Bundespatentgericht:
Urteil vom 27. April 2004
Aktenzeichen: 1 Ni 24/02

(BPatG: Urteil v. 27.04.2004, Az.: 1 Ni 24/02)

Tenor

1. Das deutsche Patent 195 38 364 wird im Umfang der Patentansprüche 1 bis 3 und 6, soweit dieser Anspruch auf einen der Ansprüche 1 bis 3 rückbezogen ist, für nichtig erklärt.

2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin , der Beklagte .

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Beklagte ist Inhaber des deutschen Patents 195 38 364 (Streitpatent), das am 14. Oktober 1995 angemeldet worden ist.

Das Patent mit der Bezeichnung "Vorrichtung zur Schnellerwärmung von Metall-Pressbolzen" ist im Einspruchsverfahren durch Beschluss vom 19. November 2001 aufrechterhalten worden. Es umfasst sieben Patentansprüche.

Diese lauten (hier versehen mit einer Aufteilung des kennzeichnenden Merkmals e) des Anspruches 1 in e-1) und e-2) gem. Ziffer I. des Klageschriftsatzes):

"1. Vorrichtung zur Schnellerwärmung für Metall-Preßbolzen (1), insbesondere für Metall-Preßbolzen (1) aus Leichtmetallegierungen, a) mit mehreren, getrennt in ihrer Temperatur regelbaren Erwärmungszonen, durch welche die Bolzen in Richtung ihrer Längsachse bewegt werden, b) mit Gasbrennern zur Erzeugung des Heißgases für die Erwärmungszonen, c) mit mindestens einem in jeder Erwärmungszone angeordneten Radialventilator (3) für den Transport des Heißgases innerhalb jeder Zone zum Zweck der konvektiven Wärmeübertragung auf den Preßbolzen (1), undd) mit Düsenöffnungen (5) zur Beblasung der Preßbolzenoberfläche durch das Heißgas, gekennzeichnet durch die folgenden Merkmale:

e-1) in der in Transportrichtung des Preßbolzens (1) betrachtet letzten Erwärmungszone hat das Heißgas im Vergleich mit den vorherigen Erwärmungszonen die niedrigste Gastemperatur; unde-2) die Gasbrenner (7) weisen integrierte Abgasrekuperatoren zur Vorwärmung der Verbrennungsluft auf.

2. Vorrichtung zur Schnellerwärmung für Metall-Preßbolzen nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Radialventilatoren (3) Trommelläuferventilatoren sind, die in einem 360¡-Spiralgehäuse (9) mit einem geraden Ausblaskanal (4) betrieben werden.

3. Vorrichtung zur Schnellerwärmung für Metall-Preßbolzen nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Strömungsführung, in welcher der Radialventilator (3) die Gasströmung in der Erwärmungszone umwälzt, die Form eines liegenden U aufweist, daß in dem oberen Schenkel des U der Radialventilator (3) angeordnet ist, und daß der untere Schenkel des U sich in zwei Kanäle (8) aufteilt, deren dem Preßbolzen (1) zugewandten Seiten mit Düsenöffnungen (5) versehen sind.

4. Vorrichtung zur Schnellerwärmung für Metall-Preßbolzen nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Düsenöffnungen (5) zur Beblasung des Preßbolzens (1) Schlitzdüsen sind, die im Bereich der horizontalen Mittelebene des Preßbolzens (1) eine geringere Schlitzweite aufweisen als oberhalb und unterhalb dieser Mittelebene.

5. Vorrichtung zur Schnellerwärmung für Metall-Preßbolzen nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die Schlitzdüsen auf beiden Seiten des Metall-Preßbolzens (1) versetzt angeordnet sind, insbesondere um eine halbe Teilung versetzt.

6. Vorrichtung zur Schnellerwärmung für Metall-Preßbolzen nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Achsen der separat geregelten Gasbrenner (7) mit den integrierten Abgasrekuperatoren in einer zum Ventilatoransaugquerschnitt im wesentlichen parallelen Ebene liegen, die sich unterhalb dieses Querschnittes befindet, und daß die Brennerachse von der kreisförmigen Projektion der Ventilatoransaugöffnung auf diese Ebene ein Segment abschneidet.

