Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 23. Januar 1998
Aktenzeichen: 6 U 65/97
(OLG Köln: Urteil v. 23.01.1998, Az.: 6 U 65/97)
Die in einer "Eintragungsofferte" für ein Verzeichnis von Messeausstellern beispielhaft verwendete Angabe: "Pop Komm in Köln..." stellt keine Verletzung der prioritätsälteren Marke "POPKOMM" dar; es handelt sich vielmehr um eine nach § 23 MarkenG zulässige beschreibende Angabe.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27. Februar 1997 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Land- gerichts Köln - 81 O 177/96 - abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat die Klägerin zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die mit diesem Urteil für die Klägerin verbundene Beschwer wird auf DM 50.000.- festgesetzt.
Gründe
Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung der Beklagten
ist nicht nur insgesamt zulässig, sondern auch in der Sache
erfolgreich.
Das Rechtsmittel führt zu der aus der Urteilsformel
ersichtlichen Abänderung des erstinstanzlichen Urteils, weil der
Klägerin der mit der Klage geltend gemachte Unterlassungsanspruch
unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zusteht. Das gegen die
konkrete Verwendung der Angabe "P." in der "Eintragungsofferte" der
Beklagten vom 18. September 1996 gerichtete Unterlassungsbegehren
der Klägerin läßt sich weder aus den hier in Betracht zu ziehenden
einschlägigen markenrechtlichen Vorschriften der §§ 4, 5, 14, 15
MarkenG, noch aus den allgemeinen Bestimmungen des Namensschutzes
gem. §§ 12, 1004 BGB herleiten.
Soweit die Klägerin den Unterlassungsanspruch auf eine
angebliche Verletzung ihrer an der Marke 395 17 554 "P.."
bestehenden Rechte gründen will, scheitert das.
Dabei kann es von vorneherein offenbleiben, ob die angegriffene
Verwendung der Angabe "P." im vorbezeichneten Schreiben der
Beklagten eine unter den hier in Betracht kommenden
Unterlassungstatbestand der §§ 4 Nr. 1, 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr.
3, Abs. 5 MarkenG fallende Verletzungshandlung darstellt bzw. ob
hierfür ein markenmäßiger Gebrauch des für die Klägerin geschützten
Zeichens zu fordern ist. Dieser Frage kommt im Streitfall keine
entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Denn selbst unterstellt, die
markenrechtlichen Unterlassungstatbestände des § 14 MarkenG
erfaßten jegliche unbefugte Benutzung der Marke im
geschäftlichen Verkehr, also auch den nicht zeichenmäßigen Gebrauch
(so: Fezer, Markenrecht, § 14 Rdn. 35 ff; Starck, GRUR 1996,
690/691; Klaka in: Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 5.
Auflage, Rdn. 21 zu § 14 MarkenG und Rdn. 5 zu § 23 MarkenG; a. A.:
Piper, GRUR 1996, 429/434; von Gamm, WRP 1993, 797), liegt auf
Seiten der Beklagten jedenfalls eine von § 23 Nr. 2 MarkenG
gedeckte lautere Benutzung der Marke vor mit der Folge, daß die
Klägerin diese konkrete Verwendungsform hinzunehmen hat.
Nach § 23 Nr. 2 MarkenG kann der Markeninhaber einem Dritten die
Benutzung eines mit der Marke identischen oder dieser ähnlichen
Zeichens im geschäftlichen Verkehr u. a. dann nicht verbieten, wenn
dieses als Merkmale oder Eigenschaften von Waren oder
Dienstleistungen beschreibende Angabe benutzt wird und diese
Benutzung weiter nicht gegen die guten Sitten verstößt.
Die Beklagte hat die in der "Eintragungsofferte" enthaltene, mit
der Marke " P.." der Klägerin nahezu identische Bezeichnung "P." im
Sinne der vorstehenden Bestimmung als Angabe über Merkmale der von
ihr angebotenen Dienstleistung benutzt. Denn die als Bestandteil
des konkret angebotenen Eintrags verwendete Angabe " P." diente
dazu, die Art der von der Beklagten konkret in Aussicht gestellten
Vertragsleistung ( Eintrag in das Ausstellerverzeichnis )zu
beschreiben. Eine über diese beschreibende Funktion hinausgehende
"markenmäßige" Verwendung der Angabe "P.." ist hierin nicht zu
erblicken.
