Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. März 2003
Aktenzeichen: 30 W (pat) 45/02

(BPatG: Beschluss v. 10.03.2003, Az.: 30 W (pat) 45/02)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Marke DAWAfix ist unter der Nummer 399 26 971 am 30. August 1999 für die Waren "Profilsystem aus Aluminium für Traufabschlüsse von Balkonen und Terrassen" in das Register eingetragen worden. Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 30. September 1999.

Widerspruch erhoben hat am 11. November 1999 die Inhaberin der am 13. August 1992 für "Transportable Bauten und Bauteile aus Metall, nämlich vorgefertigte Dach- und Wandelemente zum festen Einbau insbesondere für den Hallenbau" eingetragenen Marke 2 018 813 DAWA.

Deren Benutzung ist mit Schriftsatz vom 10. Februar 2000 unbeschränkt bestritten worden. Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung hat die Widersprechende vorgelegt.

Die Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamts hat unter Verneinung von Verwechslungsgefahr den Widerspruch zurückgewiesen. Es bestehe schon nach der Registerlage keine Warenähnlichkeit; darüberhinaus unterschieden sich aber auch die Marken in ihrer Gesamtheit deutlich. Der Ausnahmefall der Abspaltung eines Bestandteils komme nicht in Betracht.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hält mit näheren Ausführungen den Bestandteil "DAWA-" der angegriffenen Marke für alleinprägend und insbesondere auch Warenähnlichkeit für gegeben.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Januar 2002 aufzuheben und die Löschung der Marke 399 26 971 DAWAfix anzuordnen.

Die Inhaber der angegriffenen Marke beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie halten mit näheren Ausführungen den angefochtenen Beschluß der Markenstelle für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluß sowie auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig in der Sache aber nicht begründet. Es besteht auch nach Auffassung des Senats keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG. Der Widerspruch ist deshalb von der Markenstelle gemäß §§ 42 Abs 2 Nr 1, 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG zu Recht zurückgewiesen worden.

Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG ab von der Identität oder Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfaßten Waren. Darüber hinaus sind auch alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, wobei die verschiedenen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr heranzuziehenden Faktoren in einer Wechselwirkung stehen (st Rspr vgl BGH GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/REVIAN; GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND jew mwN). Dies impliziert einen im Einzelfall auszufüllenden Wertungsspielraum, so daß auch bei Ähnlichkeit der Waren einerseits und einer gewissen Zeichenähnlichkeit andererseits nicht zwingend auf das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr geschlossen werden kann (vgl BGH GRUR 2000, 608, 610 - ARD-1). Nach § 9 Abs 1 Nr 2, 2. Halbsatz MarkenG schließt der Begriff der Verwechslungsgefahr die Gefahr ein, daß die Vergleichsmarken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden können.

Auch wenn - ungeachtet der aufgeworfenen Benutzungsfragen - zu Gunsten der Widersprechenden von (noch) ähnlichen Waren und einem normalen Schutzumfang der Widerspruchsmarke - die ausweislich des vorgelegten Flyers aus den Wörtern "Dach" und "Wand" gebildet ist - ausgegangen wird, ist Verwechslungsgefahr zu verneinen. Selbst bei Anlegung strenger Maßstäbe ist ein zur Vermeidung von Verwechslungen ausreichender Markenabstand in jeder Hinsicht gewahrt.

