Kammergericht:
Urteil vom 1. Dezember 2009
Aktenzeichen: 5 U 8/06
(KG: Urteil v. 01.12.2009, Az.: 5 U 8/06)
1. Der Klagebefugnis eines Wettbewerbsverbands steht nicht in jedem Fall entgegen, wenn dieser Verband Vergleiche in Ordnungsgeldverfahren schließt, Aufbrauchsfristen und Vollstreckungsregelungen gegen Entgelt vereinbart und sich bei urlaubsbedingter Abwesenheit des Geschäftsführers durch seinen regelmäßigen Prozessbevollmächtigten vertreten lässt.
2. Werden Produkte in der Sendung eines Fernseh-Shopping-Senders beworben, an denen der Geschäftsführer des Herstellerunternehmens aktiv durch eigenständige Wortbeiträge und als Repräsentant des Herstellers teilnimmt, ist diese Fernsehsendung zugleich auch eine Werbeveranstaltung des Produktherstellers.
3. Ist das Format einer Werbesendung objektiv darauf angelegt, Zuschauer zu krankheitsbezogenen telefonischen Äußerungen hinsichtlich der in der Sendung vorgestellten Produkte zu animieren, trifft die für diese Werbesendung wettbewerbsrechtlich Verantwortlichen aus der Eröffnung einer wettbewerbsrechtlichen Gefahrenquelle eine Verkehrspflicht, aktiv und wirksam diesen Äußerungen der Zuschauer entgegenzutreten.
4. Bei einer krankheitsbezogenen Werbung ist § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB (entgegen OLG Karlsruhe, ZLR 2006, 290) nicht mit Blick auf europarechtliche Vorgaben restriktiv auszulegen und die konkrete Gefahr einer Irreführung zu fordern.
5. Wenn sich eine Zuschauerin in einer Fernseh-Werbesendung zu dort beworbenen Nahrungsergänzungsmitteln telefonisch dahin äußert, sie habe diese Produkte in die Klinik mitgenommen und "die Sachen sind jetzt gerade; ich bin vor acht Wochen operiert worden und laufe schon wieder ganz prima ... Mein Arzt hat mir gesagt ... Waren sie im Urlaub€", liegt darin die Empfehlung dieser Produkte zur Beeinflussung eines Krankheitsverlaufs i.S. des § 12 Abs. 1 Nr. 4 LFGB und zugleich auch eine Aussage i. S. des § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB, die sich auf die Linderung und Beseitigung von Krankheiten bezieht.
Tenor
I.
Auf die Berufung des Klägers wird das am 30. Dezember 2005 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 102 des Landgerichts Berlin € 102 O 54/05 € geändert:
Der Beklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,€ Euro, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, untersagt, im geschäftlichen Verkehr
1.
für S-Produkte mit einer grippalen Infekten vorbeugenden Wirkung zu werben, insbesondere zu werben:
"Ich bin ein bisschen mit den Bronchien; da hab ich Probleme, war beim Lungenfacharzt. Und der sagte: Also Sie müssen aufpassen, keine Erkältung zu bekommen. Ich sagte ihm, ich bin Weltmeister in grippalen Infekten. Da weiß ich schon nicht mehr, was ich machen kann. Also der guckte mich ziemlich streng über die Brille an und sagte: Warum nehmen Sie kein S€",
2.
für die Produkte R S und S mit einer Wirkung zu werben, nach der die Regeneration nach einer Hüftgelenksoperation unterstützt werden kann, insbesondere zu werben:
"Das, ich hab das in die Klinik mitgenommen, die R S. Das Essen in der Klinik ist nicht gerade so doll. Ich dachte, schaden kann's nicht. Ich habe den S mitgenommen. Und wie gesagt, die Sachen sind jetzt gerade; ich bin vor acht Wochen operiert worden und laufe schon wieder ganz prima und fühle mich sehr sehr gut. Mein Arzt hat mir gesagt als ich eben mich ihm vorgestellt habe hier: Waren sie im Urlaub€ Also ich kann nur sagen, ich habe es prima überstanden",
sofern dies (zu 1. und 2.) wie in der Aussendung vom 12.12.2004 (Anlage K2 unter 3., wie beigefügt) geschieht.
Anlage K2 12
Berlin, den 08. Januar 2005
NIEDERSCHRIFT
Im Folgenden handelt es sich um eine aufgezeichnete Werbesendung zu den Produkten:
1. N V E A kapseln mit O 160 g ca. 400 Stck.,
2. N V S Zink ca. 180 Tabletten 72 g,
3. N V S Maxipack 1.500 Tabletten 600 g,
4. N V S plus natürl. Calzium ca. 400 Tabletten 160 g,
5. N V R S mit Akelu-Samen ca. 500 Tabletten 200 g
in der Sendung "S S", gesendet auf Q Deutschland
am 12. Dezember 2004 von 11.00 bis 13.00 Uhr (lt. Programm).
Ich habe diese Sendung in Bild und Ton am 08. Januar 2005 zur Kenntnis genommen.
Nachstehend gebe ich den Ton niedergeschrieben wieder, soweit ich ihn nach bestem Bemühen verstanden habe. An unverständlichen (...€) und unwesentlichen (...) Textpassagen habe ich dabei Lücken gelassen.
Die Wiedergabe von Namen erfolgt phonetisch, insoweit in Unkenntnis der tatsächlichen Schreibweise, soweit diese nicht im Bild wiedergegeben wird.
Im Studio:Die Q Moderatorin P G(A), der Produktpromoter F F(B) und die Anruferinnen der Sendung: Ziffer 2: Frau M(C), Ziffer 3: Frau H(D), Ziffer 4: Frau B(E), Ziffer 5. Frau E(F).Im Laufe der oben genannten Werbesendung wird mehrfach ein Disclaimer eingeblendet, welcher hier mit *** gekennzeichnet ist.
1. ... V E A kapseln mit C 160 g ca. 400 Stck.
Während der Werbesendung erscheinen u. a. folgende Einblendungen.
Linker Bildrand:267 268 N V E A kapseln mit C 160 g ca. 400 Stck. Q PREIS Euro36,25 WIEDER VORRÄTIG SUPER-SPARPREIS Euro29,96 + Versand Euro5,95 Unterer Bildrand:Q 0800 ...S S www.q.de (...)(A)(...) A kapseln!(B)Hammer!(A)Viele Zuschauer denken sich ja: A kapseln€ Was soll ich da machen€ Was, was hab ich von A kapseln€ (B) Also, wie gesagt, mit den ..., mit den A kapseln; früher hießen sie ja A kapseln, jetzt heißen sie ... kann man sich und auch anderen einen klaren Durchblick schenken. Soll also heißen, die A kapseln können die Sehfähigkeit positiv unterstützen. So! Und wer das das erste Mal hört, der denkt: "Man, man, man, was erzählen die denn da€ Da soll ich jetzt zwei Kapseln am Tag schlucken und die Sehfähigkeit kann unterstützt werden€" Aber es ist tatsächlich so, weil, in den E-Kapseln sind die so genannten Augensubstanzen. Das Auge braucht ganz bestimmte Substanzen, wie der Körper grundsätzlich auch. Die Hauptsubstanzen sind Lutein und Zeaxanthin. Die haben wir natürlich hier drin. Ich zeig auch gleich mal, wie das Ganze funktioniert. Und jetzt kommt aber der Wahnsinn schlechthin. Wir haben die Rezeptur der E-Kapseln verbessert mit einem Verfahren, das sogar zum Patent angemeldet wurde. Wir haben nämlich jetzt zusätzlich in den E-Kapseln, und das war in dem Vorgänger nicht drin, C noch mit drin. So! Das ist erst mal nichts Bahnbrechendes. Und dann fragt man sich: "Ja und€ Toll€ Was ist C überhaupt€". C ist ne ganz spezielle Mikroalge. Und in dieser C Alge sind ganz bestimmte Stoffe und und und Verbindungen von, von Einzelsubstanzen, die wiederum die Augensubstanzen, nämlich Lutein und Zeaxanthin positiv unterstützen können. Das heißt, das Ganze hier wird noch mal wesentlich kraftvoller. Jetzt gab es oder gibt's bei C ein Problem, ein kleines Problem. Probleme gibt's ja gar nicht nur Herausforderungen. Ni€ Also eine kleine Herausforderung. Der Zellkern von C ist hart. Das heißt, wir Menschen kommen sehr schlecht an die, an die Substanzen dran. Und hier ist jetzt; die Patentgeschichte kommt mit ins Spiel. Wir haben ein Verfahren entwickeln können, womit wir diesen Zellkern aufbrechen können so, dass der menschliche Organismus an die Substanzen rankommt, und dann die Augensubstanzen Lutein und Zeaxanthin noch mal verstärkt werden. Und damit haben wir ein schier unglaubliches Kraftpaket geschaffen, um wirklich die Sehfähigkeit positiv unterstützen zu können. (...)2. N V S Zink ca. 180 Tabletten 72 g
Während der Werbesendung erscheinen u. a. folgende Einblendungen.