7. Vorrichtung zur Schnellerwärmung für Metall-Preßbolzen nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß der Gasbrenner (7) so angeordnet ist, daß sich durch die Überlagerung der Brennerflamme mit der Rezirkulationsströmung eine Kreuzstrommischung ergibt."

Die Klägerin macht den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit gemäß § 22 Abs 1 iVm § 21 Abs 1 PatG geltend und trägt vor, die Gegenstände der Ansprüche 1 bis 7 beruhten nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Sie verweist hierzu auf folgende Druckschriften und Anlagen:

(E1) Deutsche Offenlegungsschrift 26 37 646 A1

(E2) Deutsche Offenlegungsschrift 42 36 785 A1

(E3) Eingabe der Patentanwälte ... vom 12. Juli 1999 an das DPMA

(E4) Schreiben der Fa. Wiedemann an die Firma O... GmbH vom 21. Mai 2002

(E5) Schreiben der Fa. Wiedemann an die Firma O... GmbH vom 1. August 2002 mit Prospekt

"Wiedemann Industriebrenner"

(E6) Deutsche Patentschrift 34 18 603 C1

(E7) Katalog der Fa. J... "Gasschnellanwärmöfen für Pressbolzen", 5.79.

Die Klägerin beantragt, das deutsche Patent 195 38 364 für nichtig zu erklären.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen.

Zu weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die Akte verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist zum Teil begründet. Die Gegenstände der Patentansprüche 1 bis 3 und 6, soweit dieser Anspruch 6 auf einen der Ansprüche 1 bis 3 rückbezogen ist, sind nicht patentfähig.

I. Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung zur Schnellerwärmung für Metall-Pressbolzen, insbesondere für Metall-Pressbolzen aus Leichtmetalllegierungen. Nach der Streitpatentschrift ist es bekannt, zur Erwärmung von Metall-Pressbolzen vor dem Verpressen in einer Strangpresse solche Schnellerwärmungsanlagen einzusetzen, bei denen die Pressbolzen durch direkte Beaufschlagung der Bolzenoberfläche mittels Gasbrennern erwärmt werden. Es ist auch bekannt, die Bolzen nicht durch direkte Flammenbeaufschlagung, sondern durch Heißgase zu erwärmen. Bei dem den Oberbegriff des angegriffenen Patentanspruchs 1 bildenden Stand der Technik nach der Druckschrift E1 wird gemäß dessen Würdigung in der Beschreibungseinleitung des Streitpatents die Solltemperatur in den verschiedenen Erwärmungszonen der Vorrichtung stufenweise in Transportrichtung der Bolzen so eingestellt, dass in der in Transportrichtung betrachtet letzten Erwärmungszone das Heißgas die höchste Solltemperatur hat (Sp 2 Z 3 bis 9 der Streitpatentschrift).

Die Streitpatentschrift bezeichnet es als Aufgabe der Erfindung, eine Vorrichtung zur Schnellerwärmung für Metallpressbolzen zu schaffen, mit der rasch und exakt die gewünschte Endtemperatur erreicht werden kann (Sp 2 Z 10 bis 13 der Streitpatentschrift).

Hierzu wird eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 des Streitpatents vorgeschlagen. Da mit diesem Patentanspruch eine Sache, aber nicht deren Betriebsweise unter Schutz steht, ist das Merkmal e-1) so zu verstehen, dass die in Transportrichtung des Pressbolzens letzte Erwärmungszone mit einer Heißgastemperatur betreibbar ist, die niedriger ist als die Heißgastemperatur in den vorherigen Erwärmungszonen.

II. Die so verstandene Vorrichtung zur Schnellerwärmung für Metall-Pressbolzen nach Patentanspruch 1 des Streitpatents ist nicht patentfähig.

Es kann dahin stehen, ob die offensichtlich gewerblich anwendbare Vorrichtung nach Patentanspruch 1 neu ist, denn sie ergab sich jedenfalls für den Fachmann - der in Übereinstimmung mit von den Parteien als ein Dipl.-Ing. FH/Univ, Fachrichtung Hüttenwesen, Maschinenbau oder Energie-Verfahrenstechnik, mit mehrjähriger Erfahrung in Planung, Bau und Betrieb von Industrieofenanlagen angesehen wird - zum Anmeldezeitpunkt in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik.

