Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 26. September 2012
Aktenzeichen: I-12 U 142/12
(OLG Hamm: Urteil v. 26.09.2012, Az.: I-12 U 142/12)
1) Die Konzessionsvergabe für öffentliche Versorgungsleistungen erfolgt grundsätzlich aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags. Es handelt sich nicht um einen der vergaberechtlichen Nachprüfung durch die Vergabekammern unterliegenden öffentlichen Auftrag.
2) Primärrechtsschutz, gerichtet auf Untersagung der beabsichtigten Konzessionsvergabe an einen Dritten, kann der unterlegene Bieter nach den §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB erlangen.
3) Im Rahmen der vorzunehmenden einzelfallbezogenden Interessenabwägung können überwiegende Belange der Beteiligten oder der Allgemeinheit einer vorläufigen Untersagung der Konzessionsvergabe entgegen stehen.
Tenor
Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das am 10.08.2012 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg wird zurückgewiesen.
Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Gründe:
I.
Die Verfügungsklägerin ist eine Netzbetreiberin mit Sitz in T2. Gegenstand ihres Unternehmens ist der Betrieb eines Strom-, Gas- und Trinkwassernetzes.
Der Betrieb des Trinkwassernetzes umfasste neben dem Stadtgebiet von T2 auch Teile des Gemeindegebiets der Verfügungsbeklagten. Grundlage war ein zwischen den Parteien am 7.1.1982 geschlossener Konzessionsvertrag über die Wasserversorgung der Ortsteile T, M und I. Der Vertrag wurde für den Zeitraum vom 1.10.1981 bis zum 30.9.2011 geschlossen und sah eine Verlängerung um jeweils 10 Jahre vor, wenn er nicht spätestens zwei Jahre vor seinem jeweiligen Ablauf durch Einschreibebrief gekündet wird.
Mit Schreiben vom 27.9.2007 kündigte die Verfügungsbeklagte den Konzessionsvertrag zum 30.9.2011.
Sie führte sodann zunächst mit der X H Verhandlungen über die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens. Die Verhandlungen wurden Mitte des Jahres 2010 einvernehmlich beendet.
Am 13.8.2009 veröffentlichte die Verfügungsbeklagte eine Bekanntmachung über die Neuvergabe eines Wasserkonzessionierungsvertrags. Die Verfügungsklägerin bekundete mit Schreiben vom 8.10.2009 ihr Interesse und gab unter dem 25.1.2010 ein Angebot ab.
Ende des Jahres 2010 nahmen die Parteien Verhandlungen über die Gründung einer Gemeindewerk-Gesellschaft mit Sitz T auf. Grundlage war ein „Letter of Intent“ vom 9.12.2010. Hiernach sollte vor dem Hintergrund des gekündigten Konzessionsvertrags „Wasser“ sowie des Auslaufens der Konzessionsverträge „Gas“ und „Strom“ ein „Gemeindewerk T“ unter Minderheitsbeteiligung der Verfügungsklägerin gegründet werden. Die Gesellschaft sollte sich an den auszuschreibenden Konzessionierungen für die Wasser-, Strom- und Gasversorgung bewerben.
Mit Schreiben vom 24.6.2011 erklärte die Verfügungsbeklagte die Verhandlungen für gescheitert.
Die vorgesehene Gemeindewerk-Gesellschaft wurde nachfolgend ohne Beteiligung der Verfügungsklägerin gegründet und am 28.10.2011 mit der Firma „T H & Co. KG“ in das Handelsregister eingetragen.
Am 5.7.2011 veröffentlichte die Verfügungsbeklagte eine weitere Bekanntmachung über die Neuvergabe eines Wasserkonzessionierungsvertrags sowie am 29.7.2011 eine berichtigte Fassung der Bekanntmachung. Zu dem Vergabeverfahren hieß es darin jeweils:
„Die Gemeinde T führt zur Auswahl eines Vertragspartners ein diskriminierungsfreies und transparentes Wettbewerbsverfahren außerhalb des Kartellvergaberechts der §§ 97 ff. GWB durch.“
Die Verfügungsklägerin bekundete ihr Interesse und erhielt unter dem 10.2.2012 eine Angebotsaufforderung. Mit Datum vom 14.3.2012 gab die Verfügungsklägerin ihr Angebot für den Abschluss eines Wasserkonzessionierungsvertrags fristgerecht gegenüber der Verfügungsbeklagten ab.
Mit Schreiben vom 8.5.2012 lud die Verfügungsbeklagte zu Verhandlungen über das Angebot für den 29.5.2012 ein und legte die Mindestangebotsanforderungen und die Auswahlkriterien anhand eines Punktesystems dar.
Im Rahmen des Verhandlungsgesprächs am 29.5.2012 wurde eingehend über die Auswahlkriterien gesprochen. Noch offene Fragen erläuterte die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 31.5.2012 und forderte zur Abgabe eines verbindlichen Konzessionsvertragsangebots bis zum 8.6.2012 auf.
Unter dem 6.6.2012 gab die Verfügungsklägerin ihr verbindliches Vertragsangebot gegenüber der Verfügungsbeklagten ab.