Allerdings ist es richtig, daß der Markeninhaber nach § 23 Nr. 2
MarkenG nur die fremde Benutzung seiner Marke als beschreibende
Angabe ( oder aber - was hier jedoch nicht einschlägig ist - als
Bestimmungshinweis ), nicht aber auch die Benutzung seines Zeichens
nach Art einer Marke bzw. als Marke hinzunehmen hat ( vgl. Fezer,
a..a.O., Rdn. 10 zu § 23 MarkenG; Klaka, a. a.O., Rdn. 5 und 6 zu §
23 ). Als Marke bzw. in der Art einer Marke wird ein Zeichen dann
benutzt, wenn aufgrund der Zeichenverwendung die Möglichkeit
besteht, daß der Verkehr daraus auf einen Hinweis auf den Ursprung
der Ware oder Dienstleistung aus dem Geschäftsbetrieb des
Zeicheninhabers oder doch auf das Bestehen irgendwie gearteter
geschäftlicher oder organisatorischer Beziehungen des Benutzers zu
dem Zeicheninhaber schließt ( BGH GRUR 1984, 354/356
-"Tina-Spezialversand II"-; BGH GRUR 1977, 789/790
-"Tina-Spezialversand I"-; BGH GRUR 1955, 484/485 -"Luxor-Luxus"-
). Daß die konkrete Art der Verwendung der Angabe "P." der
Beklagten sich nach diesen Maßstäben als die betriebliche Herkunft
kennzeichnend einordnen läßt, kann hier jedoch nicht angenommen
werden. Die Angabe "P." ist vielmehr lediglich als Element des von
der Beklagten als Vertragsleistung angebotenen Eintrags zu
verstehen, mit dem die Teilnahme des angeschriebenen Unternehmens
an einer bestimmten Messeveranstaltung dokumentiert und in das
Ausstellerverzeichnis aufgenommen werden soll. Damit wird der von
der Beklagten angebotene Eintrag auf das konkret angeschriebene
Unternehmen bezogen individualisiert, die "Offerte" der Beklagten
daher beschrieben. Ein Hinweis auf den betrieblichen Ursprung der
von der Beklagten angebotenen Leistung selbst liegt in dem
konkreten Gebrauch der Angabe "P." daher ebensowenig, wie darin
eine " markenartige Herausstellung" der Angabe "P." als
"Signalwort" für die Dienstleistung und damit als
Unterscheidungszeichen zur Identifizierung der
Unternehmensdienstleistung der Beklagten liegt ( vgl. BGH, a.a.O.,
-"Luxor-Luxus"-; Fezer, a.a.O., Rdn. 10 zu § 23 MarkenG m. w. N. ).
Die Angabe "P.." hebt sich in optischer Hinsicht weder vom übrigen
textlichen und grafischen Zusammenhang des Schreibens
("Eintragunsofferte") besonders ab, noch ist sie innerhalb des
dargestellten und angebotenen Eintragungstextes selbst
herausgestellt. Dies alles würdigend, ist die konkrete Verwendung
der Angabe "P." in der "Eintragungsofferte" der Beklagten daher
nicht in der Art einer Marke geschehen, sondern dient sie eindeutig
allein als beschreibende Angabe dazu, das als offerierte
Vertragsleistung unterbreitete Angebot der Beklagten inhaltlich
festzulegen und zu individualisieren.
Diese Benutzung der Marke als beschreibende Angabe bewegt sich
dabei auch innerhalb der Grenzen der anständigen Gepflogenheiten in
Gewerbe und Handel ( vgl. Art. 6 Abs. 1 der Markenrechts-Richtlinie
89/104/EWG vom 21. Dezember 1988 ) bzw. verstößt nicht gegen die
guten Sitten.
Für diese Beurteilung ist es von vorneherein ohne Belang, ob die
Beklagte sich zu ihren Gunsten auf eine sachliche Rechtfertigung
für den Gebrauch der Bezeichnung "P." als eine ihr
Eintragungsangebot beschreibende Angabe stützen kann ( vgl. Fezer,
a.a.O., Rdn. 64 zu § 23 MarkenG ). Nur am Rande sei daher
ausgeführt, daß die Beklagte sich im Streitfall sogar auf eine
derartige sachliche Rechtfertigung des konkreten Gebrauchs des
Klagezeichens berufen könnte. Denn es ist nicht ersichtlich, auf
welche andere Weise die Beklagte den angeschriebenen Unternehmen,
denen sie einen deren Teilnahme an einer bestimmten Messe
dokumentierenden Eintrag in das Ausstellerverzeichnis offerieren
will, dieses Angebot ohne Verwendung der Bezeichnung der Messe
unterbreiten könnte. Sie kann in diesem Zusammenhang auch nicht -
wie die Klägerin dies aber einwendet - auf ein "neutrales" Angebot
verwiesen werden, welches die Angeschriebenen erst um die
Bezeichnung der Messe, an der sie teilgenommen haben, ergänzen
sollen. Denn solange sich die Beklagte - was hier aus den oben
dargestellten Gründen der Fall ist - innerhalb eines rein
beschreibenden und weiter auch mit den übrigen wettbewerblichen
Bestimmungen und Anforderungen konformen Gebrauchs bewegt, muß es
ihr überlassen bleiben, wie konkret und individualisiert sie ihr
Eintragungsangebot unterbreitet.
