Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. August 2007
Aktenzeichen: 24 W (pat) 61/06

(BPatG: Beschluss v. 07.08.2007, Az.: 24 W (pat) 61/06)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. März 2004 und 14. März 2006 aufgehoben, soweit die Markenanmeldung für die Waren und Dienstleistungen

"Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Filmapparate; Fotoapparate; geldbetätigte Apparate; Verkaufsautomaten; Mechaniken; für Computer-Input-Signale geeignete Verteiler oder Schalter zur Kontrolle von Software für Video und/oder Computerspiele; Rechenmaschinen; Registrierkassen; Papier, Pappe (Karton), Waren aus Papier, Pappe (Karton), soweit in Klasse 16 enthalten; Buchbinderartikel; Werbung, Marketing, Verkaufsförderung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung, nämlich wirtschaftliche Beratung und organisatorische Beratung; Erziehung"

zurückgewiesen worden ist.

Gründe

I.

Die für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 9, 10, 12, 14, 16, 18, 20, 21, 24, 25, 28, 30, 32, 33, 34, 35, 38, 41, 42, 43 und 44 angemeldete Wortmarke Die 80er Showist von der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zuletzt noch teilweise für die Waren und Dienstleistungen

"Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Filmapparate; geldbetätigte Apparate; Verkaufsautomaten; Mechaniken; elektrische Unterhaltungsgeräte; Münzspiel- und Unterhaltungsautomaten; Magnetaufzeichnungsträger; mit Programmen versehene Datenträger aller Art; Computer-Software; Compact Discs (Ton, Bild); Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Hardware-Speicher; Memorycard-Chips; für Computer-Input-Signale geeignete Verteiler oder Schalter zur Kontrolle von Software für Video und/oder Computerspiele, Rechenmaschinen; Registrierkassen; Bücher; Zeitungen und Zeitschriften; Papier, Pappe (Karton) Waren aus Papier, Pappe (Karton), soweit in Klasse 16 enthalten; Druckerei-Erzeugnisse und Buchbinderartikel; Werbung, Marketing, Verkaufsförderung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung, nämlich wirtschaftliche Beratung und organisatorische Beratung; Telekommunikation; elektronische Nachrichtenübermittlung, Sammeln und Liefern von Nachrichten, Sammeln und Liefern von Pressemitteilungen; Ausstrahlung von Fernseh- und Rundfunksendungen sowie Sendungen im Internet und anderen audiovisuellen Medien; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung, nämlich Veranstaltung und Darbietung von Show-, Quiz- und Musikveranstaltungen; Durchführung von Gewinnspielen; Gestaltung und Produktion von Fernseh- und Rundfunksendungen; sportliche Aktivitäten; kulturelle Aktivitäten; Entwicklung und Datenbanken sowie Darbietungen im Internet und in anderen audiovisuellen Medien; technische und inhaltliche Beratung, gerichtet auf die Entwicklung, Gestaltung, Produktion und Ausstrahlung von Fernseh- und Rundfunksendungen und Datenbanken sowie von Darbietungen im Internet und in anderen audiovisuellen Medien; technische Beratung beim Einsatz von Programmen für die Datenverarbeitung; technische Beratung im Zusammenhang mit Telekommunikation, Internet, Extranets, Intranets, Konzeption und Realisierung von Hardware, Software und EDV-Netzen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Realisierung von individuellen Intra-, Extra- und Internetlösungen; Installation und Wartung von EDV- und Kommunikationssystemen"

von der Eintragung zurückgewiesen worden. Zur Begründung führt die Markenstelle im Wesentlichen aus, dass der angemeldeten Marke im Umfang der Zurückweisung jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle. Der Markenbestandteil "Die 80er" stelle eine gängige und allgemein gebräuchliche Abkürzung für "die 80er Jahre" dar. Der Wortmarke "Die 80er Show" komme daher insgesamt der Aussagegehalt einer "Show im Stil der 80er Jahre" zu. Für die beteiligten Verkehrskreise weise sie damit im Zusammenhang mit den von der Zurückweisung betroffenen Waren und Dienstleistungen lediglich auf deren Verwendungszweck und Einsatzbereich, deren Bestimmung oder deren inhaltlichen Gegenstand hin. So könnten die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen dazu dienen, eine Show im Stil der 80er Jahre aufzuführen, zu gestalten, zu produzieren, über Rundfunk oder Fernsehen zu übertragen, eine solche Show zu vermarkten oder inhaltlich hierüber zu berichten. Hinsichtlich eines Teils der beanspruchten Dienstleistungen aus dem Medienbereich stelle die angemeldete Bezeichnung überdies einen inhaltsbeschreibenden Werktitel dar, weshalb sie insoweit auch wegen des Schutzhindernisses einer beschreibenden freihaltebedürftigen Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, die ihre Beschwerde auf die folgenden von der Zurückweisung betroffenen Waren und Dienstleistungen beschränkt hat:

"Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Filmapparate; Fotoapparate; geldbetätigte Apparate; Verkaufsautomaten; Mechaniken; für Computer-Input-Signale geeignete Verteiler oder Schalter zur Kontrolle von Software für Video und/oder Computerspiele; Rechenmaschinen; Registrierkassen; Papier, Pappe (Karton), Waren aus Papier, Pappe (Karton), soweit in Klasse 16 enthalten; Buchbinderartikel; Werbung, Marketing, Verkaufsförderung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung, nämlich wirtschaftliche Beratung und organisatorische Beratung; Erziehung."

Nach ihrer Auffassung bestehen insoweit die von der Markenstelle angenommenen Eintragungshindernisse nicht. Der angemeldeten Marke könne nicht ohne weiteres der Aussagegehalt einer Show im Stil der 80er Jahre entnommen werden. Die Formulierung "die 80er", in der das Wort "Jahre" nicht enthalten sei, stelle keine gängige und allgemein gebräuchliche Abkürzung für "die 80er Jahre" dar. Sie könne ebenso beispielsweise für einen bestimmten Motorradtyp stehen. Die angemeldete Marke sei demnach geeignet, die Aufmerksamkeit des Verkehrs auf die fraglichen Waren und Dienstleistungen zu lenken. Sie besitze folglich Unterscheidungskraft und sei auch nicht zugunsten der Mitbewerber freizuhalten.

Die Anmelderin beantragt (sinngemäß), die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben, soweit die Anmeldung für die beschwerdegegenständlichen o. g. Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache Erfolg. Nach Auffassung des Senats stehen der Eintragung der angemeldeten Marke für die nur mehr noch beschwerdegegenständlichen, von der Zurückweisung betroffenen Waren und Dienstleistungen keine absoluten Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom maßgeblichen Publikum, d. h. dem normal informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen, als Unterscheidungsmittel für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH MarkenR 2003, 227, 232 f. (Nr. 61, 62) "Orange"; GRUR 2004, 428, 429 f. (Nr. 30, 31) "Henkel"; GRUR 2004, 943, 944 (Nr. 23, 24) "SAT.2"; BGH GRUR 2006, 850, 854 (Nr. 17) "FUSSBALL WM 2006"). Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung insbesondere solche Wortmarken, denen die maßgeblichen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1152 "marktfrisch"; GRUR 2001, 1153 "antiKALK"; a. a. O. (Nr. 19) "FUSSBALL WM 2006"; EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Nr. 86) "Postkantoor") oder die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien, stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten"; BGH GRUR 2003, 1050, 1051 "Cityservice"; a. a. O. (Nr. 19) "FUSSBALL WM 2006"). Diese Voraussetzungen liegen bei der angemeldeten Wortmarke "Die 80er Show" jedenfalls in Bezug auf die nach der von der Anmelderin vorgenommenen Einschränkung ihres Rechtsmittels noch verbliebenen beschwerdegegenständlichen, im Tenor aufgeführten Waren und Dienstleistungen nicht vor.

Nicht zu beanstanden ist zunächst allerdings die Annahme der Markenstelle, dass die angemeldete Wort-Zahlenfolge "Die 80er Show" vom inländischen Publikum, obwohl darin das Wort "Jahre" nicht enthalten ist, überwiegend als die Bezeichnung einer Show, d. h. einer Schau oder Darbietung, im Stil der 80er Jahre aufgefasst werden wird. Wie die von der Markenstelle den Beschlüssen beigefügten Verwendungsbeispiele sowie die weiteren vom Senat recherchierten und der Anmelderin übermittelten Internet-Seiten zeigen, lässt sich zahlreich belegen, dass der Ausdruck "(die) 80er Jahre" häufig auf die "(die) 80er" verkürzt wiedergegeben wird, diese Formulierung mithin sprachüblich und im einschlägigen Kontext in diesem Sinn ohne weiteres verständlich ist.

Hinsichtlich der noch in Rede stehenden beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen vermag der Senat jedoch keinen hinreichend engen beschreibenden Bezug zu einer derartigen Show festzustellen, der die Annahme rechtfertigen würde, dass die angesprochenen Verkehrskreise in der Bezeichnung "Die 80er Show" ohne weiteres und ohne Unklarheiten einen beschreibenden Begriffsinhalt erfassen werden (vgl. BGH a. a. O. (Nr. 19) "FUSSBALL WM 2006").

