Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. August 2002
Aktenzeichen: 9 W (pat) 25/02
(BPatG: Beschluss v. 08.08.2002, Az.: 9 W (pat) 25/02)
Tenor
1. Der Antrag des Anmelders auf Gewährung von Verfahrenskostenshilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde des Anmelders gegen den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes - Patentabteilung 11 - vom 4. Februar 2002 wird zurückgewiesen.
Gründe
I Der Anmelder hat für die am 11. November 2000 eingegangene Patentanmeldung mit der Bezeichnung Maschinenunterstützendes Antriebselement "Energy Maker"
einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung eines Patentanwalts gestellt. Mit Beschluss vom 4. Februar 2002 hat die Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamtes die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe verweigert. Zur Begründung führt sie unter Bezugnahme auf ihren Zwischenbescheid vom 23. Oktober 2001 aus, dass der Anmeldungsgegenstand technisch nicht brauchbar sei. Er stehe nämlich im Widerspruch zum Satz von der Erhaltung der Energie, nach dem es nicht möglich sei, dass ein abgeschlossenes System ohne Fremdantrieb fortwährend mechanische Energie nach außen abgebe.
Gegen den Zurückweisungsbeschluss hat der Anmelder Beschwerde eingelegt. Außerdem hat er Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt. Zur Begründung führt er aus, dass es doch möglich sei eine Maschine zu bauen, die ohne Fremdenergie dauernd mechanische Energie nach außen abgeben könne.
Der Anmelder beantragt in Auslegung seines Vorbringens, 1. für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen;
2. den angefochtenen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes aufzuheben, Verfahrenskostenhilfe für das Erteilungsverfahren zu bewilligen und einen Patentanwalt beizuordnen.
II Die statthafte Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt worden. Die Frage, ob die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr (Nr. 411 200 der Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG) nach § 134 PatG auch im Verfahrenskostenhilfebeschwerdeverfahren gehemmt ist oder ob es an einer Rechtsgrundlage für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe in dem gegen die Ablehnung von Verfahrenskostenhilfe gerichteten Beschwerdeverfahren fehlt (vgl. Schulte PatG § 130 Rn. 46; BPatGE 43, 187 ff. - Luftfilter), kann dahingestellt bleiben, weil die Beschwerde zumindest in der Sache keinen Erfolg hat.
1. Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist unbegründet. Unabhängig von der Frage, ob die Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren, das sich gegen die Verweigerung von Verfahrenskostenhilfe durch die Patentabteilung richtet, unter das "Erteilungsverfahren" im Sinne von § 130 Abs. 1 fällt oder das die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe betreffende Beschwerdeverfahren hiervon zu unterscheiden ist (vgl. Schulte PatG § 130 Rn. 46; BPatGE 43, 187 ff. - Luftfilter), ist der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe (einschließlich Beiordnung eines Patentanwalts) zumindest deshalb zurückzuweisen, weil die nach § 130 Abs. 1 PatG erforderliche hinreichende Aussicht auf Erteilung des Patents nicht gegeben ist.
2. Dem gemäß ist auch die Beschwerde gegen den Beschluss der Patentabteilung 11 zurückzuweisen.
2.1. Die Anmeldung betrifft einen "Energy Maker", der - gemäß den ursprünglich eingereichten Unterlagen und unter Berücksichtigung der Ausführungen des Anmelders im bisherigen Verfahren - aus einer um eine horizontale Achse rotierende Scheibe besteht, auf der an Haltebändern hängende Kugeln angeordnet sind. Außerdem sind Führungen für die Kugeln vorgesehen. Nach Auffassung des Anmelders kann der angemeldete "Energy Maker" ohne Energiezufuhr von außen ständig Energie bereitstellen. Dies werde durch eine Führung der Kugeln durch die Haltebänder und die Kugelführungen in der Art erreicht, dass sich auf einer Seite der Scheibe immer mehr Gewicht befinde als auf der anderen Seite der Scheibe. Auf diese Weise drehe sich die Scheibe immer selbständig, so dass kein Fremdantrieb erforderlich sei, um ständig Energie zu erzeugen.