Am 27.6.2012 fand die Gemeinderatssitzung der Verfügungsbeklagten statt. Zugrunde lag die Sitzungsvorlage, die unter TOP 5 die Konzessionsvergaben „Strom“ und „Wasser“ behandelte. Danach hatte das Angebot der Verfügungsklägerin einen Wert von 146 Punkten bei den Auswahlkriterien erreicht, das Angebot der T H & Co. KG einen Wert von 188 Punkten.
In der Gemeinderatssitzung wurde die Konzessionsvergabe an die Gemeindewerke beschlossen. Das teilte die Verfügungsbeklagte der Verfügungsklägerin mit Schreiben vom 3.7.2012 mit. Zur Begründung hieß es:
„(…) Die Entscheidung für die T H erfolgte nach Maßgabe der Bewertungskriterien, die die Gemeinde allen Bietern vorab mitgeteilt hat.
Die Auswertung der Angebote hat ergeben, dass das Angebot der T H deutlich vorteilhafter war als das der T3 H (…)“
Mit Schreiben vom 6.7.2012 bat die Verfügungsklägerin um Erläuterung des Wertungsergebnisses. Hierauf teilte die Verfügungsbeklagte am 10.7.2012 mit, dass das Angebot der Gemeindewerke
„im Hinblick auf die drei im Verfahren geltenden Kriteriengruppen- Konzessionsvertrag,- Wassernetzbetrieb/Netzsicherheit/Wasserqualität und- Preisgünstigkeit/Verbraucherfreundlichkeitjeweils besser zu bewerten war als alle anderen Angebote. In jeder der drei Kriteriengruppen erhielt die T H & Co. KG die beste Bewertung.“
Die Verfügungsklägerin verlangte mit Schreiben vom 17.7.2012 eine detaillierte Begründung der Entscheidung. Das lehnte die Verfügungsbeklagte in ihrem Antwortschreiben vom 26.7.2012 ab, da eine weitergehende Begründungspflicht nicht bestehe.
Mit ihrem am 27.7.2012 eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrt die Verfügungsklägerin die Untersagung des Vertragsschlusses mit der T H & Co. KG, hilfsweise die Untersagung des Vollzugs eines solchen Vertrags.
Zur Begründung hat die Verfügungsklägerin ausgeführt, dass ihr ein im Wege der einstweiligen Verfügung durchzusetzender primärrechtlicher Unterlassungsanspruch gegenüber der Verfügungsbeklagten zustehe. Grundlage sei sowohl unmittelbar das europäische Gemeinschaftsrecht als auch das zwischen den Parteien zustande gekommene vorvertragliche Schuldverhältnis sowie auch § 33 Abs. 1 GWB.
Die Vergabeentscheidung der Verfügungsbeklagten beruhe auf einem Verstoß gegen das Transparenzgebot und auf einem Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot.
Bereits der gesamte Verfahrensablauf deute auf eine unzulässige Vorfestlegung der Entscheidung zugunsten der Gemeindewerke hin. Dahingehende Anhaltspunkte seien im Hinblick auf die Beendigung des ersten Vergabeverfahrens im Jahr 2009, den Abbruch der Verhandlungen über die Gründung eines gemeinsamen Versorgungsbetriebs und die anschließende Neugründung der Gemeindewerke gegeben. So habe es bereits am 22.4.2010 eine öffentliche Ratsdiskussion gegeben, in der überwiegend eine Verlängerung des Konzessionsvertrags mit der Verfügungsklägerin abgelehnt worden sei. Weiterer Anhaltspunkt sei die Verfahrensbeteiligung des Gemeindekämmerers aufgrund seiner Stellung als allgemeiner Vertreter der Verfügungsbeklagten und Geschäftsführers der Komplementärin der Gemeindewerke.
In der Sache stehe zu vermuten, dass der höheren Bewertung des Angebots der Gemeindewerke ein Verstoß gegen das Nebenleistungsverbot zugrunde liege. Auch seien die Vergabekriterien und deren Gewichtung erkennbar auf eine unzulässige Bevorzugung der Gemeindewerke ausgerichtet. Das gelte namentlich für die Bewertung der Wasserhärte und für das Kriterium der Herkunft des Wassers sowie für die Gewichtung und die Grundlagen der Hausanschlusskosten und insbesondere für das Kriterium der ortsnahen Beschäftigung des netznotwendigen Personals.
Im Übrigen sei die Verfügungsklägerin zu einer weitergehenden sachlichen Überprüfung der Vergabeentscheidung nicht in der Lage. Die Verfügungsbeklagte sei zu einer nachvollziehbaren Begründung ihrer Entscheidung verpflichtet. Dem werde die bislang erteilte Auskunft über die im Punkteverfahren erzielten Werte nicht gerecht.
Die Verfügungsklägerin hat beantragt,
1. der Verfügungsbeklagten zu untersagen, einen Wegenutzungsvertrag entsprechend dem Ratsbeschluss vom 27.6.2012 mit der T H & Co. KG zu schließen,
2. hilfsweise für den Fall, dass der Wegenutzungsvertrag bereits zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geschlossen worden ist, der Verfügungsbeklagten zu untersagen, diesen Wegenutzungsvertrag zu vollziehen.
