Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Juni 2002
Aktenzeichen: 28 W (pat) 80/01
(BPatG: Beschluss v. 05.06.2002, Az.: 28 W (pat) 80/01)
Tenor
Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 29 - vom 12. Oktober 1999 und 7. Februar 2001 aufgehoben.
Gründe
I.
Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist nachstehendes Zeichensiehe Abb. 1 am Endeursprünglich für die Waren
"Milch und Milchprodukte, Sahne und Sahneprodukte".
Die Markenstelle für Klasse 29 hatte die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und dem Bestehen eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, Confiserie sei ein Synonym für "Konditorei, feines Backwerk" und beschreibe im Zusammenhang mit den Waren nur, dass diese in Konditoreien angeboten würden bzw zur Herstellung von feinen Backwaren dienten.
Die Anmelderin hat hiergegen Beschwerde erhoben und ihr Warenverzeichnis wie folgt beschränkt:
"Joghurt mit Fruchtanteil; Dickmilch mit Fruchtanteil; aromatisierte sprühfertige Schlagsahne".
Nach ihrer Ansicht scheidet jedenfalls nach der Beschränkung des Warenverzeichnisses ein unmittelbar beschreibender Sachbezug aus.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze, sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§ 66 Abs 1 MarkenG) und - nach der Einschränkung des Warenverzeichnisses - in der Sache auch begründet.
1. Bei der angemeldeten Marke handelt es sich nicht um eine ausschließlich beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG. Mit dem deutschen Fremdwort Confiserie benennt man sowohl Geschäfte oder Konditoreien der gehobenen Klasse, in denen Pralinen und sonstiges feines Backwerk angeboten und verkauft werden, als auch diese Waren selbst (Duden, Das Fremdwörterbuch, 6. Auflage, Stichwort: Konfiserie). Im allgemeinen Sprachgebrauch hat der Begriff Confiserie einen gewissen Anklang an Exklusivität, denn er wird überwiegend für Produkte verwendet, deren Herstellung besonderes Können erfordert, was in der Regel dem Fachmann - Konditor oder Konfiseur - vorbehalten ist. So werden industriell gefertigte Pralinen oder fertig abgepackter Kuchen aus dem Supermarkt von Verbraucher kaum als Confiserie bezeichnet werden (auch wenn die Werbung versucht mit einer entsprechenden Produktkennzeichnung den Eindruck einer handgefertigten, besonders hochwertigen Ware zu vermitteln). In einer Confiserie oder einer Konditorei, die sich als solche bezeichnet, erwartet der Verbraucher hingegen die besonders sorgfältige Herstellung und damit gehobene Qualität der dort angebotenen Confiseriewaren. Dies wird belegt durch Fundstellen im Internet und in der Süddeutschen Zeitung, Ausgabe 1999, in denen das Wort Confiserie weit überwiegend im Zusammenhang mit der professionellen Herstellung dieser Ware verwendet wird (zB SZ v 15.4.2002, S 47 - "Confiserie-Waren", die in einem Cafe angeboten werden; SZ v 30.1.1999, S 37 - "Confiserie-Laden" als Bezeichnung eines Cafes; SZ v 29.2.99, S 29 - "Confiserie-Anbietern" als Bezeichnung einer Süßwaren Firma; SZ v 12.5.1999, S 12 - "feinster Confiserie" bei der Beschreibung eines Cafes; "Dallmayer-Confiserie"; "Dreimeister-Confiserie" usw). Fundstellen mit Rezepten zur eigenen Herstellung von Confiserie fanden sich nur ganz untergeordnet (hingegen waren die Treffer zur eigenen Herstellung von "Pralinen" zahlreich). Dies belegt, dass der Verkehr bei Produkten, die mit "Confiserie" bezeichnet sind, entweder von deren Herkunft aus einer Confiserie ausgeht oder mit deren Eignung zur Herstellung von Confiseriewaren rechnet. Bei typischen Confiserie - Produkten wie Pralinen dürfte sich der Begriff zudem zu einer Art Qualitätsmerkmal im Sinne einer besonderen Qualität entwickelt haben.