So ist bei den betroffenen, in der Klasse 9 beanspruchten Geräten, Apparaten, Verkaufsautomaten, Rechenmaschinen und Registrierkassen eine auf objektiven Produkteigenschaften oder besonderen Produktanforderungen der Show beruhende spezielle Eignung oder Zweckbestimmung zum Einsatz gerade bei einer Show im Stil der 80er Jahre nicht zu erkennen. Vielmehr ist deren Einsatz und Verwendung, etwa zum Zwecke der Aufzeichnung und Übertragung der Show, dem automatisierten Verkauf von Erzeugnissen während der Show oder dem Kassieren von Eintrittsgeldern, beliebig und in gleicher Weise bei Veranstaltungen anderer Art oder Inhalts möglich. Erst recht gilt dies für Mechaniken, die lediglich Teile solcher Geräte, Apparate etc. darstellen. Ebenso wenig eignet sich die angemeldete Marke als ernsthafte Bestimmungsangabe für Verteiler oder Schalter zur Kontrolle von Software für Video- und/oder Computerspiele, da deren Einsatz und Verwendung als elektronische Bauteile vom geistigen Spielinhalt unabhängig ist.

Weiterhin ist es nicht naheliegend, in der Bezeichnung "Die 80er Show" eine Inhaltsangabe für die in der Klasse 16 noch beanspruchten Waren "Papier, Pappe (Karton), Waren aus Papier, Pappe (Karton), soweit in Klasse 16 enthalten," sowie "Buchbinderartikel" zu sehen, da diese als solche, anders z. B. als Druckereierzeugnisse, keinen geistigen Inhalt verkörpern. Nachdem die - spätere - Verwendung dieser Erzeugnisse, etwa zum Druck von Texten oder zur Dekoration von Veranstaltungen, beliebig ist, scheidet ebenfalls die Annahme einer ernsthaften Bestimmungsangabe aus.

Was die beschwerdegegenständlichen Werbe-, Marketing-, Verkaufsförderungs-, Geschäftsführungs- und Unternehmensverwaltungs-Dienstleistungen der Klasse 35 anbelangt, bezeichnet die angemeldete Marke "Die 80er Show" zunächst nicht diese Dienste ihrer Art und ihrem Inhalt nach näher, sondern vielmehr eine bestimmte Unterhaltungsveranstaltung. Es ist zudem nicht üblich oder sachlich nahe gelegt, dass Unternehmen, die derartige Dienstleistungen Dritten gegenüber anbieten, die für die Dritten zu bewerbenden und zu vermarktenden Produkte oder die Produkte bzw. Leistungen desjenigen Unternehmens, welches verwaltet bzw. dessen Geschäfte geführt werden, näher zu beschreiben. Daher ist auch in dieser Hinsicht ein Verständnis der angemeldeten Marke als Hinweis auf den Gegenstand der in Rede stehenden Dienstleistungen von den beteiligten Verkehrskreisen nicht zu erwarten.

Schließlich kommt die angemeldete Marke nicht als Angabe des Inhalts der Dienstleistung "Erziehung" in Betracht. Anders als die Dienstleistung "Ausbildung", die relativ eng begrenzte Ausbildungsinhalte und -ziele haben kann, beispielsweise die Ausbildung zum Mitwirkenden in einer bestimmten Show, ist "Erziehung" nach dem allgemeinen Sprachverständnis stets auf übergeordnete Erziehungsziele und -inhalte, etwa schulische Erziehung, ausgerichtet, zu denen die Mitwirkung an einer ganz bestimmten Show ernsthaft nicht zu rechnen ist.

Mangels eines - wie dargelegt - die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen unmittelbar beschreibenden Begriffsgehalts ist die angemeldete Wortmarke außerdem nicht als eine Angabe zu beurteilen, die gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG im Verkehr zur Bezeichnung der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der betroffenen Waren und Dienstleistungen dienen kann. Diejenigen Dienstleistungen aus dem Medienbereich, bezüglich derer die Markenstelle zusätzlich zu dem Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft auch das einer beschreibenden freihaltebedürftigen Angabe angenommen hat, sind i. Ü. von der Beschwerde nicht mehr erfasst.

Ströbele Eisenrauch Kirschneck Bb






BPatG:
Beschluss v. 07.08.2007
Az: 24 W (pat) 61/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/acacf6b924e0/BPatG_Beschluss_vom_7-August-2007_Az_24-W-pat-61-06




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share