Linker Bildrand:265 238 N V S Zink ca. 180 Tabletten 72 g Q PREIS Euro24,00 + Versand Euro5,95 Unterer Bildrand:Q 0800 ...S S www.q.de (...)(A)(...) immer wieder hört man, Zink ist wichtig! Zink brauchen wir!(B)Absolut!(A)Wir telefonieren jetzt aber erst mal. Die Frau M wartet schon nen bisschen in der Leitung. Herzlich Willkommen, Frau M! Und ich muss Sie nen klein bisschen vorwarnen. Sie wissen ja, Sie dürfen hier keine Heilaussagen machen. Frau M(C)Ja.(A)Herzlich Willkommen!(C)Guten Tag zusammen!(B)'nen wunderschönen guten Tag!(C) Herr F, ich muss Sie trotzdem sehr loben. Ich nehme seit einiger Zeit drei Präparate von Ihnen ein, und die sind so gut. Ich fühl mich seit dem; ich war so schwer krank, ich fühl mich seit dem;(B)Frau M, da muss ich; Frau M, Entschuldigung bitte, das ist sehr unhöflich, was ich jetzt mache. Da muss ich aber leider reingehen. Wir dürfen in Deutschland, das gilt für Deutschland, keine gesundheitsfördernden Aussagen tätigen in Verbindung mit Nahrungsergänzungsprodukten.(C)ja, aber ich kann doch sagen, dass ich mich sehr wohl fühle nach Ihren Produkten.(B)Das dürfen Sie, das dürfen Sie sagen, Frau M. Das, das dürfen Sie.(C)Also es ist einmalig, wie ich mich fühle.(B)Ja, das glaube ich. (C) Und ich muss Ihnen auch sagen, ich hatte immer Herz-Rhythmus-Störungen. Die hab ich auch nicht mehr.(B)Das, Frau M, dürfen wir nicht;(C)Das darf ich auch nicht sagen€(B)nein, das dürfen wir nicht.(C)Das ist sehr schade.(B)Frau M ja, ich weiß, ich, ich bedauere das am meisten, aber(C)(...€)(B)wir können Folgendes festhalten. Sie fühlen sich pudelwohl! Und genau das ist ja Sinn der Geschichte. Bitte fragen Sie mich nicht nach der Logik. Wir dürfen in Deutschland leider keine gesundheitsfördernden Aussagen tätigen. Es tut mir auch sehr, sehr leid, aber es ist nun mal so. Sonst kriege ich ganz viel Ärger. (A)Aber Frau M, was uns;(C)Haben die Nebenwirkungen, die Präparate€(B)Bitte€(A)nein!(C)Haben die denn Nebenwirkungen€(B) Die Nebenwirkung ist, dass Sie sich sauwohl fühlen, Frau M. Aber sonst,(C)Das ist schön.(B) sonst keine, weil, es sind ja Lebensmittel.(C)Ja.(B)Und wir haben ja viel mit Natursubstanzen zu tun. (...)Produktpräsentation:N V G Kapseln F-B *** Produktpräsentation:N V W A I mit Arganöl*** Produktpräsentation:N V P A *** 3. N V S Maxipack 1.500 Tabletten 600 g
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Linker Bildrand:267 118 N V S Maxipack 1.500 Tabletten 600 g Q PREIS Euro54,50 EINFÜHRUNGSPREIS Euro49,54 + Versand Euro5,95 Unterer Bildrand:Q 0800 ...S S www.q.de (...)(A)(...) Und die Frau H hat sich jetzt durchstellen lassen. Schön, dass Sie mit dabei sind! Sie wissen's auch mit den Heilaussagen, Frau H€(D)Ich weiß Bescheid, wünsche Ihnen zunächst einen wunderschönen dritten Advent.(A)Danke! Ihnen auch!(B)Ebenso, Frau H!(D)Und ich wollte Ihnen, Herr F, etwas erzählen, was Sie vielleicht interessiert.(B)Ja.(D) Ich bin ein bisschen mit den Bronchien; da hab ich Probleme, war beim Lungenfacharzt. Und der sagte, "Also Sie müssen aufpassen, keine Erkältung zu bekommen." Ich sagte ihm, ich bin Weltmeister in grippalen Infekten. Da weiß ich schon nicht mehr, was ich machen kann. Also der gucke mich ziemlich streng über die Brille an und sagte, "Warum nehmen Sie kein S€"(B)Frau H,(D)Ja€(B)jetzt muss ich, so unfreundlich es auch von mir ist, da reingehen, weil, ich erahne, was Sie jetzt fortführen wollen. Nun sind wir hier in Deutschland, so traurig(D)Ich weiß.(B)das ist, wir dürfen keinerlei Verbindung herstellen aus juristischen Gründen von Nahrungsergänzungsprodukten und(D)Ja.(B)den Dingen, die Sie sagen möchten.(D) Herr F, ich gebe ja nur weiter, was ein Arzt mir geraten hat.(B)Ja, aber Frau H, Sie bringen mich in Teufels Küche.(D)Ja! Okay! Ich habe nichts gesagt.(B)Ja! Es ist so.(D)Und der Arzt hat auch nichts gesagt. (B)Meine Freunde(D)Ja.(B)von den Abmahnvereinen; ich hab dort ganz viele Freunde; das sind bestimmte Vereine, die schauen sich jede Sendung an. Und ich hab regelrechte Fan-Club's in diesen Abmahnvereinen,(D)Ja. Also;(B)was mich sehr, sehr freut. Die sitzen jetzt gerade vor dem Fernseher, Frau H, und hören uns beiden zu. Und wenn Sie jetzt weitersprechen, so Klasse ich das find, und das ist ja einer der Gründe, warum ich seit fünf Jahren auch hier stehe, damit es Ihnen wirklich gut geht(D)ja.(B)mit phantastischen Produkten, die bezahlbar sind, aber die schreiben jedes Wort mit. Und wenn ich Sie jetzt nicht unterbreche, und Sie würden weiter reden, dann würde man mir vorwerfen, "Warum haben Sie das geduldet€" So läuft das in Deutschland ab. (D)Okay!(B)Ni!(D)Also ich hab gar nichts gesagt.(B)Es tut mir wirklich leid.(D) Ja, ich versteh's, aber noch was anderes, ich habe gerade die G-Kapseln(B)Ja.(D) mir bestellt, da ich gerade vor acht Wochen ein Ersatzteil bekommen habe in meiner Hüfte. Und da hab ich gedacht: "Ich möchte nen bisschen Nahrung dazuführen, vielleicht ist meine andere Hüfte dann brav und tut nichts mehr."(B)Also das Wohlgefühl konnten Sie positiv unterstützen€(D)Das; ich hab das in die Klinik mitgenommen die R S,(B)Ja.(D)die; das Essen in der Klinik ist nicht gerade so doll. Ich dachte, schaden kann's nicht.(B)Ja.(D) Ich habe den S mitgenommen.(B)Ja. (D) Und, wie gesagt, die Sachen sind jetzt gerade; ich bin vor acht Wochen operiert worden und laufe schon wieder ganz prima und fühle mich sehr, sehr gut. Mein Arzt hat mir gesagt als ich eben mich ihm vorgestellt habe hier, "Waren Sie im Urlaub€" Also ich kann nur sagen, ich hab es prima überstanden.(B)Schön!(D) Und bin nicht gerade mehr die Jüngste.(B)Dazu muss man natürlich; das ist sehr schön, Frau H, dazu muss man natürlich sagen, aufgrund der gesamten therapeutischen Begleitung Ihrer Ärzte natürlich auch. Ni€ (...)4. N V S plus natürl. Calzium ca. 400 Tabletten 160 g
