnt wird.
Zum einen legt eine Berücksichtigung der in der Beschreibung erwähnten, wenn auch nicht näher erörterten WO-A X diese Auslegung nahe. Denn dort (Anlage X 2) wird eine Vorrichtung beschrieben, bei der der Walzenwechsel dadurch erfolgt, dass sich beide Walzenständer auf den jeweiligen Seiten des Wechselrahmens (dort: spacer structure) in entgegen gesetzte Richtungen (in opposite directions, Seite 5, 2. Absatz) wegbewegen. Nachdem der so freigelegte Wechselrahmen ausgetauscht wurde, werden beide Walzenständer wieder aufeinander zubewegt und mit dem neuen Wechselrahmen verbunden. Diesen Stand der Technik verändert das Klagepatent zur Vereinfachung und Beschleunigung des Wechselvorgangs dahingehend, dass sich nur einer der Walzenständer wegbewegen muss. Dies setzt aber wiederum voraus, dass sich dieser Walzenständer von dem anderen Walzenständer wegbewegen muss.
Zum anderen erwähnt die Patentschrift das Patent DE-C-X. Dort wird der Walzenwechsel durchgeführt, indem durch einen Schwenkmechanismus die Querjoche seitlich zur Walzlinie ausgeschwenkt werden und dadurch die Walzen, die durch Fensterausnehmungen zugänglich sind, freigelegt werden. Den damit verbundenen Aufwand, der darin besteht, dass beide Querjoche mit zusätzlichen Schwenkmechanismen bewegt werden müssen, sieht das Klagepatent durch die danach zitierte "ältere Anmeldung" verbessert. Dort wird nur noch einer der beiden Walzenständer bewegt. Schon nachdem der bedienungsseitige Walzenständer bewegt wurde, liegen die Walzen zum Auswechseln frei, da sich der bedienungsseitige Walzenständer schon an der Walzlinie von dem antriebsseitigen Walzenständer trennt und sich von ihm wegbewegt.
Letztlich spricht insbesondere die Wiedergabe der nicht näher bezeichneten "älteren Anmeldung", die das Klagepatent unmittelbar vor der Aufgabe nennt, für eine Auslegung der Merkmale des Patentanspruchs in dem genannten Sinne. Diese Anmeldung wird dahingehend beschrieben, dass sie den Walzenwechsel dadurch vereinfacht habe, dass der bedienungsseitige Walzenständer mit den Lagern, in denen sich die horizontalen Walzen befänden, von dem anderen Walzenständer wegbewege. Sobald diese Wegbewegung ausgeführt sei, könnten die Walzen entnommen werden, wobei nach dieser Erfindung allerdings Horizontal- und Vertikalwalzen getrennt voneinander entnommen werden müssen. Unmittelbar danach wird als Aufgabe des Klagepatents die weitere Vereinfachung des Walzenwechsels genannt, die durch das Klagepatent dadurch gelöst werden soll, dass ein Wechselrahmen vorgesehen wird, der Horizontal- und Vertikalwalzen aufnimmt. An der in der älteren Anmeldung vorgesehenen Wegbewegbarkeit nur des bedienungsseitigen Walzenständers ändert das Klagepatent dagegen nichts. Daraus schließt der Fachmann, dass die "ältere Anmeldung" insofern nicht mehr verbessert werden muss, dass also die "ältere Anmeldung" im Vergleich zur WO-A X, in der sich beide Walzenständer gleichzeitig vom Wechselrahmen wegbewegen, bereits die vorzugswürdige Lösung darstellt.
Dass sich der Wechselrahmen nach der Erfindung zusammen mit dem bedienungsseitigen Walzenständer von dem antriebsseitigen Walzenständer lösen soll, verdeutlicht auch das in der Beschreibung erläuterte und in den Patentzeichnungen dargestellte Ausführungsbeispiel. Danach ist die Vorrichtung so konstruiert, dass der bedienungsseitige Walzenständer zusammen mit dem Wechselrahmen aus der Walzlinie fährt, während der antriebsseitige Walzenständer ortsfest verbleibt.