In ihrer Gesamtheit unterscheiden sich die Vergleichsmarken klar und unverwechselbar in allen für die Beurteilung des Gesamteindrucks wesentlichen Kriterien; die angegriffene Marke besteht aus drei Sprechsilben im Vergleich zur zweisilbigen Widerspruchsmarke und weist fast die doppelte Anzahl von Buchstaben auf. Auch wenn die Widerspruchsmarke - formal betrachtet - identisch in der angegriffenen Marke enthalten ist, führt dies nicht zur Bejahung einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr. Solches würde abweichend von dem Grundsatz, daß ein Elementenschutz dem Markenrecht fremd ist (vgl Althammer/Ströbele MarkenG 6. Aufl § 9 Rdn 157 zu mehrgliedrigen Marken), nur dann in Betracht kommen, wenn der Bestandteil "DAWA" die angegriffene Marke allein kollisionsbegründend prägen würde, was bei Einwortmarken ohnehin nur im Ausnahmefall in Betracht kommt. Eine lediglich mitprägende Wirkung auf den Gesamteindruck reicht dabei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nicht einmal bei mehrgliedrigen Marken aus, um die weiteren Bestandteile bei der Beurteilung des Gesamteindrucks und der Verwechslungsgefahr in den Hintergrund treten zu lassen (vgl BGH MarkenR 2000, 21 - RAUSCH/ELFI RAUCH). Eine allein oder selbständig kollisionsbegründende Wirkung kommt dem Bestandteil "DAWA" innerhalb der angegriffenen Marke nicht zu. Der Erfahrungssatz, daß der Verkehr Marken regelmäßig ohne analysierende Betrachtungsweise aufnimmt (vgl BGH MarkenR 1999, 199, 201 liSp 2. Absatz - MONOFLAM/POLYFLAM) spricht dafür, daß die angegriffene Marke als geschlossene Gesamtbezeichnung erfaßt wird, ohne daß einem der Zeichenbestandteile eine allein prägende Bedeutung zugemessen wird. Unabhängig von diesem allgemeinen Erfahrungssatz gibt auch eine genauere Untersuchung der konkreten Bezeichnung "DAWAfix" keinen Anlaß für eine andere Beurteilung. Die Bezeichnung "DAWAfix" wirkt im Hinblick auf die Zusammenschreibung in einem Wort vielmehr als geschlossene Gesamtbezeichnung, innerhalb der keines der beiden Zeichenelemente besonders in den Vordergrund oder in den Hintergrund tritt, was eine gedankliche Zergliederung der angegriffenen Marke ausschließt. Allein durch die Großschreibung von "DAWA" und die Kleinschreibung von "fix" wird der Eindruck dieser Geschlossenheit nicht beseitigt; der Wechsel zwischen Groß- und Kleinschreibung ist ein werbeübliches Gestaltungsmittel; eine besondere grafische Gestaltung, die die Marke als aus getrennten Bestandteilen gebildet erscheinen lassen könnte, liegt dadurch nicht vor; aus der Kleinschreibung von "fix" ergibt sich keine derart unübersehbare Absetzung, daß dieser Wortteil in den Hintergrund tritt, wie es etwa durch die Wiedergabe in Konturschrift der Fall sein kann (vgl BPatGE 35, 188, 192 - BERGER/-BERGERLAHR).

Es besteht auch keine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt, daß der Verkehr den Bestandteil "-fix" der angegriffenen Marke gedanklich abspaltet und deshalb der Bestandteil "DAWA" der Widerspruchsmarke isoliert gegenüberzustellen wäre. Eine solche Abspaltung kommt nur in Ausnahmefällen bei glatt beschreibenden und üblichen Zusatzangaben, insbesondere Mengen-, Wirk-, oder Beschaffenheitshinweisen, wie zB "extra, forte, retard" bei Arzneimitteln, in Betracht (vgl hierzu BPatGE 10, 93 ff - EXTRAVERAL/Verla; BPatG Mitt 1993, 310 ff - Innovaaktiv). Um einen solchen Bestandteil handelt es sich bei "-fix" - in dem hier maßgeblichen Bereich der Baumaterialien der Klasse 6 - offensichtlich nicht.

Anhaltspunkte dafür, daß aus sonstigen Gründen die Gefahr von Verwechslungen bestehen könnte, sind nicht dargelegt und auch nicht ersichtlich. Die Widersprechende hat insbesondere nicht vorgetragen, daß sie Inhaberin einer mit "DAWA" gebildeten Zeichenserie ist, was grundsätzlich Voraussetzung für die Bejahung der Verwechslungsgefahr unter diesem Gesichtspunkt wäre. Soweit die Widersprechende meint, der zur Begründung der mittelbaren Verwechslungsgefahr erforderliche Eindruck einer Zeichenserie könne auch durch die verschiedenen Anmeldungen der Anmelderin mit dem gemeinsamen Bestandteil DAWA hervorgerufen werden, kann dem nicht beigetreten werden. Das in mehreren Zeichen enthaltene einheitliche Element muß Hinweischarakter auf den Inhaber der älteren Marke haben. Diesen kann es unter dem Gesichtspunkt Serienmarke noch nicht einmal durch die bloße Existenz weiterer, der Widersprechenden selbst gehörender Marken, sondern nur durch intensive Benutzung dieser Serie und eine dadurch ausgelöste entsprechende Gewöhnung des Verkehrs gewinnen (vgl hierzu Althammer/Ströbele aaO § 9 Rdnr 213). Erst Recht können Marken Dritter keinen Serienzeichencharakter zugunsten der Widersprechenden begründen. Sind sie unbenutzt, weisen sie auf niemanden, sind sie benutzt, weisen sie jedenfalls nicht auf die Widersprechende hin (vgl hierzu Althammer/Ströbele aaO Rdnr 214). Eine Art Markenbildungsmonopol ist dem Markengesetz fremd. Umstände, wonach eine mittelbare Verwechslungsgefahr ausnahmsweise auch ohne das Bestehen einer Zeichenserie in Betracht kommt, weil ein Stammbestandteil aus anderen Gründen als betrieblicher Herkunftshinweis oder als Firmenhinweis Verkehrsgeltung gewonnen hat (vgl dazu BGH GRUR 1996, 267 - AQUA) sind vorliegend nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlaß, (§ 71 Abs 1 MarkenG).

Dr. Buchetmann Winter Hartlieb Hu






BPatG:
Beschluss v. 10.03.2003
Az: 30 W (pat) 45/02


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