Die Verfügungsbeklagte hat beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass für einen auf Unterlassung gerichteten Verfügungsanspruch keine Anspruchsgrundlage vorhanden sei. Eine solche ergebe sich nicht aus verfassungsrechtlichen Grundsätzen und auch nicht unmittelbar aus dem europäischen Gemeinschaftsrecht. Ansprüche aus vorvertraglichem Schuldverhältnis seien von vorneherein nicht auf Unterlassung gerichtet, sondern gewährten bei Verletzung von Verfahrensgrundsätzen allenfalls Schadensersatzansprüche.
Im Übrigen sei eine Verletzung von Verfahrensgrundsätzen vorliegend aber auch nicht gegeben. Denn für einen Verstoß gegen das Transparenzgebot oder gegen das Diskriminierungsverbot seien keine Anhaltspunkte ersichtlich.
Solche seien nicht etwa dem Verfahrensablauf zu entnehmen. Das zunächst eingeleitete Vergabeverfahren sei aufgrund der Verhandlungen über die gemeinsame Gründung eines Versorgungsbetriebs beendet worden. Das sei nicht zu beanstanden. Dementsprechend sei im „Letter of Intent“ vom 9.12.2010 beiderseits zugrunde gelegt worden, dass sich das zu gründende Gemeindewerk um die Konzessionierung der Wasserversorgung bewerben werde. Insoweit habe die Verfügungsklägerin etwaige Rechte jedenfalls verwirkt.
Auch im Übrigen sei eine Verletzung von Verfahrensgrundsätzen nicht gegeben. Das Vorbringen der Verfügungsklägerin enthalte insoweit bloße Behauptungen und Vermutungen. Der Kämmerer sei über die Unterzeichnung des Schreibens vom 10.2.2012 hinaus an dem Vergabeverfahren nicht beteiligt worden. Das Verfahren als solches unter Einschluss der ihr bekannt gemachten Anforderungen und Bewertungskriterien sowie Bewertungsmaßstäbe habe die Verfügungsklägerin treuwidrig zunächst gar nicht gerügt. Beanstandungen seien auch in der Sache nicht gerechtfertigt. Denn die Auswahlkriterien habe die Verfügungsklägerin innerhalb des ihr zustehenden Entscheidungsspielraums nach sachlichen Gesichtspunkten festlegen dürfen. Mit ihnen habe sie sich sodann sachgerecht bei der Prüfung der Angebote auseinander gesetzt. Eine über die bereits erteilten Auskünfte hinausgehende Begründungspflicht der Vergabeentscheidung bestehe nicht. Eine solche Pflicht sei insbesondere nicht dem allgemeinen Transparenzgebot zu entnehmen.
In der Sache stehe der Verfügungsklägerin der begehrte Unterlassungsanspruch überdies deshalb nicht zu, weil sie auch bei Zuerkennung der vollen Punktzahl der beanstandeten Auswahlkriterien nicht den Auftrag erhalten hätte. Ihr Angebot wäre dann unterhalb der Gesamtbewertung des Angebots der Gemeindewerke geblieben.
Schließlich sei kein auch Verfügungsgrund gegeben, denn die Verfügungsklägerin habe aufgrund zögerlicher Verfahrenseinleitung die Eilbedürftigkeit selbst widerlegt.
Mit dem am 10.8.2012 verkündeten Urteil hat das Landgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass zwischen den Parteien zwar mit der Teilnahme der Verfügungsklägerin am Vergabeverfahren ein vorvertragliches Schuldverhältnis zustande gekommen sei. Hieraus könne bei Verletzung vorvertraglicher Pflichten grundsätzlich auch ein Unterlassungsanspruch folgen, soweit eine Verletzungshandlung oder ein pflichtwidrig geschaffener Zustand noch andauerten. Vorliegend sei die Verfügungsklägerin aber nicht mehr schutzwürdig, weil sie ihre nunmehr geäußerten Bedenken im Vergabeverfahren nicht geltend gemacht hat. Das sei ihr indes aufgrund der von der Verfügungsbeklagten offengelegten Bewertungskriterien möglich und zumutbar gewesen. Darüber hinaus sei aber auch ein Verfügungsgrund nicht gegeben. Denn im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung überwiege das Interesse der Verfügungsbeklagten an einer zügigen Regelung der Wasserversorgung der Bevölkerung. Dabei falle ins Gewicht, dass die Verfügungsklägerin zwar die Wasserversorgung noch fortführe, sie aber bereits angekündigt habe, diese nicht weiter zu den bisherigen Konditionen durchzuführen. Vor diesem Hintergrund bestehe ein überwiegendes Interesse der Verfügungsbeklagten auch im Hinblick auf die Planungssicherheit.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Verfügungsklägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Antragsbegehren weiterverfolgt.
Zur Begründung ihres Rechtmittels führt sie aus, dass sich das Landgericht mit dem maßgeblichen Vorwurf eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot nicht auseinander gesetzt habe. Die Verfügungsbeklagte sei hiernach zu einer nachvollziehbaren Begründung ihrer Vergabeentscheidung verpflichtet. Die bisher mitgeteilten Erwägungen seien nicht ausreichend, denn sie ermöglichten eine sachliche Überprüfung nicht. Vor diesem Hintergrund seien der Verfügungsklägerin Einwendungen gegen die Vergabeentscheidung gar nicht möglich gewesen. Auch habe sich das Landgericht mit dem Vorwurf eines Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot nicht auseinander gesetzt und im Übrigen weitere in Betracht kommende Anspruchsgrundlagen nicht beachtet. Ein Verfügungsgrund scheitere nicht an einem überwiegenden Interesse der Verfügungsbeklagten. Denn die Trinkwasserversorgung sei tatsächlich sichergestellt. Etwaige notwendige Investitionen zur Instandhaltung seien von der Verfügungsklägerin auf der Grundlage von Einzelvereinbarungen durchzuführen.