Auf der Grundlage des vorgenannten Verständnisses fehlt es an der Verwirklichung des Merkmals 4. Denn in der angegriffenen Ausführungsform wird zur Einleitung des Walzenwechsels das gesamte Walzgerüst einschließlich des antriebs- und des bedienungsseitigen Walzenständers sowie des Wechselrahmens wegbewegt. Auf der Austragsstraße werden dann beide Walzenständer vom Wechselrahmen wegbewegt, wobei der Wechselrahmen so konstruiert ist, dass er bei diesem Vorgang ortsfest bleibt. Im nächsten Schritt wird der Wechselrahmen ausgetauscht und die Walzenständer werden wieder in ihre Stellung an der Walzlinie gebracht. Bei diesem Betriebsablauf ist nicht ersichtlich, dass der bedienungsseitige Walzenständer zusammen mit dem Wechselrahmen von dem antriebsseitigen Walzenständer wegbewegbar ist.
Auch eine äquivalente Verwirklichung durch die angegriffene Ausführungsform liegt nicht vor. Denn das in der angegriffenen Ausführungsform verwirklichte Mittel ist nicht objektiv gleichwirkend zu dem im Patentanspruch genannten Mittel. Es entfaltet nicht die gleiche vom Schutzrecht erstrebte Wirkung zur Lösung des zu Grunde liegenden Problems. Die weitere Vereinfachung des Walzenwechsel liegt im Vergleich zur "älteren Anmeldung" nämlich gerade darin, dass unter Beibehaltung der dort beschriebenen Bewegungsabläufe beim Walzenwechsel nunmehr die Horizontal- und Vertikalwalzen nicht mehr jeweils einzeln herausgenommen werden müssen, sondern dass sie in einen Wechselrahmen integriert sind. Wird aber - wie in der angegriffenen Ausführungsform - zunächst das gesamte Walzgerüst aus der Walzlinie bewegt und lösen sich dann beide Walzenständer in entgegen gesetzte Richtungen von dem Wechselrahmen, so wird der Walzenwechsel nicht in der angestrebten Weise vereinfacht, sondern durch einen zusätzlichen Schritt aufwändiger gemacht. Darüber hinaus ist nicht dargelegt, weshalb das in der angegriffenen Ausführungsform verwendete Mittel - die Bewegbarkeit der Walzenständer in entgegen gesetzte Richtungen von dem ortsfest bleibenden Wechselrahmen weg - vom Fachmann aufgrund von an der in Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten Lehre ausgerichteten Überlegungen unter Einsatz seines Fachwissens ohne weiteres auffindbar war. Denn der Fachmann erkennt aufgrund der Beschreibung und der Zeichnungen des Klagepatents, dass der antriebsseitige Walzenständers jenseits der Walzlinie ortsfest verbleiben soll, um einen schnelleren und unaufwändigeren Walzenwechsel zu ermöglichen. Für den Fachmann liegt es daher aufgrund der Klagepatentschrift nicht nahe, diesen Vorteil durch eine Mitbewegung des antriebsseitigen Walzenständers ungenutzt zu lassen.
B.
Die Widerklage der Beklagten zu 1) ist zulässig, aber unbegründet.
Der Beklagten zu 1) steht kein Anspruch gegen die Klägerin auf Unterlassung der Vervielfältigung und Verbreitung sowie auf Herausgabe der Originaldokumente und Kopien der Seminarpräsentation K 7 aus §§ 97, 98 Abs. 2 UrhG i.V.m. §§ 1004 BGB zu.
Dabei kann dahinstehen, ob die graphische Darstellung gemäß Anlage K 7 ein gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG schutzfähiges Werk darstellt. Denn es ist schon nicht dargetan, wer Urheber dieses Werks ist und auf welcher Grundlage die Beklagte zu 1) dessen Rechte vorliegend geltend macht. Urheber kann nämlich nur eine natürliche Person, nicht dagegen auch eine juristische Person sein (Möhring/Nicolini, UrhG, 2. Aufl. 2000, § 7 Rn. 7).