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Linker Bildrand:264 537 N V S plus natürl. Calzium ca. 400 Tabletten 160 g Q PREIS Euro29,75 + Versand Euro5,95 Unterer Bildrand:Q 0800 ...S S www.q.de (...)(A)Die Frau B, die ist jetzt am Telefon. Ich glaub, die Frau B weiß auch, dass Sie nichts verkehrt sagen darf. Und ich sag, herzlich Willkommen am dritten Advent, Frau B!(E)Einen schönen guten Tag Ihr zwei Hübschen!(A)Hallo!(B)Hallo, Frau B!(E) Guten Tag! Also ich weiß, ich darf keine Reklame machen, aber ich mache nur Reklame für mich. Und ich kann sagen, ich bin sehr, sehr zufrieden. Ich hab schon den dritten Maxipack(A)Ja.(E) hier von S. Ich habe die A kapseln,(B)Ja.(E) die G-Kapseln und also fast alles, S. Ich muss das mal so sagen, ich hab viel die Grippe gehabt. Und ich habe jetzt seit zwei Jahren keine Grippe mehr. (B)Frau B, da muss ich,(E)Und das ist; ich weiß, ich darf nichts sagen, aber;(B)da muss ich jetzt, ne, da muss, da muss ich leider reingehen.(E)ja.(B) Das liegt natürlich nicht an den Nahrungsergänzungsprodukten,(E) Doch! (B)sondern, ne, Frau B, es tut mir leid. Wir dürfen keine gesundheitsfördernden Aussagen tätigen(E)Ja! Ja!(B) in Verbindung mit Nahrungsergänzungsprodukten. Sie werden mit Sicherheit ganz viele Dinge dafür tun auch anderweitig wie Bewegung.(E) Nein! (A)Aber ich darf die Frau B mal was fragen€ Würden Sie anderen Zuschauern das empfehlen€ Würden Sie sagen, "Probieren Sie einfach mal die Produkte aus!"(E)Ja! Ja! Ja, auf alle Fälle!(A)Also die Empfehlung würden Sie weitergeben€(E)Auf alle Fälle! Ich muss mal so sagen, mein Mann war ja och erst dagegen gegen alles. Ni€(A)Ja.(E)Jetzt nimmt der alles mit und ich muss nur nachbestellen, weil er genauso viel nimmt wie ich. (...) (...)(B)Wir müssen an dieser Stelle aber noch mal ganz deutlich sagen, natürlich können wir uns nicht hier hinstellen, wir sind auch verpflichtet aus rechtlichen Gründen, das zu sagen, und behaupten, dass unsere Nahrungsergänzungsprodukte dafür Sorge tragen, dass man keine Grippe mehr bekommt, so wie Frau B es gerade gesagt hat. Ni€ Das, dazu sind wir verpflichtet, das dürfen wir nicht sagen. Das hab ich hiermit getan. Liebe Abmahnfreunde, liebe Abmahnvereine in Deutschland, ich hoffe, Sie haben's notiert. (...)Produktpräsentation:N V V VProduktpräsentation:N V L-FProduktpräsentation:N V 250 L-Carnitin Kapseln mit BambusfaserProduktpräsentation:N V C B *** Produktpräsentation:N V E A kapseln mit C *** 5. N V R S mit A-Samen ca. 500 Tabletten 200 g
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Linker Bildrand:266 178 N V R S mit A-Samen ca. 500 Tabletten 200 g Q PREIS Euro34,75 + Versand Euro5,95 Unterer Bildrand:Q 0800 ...S S www.q.de (...)(A)Fit durch den Winter€ Das ist natürlich perfekt. Und die Frau E, die ist schon in der Leitung. Herzlich Willkommen! Auch Ihnen wünschen wir nen schönen dritten Advent!(F)Guten Tag!(A)Hallo!(F) Herzlich; ich möchte mich mal äußern zu S. Ich hab mit dem Herrn F schon mal gesprochen. Das dürfte schon nen Jahr her sein.(B)Ja, erst mal guten Tag, Frau E!(F)(...€) Mein Mann macht viel Sport mit dem Rennrad, geht Joggen und so weiter und lutscht das unterwegs als Energiespender. Ja€ Vielleicht erinnert er sich dran€ Ich weiß es jetzt nicht. Ja€(B)Ich weiß es jetzt auch nicht, Frau E. (F) Ja, also! Und ich wollte mal sagen, noch niemand hat erwähnt die Fingernägel. Die freuen sich auch über diese Ergänzung.(B)Ja, da haben Sie Recht, Frau E.(F) Ja! Die waren früher so klapp und weg und futsch und gesplittert, ja die wachsen wie verrückt.(B)Ja€(F)Ja!(B)Ja.(F)Das wär auch mal nen Fall, den mal erwähnen könnte vielleicht€(B)Ja.(F)Und dann wollte ich noch was sagen.(B)Ja€ (F)Und zwar hab ich einen topp-aktuellen Artikel vor mir liegen. Wenn ich jetzt da nen kleinen Abschnitt vorlese, zwei, drei Sätze, dann unterbrechen Sie mich, wenn ich zu weit gehe.(B)Ne!(A)Frau E, das dürfen wir leider auch hier wieder nicht.(B)Das dürfen wa auch nicht.(F) Da steht nur Nahrungsergänzung, steht nix Spezielles. Als Nahrungsergänzung kann S vor allem bei Kindern irreversible Schäden (...€)(B)Ne, ne, ne, Frau E,(F) vermeiden.(A)Da dürfen wir gar nichts von sagen. Frau E, Entschuldigung, dass wir jetzt da dazwischen gehen.(F) Kann! (A)Dürfen wa wirklich nix sagen, weil(F)Ja, genau, das steht ausdrücklich dran.(A)(...€) die Rechte von den Autoren haben und das ist so'n heikles Thema jetzt von den Aussagen her.(F)Ich wollt, ich wollt eigentlich lediglich Herrn F fragen, ob ich ne Kopie machen soll, ob Sie interessiert wären an diesem ganzen Artikel, weil er topp-aktuell ist€ (...)Produktpräsentation:N V Haut, Haare, Nägel Repairkapseln *** Produktpräsentation:N V SProduktpräsentation:N V S MaxipackProduktpräsentation:N V E A kapseln mit C Berlin, den 08. Januar 2005P GII.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 162,40 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Juli 2005 zu zahlen.
III.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.
IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung hinsichtlich der Unterlassungsgebote I 1 und I 2 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 7.500,€ Euro und hinsichtlich der Kosten und des Zahlungsausspruches in Höhe von 110 % des beitreibbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe (hinsichtlich der Kosten und des Zahlungsausspruches in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages) leistet.
V.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A.
Der Kläger (ein eingetragener Verein, dessen Zweck nach § 2 Abs. 2 seiner Satzung darin besteht, "unlauteren Wettbewerb und Wirtschaftskriminalität im Interesse der Allgemeinheit, der gewerblichen Unternehmen, der freiberuflich Tätigen sowie der Mitglieder zu bekämpfen") nimmt die Beklagte (ein niederländisches Unternehmen, das auf dem Gebiet der Herstellung von Nahrungsergänzungsmitteln tätig ist) wegen einer von dem Sender Q D am 12. Dezember 2004 ausgestrahlten Sendung auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch.
Am 12. Dezember 2004 wurde von dem Fernsehsender Q D zwischen 11 Uhr und 13 Uhr eine mit dem Titel "S S" versehene Sendung ausgestrahlt, in deren Verlauf verschiedene von der Beklagten vertriebene Produkte (darunter auch R S mit A Samen) beworben wurden. An der Sendung nahm neben einer Moderatorin des Fernsehsenders auch der Geschäftsführer der Beklagten teil. Während der Sendung bestand für Zuschauer die Möglichkeit anzurufen und sich telefonisch unmittelbar in die Sendung durchstellen zu lassen. Diesbezüglich wurde während der Sendung mehrfach für eine Dauer von ungefähr 15 Sekunden eine Tafel mit dem nachfolgenden Text eingeblendet:
"Wir sind an Ihren Erfahrungen mit unseren Produkten interessiert. Rufen Sie uns an und sagen Sie uns Ihre Meinung in der laufenden Sendung. Natürlich können Sie uns nur Ihre ganz individuellen Einschätzungen mitteilen. Wir sind verpflichtet darauf hinzuweisen, dass Q auf Meinungsäußerungen von Zuschauern keinen Einfluss nimmt, da sie allein auf persönlichen Erfahrungen beruhen und wissenschaftlich nicht belegt sind. Q macht sich daher Äußerungen Dritter grundsätzlich nicht zu eigen."
Bevor die anrufenden Zuschauer die Gelegenheit erhalten, sich unmittelbar in der laufenden Sendung zu äußern, werden sie von einem Mitarbeiter des Senders darauf hingewiesen, dass sie keine gesundheitsfördernden oder krankheitsbezogenen Aussagen treffen sollen, da dies unzulässig sei.