Die zur Bildung des Oberbegriffs des Patentanspruchs 1 des Streitpatents herangezogene Druckschrift E1 beschreibt eine Vorrichtung zur Schnellerwärmung für Metall-Pressbolzen aus Leichtmetalllegierungen. Die Vorrichtung verfügt über mehrere, getrennt in ihrer Temperatur regelbare Erwärmungszonen (=Heizzonen), durch welche die Bolzen in Richtung ihrer Längsachse bewegt werden (s S 2, die letzten beiden Zeilen, sowie S 3, vorletzter vollständiger Satz). Die Vorrichtung kann Gasbrenner 110 zur Erzeugung des Heißgases für die Erwärmungszonen aufweisen (s S 5, Abs 2 iVm Fig 1a). In jeder Erwärmungszone ist ein eigener Ventilator angeordnet, der gemäß den Darstellungen in den Figurenzeichnungen 1 und 2 als Radialventilator 10 ausgebildet ist und der den Transport des Heißgases innerhalb jeder Zone zum Zwecke der konvektiven Wärmeübertragung auf den Bolzen besorgt (s Fig 1 iVm Patentanspruch 12). Zur Beblasung der Bolzenoberflächen durch das Heißgas sind Schlitzdüsen 40 mit Düsenöffnungen 44 vorgesehen (s Fig 5 und 6). Damit sind die Merkmale a) bis d) des angegriffenen Patentanspruchs 1 des Streitpatents bei der aus der E1 bekannten Vorrichtung verwirklicht, was der Beklagte auch ausdrücklich zugestanden hat.

Darüber hinaus ist bei der Vorrichtung nach der E1 auch das kennzeichnende Merkmal e-1) des angegriffenen Patentanspruchs 1 verwirklicht. Jede der dort gezeigten Heizzonen weist eine eigene Beheizung, Ventilation und Temperaturregelung auf, wodurch eine individuelle Einstellung der Temperatur in den einzelnen Heizzonen ermöglicht ist (s S 3, die letzten beiden vollständigen Sätze, der E1), also auch ein Betreiben der letzten Erwärmungszone mit der niedrigsten Heißgastemperatur. Die Ansicht des Beklagten, in der E1 werde für NE-Metall-Pressbolzen zwingend eine ansteigende Temperaturführung vorgeschlagen, hält der Senat für nicht zutreffend. Es ist vielmehr eine Vorrichtung vorgeschlagen, die eine individuelle Einstellung der Temperatur in den einzelnen Heizzonen ermöglicht. Zwar wird in der E1 für den Durchlaufbetrieb empfohlen, die Solltemperatur stufenweise in Transportrichtung zunehmend einzustellen (s S 3, letzter vollständiger Satz bis S 4, Z 2 und Patentanspruch 20 der E1), der Fachmann erkennt aber gleichwohl, dass mit der bekannten Vorrichtung die Heißgastemperatur der letzten Erwärmungszone auch auf einen anderen Wert, beispielsweise den niedrigsten, einstellbar ist. Da Anspruch 20 der E1 auf Anspruch 19 rückbezogen ist und dieser allein die gegenständlichen Merkmale für eine individuelle Einstellung der Temperatur in den einzelnen Heizzonen aufweist, lassen sich mit der aus E1 bekannten Vorrichtung auch andere Temperaturführungen realisieren. Es bedarf hierfür keiner weiteren Zurichtung der bekannten Vorrichtung, um die mit dem angegriffenen Patentanspruch 1 vorgeschlagene Temperatur in der letzten Erwärmungszone zu erzielen.

Die mit dem Patentanspruch 1 des Streitpatents beanspruchte Vorrichtung unterscheidet sich folglich von der aus E1 bekannten Vorrichtung gegenständlich allein durch das Merkmal e-2). Gemäß diesem Merkmal e-2) weisen die Gasbrenner integrierte Abgasrekuperatoren zur Vorwärmung der Verbrennungsluft auf.

