Landgericht Bielefeld:
Urteil vom 23. November 2009
Aktenzeichen: 4 O 180/09
(LG Bielefeld: Urteil v. 23.11.2009, Az.: 4 O 180/09)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.
Tatbestand
Der Kläger nimmt den Beklagten aus Urheberrecht auf Unterlassung und Schmerzensgeld in Anspruch.
Der Kläger ist Inhaber der Firma X. in C.. Der Beklagte betreibt im Internet die Webseite "A." unter der Domain www.xxx.de. Am 5. Januar 2009 stellte der Kläger fest, dass der Beklagte auf seiner Webseite ein so genanntes E-Book mit dem Titel "Der erfolgreiche Onlineshop" zu einem Preis von 4,95 € anbot. Noch am selben Tag schrieb der Kläger den Beklagten an und forderte ihn unter Berufung auf Urheberrechte auf, den Verkauf des E-Books unverzüglich einzustellen, Auskunft darüber zu erteilen, von wem er eine etwaige Resellerlizenz für das E-Book erworben habe, sowie einen Betrag von 1.222,13 € an den Kläger zu zahlen. Dieser Aufforderung kam der Beklagte nicht nach. Stattdessen teilte er mit Schreiben vom 1. Januar 2009 unter anderem mit, das E-Book "Der erfolgreiche Onlineshop" seit Ende des Jahres 2008 auf seiner Webseite anzubieten, jedoch noch kein Exemplar verkauft zu haben und im Übrigen eine Verletzung von Urheberrechten des Klägers nicht nachvollziehen zu können. Nachdem sich der Beklagte auch im weiteren Verlauf weigerte, die finanziellen Forderungen des Klägers zu erfüllen, schrieb dessen Prozessbevollmächtigte den Beklagten unter dem 9. März 2009 an und forderte ihn auf, bis zum 17. März 2009 eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung unterzeichnet vorzulegen sowie bis zum 27. März 2009 eine Resellerlizenz zum Preis von 790,00 € nebst eines Aufschlags in Höhe von 100 % wegen der unterlassenen Nennung des Klägers als Urhebers und vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 555,60 € zu bezahlen. Auch dieser Aufforderung kam der Beklagte nicht nach.
Der Kläger behauptet, unter dem Pseudonym D. Fischer und F. Smith das E-Book "Der erfolgreiche Onlineshop" geschrieben und herausgegeben zu haben. Dieses Buch habe der Beklagte im Internet zum Kauf angeboten. Er, der Kläger, verlange und erhalte für Resellerlizenzen seines E-Books regelmäßig 790,00 €.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen,
es bei Meidung eines unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft von bis zu 2 Jahren, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr das E-Book "Der erfolgreiche Onlineshop" ohne Erlaubnis des Klägers insbesondere im Internet zu vertreiben und/oder vertreiben zu lassen, anzubieten und/oder anbieten zu lassen, zu verwerten und/oder anbieten zu lassen, zu verwerten und/oder verwerten zu lassen noch sonst in irgendeiner Art und Weise Dritten zugänglich zu machen;
an den Kläger 1.580,00 € Schadenersatz nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit dem 28. März 2009 sowie 555,60 € vorgerichtlich entstandener Kosten nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit dem 28. März 2009 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, das Landgericht Bielefeld sei örtlich nicht zuständig. Er bestreitet, dass der Kläger das E-Book "Der erfolgreiche Onlineshop" geschrieben und herausgegeben habe. Ferner bestreitet er, das von dem Kläger näher bezeichnete E-Book auf seiner Webseite angeboten zu haben. Über das von ihm angebotene E-Book "Der erfolgreiche Onlineshop" habe er zu keinem Zeitpunkt tatsächlich verfügt. Im Falle einer Bestellung wäre er zu einer Lieferung nicht in der Lage gewesen.
Gründe
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
I.
Insbesondere ist das Landgericht Bielefeld örtlich zuständig. Für die geltend gemachte Urheberrechtsverletzung greift der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, § 32 ZPO. Begehungsort im Internet begangener Urheberrechtsverletzungen ist nicht nur der Ort, an dem der (angebliche) Verletzer tätig wird oder der Server aufgestellt ist, von dem aus die urheberrechtsverletzenden Inhalte in das Internet eingestellt werden, sondern darüber hinaus jeder Ort, an dem die Inhalte von dritten Personen bestimmungsgemäß und nicht nur zufällig abgerufen und damit zur Kenntnis genommen werden können. Der Kläger hat unwidersprochen vorgetragen, dass das Angebot des Beklagten bestimmungsgemäß bundesweit und insbesondere auch in Bielefeld abrufbar war. Allein der mit der Klageerwiderung vorgetragene Hinweis, der Klägervortrag sei nach dortiger Rechtsauffassung nicht ausreichend, stellt kein Bestreiten der für die Annahme der Zuständigkeit maßgeblichen Umstände dar.