Während der Präsentation des Produkts "S Maxipack Tabletten" erfolgte ein Anruf der Zuschauerin H, die in einen Dialog mit der Moderatorin und dem Geschäftsführer der Beklagten eintrat. Trotz der zu Beginn des Gesprächs durch die Moderatorin gestellten Frage "Sie wissen's auch mit den Heilaussagen, Frau H€", welche die Anruferin bejahte, erklärte diese zunächst, dass sie unter häufigen grippalen Infekten leide und ihr Lungenfacharzt ihr geraten habe S einzunehmen. Nachdem der Geschäftsführer der Beklagten sie mit den Worten "wir dürften keinerlei Verbindung herstellen aus juristischen Gründen von Nahrungsergänzungsprodukten und den Dingen, ... die Sie sagen möchten" unterbrochen hatte, erklärte sie später, sich wegen einer vor acht Wochen durchgeführten prothetischen Hüftgelenksoperation gerade die "G Kapseln" bestellt zu haben. Darüber hinaus habe sie die R S und den S in die Klinik mitgenommen gehabt und laufe jetzt schon wieder ganz prima. Wegen des genauen Wortlauts wird auf das vom Kläger eingereichte Transkript (Anlage K2, dort Seite 5, 6, wiedergegeben im Tenor Ziff. I 2) verwiesen.
Der Kläger hat zu seiner Klagebefugnis näher ausgeführt und insoweit auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwiesen. Der Kläger hat in der Sache die Auffassung vertreten, die Beklagte habe sich über ihren Geschäftsführer die Aussagen der anrufenden Zuschauer bewusst zu Eigen gemacht. Zumindest habe er sich von deren Aussagen nicht hinreichend distanziert. Die Werbung in Form der Äußerungen der Frau H verstoße gegen die Bestimmung des § 18 Abs. 1 LMBG, da diese Hinweise auf ärztliche Empfehlungen und die Krankengeschichte der Anruferin enthalten habe. Der Anruf sei zudem als Äußerung Dritter im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG zu werten. Darüber hinaus sei die Werbung auch täuschend im Sinne des § 17 Abs. 1 Nr. 5 a LMBG, da den Produkten der Beklagten die von der Zuschauerin beigelegten Wirkungen im Hinblick auf die Vorbeugung bei grippalen Infekten sowie die Unterstützung bei der Rekonvaleszenz nicht zukämen.
Der Kläger hat beantragt,
wie nunmehr erkannt.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Klagebefugnis des Klägers bestritten. Die Beklagte hat in der Sache vorgetragen, sie könne für die Aussagen von Zuschauern während der streitgegenständlichen Sendung der Firma Q nicht verantwortlich gemacht werden. Ihr Geschäftsführer sei lediglich als Gast in eine Verkaufsendung eingeladen gewesen, in welcher die Firma Q eigene Produkte verkauft habe. Seine Anwesenheit habe lediglich dem Zweck gedient, auftretende Fragen der Anrufer beantworten zu können. Zudem setze das Verwenden von Aussagen Dritter voraus, dass diese bewusst und gewollt genutzt würden. Hiervon könne keine Rede sein, zumal er sich von den in Richtung der Krankheitsbezogenheit abzielenden Äußerungen von Zuschauern nicht nur distanziert, sondern die Zuschauer auch unterbrochen habe.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme eines Teils des vom Kläger angefertigten Mitschnitts der Sendung vom 12. Dezember 2004. Wegen des Beweisthemas wird auf dem Beweisbeschluss vom 18. Oktober 2005 (Bl. I 137 der Akten), wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf die Sitzungsniederschrift vom 9. Dezember 2005 verwiesen.
Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Es sei schon fraglich, ob sich die streitgegenständlichen Äußerungen der Frau H gerade auf die in der streitgegenständlichen Sendung beworbenen Produkte bezogen hätten. Jedenfalls aber habe sich der Geschäftsführer der Beklagten hinreichend von diesen Äußerungen distanziert. Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhalts des landgerichtlichen Urteils wird auf dieses Bezug genommen.
Mit seiner Berufung wiederholt und vertieft der Kläger seinen erstinstanzlichen Vortrag. Bereits als erstes Produkt sei in der streitgegenständlichen Sendung das Produkt "N V G-Kapseln" vorgestellt und beworben worden, ebenso am Anfang der Sendung das Produkt S. Beide Produkte hätten durchgehend während der Sendung über die ständig eingeblendete telefonische Bestellhotline und die ebenfalls ständig eingeblendete Internetadresse bestellt werden können.
Der Kläger beantragt,
wie nunmehr erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Der neue Vortrag des Klägers sei verspätet. Auch aus Sicht des Klägers seien die vom Landgericht in Augenschein genommenen Mitschnitte ausreichend und vollständig gewesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
B.
Die Berufung des Klägers ist begründet.
I.
Die Klagebefugnis des Klägers ist gegeben, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.
1.
Das Oberlandesgericht Hamm hat in seinem Urteil vom 24.10.2006 zu 4 U 8/06 die Klagebefugnis des Klägers in einem Parallelverfahren mit einer Tochtergesellschaft der Beklagten nach Beweisaufnahme sowie eingehender und überzeugender Erörterung bejaht. Hierauf und auf den hierzu eingereichten Berichterstattervermerk zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird Bezug genommen (Anlagenkonvolut BB 16, Bl. II 84 ff. d. A.). Auch das OLG Düsseldorf hat sich in seiner Entscheidung vom 27. März 2007 (I € 20 U 118/06) in einem Rechtsstreit zwischen dem Kläger und der Beklagten in vollem Umfang der vorgenannten Entscheidung des OLG Hamm angeschlossen und die Prozessführungsbefugnis des Klägers vorbehaltlos bejaht (OLG Düsseldorf, Umdruck Seite 5 ff; vgl. auch MD 2008, 359).
2.
Maßgeblich für die Feststellung der Prozessführungsbefugnis ist das Freibeweisverfahren (BGH, GRUR 1990, 282, juris Rn. 32 € Wettbewerbsverein IV m. w. N.). Das Urteil des OLG Hamm und der Berichterstattervermerk können deshalb im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden (vgl. BGH, a. a. O., juris Rn. 37). Einer weitergehenden eigenen Beweisaufnahme bedarf es daher insoweit nicht zwingend. Im Rahmen des Freibeweisverfahrens gelten § 355 Abs. 1, § 357 ZPO nicht (Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 56 Rn. 8; Zöller/Greger, a. a. O., § 284 Rn. 4; vgl. auch BGH, NJW 2000, 289, juris Rn. 7, 16).
3.
Darüber hinaus können die vom OLG Hamm in seiner Entscheidung erhobenen grundsätzlichen Bedenken zu einzelnen Teilen der Verfahrensweise des Klägers nicht in vollem Umfange geteilt werden.
a)
Dies gilt zum einen, soweit das OLG Hamm Vergleiche in Ordnungsgeldverfahren grundsätzlich für bedenklich hält (OLG Hamm, a. a. O., juris Rn. 148). Denn auch die Zahlung einer Vergleichssumme direkt an den Gläubiger kann den Schuldner € wie ein Ordnungsgeld € zukünftig von weiteren Verstößen abhalten. Zugleich können bei einem Vergleich die beiderseitigen Risiken eines Erfolges des Vollstreckungsverfahrens angemessen berücksichtigt werden (vgl. hierzu auch Senat, Beschluss vom 23. Mai 2006, 5 W 91/05).
b)
Auch die entgeltliche Gewährung von Aufbrauchsfristen und entgeltliche Vollstreckungsvereinbarungen müssen nicht notwendig ein Indiz sein für ein gezieltes Gewinnstreben des Klägers (stärkere Bedenken tragend insoweit OLG Hamm, a. a. O., juris Rn. 148 und Rn. 152). Dies gilt jedenfalls dann, wenn € wie vorliegend € die eingehenden Gelder zielgerichtet in den Prozesskostenfonds gezahlt werden. Gerade im Hinblick auf die nicht seltenen vom Kläger geführten rechtlich problematischen Gerichtsprozesse ist es immerhin nachvollziehbar, wenn der Kläger versucht, möglichst umfangreiche finanzielle Vorsorge für die Prozessrisiken zu treffen.
4.
Auch die mit der Berufung im Verfahren 5 U 10/08 vorgetragenen Einwendungen der Beklagten geben € soweit sie einen weitergehenden Vortrag enthalten € keinen hinreichenden Anlass, an der Klagebefugnis des Klägers zu zweifeln.