Darüber hinaus greift zu Gunsten der Klägerin die Schranke des § 45 Abs. 1 UrhG ein. Nach dieser Vorschrift ist es zulässig, einzelne Vervielfältigungsstücke von Werken zur Verwendung in Verfahren vor einem Gericht herzustellen. Diese Vorschrift erlaubt es auch, noch vor Einreichung einer Klage zum Zwecke der Vorbereitung des Verfahrens Vervielfältigungen anzufertigen. (Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl. 1998, § 45 Rn. 2; Möhring/Nicolini, UrhG, 2. Aufl. 2000, § 45 Rn. 12; Wandtke/Bullinger/Lüft, Urheberrecht, 2. Aufl. 2006, § 45 Rn. 3). Der in der Literatur teilweise vertretenen Ansicht, wonach derartige Vorbereitungshandlungen nicht von § 45 UrhG gedeckt seien (Schricker/Melichar, Urheberrecht, 2. Aufl. 1999, § 45 Rn. 5; Dreier/Schulze, UrhG, 2004, § 45 Rn. 6), folgt die Kammer nicht.
Bereits der Wortlaut des § 45 Abs. 1 UrhG differenziert nicht danach, ob ein Gerichtsverfahren bereits anhängig ist, sondern fordert lediglich, dass das einzelne Vervielfältigungsstück zur Verwendung in einem solchen Verfahren hergestellt wird.
Aber auch Sinn und Zweck der Vorschrift spricht gegen eine solche nach dem Zeitpunkt der Vervielfältigungshandlung differenzierende Auslegung. Die Vorschrift des § 45 UrhG hat den Sinn, die Rechtspflege und damit auch das zivilrechtliche Erkenntnisverfahren von Behinderungen durch urheberrechtliche Verbotsansprüche freizuhalten (Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl. 1998, § 45 Rn. 1). Das zivilrechtliche Erkenntnisverfahren hat die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens des in der Klage behaupteten Rechts zum Ziel. Die richterliche Rechtsanwendung ist nur möglich, wenn die maßgeblichen Tatsachen zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Bei der Stoffsammlung wird die Erkenntnis der Wahrheit angestrebt. Es wäre dem Ziel der Wahrheitsfindung abträglich, wenn das dem Gericht bei seiner Entscheidungsfindung verfügbare Tatsachenmaterial dem Belieben des Urhebers überlassen wäre (OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 2000, 119, 121). Dieses Ziel einer unbehinderten Rechtspflege wird nur erreicht, wenn Vervielfältigungsstücke, die bei Gericht beispielsweise als Beweismaterial vorgelegt werden, vom Gericht auch zur Überprüfung der geltend gemachten Ansprüche umfassend gewürdigt werden können und nicht einer der Parteien deren Vorlage untersagt wird.
Das dem § 45 UrhG zu Grunde liegende Gebot, einen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, greift eben nicht erst dann - und damit nur für einen Beklagten - ein, wenn bereits ein Gerichtsverfahren eingeleitet wurde. Vielmehr hat dieses Gebot auch Vorwirkungen: ebenso wie die Durchführung eines Gerichtsverfahrens möglich sein muss, muss dem Rechtssuchenden auch dessen Vorbereitung durch die Zusammenstellung von Beweismaterial ermöglicht werden.
Diesen Grundsätzen entsprechend ist im vorliegenden Fall dem Urheber eine Einschränkung des Urheberrechts im Interesse einer ungestörten Rechtspflege zumutbar. Dies gilt erst Recht vor dem Hintergrund, dass das Urheberrecht kaum spürbar beeinträchtigt wird. Es werden nur wenige Stücke für das Gericht und die Prozessbevollmächtigten vervielfältigt, und darüber hinaus könnte das Werk allenfalls Zuhörern in der mündlichen Verhandlung bekannt werden (vgl. OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 2000, 119, 121).
Eine Anwendung des § 45 UrhG scheidet auch nicht deshalb aus, weil eine Patentverletzung im Ergebnis verneint wird, das von der Klägerin eingeleitete Verfahren also nicht erfolgreich ist. Denn es kommt nach § 45 UrhG nicht darauf an, ob das Verfahren letztlich zu Gunsten desjenigen ausgeht, der die Vervielfältigungen vorgenommen hat. Vielmehr reicht es aus, wenn bei dem Vorgang der Vervielfältigung der Zweck verfolgt wurde, die Kopien in einem Verfahren zu verwenden.