Die Verfügungsbeklagte verteidigt das angefochtene Urteil und stützt sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen, an dem sie festhält.
II.
Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
1. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist für die hier vorliegende Streitigkeit gemäß § 13 GVG eröffnet.
In der Sache geht es um den Abschluss eines privatrechtlichen Vertrags, der unmittelbar das Recht auf die Benutzung von Straßen für Versorgungsleitungen gewährt. Solche Rechtsverhältnisse, die den öffentlichrechtlichen Gemeingebrauch nicht berühren, haben ihre Grundlage im bürgerlichen Eigentums- und Vertragsrecht (vgl. OVG Münster NZBau 2012, 327, 9 ff., m.w.N.). Auch etwaige Bindungen an die sich aus dem europäischen Gemeinschaftsrecht ergebenden Gebote der Gleichheit und Nichtdiskriminierung führen nicht dazu, die Angelegenheit als öffentlichrechtlich einzustufen und deshalb den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten zu bejahen (vgl. BVerwG NZBau 2007, 389, Tz. 10; OVG Münster NZBau 2011, 319, Tz. 13).
2. Es handelt sich nicht um einen der vergaberechtlichen Nachprüfung durch die Vergabekammern unterliegenden öffentlichen Auftrag im Sinne der §§ 102, 116 GWB.
Öffentliche Aufträge sind gemäß § 99 Abs. 1 GWB entgeltliche Verträge von öffentlichen Auftraggebern mit Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen, die Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen zum Gegenstand haben, Baukonzessionen und Auslobungsverfahren, die zu Dienstleistungsaufträgen führen sollen. Nicht erfasst und deshalb abzugrenzen sind Dienstleistungskonzessionen. Diese kennzeichnet im Wesentlichen, dass die Gegenleistung für die Erbringung einer Dienstleistung ausschließlich in dem Recht zu deren Nutzung oder in ihrem Verwertungsrecht zuzüglich der Zuzahlung eines Preises besteht und der Auftragnehmer das Betriebsrisiko zumindest zu einem wesentlichen Teil übernimmt (Definition der Richtlinien des Europäischen Parlaments und des Rates 2004/17/EG (Sektorenkoordinierungsrichtlinie) und 2004/18/EG (Vergaberechtskoordinierungsrichtlinie); EuGH, VergabeR 2011, 430; BGHZ 188, 200, TZ 31 ff.). So liegt es hier.
Die beabsichtigte Vergabe der Wasserversorgung hat Dienstleistungen zum Gegenstand, für die der Auftragnehmer kein Entgelt, sondern unter Übernahme des - durch den Anschluss- und Benutzungszwang ermäßigten - wirtschaftlichen Risikos das Recht erhalten soll, Entgelte von Dritten zu erheben (vgl. zur Vergabe „Abwasserbeseitigung“: OLG Brandenburg, Beschluss vom 28.8.2012, Verg W 19/11, Tz. 42 ff.).
3. Die Zuerkennung eines Unterlassungsanspruchs, den die Verfügungsklägerin mit ihrem Antrag verfolgt, ist im vorliegenden Wettbewerbsverfahren nicht schon dem Grunde nach ausgeschlossen.
Ob und unter welchen Voraussetzungen Primärrechtsschutz eines unterlegenen Bieters, gerichtet auf Untersagung der beabsichtigten Vergabe an einen Dritten, außerhalb des Anwendungsbereichs der §§ 97 ff. GWB in Betracht kommt, ist umstritten.
Das Bundesverfassungsgericht hat im Hinblick auf Vergabeentscheidungen den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum hervorgehoben und ausgeführt, dass der Gesetzgeber jedenfalls verfassungsrechtlich nicht dazu verpflichtet sei, eine auch faktisch realisierbare Möglichkeit eines Primärrechtsschutzes im Vergaberecht zu schaffen (BVerfGE 116, 135, Tz. 74). Hiernach ist die Zuerkennung von Primärrecht jedenfalls nicht ausgeschlossen. Nichts anderes ergibt sich aus der von der Verfügungsbeklagten zitierten Entscheidung des EuGH (VergabeR 2010, 643), nach der die Ausgestaltung der Rechtsschutzmöglichkeiten grundsätzlich Sache des innerstaatlichen Rechts ist.
Vor diesem Hintergrund wird ein Unterlassungsanspruch, gestützt auf § 3 UWG oder auf die §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB analog, nur bei vorsätzlich rechtswidrigem oder willkürlichem Handeln oder sonst unredlicher Absicht zuerkannt (OLG Hamm VergabeR 2008, 682, Tz. 24; LG Düsseldorf NZBau 2009, 142, Tz. 31, m.w.N.; LG Arnsberg NZBau 2008, 206, Tz. 55; LG Bad Kreuznach NZBau 2007, 471, Tz. 14). Nach anderer Auffassung sind dem unterlegenen Bieter demgegenüber weitergehende Unterlassungsansprüche zuzuerkennen (so OLG Düsseldorf VergabeR 2010, 531, Tz. 32 ff.; OLG Jena VergabeR 2006, 524, Tz. 34).