Soweit Rechtsanwalt W aus der Kanzlei B & Partner bei urlaubsbedingter Abwesenheit die Geschäftsführerin des Klägers vertreten haben sollte, ergäbe sich daraus schon im rechtlichen Ansatz kein Indiz für eine unzureichende Ausstattung des Klägers oder für eine unzulässige Vermischung der Verbandstätigkeit des Klägers mit der geschäftlichen Inanspruchnahme dieser Rechtsanwaltskanzlei. Die Beauftragung eines Anwaltsbüros mit der Erledigung von Aufgaben der Geschäftsstelle eines Wettbewerbsvereins kann zulässig sein, wenn dies im Einzelfall zweckmäßig erscheint (BGH, GRUR 1986, 676, 677 € Bekleidungswerk; GRUR 1994, 831, juris Rn. 15 € Verbandsausstattung II). So hat es der BGH in der Entscheidung "Bekleidungswerk" nicht beanstandet, dass der Wettbewerbsverein nach einer fünf Jahrzehnte langen Tätigkeit mit einer eigenen Geschäftsstelle (in der der Wettbewerbsverein zahlreiche höchstrichterliche Entscheidungen zum Wettbewerbsrecht herbeigeführt hatte) seine Geschäftsführung aus Zweckmäßigkeitsgründen einem Anwaltsbüro mit umfangreichen Erfahrungen im Wettbewerbsrecht übertragen hatte (bestätigt in BGH, GRUR 1994, 831, juris Rn. 15 € Verbandsausstattung II). Begründet schon die gesamte Übertragung der Tätigkeit der Geschäftsstelle auf ein Anwaltsbüro kein hinreichendes Indiz für eine unzureichende Ausstattung oder eine Vermischung von Interessen, so gilt dies vorliegend umso mehr für bloße Urlaubsvertretungen. Der Kläger ist seit Jahrzehnten ohne durchgreifende Beanstandungen als Wettbewerbsverein tätig und hat ebenfalls zahlreiche höchstrichterliche Entscheidungen zum Wettbewerbsrecht herbeigeführt: Dass die Geschäftsführerin des Klägers dessen Prozessbevollmächtigten "treu und seinen Weisungen folgend ergeben" sei und sie die Geschäftsberichte des Klägers nicht eigenverantwortlich anfertigen würde, wird nur substanzlos behauptet.
Wenn der Kläger den Versuch unternommen hatte, sich gegen Überprüfungen seiner Mitgliederliste durch Verfahrensbevollmächtigte von gegnerischen Prozessparteien zu wehren, hat er insoweit einen auch ihm zuzugestehenden gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch genommen und hierzu eine gerichtliche Klärung herbeigeführt. Dies muss ihm unbenommen bleiben.
Soweit abgemahnte Unternehmen dem Kläger beigetreten sein sollten in der Erwartung, zukünftig wettbewerbsrechtlich vom Kläger nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, kann eine solche Erwartungshaltung einzelner Mitglieder dem Kläger nicht entgegengehalten werden. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in einem erheblichen Umfang Mitglieder verschonen und in gleichartigen Fällen nur gegen deren Konkurrenten rechtlich vorgehen würde, sind weder konkret vorgetragen noch sonst ersichtlich. Insbesondere ist nicht (jedenfalls nicht über einen Einzelfall hinausgehend) erkennbar, wer wann seitens des Klägers Nichtmitgliedern eine Mitgliedschaft mit welcher konkreten Zusage angedient haben soll, dass diese im Fall einer Mitgliedschaft nicht mehr mit Abmahnungen rechnen müssten. Wenn der Kläger seine Mitglieder nicht sogleich und in jedem Fall mit dem scharfen wettbewerbsrechtlichen Instrument einer förmlichen Abmahnung überzieht, sondern er zuvor etwa den Versuch einer einvernehmlichen Abhilfe unternehmen würde, wäre dies nicht sachwidrig und es würde die Prozessführungsbefugnis des Klägers unberührt lassen. Darüber hinaus hat das OLG Hamm in der o. g. Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger nach seiner Finanzstruktur nicht darauf angewiesen sei, auf einen Mitgliederfang der in Rede stehenden Art auszugehen (a. a. O., juris Rn. 163). Mit einer solchen Verschonung würden sich die Prozessbevollmächtigten des Klägers darüber hinaus auch teilweise um die von der Beklagten vorgetragene "Einnahmequelle" bringen.
Ebenso unbedenklich ist es, wenn der Prozessbevollmächtigte des Klägers in allgemeiner Form versuchen sollte, Mitglieder für den Kläger zu gewinnen.
Dass nach der Satzung des Klägers im Falle seiner Auflösung die Abwicklung seiner Rechtsgeschäfte durch einen aus der Kanzlei seiner Prozessbevollmächtigten zu bestellenden Anwalt geschehen soll, ist hinsichtlich der Prozessführungsbefugnis des Klägers ebenfalls unbedenklich. Denn es ist sachgerecht, als Treuhänder einen Anwalt einzuschalten, der das Vertrauen des Klägers genießt und der mit den Verhältnissen des Klägers vertraut ist.
Hinsichtlich der (die Protokolle zu den Sendemitschnitten schreibenden) Frau G hat das OLG Hamm in der oben genannten Entscheidung zutreffend eine generelle Verfahrensweise des Klägers verneint.
Dass der Kläger bis Ende der 90er Jahre Richtern Honorare für die bloße Übersendung von Urteilen zum Abdruck in seiner Zeitschrift "Magazindienst" auch dann gezahlt habe, wenn diese Urteile in den Kläger betreffenden Verfahren ergangen sind, hat die Beklagte nicht hinreichend dargetan. Wenn der Kläger für die Übersendung von mit Leitsätzen versehenen Urteilen (die im Rahmen der gebotenen Gleichbehandlung notwendig allen fachlich in Betracht kommenden Publikationsorganen zur Verfügung gestellt werden müssen) eine geringe Auslagenentschädigung im Rahmen des Üblichen zahlt (so auch an einzelne Mitglieder des Senats), berührt auch dies die Prozessführungsbefugnis des Klägers nicht.
5.
Im Übrigen hat der BGH in mehreren jüngeren Entscheidungen die Klagebefugnis des Klägers bejaht (BGH, WRP 2008, 1513, Tz. 1, 15 € MobilPlus-Kapseln; GRUR 2009, 75, Tz. 1, 11 € Priorin; GRUR 2009, 179, Tz. 2, 5, 11 € Konsumentenbefragung II; WRP 2009, 300, Tz. 2 € Erfokol-Kapseln). Dies hat auch deshalb besondere Bedeutung, weil das Revisionsgericht in Abweichung von § 559 Abs. 1 ZPO selbständig feststellt, ob die Voraussetzungen für die Klagebefugnis eines Klägers erfüllt sind (vgl. BGH, GRUR 2007, 610, Tz. 14 € Sammelmitgliedschaft V, m. w. N.).
II.
Der Kläger hat vorliegend nicht missbräuchlich i. S. d. § 8 Abs. 4 UWG gehandelt. Auch insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungen des OLG Hamm (a. a. O., juris Rn. 118) und des OLG Düsseldorf (Umdruckseite 6 f.) verwiesen werden. Die verschiedenen eigenständigen Verfahren gegen die Beklagte, ihre deutsche Tochtergesellschaft und den Veranstalter der Werbesendung sind schon deshalb gerechtfertigt, weil hinsichtlich dieser Parteien jeweils unterschiedliche Prozessrisiken bestanden (Beklagte als Gesellschaft mit Sitz im Ausland, Verantwortlichkeit des Veranstalters einerseits und des Geschäftsführers der Beklagten als sogenannter "Gast" andererseits).
III.
Die Berufung des Klägers ist hinsichtlich seines Unterlassungsantrages 1 a (I. 1. des Tenors) begründet, § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG (alter Fassung 2004/neuer Fassung 2008) i. V. m. § 18 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 LMBG a. F. (Werbung vom 12.12.2004) bzw. i. V. m. § 12 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 LFGB n. F. (krankheitsbezogene Angabe, ärztliche Empfehlung).
1.
Eine Werbung der Beklagten liegt mit der streitgegenständlichen Sendung vor.
Zwar ist die Fernsehsendung vom Unternehmen Q D veranstaltet worden. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob Q D die beworbenen Produkte selbständig verkauft oder den Verkauf durch die Beklagte nur vermittelt hat.
Es sind vorliegend in der Fernsehsendung Produkte der Beklagten beworben worden. Der Geschäftsführer der Beklagten hat an dieser Werbesendung teilgenommen, und zwar aktiv durch eigenständige Wortbeiträge und als Repräsentant des Herstellers. Damit ist die Fernsehsendung zugleich auch eine Werbeveranstaltung der Beklagten (so schon OLG Hamm, OLGR Hamm 2006, 52, juris Rn. 29; ebenso OLG Hamm, Urteil vom 24.10.2006, 4 U 8/06, juris Rn. 174).