§ 45 UrhG ist - entgegen der Ansicht der Beklagten - auch auf unveröffentlichte Werke anwendbar (OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 2000, 119; Wandtke/Bullinger/Lüft, Urheberrecht, 2. Aufl. 2006, § 45 Rn. 4; Dreier/Schulze, UrhG, 2004, § 45 Rn. 8).
Die Beklagte zu 1) kann auch nicht die Feststellung verlangen, dass das Dokument gemäß Anlage K 7 im Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf 4a 521/05 einem Verwertungsverbot unterliegt. Es fehlt bereits an einem Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO. Denn da eine Patentverletzung nicht festgestellt wird, steht eine Verwertung des Dokuments zu Lasten der Beklagten zu 1) nicht im Raum.
Auch ein Anspruch auf Erteilung einer Auskunft über die Anzahl der hergestellten und verbreiteten graphischen Darstellungen und über die Namen und Adressen der Empfänger steht der Klägerin nicht zu. Denn aus § 101a UrhG ergäbe sich ein solcher Anspruch nur dann, wenn die Klägerin durch die Herstellung oder Verbreitung von Vervielfältigungsstücken das Urheberrecht der Beklagten zu 1) bereits verletzt hätte. Eine solche Verletzungshandlung liegt aber nicht vor. Denn das Einreichen der Anlage K 7 bei Gericht stellt aus den vorstehenden Gründen gemäß § 45 Abs. 1 UrhG keinen Urheberrechtsverstoß dar. Dass die Klägerin anderweitige Verletzungshandlungen begangen hat, hat die Beklagte zu 1) nicht dargetan.
Ein Schadensersatzanspruch der Beklagten zu 1) gegen die Klägerin ergibt sich nicht aus § 97 Abs. 1 UrhG. Denn ein Verstoß gegen das Urheberrecht hat die Klägerin nach den vorstehenden Ausführungen nicht begangen.
Schließlich folgen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz auch nicht aus § 4 Nr. 10, 11 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 18 UWG. Denn während eines schwebenden Verfahrens kann ein Wettbewerber nicht mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts davon abgehalten werden, das vorzutragen und vorzulegen, was er für erheblich hält. Es fehlt insoweit an einer Wettbewerbshandlung, die für die Anwendung des UWG Voraussetzung ist (vgl. Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl. 2006, § 2 Rn. 38, § 8 Rn. 97, § 2 Rn. 38). Die behauptete Patentverletzung ist in einem rechtlich geordneten Verfahren zu überprüfen; die Klageerhebung kann nicht in einer weiteren Klage ihrerseits als wettbewerbswidrig angegriffen werden.
Ein Schadensersatzanspruch ergibt sich auch nicht aus § 9 UWG. Denn Ersatz für Schäden, die durch das Einleiten eines Rechtsstreits verursacht werden, kann nur dann verlangt werden, wenn das Vorgehen des Klägers vorsätzlich sittenwidrig erscheint (Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl. 2006, § 8 Rn. 102). Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Die Beklagte hat keine Umstände dargetan, die dafür sprechen würden, dass die Klägerin das vorliegende Verfahren vorsätzlich eingeleitet hat, um die Beklagte zu 1) im Wettbewerb zu behindern, obwohl ihr bewusst war, dass eine Schutzrechtsverletzung nicht vorliegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 709 Satz 1 und 2; 108 ZPO. Vollstreckungsschutz gemäß § 712 ZPO war den Beklagten nicht einzuräumen. Die Beklagte zu 1), bei der anteilig Verfahrenskosten vollstreckt werden können, hat nicht dargetan, weshalb ihr die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde.
Streitwert: 2.200.000,00 €
(Klage: 2.000.000,00 €; Widerklage: 200.000,00 €)
LG Düsseldorf:
Urteil v. 23.01.2007
Az: 4a O 521/05
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