Für die hier noch beanspruchten Waren "Joghurt mit Fruchtanteil; Dickmilch mit Fruchtanteil" hingegen stellt "Confiserie" keine derartig beschreibende Angabe dar. Bei diesen Waren handelt es sich weder um Confiseriewaren, noch können sie in einer Confiserie erworben werden, noch werden Joghurt und Dickmilch typischerweise zur Herstellung von Confiserie-Produkten verwendet. Auch stellt der Begriff "Confiserie" auf diesem Warengebiet kein übliches Qualitätsmerkmal dar. Joghurt und Dickmilch werden werden mit "cremig", "sahnig", "leicht", "Dessert" udgl beworben, "Confiserie" hingegen ist nicht üblich. Zwar wird der Verbraucher den Hinweis im Sinne von "hochwertiger Qualität der Produkte wie aus der Confiserie" erkennen, gleichzeitig weiß er aber, dass es sich nicht um Confiseriewaren handelt. Damit ist diese Angabe nicht derart beschreibend und unmittelbar, dass sie auch den Mitbewerbern zur freien Verfügung offen bleiben müsste. Nur konkret warenbezogene beschreibende Sachaussagen, die auf eine für den Verkehr bedeutsame Eigenschaft der Ware selbst Bezug nehmen, sind für die Mitbewerber freizuhalten (vgl BGH, MarkenR 2001, 209 - Test ist).
Bezüglich der Ware "aromatisierte sprühfertige Schlagsahne" liegt ein warenbeschreibender Aussagegehalt zwar deutlich näher - denn Schlagrahm ist eine für die Herstellung von Confiseriewaren wesentliche Zutat - dennoch wird der Verbraucher nicht von einer ausschließlich unmittelbar beschreibenden Angabe ausgehen. Wie bereits dargelegt erfolgt die Herstellung von Confiserie überwiegend durch den Fachmann. Zwar kann sie der Laie mit entsprechendem Aufwand auch selbst herstellen, diese Produkte bezeichnet man üblicherweise nicht als Confiserie, sondern als Pralinen, Torten, petit fours, feine Kuchen udgl. Zudem erwartet der Verbraucher nicht, dass bei der Herstellung von hochwertiger Confiserie eine bereits aromatisierte sprühfertige Schlagsahne verwendet wird, denn zum einen würde eine vorgefertigte Geschmacksrichtung den Gebrauch der Sahne deutlich einschränken, zum anderen ist das Angebot auch von aromatisierter Schlagsahne allein zur Verwendung für eine ganz bestimmte Art von Pralinen oder bestimmtem Backwerk unüblich. Aromatisierte Schlagsahne (zB mit Vanille) wird vielmehr zur universellen Verwendung (auf Früchten, zur Abrundung von Süßspeisen, zum Eis udgl) angeboten. Dies alles, sowie der Umstand, dass ein Anspruch auf die Eintragung einer Marke besteht, sofern keine Eintragungshindernisse entgegenstehen (§ 33 Abs 2 S 1 MarkenG), und Zweifel an der Eintragungsfähigkeit damit nicht zu Lasten der Anmelderin gehen dürfen, rechtfertigt es, das Vorliegen eines Freihaltebedürfnisses zu verneinen.
2. Der Eintragung der Marke steht auch nicht das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) entgegen. Ob eine angemeldete Marke ausreichend Unterscheidungskraft besitzt ist allein aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise zu entscheiden (konkrete Unterscheidungseignung). Wegen des notwendigen Gedankenschritts - zwar keine Waren aus der Confiserie bzw zur Herstellung von Confiserie geeignet, jedoch in der Qualität von Confiserieware - wird der Verbraucher die angemeldete Marke zur Identifikation des Produkts annehmen; die geringen Anforderungen an die Unterscheidungskraft sind damit erfüllt (st Rspr, zB BGH MarkenR 2002, 86 - AC).
Auf die Beschwerde der Anmelderin war demnach der angefochtene Beschluß aufzuheben.
Stoppel Martens Schwarz-Angele Bb Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/28W(pat)80-01.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 05.06.2002
Az: 28 W (pat) 80/01
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