Darüber hinaus hat die Beklagte jedenfalls nach den Grundsätzen der Teilnahmehaftung für die Werbung der Q D einzutreten (vgl. hierzu auch OLG Hamburg, MD 2007, 554, 560). Die aktive Beteiligung des Geschäftsführers der Beklagten stellt insoweit eine Beihilfehandlung dar. Der Geschäftsführer der Beklagten wusste um das gesamte Konzept. Ihm war es möglich, jederzeit auf den Inhalt der Sendung durch eigene Stellungnahmen (etwa Distanzierungen) Einfluss zu nehmen. Die Beklagte war jedenfalls durch den Produktabsatz mit der Q D vertraglich verbunden und hätte schon deshalb auch rechtlich möglich und zumutbar den Ablauf der Sendungen beeinflussen können und müssen, zumal ihr Geschäftsführer bei den Sendungen € auf welcher konkreten rechtlichen Grundlage auch immer € anwesend sein konnte.
2.
Die beworbenen Produkte sind Lebensmittel (Nahrungsergänzungsmittel).
Dass auch das Produkt "S" der Beklagten vor dem Telefonanruf der Zuschauerin H Gegenstand der hier in Rede stehenden Fernsehsendung war, hat die Beklagte zweitinstanzlich nicht konkret in Abrede gestellt. Der Kläger hat im einzelnen vorgetragen, dass und wie dieses Produkt zu Beginn der Sendung vorgestellt und beworben wurde und dass dieser Teil der Sendung nicht Gegenstand der Inaugenscheinnahme des Landgerichts war. Ein solcher nicht hinreichend bestrittener Vortrag kann prozessual nicht als verspätet behandelt werden, zumal das Landgericht dem Kläger insoweit ersichtlich nicht einen rechtlichen Hinweis auf die Bedeutung dieser Umstände gegeben hatte.
3.
Die streitgegenständliche Äußerung der Zuschauerin H betraf unzweideutig eine Krankheit (grippale Infekte) i. S. v. § 18 Abs. 1 Nr. 2 LMBG/§ 12 Abs. 1 Nr. 2 LFGB, zumal das Werbeverbot nicht nur dann eingreift, wenn eine bestimmte Krankheit konkret benannt wird, sondern auch dann, wenn die beschriebenen Symptome entweder für sich betrachtet einen eindeutigen Krankheitsbezug aufweisen oder wenn sie so deutlich sind, dass zumindest ein erheblicher Teil der Verbraucher sie ohne weiteres mit einer bestimmten Erkrankung verbindet (BGH, GRUR 1998, 493, juris Rn. 16 € Gelenk-Nahrung).
Die von der Zuschauerin zitierte Äußerung ihres Arztes "Warum nehmen Sie kein S€" stellt in ihrem Zusammenhang ebenso zwanglos die Wiedergabe einer ärztlichen Empfehlung im Sinne der vorgenannten Vorschriften dar. Damit ist zugleich auch eine Aussage verbunden, die sich auf die Verhütung einer Krankheit bezieht im Sinne dieser Vorschriften.
4.
Diese ärztliche Empfehlung bzw. die Aussage zur Verhütung einer Krankheit ist von der Beklagten in ihrer Werbung "verwendet" worden. Dies würde selbst dann gelten, wenn S ansonsten in der Sendung nicht beworben worden wäre (was aber € wie erörtert € hier sogar der Fall war).
a)
Der Begriff der Verwendung gesundheitsbezogener Äußerungen Dritter im Bereich der Werbung für Lebensmittel setzt nicht voraus, dass sich der Werbende deren Aussageinhalt zu Eigen macht. Es reicht vielmehr aus, dass solche zur Werbung geeigneten Äußerungen Dritter im Rahmen einer Werbung unmittelbar wiedergegeben oder zitiert werden oder dass bloß auf sie hingewiesen wird, wenn die Äußerungen in einer Weise mit der Werbung verbunden sind oder werden, dass aus der Sicht des Verbrauchers ernsthaft der Eindruck entstehen kann, das gerade beworbene Mittel könne die vom Dritten angesprochene Krankheit verhüten. Auch dann besteht nämlich die Gefahr, dass der Selbstmedikation Vorschub geleistet wird, was die Vorschrift verhindern will (vgl. BGH, a. a. O., Gelenk-Nahrung, juris Rn. 16). Dabei ist es nicht entscheidend, ob der Werbende bei der Verwendung der Drittaussagen geplant und zielgerichtet vorgeht. Eine Wertung oder Einordnung der Äußerung braucht der Werbende selbst dabei nicht vorzunehmen. Der Werbende braucht unter Umständen noch nicht einmal aktiv zu werden. Es kann im Rahmen einer Fernsehwerbesendung mit Zuschauerbeteiligung genügen, wenn der Werbende es geduldet hat, dass im Rahmen einer reklamehaften Anpreisung seiner Produkte in dieser Sendung Werbeaussagen von anrufenden Zuschauern so einbezogen werden, dass bei den zuschauenden Verbrauchern der Eindruck entsteht, diese Werbeaussagen seinen Teil der zu vermittelnden Werbeinformation (OLG Hamm, OLGR Hamm 2006, 52, juris Rn. 33, 34; OLG Hamm, Urteil vom 24.10.2006, 4 U 8/06, juris Rn. 175; OLG Düsseldorf, MD 2008, 359, 360).
Überall dort, wo die Gesundheit in der Werbung ins Spiel gebracht wird, sind besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Aussagen zu stellen (st. Rspr. des BGH; BGH, GRUR 2002, 182, juris Rn. 44 m. w. N. € Das Beste jeden Morgen).
b)
Das Sendeformat der vorliegenden Werbesendung war darauf angelegt, Zuschauer zu krankheitsbezogenen telefonischen Äußerungen zu "animieren".
Während der Sendung werden die Zuschauer wiederholt mit eingeblendeten Texten dazu aufgefordert, ihre Erfahrungen mit den beworbenen Produkten telefonisch in der laufenden Sendung wiederzugeben. Vorliegend geht es um Nahrungsergänzungsmittel, also Lebensmittel, bei denen der Geschmack € wie dies an sich typisch für Lebensmittel im Allgemeinen wäre € keine Rolle spielt. Dazu werden daher die hier angesprochenen Zuschauer auch nicht mit eigenen Erfahrungen beitragen können. Auch zu etwaigen physiologischen und biochemischen Auswirkungen der Nahrungsergänzungsmittel und zu deren etwaigen wissenschaftlichen Hintergründen werden die angesprochenen Zuschauer in aller Regel nichts sagen können. Wenn ein Zuschauer sich von den Einblendungen der Texte angesprochen fühlt, dann wird er sich regelmäßig nicht nur banal zu seinem Wohlbefinden äußern wollen. Ein Mitteilungsbedürfnis ist häufig gerade dann gegeben, wenn ein Zuschauer glaubt, besondere, eher außergewöhnliche Erfahrungen mit dem Produkt gemacht zu haben. Die Animation telefonischer Äußerungen der Zuschauer fordert deshalb Bezugnahmen auf jedenfalls vermeintliche Beeinflussungen von Erkrankungen geradezu heraus. Dies muss den Veranstaltern der Werbesendung von vornherein bewusst gewesen sein und die häufigen dahingehenden Äußerungen der Zuschauer machten dies ebenso deutlich.
Unter diesen Umständen haben die Veranstalter der Werbesendung mit den animierten Telefonanrufen der Zuschauer wettbewerbsrechtlich eine Gefahrenquelle eröffnet. Es oblag ihnen daher im Rahmen ihrer Verkehrspflicht (vgl. BGH, GRUR 3007, 890, TZ. 22 ff, 36 ff € Jugendgefährdende Medien bei eBay; Köhler in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 8 Rn. 2.5 b), aktiv krankheitsbezogenen Äußerungen der Zuschauer wirksam entgegenzutreten.
c)
Die eingeblendeten Texte auf den Tafeln konnten die Beklagte nicht entlasten, auch soweit sie darauf hinwiesen, die Meinungsäußerungen von Zuschauern beruhten allein auf persönlichen Erfahrungen, seien wissenschaftlich nicht belegt und Q würde sich diese Äußerungen grundsätzlich nicht zu Eigen machen. Die Zuschauer verstehen dies als rein formalen Hinweis, dem sie regelmäßig keine größere Bedeutung beimessen. Selbst die Wendung "grundsätzlich nicht zu eigen machen" enthält schon eine Relativierung ("grundsätzlich"). Letztlich kommt es auch aus der Sicht des Zuschauers immer auf die konkrete Reaktion der in der Werbung Handelnden auf die telefonischen Äußerungen an.