Letztlich bedarf es einer Entscheidung über die im Vergaberecht geltenden Anforderungen an die Zuerkennung von Primärrechtsschutz nach den vorgenannten Vorschriften indes nicht. Denn jedenfalls aus den allgemeinen Vorschriften der §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB kann sich im Einzelfall ein auf Unterlassung gerichteter Verfügungsanspruch ergeben. Die Bestimmungen gewähren dem Anspruchsberechtigten nicht nur Sekundärrechtsschutz durch Zuerkennung von Schadensersatzansprüchen, sondern auch Unterlassungsansprüche, soweit die Verletzungshandlung oder der pflichtwidrig geschaffene Zustand noch andauert (vgl. etwa BGH NJW 2009, 1504, Tz. 17; NJW 1995, 1284, Tz. 23; OLG Hamburg NJW 2005, 3003, Tz. 20; Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 280, Rdnr. 63; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 280, Rdnr. 33; MüKo/Emmerich, BGB, 4. Aufl., vor § 275, Rdnr. 276).
4. Ein nach Maßgabe dieser Grundsätze in Betracht kommender Verfügungsanspruch aus den §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB auf Unterlassung der beabsichtigten Konzessionsvergabe ist jedoch nicht begründet.
a. Ein Schuldverhältnis ist zwischen den Parteien durch die Teilnahme der Verfügungsklägerin an der öffentlichen Ausschreibung der Verfügungsbeklagten zustande gekommen.
Durch die Teilnahme eines Bieters an der Ausschreibung eines öffentlichen Auftraggebers entsteht ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis mit Sorgfalts- und Schutzpflichten jedenfalls dann, wenn der Auftraggeber die Einhaltung bestimmter Regeln bei der Auftragsvergabe verspricht. Er ist dann verpflichtet, diese Vorgaben einzuhalten. Der Bieter darf seinerseits auf die Einhaltung dieser Regeln vertrauen (vgl. BGH BauR 2007, 1619, juris Tz. 7, BauR 1998, 1238, juris Tz. 13). Im vorliegenden Fall hat die Verfügungsbeklagte die Einhaltung von Verfahrensgrundsätzen in der Bekanntmachung zugesagt, indem sie ein transparentes und diskriminierungsfreies Wettbewerbsverfahren versprochen hat.
Auf das durch die Wettbewerbsteilnahme der Verfügungsklägerin mit der Angebotsabgabe am 14.3.2012 zustande gekommene Schuldverhältnis findet gemäß Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB das seit dem 1.1.2002 geltende Schuldrecht Anwendung.
b. Da die Verfügungsbeklagte zur Einhaltung der bindend gewordenen Verfahrensgrundsätze verpflichtet ist und die Verfügungsklägerin nach dem Inhalt der Bekanntmachung darauf vertrauen durfte, dass das Wettbewerbsverfahren transparent und diskriminierungsfrei durchgeführt wird, kann sich eine Pflichtverletzung der Verfügungsbeklagten aus einer Verletzung der bindend gewordenen Verfahrensgrundsätze ergeben.
aa. Eine ihr in diesem Sinne im formellen Wettbewerbsverfahren obliegenden Pflicht hat die Verfügungsbeklagte nicht verletzt.
(1) Aus dem Verfahrensablauf von der erstmaligen Bekanntmachung der Neuvergabe der Konzession am 16.8.2009, den Verhandlungen über die Gründung eines gemeinsamen Versorgungsbetriebs bis hin zur Einleitung des erneuten Verfahrens ergibt sich keine objektiv erkennbare wettbewerbswidrige Vorfestlegung bei der Konzessionsvergabe. Es steht nicht fest, dass die Verfügungsbeklagte etwa mit Blick auf eine angestrebte Vergabe an die Gemeindewerke planmäßig und die Verfügungsklägerin benachteiligend vorgegangen ist. Das kann nicht allein der äußeren Verfahrensgestaltung entnommen werden.
Die Beendigung des ersten Ausschreibungsverfahrens, an der sich die Verfügungsklägerin mit ihrer Angebotsabgabe am 25.1.2010 bereits beteiligt hatte, beruhte auch nicht auf sachfremden Erwägungen. Vielmehr war eine Verfahrensbeendigung durch die Ende des Jahres 2010 aufgenommenen Verhandlungen über die Gründung eines gemeinsamen Versorgungsbetriebs gerechtfertigt. Hiergegen hat die Verfügungsklägerin keine Einwendungen erhoben. Nach dem Inhalt des „Letter of Intent“ vom 9.12.2010 war vielmehr beiderseits vorgesehen, dass sich die neu zu gründende Gesellschaft um die Konzessionierung für die Wasserversorgung bewerben würde.
(2) Bedenken gegen die ordnungsgemäße formelle Verfahrensgestaltung ergeben sich aus der eingeschränkten Beteiligung des Kämmerers der Verfügungsbeklagten nicht. Sie hat unwidersprochen ausgeführt, dass sich ihr Kämmerer, der sowohl ihr allgemeiner Vertreter als auch Geschäftsführer der Komplementär-H der Gemeindewerke ist, an dem weiteren Wettbewerbsverfahren nicht beteiligt habe. Insoweit ist die Besorgnis eines diskriminierenden Verhaltens nicht allein darin begründet, dass der Kämmerer das Schreiben der Verfügungsbeklagten vom 10.2.2011 unterzeichnet hat.