Jedenfalls sind aber im übrigen keine Anhaltspunkte dafür
ersichtlich, daß sich der beschreibende Gebrauch der Angabe "P." im
Streitfall nicht innerhalb der Grenzen der guten Sitten,
insbesondere der guten wettbewerblichen Sitten bewegte. Soweit die
Klägerin in diesem Zusammenhang einwendet, der Gebrauch der Angabe
"P." in der hier zu beurteilenden Eintragungsofferte der Beklagten
begründe die Gefahr von Irreführungen, weil der Verkehr den
Eindruck gewinne, sie - die Klägerin - "billige die Eintragung und
deren Kosten und stehe dementsprechend mit ihrem geschäftlichen Ruf
für eine solche Eintragung ein " , überzeugt das nicht. Dies stellt
angesichts der erkennbar lediglich auf die angebotene
Vertragsleistung der Beklagten bezogenen beschreibenden Funktion
der Angabe nach Auffassung des Senats eine derart fernliegende
Interpretation dar, daß der entsprechende Vortrag der Klägerin ohne
die Darlegung weiterer Umstände, die ein solches Verständnis
objektiv nahelegen, unsubstantiiert, mithin unbeachtlich ist. Denn
nach der konkreten Gestaltung des streitbefangenen Schreibens wird
eindeutig von einem bestimmten Unternehmen, das sich mit der
Erstellung eines Ausstellerverzeichnisses befaßt, eine ganz
bestimmte Leistung angeboten, bei der die Angabe "P." erkennbar und
offensichtlich lediglich ein willkürliches, von Fall zu Fall
variables und in diesem Sinne "beispielhaftes" Element des
angebotenen Eintrags darstellt. Kann der Senat in dieser Situation
ein Verständnis des Verkehrs nicht feststellen, daß eine
"Einwilligung" und "Garantie" der Klägerin als Veranstalterin der
in dem Text des angebotenen Eintrags genannten Messe vorliege, wäre
es jedenfalls Sache der Klägerin, welche die Darlegungs- und
Beweislast für die behauptete Sittenwidrigkeit bzw. die sie
begründenden tatsächlichen Umstände trifft, gewesen, Beweis für ein
solches Verkehrsverständnis anzubieten. Mangels eines derartigen
Beweisangebots ist sie daher ungeachtet der vorbezeichneten
Bedenken betreffend die Substantiiertheit ihres Vortrags insoweit
jedenfalls als beweisfällig anzusehen.
Eine abweichende Beurteilung ergibt sich schließlich auch nicht
aus der weiteren, unter Zeugenbeweis gestellten Behauptung der
Klägerin, es habe sich ein konkreter "Irreführungsfall" dahingehend
ereignet, daß die von der Beklagten angeschriebene Fa. N. sich an
sie - die Klägerin - gewandt habe, weil dort der Eindruck
entstanden sei, die Beklagte fordere " für die Klägerin" den in der
"Eintragungsofferte" genannten Betrag zur Zahlung. Angesichts des
eingangs dargestellten, eindeutig die Vertragsleistung der
Beklagten beschreibenden Charakters der Angabe handelt es sich bei
der behaupteten Interpretation, die zudem in erster Linie an eine
Mißdeutung des Charakters des als "Eintragungsofferte" bezeichneten
Schreibens, das offenbar als "Rechnung" verstanden worden sein
soll, anknüpft, um eine ebenfalls derart fernliegende
Fehlvorstellung, daß der ihr angeblich erlegene Adressat als für
die hier zu treffende markenrechtliche Beurteilung unbeachlicher
Teil des von der Beklagten angesprochenen Verkehrs eingeordnet
werden muß.
Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin aus den §§ 5 Abs. 1, 15
Abs. 2 und Abs. 4 MarkenG scheidet ebenfalls aus. Das gilt zum
einen deshalb, weil weder dem Vortrag der Klägerin noch den übrigen
Umständen des Sachverhalts entnommen werden kann, daß die konkrete
Eintragungsofferte der Beklagten die Gefahr von Verwechslungen mit
dem Unternehmenskennzeichen " Musik Komm. GmbH" der Klägerin
hervorruft. Unabhängig davon, daß damit bereits der
Unterlassungstatbestand des § 15 Abs. 2 MarkenG nicht bejaht werden
kann, liegen aber aus den oben dargestellten Gründen jedenfalls die
Voraussetzungen des auch hier anwendbaren § 23 Nr. 2 MarkenG
vor.
Auch die §§ 12, 1004 BGB greifen als Anspruchsgrundlagen des
klägerischen Unterlassungsbegehrens nicht. Denn eine Verletzung des
Namensrechts der Klägerin setzte jedenfalls voraus, daß die Angabe
"P." als Unternehmens-, Etablissemnets- oder Warenzeichen benutzt
worden wäre ( vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 56. Auflage, Rdn. 22 zu
§ 12 BGB ). Das aber ist hier aus eben den vorstehenden Gründen,
wonach "P." als eine das Leistungsangebot der Beklagten
beschreibende Angabe verwendet ist, nicht der Fall.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre
Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Der gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Wert der Beschwer
orientiert sich am Wert des Unterliegens der Klägerin im
vorliegenden Rechtsstreit.
OLG Köln:
Urteil v. 23.01.1998
Az: 6 U 65/97
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https://www.admody.com/urteilsdatenbank/ac7eb8f04476/OLG-Koeln_Urteil_vom_23-Januar-1998_Az_6-U-65-97