d)
Ungenügend sind ebenfalls die von der Beklagten behaupteten telefonischen Belehrungen der anrufenden Zuschauer vor deren Durchstellung in die Sendung (vgl. OLG Düsseldorf, MD 2008, 359). Hat sich ein Zuschauer aufgrund des oben umschriebenen Mitteilungsbedürfnisses zu einem Anruf (und dabei zu einer krankheitsbezogenen Äußerung) entschlossen, dann wird er diese Belehrung häufig unbeachtet lassen. Denn andernfalls könnte er sich regelmäßig gar nicht mehr gehaltvoll telefonisch zu den Produkten äußern. Im Übrigen drohen ihm erkennbar auch keinerlei Nachteile. Dies gilt umso mehr, wenn sich der Moderator der Sendung und der Geschäftsführer der Beklagten jeweils sehr verständnisvoll zu derartigen Überschreitungen der anrufenden Zuschauer äußern und dabei das gesetzliche Verbot krankheitsbezogener Äußerungen eher ironisch begleiten, es damit marginalisieren und letztlich € augenzwinkernd € in sein Gegenteil verkehren.
e)
55Äußern sich anrufende Zuschauer krankheitsbezogen, dann ist es nach den vorstehend aufgezeigten Umständen notwendig, dass sich die für die Sendung Verantwortlichen in jedem Einzelfall ausdrücklich, unmissverständlich und ernsthaft von diesen Äußerungen distanzieren, und zwar ohne jeden verharmlosenden Zusatz. Dabei muss zum Ausdruck kommen, dass sie sich mit ihrer Distanzierung nicht nur einem formaljuristischen Verbot beugen, sondern sie müssen aus eigenem Wissen und Wollen den Krankheitsbezug in Abrede stellen. Widerspräche dies ihrer eigenen Überzeugung, dann müsste das Konzept der Sendung verändert werden, jedenfalls durch eine hinreichende zeitliche Verzögerung der Ausstrahlung, um krankheitsbezogene Äußerungen anrufender Zuschauer von vornherein ausscheiden zu können. Darüber hinaus müssen anrufende Zuschauer sofort unterbrochen werden, sobald ein Krankheitsbezug der Äußerung erkennbar wird. Dies mag unhöflich erscheinen und im Hinblick auf die Werbewirkung der Sendung für die Veranstalter unerwünscht sein. Derartiges muss aber im Zusammenhang mit der Verhinderung von Verstößen gegen gesetzliche Vorschriften zurückstehen.
f)
Diesen Anforderungen ist der Geschäftsführer der Beklagten hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Äußerungen der Zuschauerin H nicht gerecht geworden.
Er hat nur auf ein formaljuristisches Verbot hingewiesen. Dies ist durch den Zusatz "so traurig ... das ist" verharmlost und geradezu in sein Gegenteil verkehrt worden. Der unbefangene Zuschauer gewinnt nämlich den Eindruck, an sich sei die verbotene Äußerung wahr und deshalb sei es traurig, dass das Verbot bestehe. Mit seinen weiteren Ausführungen zu seinen "ganz vielen Freunden" und "regelrechten Fan-Clubs" "in diesen Abmahnvereinen" vertieft der Geschäftsführer der Beklagten diesen Eindruck noch. Darüber hinaus bezieht der Geschäftsführer der Beklagten das juristische Verbot gar nicht konkret auf die zuvor von der Zuschauerin berichtete ärztliche Empfehlung. Nach seinen eigenen Worten hat er die Zuschauerin nur deshalb unterbrochen ("muss ich ... da reingehen"), "weil ich erahne, was sie jetzt fortführen wollen ..." Damit fehlt es schon an einem ausdrücklichen Bezug zu der vorangegangen berichteten ärztlichen Empfehlung. Auch hat der Geschäftsführer der Beklagten die anrufende Zuschauerin nicht rechtzeitig unterbrochen. Dies hätte vorliegend schon nach der Erklärung der Frau H "Ich bin ein bisschen mit den Bronchien" geschehen können und müssen, jedenfalls nach dem Zusatz "da hab ich Probleme, war beim Lungenfacharzt". Nach diesen Äußerungen musste es sich aufdrängen, dass diese anrufende Zuschauerin einen Krankheitsbezug zu den beworbenen Produkten herstellen könnte und würde.
5.
§ 18 Abs. 1 LMBG bzw. § 12 Abs. 1 LFGB sind gesetzliche Vorschriften, die auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, § 4 Nr. 11 UWG (BGH, WRP 2008, 1513, TZ. 25 m. w. N. € Mobilplus-Kapseln; OLGR Hamm, a. a. O., juris Rn. 27; OLG München, GRUR-RR 2006, 139, juris Rn. 57).
6.
Die Empfehlung für das beworbene Nahrungsergänzungsmittel bzw. die diesbezügliche Aussage zur Beseitigung einer Krankheit begründet erhebliche Gefahren einer Selbstmedikation. Es ist nahe liegend, dass die von der Werbung angesprochenen, durch die genannte Krankheit gefährdeten Verbraucher zu dem Lebensmittel greifen, weil sie es für ein ausreichendes und Erfolg versprechendes Mittel zur Selbstheilung ihrer Krankheit ansehen. Deshalb liegt vorliegend auch kein nur unerheblicher Verstoß vor (vgl. auch OLGR Hamm, a. a. O., juris Rn. 27; OLG München, a. a. O., juris Rn. 59; BGH, WRP 2005, 1161, 1163 € Atemtest; OLG Düsseldorf, a. a. O., Umdruck Seite 10).
7.
Verfassungsrechtliche Bedenken stellen sich nicht. Das Verbot der krankheitsbezogenen Werbung ist durch ganz erhebliche Interessen der Allgemeinheit, insbesondere die Gesundheit der Bevölkerung gerechtfertigt und kann deshalb die Grundrechte der Gewerbetreibenden aus Art. 5 und Art. 12 GG einschränken (OLGR Hamm, a. a. O., juris Rn. 38).
8.
Deshalb stehen auch europarechtlich Art. 28 und Art. 30 EGV nicht entgegen.
a)
§ 18 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 LMBG bzw. § 12 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 LFGB entsprechen europarechtlichen Vorgaben (Art. 2 Abs. 1 b, Abs. 3 b der Etikettierungs-Richtlinie 2000/13/EG; Art. 8 c der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts; Art. 6 Abs. 2 der Nahrungsergänzungsmittel-Richtlinie). Nach diesen Vorschriften sind alle Angaben verboten, die sich auf menschliche Krankheiten beziehen, unabhängig davon, ob sie den Verbraucher irreführen können (EuGH, GRUR Int. 2003, 550, Tz. 35 € Kommission gegen Republik Österreich; GRUR Int. 2004, 1016, Tz. 36 € Douwe Egberts; Jung, WRP 2007, 389, 391). Insoweit unterscheidet der EuGH ausdrücklich die (abstrakt generell verbotene) Werbung mit krankheitsbezogenen Angaben von der (nur bei einer konkreten Irreführung verbotenen, also mit einem dem Werbenden vorbehaltenen Wahrheitsbeweis ausgestatteten) Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben und er billigt damit auch diese Differenzierung.
Soweit der EuGH in der Entscheidung Douwe Egberts eine konkrete Gefahr der Irreführung der Verbraucher gefordert hat (Tz. 42), betraf dies nur gesundheitsbezogene Angaben (Schlankerwerden) und € wie auch der EuGH ausdrücklich feststellt € gerade keine Angaben, die sich auf menschliche Krankheiten beziehen (Tz. 40).
b)
Wenn das OLG Karlsruhe in einer vereinzelt gebliebenen Entscheidung (ZLR 2006, 290, juris Rn. 18 ff.; zustimmend wohl Bornkamm, a. a. O., § 5 Rn. 4.182 a) in einer seine Entscheidung nicht tragenden Begründung § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB im Hinblick auf europarechtliche Vorgaben restriktiv auslegen und die konkrete Gefahr einer Irreführung fordern will, ist dies schon wegen der vorgenannten Entscheidungen des EuGH nicht überzeugend. Da die Gefahren für die Verbraucher bei nur gesundheitsbezogenen Angaben deutlich geringer sind als die Gefahren bei krankheitsbezogenen Angaben (bei gesundheitsbezogenen Angaben bleibt im Fall einer konkreten Irreführung nur eine Stärkung der Gesundheit aus und der Verbraucher erleidet einen finanziellen Verlust; bei krankheitsbezogenen Angaben besteht die Gefahr einer Verzögerung der effektiven Krankheitsbehandlung), erscheint durchaus eine rechtliche Differenzierung zwischen diesen beiden Angaben sachgerecht. Das hohe Schutzgut der Gesundheit der Bevölkerung kann dann ausnahmsweise ein abstrakt generelles Verbot rechtfertigen. Dies entspricht auch einer notwendigen richtlinienkonformen Auslegung gem. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/13/EG (OLG Hamburg, MD 2009, 439, juris Rn. 107 ff.). Diese Norm unterscheidet in lit. a) Irreführungsgefahren (insbesondere hinsichtlich der Angaben von Wirkungen oder Eigenschaften usw. von Lebensmitteln) von dem in lit. b) geregelten Verbot einer Werbung mit Krankheitsbezug (ohne in dieser Regelung eine Irreführungsgefahr zu fordern). Im Übrigen fehlte es vorliegend auch an einem substantiierten Vortrag der Beklagten zu den tatsächlichen Wirkungen der beworbenen Produkte und einem angetretenen Wahrheitsbeweis.