(3) Eine die Verfügungsklägerin benachteiligende Vorfestlegung kann auch nicht der öffentlichen Ratsdiskussion im Jahr 2010 entnommen werden. Zwar geht aus den vorgelegten Auszügen aus dem Soester-Anzeiger vom 22.4.2010 hervor, dass teilweise mit der Versorgung durch die Verfügungsklägerin Unzufriedenheit herrschte. Das Meinungsbild war indes nicht einheitlich. Bei wertender Betrachtung begründet eine allgemeine öffentliche Diskussion nicht die Besorgnis einer Verfahrensbenachteiligung.
(4) Schließlich liegen auch keine Anhaltspunkte für eine verfahrenswidrige Berücksichtigung unzulässiger Nebenleistungen vor. Es steht nicht fest, dass das Angebot der Gemeindewerke unzulässige Nebenleistungen im Zusammenhang mit der Endschaftsbestimmung enthält. Vielmehr stützt die Verfügungsklägerin sich auf Vermutungen, wie etwa, dass die Gemeindewerke einen unzulässig niedrigen Kaufpreis der Verteilungsanlagen angeboten haben. Dem liegen indes konkrete Anknüpfungstatsachen nicht zugrunde.
bb. In materiellrechtlicher Hinsicht ist eine gegen allgemeine Wettbewerbsgrundsätze verstoßende Auswahl sowie Gewichtung und Bewertung der herangezogenen Zuschlagskriterien nicht gegeben.
Der öffentliche Auftraggeber ist bei der Aufstellung und Gewichtung der Zuschlagskriterien im Wesentlichen frei. Denn er vergibt den Auftrag und bestimmt seinen Umfang und seine Ausführung. Die öffentlichrechtliche Bindung an Verfahrensgrundsätze und Verfahrensregeln steht dem nicht grundlegend entgegen. Denn diese Bindung ändert nichts daran, dass es um den Abschluss eines zivilrechtlichen Vertrags geht. Wie bei jedem anderen zivilrechtlichen Vertrag auch, obliegt es der Dispositionsfreiheit des Auftraggebers zu bestimmen, worauf es ihm beim Vertragsschluss vor allem ankommt. Grenze sind lediglich willkürliche und damit vergabefremde Zwecke (vgl. OLG Stuttgart VergabeR 2011, 902, Tz. 36, m.w.N.).
Vor diesem Hintergrund können die Einwendungen der Verfügungsklägerin nicht zum Erfolg führen.
(1) Die Wasserqualität unter Einordnung in weiches und hartes Wasser ist ein von der Verfügungsbeklagten von vorneherein mit Schreiben vom 8.5. und 31.5.2012 offengelegtes Wertungskriterium. Beanstandungen hat die Verfügungsklägerin hiergegen nicht erhoben.
Dem Wertungskriterium liegen sachliche Erwägungen - Langlebigkeit von Rohren und Armaturen - zugrunde. Im Übrigen ist die Verfügungsklägerin durch die Gewichtung dieses Kriteriums nicht benachteiligt worden, denn der gegebene Wasserhärtegrad ist zu ihren Gunsten als vorteilhafter bewertet worden.
(2) Die Gewichtung des Wasserbezugs je nach Herkunftsart hat die Verfügungsbeklagte in den vorgenannten Schreiben vom 8.5. und 31.5.2012 offengelegt. Beanstandungen hat die Verfügungsklägerin auch hiergegen nicht erhoben.
Die Verfügungsbeklagte hat die zugrunde liegenden Überlegungen zur Eignung des Wassers je nach Herkunftsart plausibel und ohne erkennbare sachwidrige Erwägungen dargelegt.
(3) Gleiches gilt für die Gestaltung und Gewichtung des Kriteriums „Preisgünstigkeit und Verbraucherfreundlichkeit“ (Ziff. 3.3 der Verfahrensschreiben). Auch hierzu hat die Verfügungsbeklagte die maßgeblichen Erwägungen mitgeteilt, die ein willkürliches/diskriminierendes Vorgehen nicht erkennen lassen.
(4) Auch der Beschäftigungsort des netznotwendigen Personals ist im Rahmen einer Vergabeentscheidung jedenfalls kein generell sachwidriges Kriterium. Eine Diskriminierung der Verfügungsklägerin ist insoweit nicht ersichtlich, als sie 25 von 30 möglichen Wertungspunkten erhalten hat. Die Verfügungsbeklagte hat mithin berücksichtigt, dass die Betriebsstätte der Verfügungsklägerin nur 5 km entfernt liegt.
cc. Eine Verletzung vorvertraglicher Schutzpflichten lässt sich schließlich auch nicht auf eine unzureichende Begründung der Vergabeentscheidung stützen.
Eine über die bisher mit Schreiben vom 3.7.2012, vom 10.7.2012 und vom 26.7.2012 hinausgehende Verpflichtung der Verfügungsbeklagten zur Erteilung einer detaillierten Begründung ihrer Entscheidung besteht nicht.