Die E1 stellt aufgabengemäß eine Vorrichtung bereit, in der die Bolzen sich unter geringst möglichem Brennstoffverbrauch - d.h. mit hohem Wirkungsgrad - schnell, gleichmäßig und reproduzierbar erwärmen lassen (s S 2, Abs 1 in E1). Für die Beheizung der Vorrichtung und Erzeugung des Heißgases sind dem Fachmann alternativ Gasbrenner, Ölbrenner sowie elektrische Heizvorrichtungen angegeben, die er unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit der jeweiligen Energie beliebig wählen kann (s S 2, Abs 3 in E1). Bei der Auswahl der Heizvorrichtung wird der Fachmann daher stets bestrebt sein, mit dieser einen möglichst hohen Wirkungsgrad zu erzielen. Aufgrund seines Fachwissens ist ihm bekannt, dass der thermische Wirkungsgrad eines Brennersystems durch die Vorwärmung der Verbrennungsluft wesentlich verbessert werden kann und so wesentlich geringere Brennstoffmengen verbraucht werden. Zum Fachwissen gehören auch die unterschiedlichen Brennersysteme mit Verbrennungsluftvorwärmung, wie sie beispielsweise im Stand der Technik nach der Druckschrift E2 oder dem Prospekt "Wiedemann Industriebrenner" (mit Anlage E5 vorgelegt) beschrieben werden. Die E2 zeigt ein Brennersystem des Wärmespeichertyps (Regeneratorbrenner) für die Beheizung eines Stahlwärmeofens, der nach dem Prinzip der Wärmeübertragung durch Strahlung arbeitet. An einem Ende einer jeden Ofeneinheit ist ein Brenner angeordnet, dessen Verbrennungsabgase an dem gegenüberliegenden Ende der Ofeneinheit abgesaugt und über ein Speicherbett geleitet werden, wodurch Wärme rückgewonnen und zum Vorwärmen der Verbrennungsluft genutzt wird. Aus dem Prospekt "Wiedemann Industriebrenner", dessen Vorveröffentlichung von dem Beklagten nicht bestritten wurde, sind Rekuperator-Gasbrenner mit integrierten Wärmetauschern bekannt, die ebenfalls für die direkte Beheizung von Industrieofenanlagen verwendet werden. Ein Vergleich dieser beiden Brennersysteme im Hinblick auf ihre Verwendung bei der Vorrichtung nach der E1 zeigt dem Fachmann, dass das System Regeneratorbrenner nach der E2 nicht ohne weiteres bei der Vorrichtung nach der E1 anwendbar ist, da bei der Vorrichtung nach der E1 das Verbrennungsabgas eines in den Gaseinlasskanal 2' mündenden Gasbrenners 110 in die Rezirkulationsströmung des Radialventilators 10 geleitet wird und von diesem direkt in den Druckraum 2 eingeblasen und von dort über Schlitzdüsen 40 auf das Gut geblasen wird. Eine Möglichkeit, bei der Vorrichtung nach der E1 die Verbrennungsabgase gemäß der Lehre der E2 abzusaugen und über ein Speicherbett zu leiten, ist ohne Abweichen vom Prinzip der konvektiven Wärmeübertragung der Vorrichtung nach der E1 und ohne umfangreiche konstruktive Veränderungen nicht gegeben. Dagegen erkennt der Fachmann ohne weiteres, dass ein in den Gaseinlasskanal 2' einmündender Gasbrenner mit integriertem Abgasrekuperator gemäß dem Prospekt "Wiedemann Industriebrenner" ohne jede konstruktive Veränderung der Vorrichtung nach E1 die wirkungsgradsteigernde Vorwärmung der Verbrennungsluft ermöglicht. Bei der Wahl des Brennersystems für die Erzeugung des Heißgases in der Vorrichtung nach der E1 wird sich der Fachmann daher, ohne erfinderisch tätig werden zu müssen, für den Rekuperatorbrenner gemäß dem Prospekt "Wiedemann Industriebrenner" entscheiden.

Im Ergebnis war es dem Fachmann am Anmeldetag des Streitpatents, ausgehend von der in E1 beschriebenen Vorrichtung, allein aufgrund seines Fachwissens, zu dem auch die genannten Brennersysteme gehören, ohne weiteres möglich, eine Vorrichtung zur Schnellerwärmung für Metall-Pressbolzen mit den Merkmalen des angegriffenen Patentanspruchs 1 vorzuschlagen.

Der Patentanspruch 1 hat daher keinen Bestand.