II.
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Unterlassung gemäß § 97 Abs. 1 UrhG. Denn es steht nicht fest, dass der Beklagte Urheberrechte des Klägers verletzt hätte.
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 7. September 2009 eingeräumt, tatsächlich ein E-Book mit dem Titel "Der erfolgreiche Onlineshop" angeboten zu haben. Das zugehörige digitale Buch habe ihm jedoch zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Im Falle einer Bestellung des E-Books wäre er zu einer Lieferung nicht in der Lage gewesen. Er habe vor einiger Zeit eine Reihe von E-Books in sein Internet-Angebot aufgenommen, die er zusammen von einem Dritten bezogen habe, der seinerseits im Internet erhältliche E-Books vertrieben habe. Dazu habe auch das der Klageschrift als Anlage K5 in Kopie beigefügte Angebot gezählt. Zu diesem Angebot habe ihm jedoch zu keinem Zeitpunkt ein Text vorgelegen.
Diese Behauptung des Beklagten hat der hinsichtlich des Vorliegens einer Urheberrechtsverletzung beweisbelastete Kläger im Ergebnis nicht widerlegen können. Der Inhalt des als Anlage K8 zur Klageschrift in Kopie vorgelegten Schreibens des Beklagten vom 12. Januar 2009 (Anlage K8) legt allerdings nahe, dass es sich bei diesem Vortrag um eine schlichte Schutzbehauptung handelt, wenn es dort wörtlich heißt:
"Der von Ihnen angesprochene Titel ‚Der erfolgreiche Onlineshop‘ war tatsächlich auch Bestandteil dieser Lieferung. Nach Einsicht des Titels kann ich auch dort nicht feststellen, dass Sie als Autor genannt sind oder gar ein Urheberrecht hinterlassen haben. Jedenfalls ist dies nicht für den Betrachter ersichtlich. Unklar ist auch, woher Sie aus dem Titel des Angebots ein Dokument herleiten, das Ihnen gar nicht vorliegt."
Letztlich belegen diese Formulierungen jedoch nicht mit ausreichender Sicherheit, dass dem Beklagten das E-Book tatsächlich vorgelegen hat. Es ist nicht auszuschließen, dass der Beklagte - wie in der mündlichen Verhandlung vom 7. September 2009 auf Vorhalt des vorstehend zitierten Schreibens behauptet - mit dem "Titel", in den er Einsicht genommen zu haben angibt, nicht das E-Book selbst, sondern lediglich sein diesbezügliches Angebot gemeint hat.
Etwas anderes ergibt sich - entgegen der von der Klägerseite mit Schriftsatz vom 21. Oktober 2009 vorgetragenen Rechtsauffassung - auch nicht aus den weiteren Ausführungen des Beklagten in seinem Schreiben vom 12. Januar 2009 (Anlage K8). Wenn der Beklagte erklärt, in verschiedene von ihm angebotene E-Books Einsicht genommen zu haben, ergibt daraus gerade nicht zwingend eine Einsichtnahme in sämtliche Werke. Der weiteren in dem Schriftsatz vom 21. Oktober 2009 dargestellten Argumentation kann schon deswegen nicht gefolgt werden, weil zum einen die Angaben des Beklagten im Rahmen seiner persönlichen Anhörung nicht dahin protokolliert sind, dass ihm als Information zu den von ihm angebotenen E-Books nur die Namen der betreffenden Werke zur Verfügung gestanden, und zum anderen auch nach der Erinnerung des Einzelrichters die Darstellung des Beklagten nicht zwingend in dieser Weise verstanden werden musste.
Damit steht das Vorliegen einer zu Lasten des Klägers begangenen Urheberrechtsverletzung nicht fest. Allein das Angebot eines bei dem Anbieter selbst nicht vorhandenen E-Books stellt noch keine Verletzung der daran bestehenden Urheberrechte dar.
II.
Aus denselben Gründen stehen dem Kläger gegen den Beklagten auch keinerlei Schadenersatzansprüche zu.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
LG Bielefeld:
Urteil v. 23.11.2009
Az: 4 O 180/09
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