Zwar ist im öffentlichrechtlichen Bereich die Begründungspflicht ein wesentliches rechtsstaatliches Erfordernis, das von erheblicher Bedeutung für den zu gewährenden effektiven Rechtsschutz ist. Vorliegend geht es jedoch um den Abschluss eines zivilrechtlichen Vertrags, der grundsätzlich der Dispositionsfreiheit der Verfügungsbeklagten als Auftraggeberin unterliegt. Es liegen keine unmittelbar geltenden Rechtsnormen vor, aus denen sich für das vorliegende Wettbewerbsverfahren konkrete Informationspflichten und Anforderungen an einen Begründungsinhalt ergeben. § 101a GWB ist wegen des hier nicht vorliegenden öffentlichen Auftrags (§ 99 Abs. 1 GWB) nicht anwendbar. Aus diesem Grunde kann nicht auf § 19 VOL/A zurückgegriffen werden.
Aber auch die gesetzlich normierten Informationspflichten beinhalten keinen unbeschränkten Begründungszwang. So ist hinsichtlich der Pflichten aus § 101a GWB zwar anerkannt, dass die gebotene Unterrichtung des Bieters sich nicht auf Leerformeln beschränken darf. Grundsätzlich ausreichend ist aber, dass der Auftraggeber die angekündigten Wertungskriterien - wie hier - im Einzelnen aufgreift und darauf verweist, dass der Bieter mit seinem Angebot in allen Punkten schlechtere Wertungsergebnisse als derjenige erzielt habe, der den Zuschlag erhalten soll. Zu einer weiter ins Detail gehenden Begründung ist der Auftraggeber nach § 101a GWB nicht gehalten (vgl. OLG Dresden VergabeR 2010, 666, Tz. 9). Ebenso sieht § 46 Abs. 3 S. 6 EnWG für den Neuabschluss oder die Verlängerung von Wegenutzungsverträgen lediglich eine Bekanntmachung der Entscheidung unter Angabe der maßgeblichen Gründe vor.
Soweit vorliegend Informations-/Begründungspflichten aus dem Transparenzgebot folgen können, lassen sich keine weitergehenden Anforderungen an Umfang und Inhalt annehmen. Auch besteht keine allgemeine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Gesetzgebers, eine faktisch realisierbare Möglichkeit eines Primärrechtsschutzes durch die Regelung einer Pflicht der vergebenden Stelle zu einer rechtzeitigen Information der erfolglosen Bieter zu schaffen (vgl. BVerfGE 116, 135, Tz. 74).
Aus der von der Verfügungsklägerin zitierten Entscheidung des OLG Celle vom 11.2.2010 (VergabeR 2010, 669) ergibt sich in Bezug auf Inhalt und Umfang einer zu erteilenden Begründung nichts anderes. Gegenstand der zitierten Entscheidung sind die im Nachprüfungsverfahren an die Dokumentation des Vergabeverfahrens nach §§ 30, 30a VOB/A zu stellenden inhaltlichen Anforderungen. Dass die Verfügungsbeklagte eine hier aus den Gründen der Transparenz gebotene ordnungsgemäße Dokumentation erstellt hat, ist von ihr unwidersprochen vorgetragen und auch nicht Gegenstand des Streits. Die inhaltlichen Anforderungen an einen der gebotenen Dokumentation genügenden Vergabevermerk sollen in erster Linie eine den Bieter schützende Überprüfbarkeit der Entscheidung im Nachprüfungsverfahren gewährleisten. Auf Inhalt und Umfang einer dem unterlegenen Bieter neben der internen Dokumentation zu erteilenden Begründung sind diese Grundsätze nicht zu übertragen.
5. Soweit die Verfügungsklägerin ihr Antragsbegehren auch auf andere Anspruchsgrundlagen gestützt hat, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass sich das Landgericht damit nicht weiter auseinandergesetzt hat.
Ein Unterlassungsanspruch kann nicht unmittelbar auf die aus Art. 3 GG oder aus den EU-Grundfreiheiten folgenden Verfahrensgrundsätze der Diskriminierungsfreiheit, Gleichbehandlung und Transparenz gestützt werden. Denn diese Grundsätze sind innerhalb des jeweiligen Rechtsverhältnisses zu beachten, stellen aber nicht selbst die erforderliche zivilrechtliche Anspruchsgrundlage dar (vgl. OLG Brandenburg ZfBR 2012, 508, Tz. 78).
Auch ein auf §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 1004 BGB gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch scheidet aus, weil kein absolutes Rechtsgut, sondern allenfalls das Vermögen der Verfügungsklägerin berührt ist und die Verletzung eines Schutzgesetzes nicht allein in einem etwaigen Verstoß gegen allgemeine Verfahrensgrundsätze gesehen werden kann (vgl. OLG Brandenburg, a.a.O., Tz. 71 ff.).
Für eine Heranziehung weiterer Anspruchsgrundlagen besteht auch kein Bedürfnis, weil solche in der Sache nicht weitergehen. Das gilt insbesondere für einen etwaigen Unterlassungsanspruch aus § 33 Abs. 1 GWB, welchen die Verfügungsklägerin erstinstanzlich angeführt hat. Ein missbräuchliches oder diskriminierendes Handeln der Verfügungsbeklagten (§§ 19, 20 GWB) würde zugleich eine im Rahmen eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses beachtliche Pflichtverletzung darstellen.