III. Auch die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 und 3 haben keinen Bestand.

Der auf dem einschlägigen Gebiet tätige Durchschnittsfachmann ist, wie bspw. die Druckschriften E1 und E6 zeigen, auch mit Radialventilatoren befasst, die die erzeugten Heißgase axial von unten aus dem Behandlungsraum ansaugen und radial in einen Druckraum bzw Zuführkanal ausblasen. Er wählt entsprechend dem in der zu bestückenden Industrieofenanlage erforderlichen Gasdurchsatz und benötigten Förderdruck den geeigneten Radialventilator aufgrund von Kennfeldern aus, die üblicherweise von den Ventilatorherstellern zur Verfügung gestellt werden. Eine erfinderische Tätigkeit ist hierfür nicht erforderlich. Ergibt sich bei dieser Auswahl die Verwendung eines Trommelläuferventilators, also eines Radialventilators mit vielen kurzen, vorwärtsgekrümmten Schaufeln am Außenumfang des Laufrades (Trommelrad), so ist die Verwendung eines 360¡-Spiralgehäuses mit einem geraden Ausblaskanal entsprechend den kennzeichnenden Merkmalen des Patentanspruchs 2 des Streitpatents für den Fachmann naheliegend. In diesem Spiralgehäuse wird ein Teil der bei Trommelläufern erzeugten und im Gasstrom vorhandenen hohen Geschwindigkeitsenergie durch stetige Querschnittserweiterung in der Spirale in Druckenergie umgewandelt. Der Gegenstand des Patentanspruchs 2 beruht daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Eine entsprechend den kennzeichnenden Merkmalen des Patentanspruchs 3 des Streitpatents beschriebene Strömungsführung zeigt bereits die einschlägige E6. Die dort in Figur 2 dargestellte Strömungsführung weist, ausgehend von dem mittig angeordneten Radialventilator 6, in zwei entgegengesetzten Richtungen jeweils die Form eines liegenden U auf, in dessen oberen Schenkel der Ventilator angeordnet ist. An jedem äußeren Ende des dargestellten Ofens wird der Gasstrom um 180¡ nach unten in den unteren Schenkel des jeweiligen U umgeleitet, der sich in mindestens zwei Kanäle 4 aufteilt, die parallel zu einem Behandlungsraum 2 liegen und deren dem zu behandelnden Bolzen 1 zugewandte Seiten mit Düsenöffnungen 3 versehen sind (s Fig 2 bis 4 der E6). Diese Form der Strömungsführung dient der genau definierten und gleichmäßigen Erwärmung des Gutes durch den vom Ventilator umgewälzten Gasstrom (s Sp 3 Z 52 bis 57 und 63 bis Sp 4 Z 11 der E6). Der Fachmann erhielt somit durch die E6 die Anregung, im Rahmen der Lösung der dem Streitpatent zugrunde liegenden Aufgabe - rasch und exakt die gewünschte Temperatur zu erreichen - die Strömungsführung in der im Anspruch 3 beanspruchten Art zu gestalten. Die Abwandlung der zweiseitigen Strömungsführung in eine einseitige, hält der Senat für eine rein handwerkliche Maßnahme. Für den Fachmann war die Gestaltung der Strömungsführung in der beanspruchten Weise daher naheliegend. Der Patentanspruch 3 hat weder in seiner Rückbeziehung auf den Patentanspruch 1 noch in der auf den Patentanspruch 2 mangels erfinderischer Qualität seines Gegenstandes Bestand.

IV. Bezüglich der angegriffenen Patentansprüche 4 und 5 ist der Senat nach dem Vortrag der Klägerin nicht davon überzeugt, dass die dort beanspruchten Maßnahmen der speziellen Ausbildung - geringere Schlitzweite im Bereich der horizontalen Mittelebene und Anordnung der Düsen auf beiden Seiten versetzt zueinander - am Anmeldetag des Streitpatents im Bereich des Fachwissens des Fachmannes lagen. Entsprechende Nachweise hierzu aus dem Stand der Technik hat auch die Klägerin nicht vorgelegt. Zwar zeigt die E1 Schlitzdüsen 40 zur Beblasung der Bolzen; durch die Vorgaben zur Bemessung der Länge l und der (durchgehenden) Breite b der Mündungen 44 entsprechend den Ansprüchen 6 und 8 führt die Lehre der E1 aber gerade weg vom Gegenstand des angegriffenen Patentanspruchs 4. Gleiches gilt für den Patentanspruch 5, denn die E1 lehrt für die beidseitige Anordnung je einer Reihe von Schlitzdüsen entlang der Transportbahn des Gutes, dass diese symmetrisch vorgesehen sind (vgl Anspruch 10 in E1).