2.2. Mit dem angemeldeten Gegenstand kann die angestrebte Wirkung nicht erreicht werden, ohne Energiezufuhr von außen dauernd nutzbare Energie bereitzustellen. Er ist folglich technisch nicht brauchbar und damit dem Patentschutz nicht zugänglich (vgl. BGH BlPMZ 1985, S. 117, 118). Es fehlt daher für die Anmeldung eine hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents (§ 130 Abs. 1 PatG), so dass die Patentabteilung 11 zutreffend dem Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Erteilungsverfahren nicht stattgegeben hat.
Die mit dem Anmeldungsgegenstand offensichtlich beabsichtigte ständige Erzeugung nutzbarer Energie steht nämlich im Widerspruch zum Satz von der Erhaltung der Energie, der inhaltlich zum Ausdruck bringt, dass Energie, durch welche technischphysikalischen Maßnahmen auch immer, nicht gleichsam aus dem Nichts entstehen kann. Sie kann nur aus einer Energieform in eine andere umgewandelt werden. Um daher einem physikalischen System Energie zur Nutzung entziehen zu können, muss dem System dafür mindestens dieselbe Energie, gegebenenfalls in anderer Form, zugeführt werden. In der Praxis ist wegen der unvermeidlichen Verluste bei einer Energieumwandlung die dem System zuzuführende Energie sogar stets größer als die dem System wieder zur Nutzung entziehbare. Diese fundamentale Lehre gilt für jedes technische System, wie immer es auch aufgebaut sein mag. Dieser Satz von der Erhaltung der Energie hat sich bei allen überprüften Fällen immer wieder als richtig erwiesen und wird deshalb von der Fachwelt allgemein anerkannt.
Im Falle des anmeldungsgemäßen "Energy Maker" bedeutet dies, dass die vom Anmelder angestrebte ständige Erzeugung nutzbarer Energie allein durch Nutzung der Schwerkraft nicht möglich ist. Aus den Zahlen, die bei den verschiedenen Zeichnungen in die Kugeln eingetragen sind, ergibt sich, dass der Anmelder zur Berechnung des Drehmomentes bei frei hängenden Kugeln den radialen Abstand ihres Aufhängepunktes und bei den auf den Kugelführungen aufliegenden Kugeln den radialen Abstand dieses Auflagepunktes vom Drehpunkt der Scheibe als Hebelarm angenommen hat. Diese Überlegung steht im Gegensatz zu den geltenden physikalischen Gesetzen. Denn bei der Berechnung eines Drehmomentes als Produkt von Kraft und Hebelarm ist nicht der radiale Abstand vom Drehpunkt als Hebelarm zu berücksichtigen, sondern der senkrechte Abstand der Wirkungslinie der Kraft vom Drehpunkt. Da im vorliegenden Fall die Schwerkraft vertikal wirkt, ist jeweils lediglich der horizontale Abstand der Kugeln von der durch die Drehachse gehenden vertikalen Ebene als Hebelarm zu berücksichtigen. Bei Berücksichtigung dieser physikalischen Gesetzmäßigkeit greift beim angemeldeten Gegenstand, wie auch der mit Eingabe vom 28. Juli 2002 eingereichten Figur zu entnehmen ist, kein Drehmoment an einer Scheibenhälfte an, das dauernd das an der anderen Scheibenhälfte angreifende Drehmoment übersteigt.
3. Zu den weiteren Fragen des Anmelders wird noch darauf hingewiesen, dass aus den vorstehend angeführten Gründen auch mit einer Zurückweisung der Anmeldung im Rahmen der Offensichtlichkeitsprüfung gerechnet werden muss. Es wird dem Anmelder anheim gestellt, dies bei seinem weiteren Vorgehen zu berücksichtigen.
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BPatG:
Beschluss v. 08.08.2002
Az: 9 W (pat) 25/02
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