6. Schließlich ist der Erlass der begehrten Unterlassungsanordnung aus weiteren Gesichtspunkten im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt.
Im Rahmen des hier streitigen Rechtsverhältnisses sind stets auch die Besonderheiten des Wettbewerbs- oder Vergabeverfahrens zu berücksichtigen. Denn die Unterlassungsverfügung dient letztlich dem Zweck, die Vergabe-/Zuschlagsentscheidung zugunsten der Verfügungsklägerin zu ändern. Sie kann deshalb grundsätzlich nicht in Betracht kommen, wenn dieses Ziel nicht erreicht werden kann oder sonstige überwiegende Gründe entgegenstehen.
In dem Zusammenhang ist einerseits das ausschließliche Bestimmungsrecht des Auftraggebers zu beachten, ob, wann und mit welchem Inhalt er einen Auftrag erteilen will (vgl. OLG Düsseldorf ZfBR 2012, 508, Tz. 43). Hierher gehört auch der dem Auftraggeber bei der Bewertung der Zuschlagskriterien zustehende Beurteilungsspielraum. Die im Vergabeverfahren zu treffende Entscheidung ist das Ergebnis einer fachlichtatsächlichen Prognose, die als solche einer Bewertungsentscheidung in Prüfungsverfahren entspricht und eine subjektive Einschätzung des Auftraggebers erfordert (vgl. KGR Berlin 2009 173, juris Tz. 2, m.w.N.; ferner: BGH NZBau 2002, 107, juris Tz. 11; OLG Koblenz VergabeR 2011, 224, juris Tz. 21; OLG München VergabeR 2009, 65, juris Tz. 64 sowie VergabeR 2006, 537, juris Tz. 107). Eine Kontrolle hat deshalb grundsätzlich nur daraufhin stattzufinden, ob die rechtlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums beachtet worden sind, mit anderen Worten, ob das vorgeschriebene Verfahren eingehalten, von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen worden ist, keine sachwidrigen Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen sind und die Wertungsentscheidung sich im Rahmen der Gesetze und der allgemein gültigen Beurteilungsmaßstäbe hält (OLG Düsseldorf NZBau 2005, 535, juris Tz. 26 sowie Beschluss vom 22.9.2005, VII Verg 49/05, juris Tz. 53).
Hiernach führt eine Verletzung von Verfahrensgrundsätzen oder materiellen Bewertungsmaßstäben nicht stets zu einer Änderung der getroffenen Vergabe- oder Wettbewerbsentscheidung. Vielmehr sind auch im Bereich der öffentlichen Aufträge und Konzessionen überwiegende Belange der Beteiligten oder der Allgemeinheit denkbar, die einer zeitlichen Verzögerung durch eine Untersagungsverfügung entgegenstehen können.
Es ist deshalb im Rahmen der öffentlichen Vergabe von Aufträgen oder Konzessionen eine einzelfallbezogene Interessenabwägung vorzunehmen, die im vorliegenden Fall einer vorläufigen Untersagung der Konzessionsvergabe entgegensteht.
a. Die Trinkwasserversorgung stellt eine öffentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge dar. Zwar führt die Verfügungsklägerin die Wasserversorgung zunächst weiter durch, dies aber nur vorläufig. Etwaige notwendige Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen will sie nur auf der Grundlage von Einzelvereinbarungen ausführen. Die begehrte Unterlassungsanordnung würde deshalb einen rechtlich unsicheren Versorgungszustand auf unbestimmte Zeit andauern lassen.
b. Der Verfügungsbeklagten ist ein schutzwürdiges Interesse an Planungssicherheit zuzubilligen. Der Konzessionsvertrag zwischen den Parteien ist bereits seit dem 30.9.2011 beendet, mithin seit etwa einem Jahr. Ein überwiegendes Interesse der Verfügungsbeklagten, welches von vornherein erwerbswirtschaftlicher Art ist, besteht nicht. Insbesondere droht der Verfügungsbeklagten nicht etwa ein nicht zu ersetzender Nachteil. Denn ihre wirtschaftlichen Interessen sind vermögensrechtlich dem Grunde nach durch die verbleibende Möglichkeit der Erlangung von Sekundärrechtsschutz gewahrt.
c. In dem Zusammenhang ist schließlich auch zu berücksichtigen, dass nicht hinreichend sicher ist, ob die Verfügungsklägerin die letztlich verfolgte Änderung der Vergabe-/Wettbewerbsentscheidung zu ihren Gunsten in einem Hauptsacheverfahren wird erreichen können. Denn sie müsste im Streitfall darlegen und beweisen, dass sie bei Beachtung der Verfahrensgrundsätze den Auftrag - mit großer Wahrscheinlichkeit - erhalten hätte (vgl. OLG Köln IBR 2011, 322, juris Tz. 57 f., zum Anspruch auf Ersatz des positiven Interesses Vergabeverfahren). Die Verfügungsbeklagte hat indes unwidersprochen dargelegt, dass die Verfügungsklägerin selbst bei Zugrundelegung der höchstmöglichen Punktzahlen bei den gerügten Positionen nicht den Gesamtpunktewert des Angebots der Gemeindewerke nicht erreicht hätte.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 713, 542 Abs. 2 S. 1 ZPO.
OLG Hamm:
Urteil v. 26.09.2012
Az: I-12 U 142/12
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