Die E6 lehrt die Anordnung von kreisrunden Düsenöffnungen 3 derart, dass die austretenden Düsenstrahlen genau radial auf die Bolzen 1 gerichtet sind (s Sp 4, Z 54 bis 57 in E6). Schlitzdüsen werden als nachteilig für die konvektive Erwärmung beschrieben (s Sp 2, Z 61 bis 63 in E6). Insofern liefert auch die E6 dem Fachmann keine Anregung, die mit den angegriffenen Patentansprüchen 4 und 5 beanspruchten Merkmale vorzusehen.

Die Patentansprüche 4 und 5 haben daher Bestand.

V. Gemäß dem Patentanspruch 6 sollen die Achsen der Gasbrenner in einer zum Ventilatoransaugquerschnitt im wesentlichen parallelen Ebene liegen, die sich unterhalb dieses Querschnitts befindet, und die Brennerachse soll von der kreisförmigen Projektion der Ventilatoransaugöffnung ein Segment abschneiden. Aus den Figuren 1 und 1a der E1 ist für den Fachmann eindeutig ersichtlich, dass die Achse eines in den Gaseinlasskanal 2' mündenden Gasbrenners 110 in einer parallelen Ebene zum Ansaugquerschnitt des Ventilators 10 liegt und diese Ebene unterhalb des Ansaugquerschnitts angeordnet ist. Aus der Figur 2 der E1 entnimmt der Fachmann, dass sich die Achsen des Gaseinlasskanals 2' und damit des darin mündenden Gasbrenners 110 und des Ventilators schneiden. Für die kreisförmige Projektion der Ansaugöffnung auf die Ebene der Brennerachse bedeutet das, dass die Brennerachse auf einem Durchmesser dieser projizierten Kreisfläche liegt und somit zwei Halbkreisflächen gebildet werden. Da der Durchmesser eines Kreises auch die geometrischen Bedingungen einer Sekante des Kreises erfüllt - einer Geraden, die mit dem Kreis zwei reelle, getrennt liegende Punkte gemeinsam hat - zerlegt auch der Durchmesser die Kreisfläche in zwei Segmente. Somit sind die kennzeichnenden Merkmale des Patentanspruchs 6 bei der Vorrichtung nach der E1 ebenfalls bereits verwirklicht und der Patentanspruch 6 hat, soweit er auf einen der nicht bestandsfähigen Patentansprüche 1 bis 3 rückbezogen ist, keinen Bestand. In seinen Rückbezügen auf einen der bestandsfähigen Patentansprüche 4 und 5 wird der Patentanspruch 6 von diesen mitgetragen und hat Bestand.

VI. Auch der Patentanspruch 7 hat Bestand. Es konnte vom Senat nicht festgestellt werden, dass die spezielle Anordnung des Gasbrenners derart, dass sich durch die Überlagerung der Brennerflamme mit der Rezirkulationsströmung eine Kreuzstrommischung ergibt, für den Fachmann naheliegend gewesen wäre. Der Stand der Technik gibt hierzu keine Anregung. In der E1 mündet der Gasbrenner 110 in das äußere Ende eines Gaseinlasskanals 2', der wiederum im Bereich der Rezirkulationsströmung in den Behandlungsraum 3 mündet, wodurch Heißgas in die Rezirkulationsströmung geleitet wird (s Fig 1a sowie S 5, Z 11, 16 und 17 in E1). Die Brennerflamme erreicht die Rezirkulationsströmung hingegen nicht. In der E2 ist kein Radialventilator vorhanden, der eine Rezirkulationsströmung erzeugt. Die E6 lehrt die Anordnung der Brenner derart, dass deren Flammen gegen die Abströmung vom Ventilator gerichtet sind, weil sich dadurch die heißen Abgase sehr gleichmäßig mit dem vom Ventilator umgewälzten Behandlungsgas vermischen (s Sp 5, Z 10 bis 15 der E6).

VII. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs 2 PatG in Verbindung mit § 91 Abs 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs 1 PatG in Verbindung mit § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

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BPatG:
Urteil v. 27.04.2004
Az: 1 Ni 24/02


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