c)
Gemäß Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 betreffend nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel sind nunmehr zwar Angaben über die Verringerung eines Krankheitsrisikos in der Werbung nicht mehr generell untersagt. Sie werden jetzt als Unterfall gesundheitsbezogener Angaben verstanden, Art. 10 Abs. 1, Art. 14 dieser Verordnung. Die Regelung in Art. 14 dieser Verordnung ist "ungeachtet des Art. 2 Abs. 1 b" der Etikettierungs-Richtlinie 2000/13/EG ergangen, Art. 14 Abs. 1 dieser Verordnung. Daraus folgt in systematischer Auslegung, dass es bei der Grundregel des weitgehenden Verbots der krankheitsbezogenen Werbung in Art. 2 Abs. 1 b der Etikettierungs-Richtlinie bleiben soll. Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 eröffnet als Ausnahme von dieser Grundregel für den Teilbereich der Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos die rechtliche Möglichkeit derartiger Angaben nach Maßgabe der weiteren Anforderungen dieser Verordnung (Meisterernst/Haber, WRP 2007, 363, 380).
Vorliegend geht es schon nicht nur um eine bloße (vorbeugende) Reduzierung eines Krankheitsrisikos, sondern um das Versprechen einer Heilung einer Krankheit.
Darüber hinaus unterliegen alle gesundheitsbezogenen Angaben im Sinne der Art. 13, Art. 14 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, d. h. sie sind verboten, sofern sie nicht den Anforderungen dieser Verordnung entsprechen. Weiterhin müssen sie zugelassen und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß Art. 13 und Art. 14 aufgenommen sein, Art. 14 Abs. 1 dieser Verordnung. Die Aufnahme in die Liste gemäß Art. 20 Abs. 2 c dieser Verordnung ist demnach konstitutiv, d. h. vor Veröffentlichung gemäß Art. 20 Abs. 3 dieser Verordnung darf von der betreffenden gesundheitsbezogenen Angabe kein Gebrauch gemacht werden (Meisterernst/Haber, WRP 2007, 363, 377). Dass hinsichtlich der hier in Rede stehenden grippalen Infekte und des streitgegenständlichen Produktes eine Listen-Veröffentlichung erfolgt wäre, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch eine Übergangsregelung kommt insoweit zu Gunsten der Beklagten nicht in Betracht. Für Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos im Sinne des Art. 14 dieser Verordnung fehlen Übergangsvorschriften, da der Verordnungsgeber davon ausging, dass diese bislang als krankheitsbezogene Werbung unzulässig waren (Meisterernst/Haber, WRP 2007, 363, 387).
IV.
Die Berufung des Klägers ist auch hinsichtlich des Unterlassungsantrages 1 b (I. 2. des Tenors, "Hüftoperation ... laufe schon wieder ganz prima ...") begründet, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 18 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 1 LMBG bzw. § 12 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 1 LFGB (empfehlende Äußerungen Dritter mit einem Krankheitsbezug bzw. Aussagen zur Linderung und Beseitigung von Krankheiten).
1.
Auch die weitere telefonische Äußerung der Zuschauerin H bezieht sich auf eine Erkrankung (Heilung nach einer Hüftoperation). Wenn die Zuschauerin berichtet, sie habe die "R S" und den "S" in die Klinik mitgenommen und "die Sachen sind jetzt gerade; ich bin vor acht Wochen operiert worden und laufe schon wieder ganz prima ... Mein Arzt hat mir gesagt ... Waren sie im Urlaub€", so verbindet die Zuschauerin den überraschend guten Heilungsverlauf mit der Einnahme der beiden oben genannten Produkte. Es ist für den unbefangenen Zuschauer auch nicht erkennbar, warum Frau H dies sonst in der streitgegenständlichen Werbesendung mitgeteilt haben sollte. Damit empfiehlt sie die Einnahme dieser Produkte zur Beeinflussung eines Krankheitsverlaufs, § 18 Abs. 1 Nr. 4 LMBG bzw. § 12 Abs. 1 Nr. 4 LFGB. Zugleich liegt darin auch eine Aussage, die sich auf die Linderung und Beseitigung von Krankheiten bezieht, § 18 Abs. 1 Nr. 1 LMBG bzw. § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB.
2.
Es fehlt hier ebenso an einer hinreichenden Distanzierung durch den Geschäftsführer der Beklagten.
Er unterstützt die vorgenannte Äußerung, wenn er sie mit der Wendung "Schön! ... das ist sehr schön" kommentiert. Der weitere Zusatz "... dazu muss man natürlich sagen, aufgrund der gesamten therapeutischen Begleitung ihrer Ärzte natürlich auch. Ni€" schwächt die Empfehlung zwar etwas ab, lässt sie im Wesentlichen aber bestehen ("natürlich auch"), weil die therapeutische Begleitung durch die Ärzte nur als ein weiterer Umstand angesprochen wird.
3.
Die weiteren Ausführungen zu oben III. gelten hier sinngemäß entsprechend.
V.
Der Zahlungsantrag (Abmahnkosten in Höhe von 162,40 Euro) ist begründet.
1.
Der Zahlungsanspruch in Form einer Kostenpauschale folgt dem Grunde nach aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG und § 683 S. 1, §§ 677, 670 BGB (BGH, WRP 2008, 1513, TZ. 27 € MobilPlus-Kapseln; Bornkamm, a. a. O., § 12 Rn. 1.98). Da der Kläger insoweit anteilige Rechtsanwaltskosten herausgenommen hat (vgl. hierzu BGH, GRUR 1990, 282, juris Rn. 47 € Wettbewerbsverein IV; Bornkamm, a. a. O., § 12 Rn. 1.97), ist der Zahlungsanspruch dem Grunde und der Höhe nach schlüssig dargetan (vgl. Senat, WRP 1986, 384; WRP 1991, 304; Bornkamm, a. a. O., § 12 Rn. 1.98). Der BGH hat eine Abmahnungskostenpauschale des Klägers in Höhe von 139,20 Euro für eine Abmahnung aus 2002 auch der Höhe nach als gerechtfertigt angesehen (BGH, a. a. O., MobilPlus-Kapseln, TZ. 6, 27).
2.
Der Senat schätzt die Höhe der Abmahnpauschale gem. § 287 Abs. 2 ZPO (vgl. hierzu auch Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Auflage, Kapitel 41 Rn. 94 m. w. N.) auf den vom Kläger begehrten Betrag. Dieser fügt sich in die regelmäßig dem Kläger zuerkannten Erstattungen ein. Das Landgericht Essen hat in seiner Entscheidung vom 21.12.2005 (44 O 17/05, Anl. BB 1, Umdruck Seite 36 f.) nach einer Beweisaufnahme (schriftliche Bekundung der Zeugin L) diesen Betrag für eine Abmahnung des Klägers aus dem Jahr 2005 zuerkannt. Konkrete Beanstandungen hat die Beklagte nicht erhoben, auch nicht auf den Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung zu einer entsprechenden Schätzung gem. § 287 ZPO.
3.
Der Zinsanspruch folgt aus § 291 S. 1, S. 2 BGB i. V. m. § 288 Abs. 1 S. 2 BGB.
VI.
Die Nebenentscheidungen zu den Kosten und zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 91 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung folgt den höchstrichterlichen Grundsätzen zur Gesundheitswerbung bei Lebensmitteln und sie steht im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung zu den hier streitgegenständlichen Werbesendungen (vgl. dazu schon OLGR Hamm, a. a. O., juris Rn. 40; OLG Düsseldorf, a. a. O., Seite 361). Dies gilt ebenso hinsichtlich der erörterten Entscheidung des OLG Karlsruhe (III 8 b). Ungeachtet des vorliegend beanstandeten unzureichenden Vortrags der Beklagten beruhte die Entscheidung des OLG Karlsruhe auch nicht in entscheidungserheblicher Weise auf dem von ihm aufgestellten abstrakten Rechtssatz des Erfordernisses einer konkreten Irreführungsgefahr. Das OLG Karlsruhe hatte in seiner Entscheidung bereits einen Verstoß gemäß § 11 Abs. 1 LFGB bejaht und sich zu § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB nur im Übrigen geäußert (vgl. OLG Hamburg, MD 2009, 439, juris Rn. 121).
KG:
Urteil v. 01.12.2009
Az: 5 U 8/06
Link zum Urteil:
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